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Einmaliges gravierendes Fehlverhalten eines langjährigen Bankmitarbeiters kann Vertrauensunwürdigkeit bewirken

KlausBachhofer

Der Kl hat im Wissen, dass der Bausparvertragspartner der Bekl verstorben war, die von der Ehefrau gefälschte Unterschrift auf der Kündigung des Bausparvertrags als die des Vertragspartners bestätigt, die Kündigung des Vertrages elektronisch unter Verwendung des Beraterstempels eines Kollegen weitergeleitet und so die Auszahlung an die Witwe des Vertragspartners vor einer allfälligen Einantwortung ermöglicht. Die Familie des Vertragspartners war mit ihm befreundet und der Kl machte dies aufgrund eines Ersuchens der Witwe.

Die Innere Revision der Bekl erfuhr am 20.2.2023 vom Fehlverhalten des Kl, ihm wurde die Möglichkeit zu einer Stellungnahme bis 23.2.2023 eröffnet und nach deren Einlangen die Entlassung ausgesprochen.

Der Kl begehrte, die ihm gegenüber ausgesprochene Entlassung für rechtsunwirksam zu erklären.

Die Vorinstanzen haben nach Ansicht des OGH vertretbar den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit bejaht, der Gerichtshof wies die vom Kl erhobene außerordentliche Revision zurück.

Bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit kommt es lt. OGH vor allem darauf an, ob für den DG die gerechtfertigte Befürchtung bestand, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien, wobei nicht das subjektive Empfinden des DG entscheidet, sondern an das Gesamtverhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen ist, der nach den Begleitumständen des einzelnen Falls und nach der gewöhnlichen Verkehrsauffassung angewendet zu werden pflegt.

Entscheidend ist, ob das Verhalten des Angestellten als so schwerwiegend angesehen werden muss, dass das Vertrauen des AG derart heftig erschüttert wird, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Schädigungsabsicht oder Eintritt eines Schadens sind nicht erforderlich.

Der Verweis des Kl darauf, dass beim Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nicht nur der letzte, unmittelbar zur Entlassung führende Vorfall, sondern das Gesamtverhalten des AN innerhalb eines längeren Zeitraums zu berücksichtigen sei, ist grundsätzlich richtig, bedeutet allerdings nicht, dass das Vertrauen nicht auch bereits durch eine einzelne Handlung verloren gehen kann.

Dem Kl wurde zu Gute zu halten, dass er über einen sehr langen Zeitraum ein sehr erfolgreicher Mitarbeiter der Bekl war. Allerdings wurde die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass der Sachverhalt, auf den die Entlassung gestützt wurde, derart gravierend war, dass er geeignet war, zu einer nachhaltigen Vertrauensverwirkung zu führen, nicht beanstandet. Das Vorgehen des Kl wurde vielmehr als nicht geeignet bewertet, das Vertrauen des AG in eine sachgerechte Wahrnehmung seiner Agenden zu stützen.

Darüber hinaus ergab sich aber aus den Feststellungen, dass die Entlassungsentscheidung vom dafür zuständigen Vorstandsmitglied getroffen wurde und die Erklärung gegenüber dem Kl von dazu jedenfalls im konkreten Fall bevollmächtigten Personen unterfertigt wurde.

Den AG trifft die Obliegenheit, ihm bekannt gewordene Entlassungsgründe unverzüglich geltend zu machen, widrigenfalls das Entlassungsrecht des Arbeitgebers erlischt. Bekannt geworden ist der Entlassungsgrund dem AG, sobald diesem alle für die Beurteilung des Vorliegens des Entlassungsgrundes wesentlichen Einzelheiten der Handlung und der Person zur Kenntnis gelangt sind, wobei der Kenntniserlangung durch den AG die Kenntnisnahme durch seinen Stellvertreter oder durch einen ganz 365 oder teilweise mit Personalagenden befassten leitenden Angestellten gleich zu halten ist; die Kenntnis des bloß unmittelbaren Vorgesetzten reicht daher nicht.

Eine unangemessene Verzögerung war dem Gerichtshof bei diesem zeitlichen Ablauf nicht erkennbar. Dass zwischen dem Zeitpunkt, zu dem das Sachreferat erstmals eine Unregelmäßigkeit bemerkte, und der Informationsweitergabe an die Innere Revision bereits einige Tage vergangen waren, war mangels Personalkompetenz des Sachreferats ohne Bedeutung.

Die Frage der Sozialwidrigkeit war vor diesem Hintergrund nicht mehr weiter zu prüfen.