153Aufklärungsobliegenheit des Arbeitnehmers vor dem Austritt wegen Fürsorgepflichtverletzung
Aufklärungsobliegenheit des Arbeitnehmers vor dem Austritt wegen Fürsorgepflichtverletzung
Die Kl war wegen einer psychischen Belastung seit zwei Monaten im Krankenstand, als sie den vorzeitigen Austritt erklärte. In dem von der Kl angestrengten Gerichtsverfahren ging es vor allem um die Frage, ob die Kl die bekl AG über die Missstände, die zu ihrem Austritt führten, entsprechend aufgeklärt hatte. Die Vorinstanzen haben dies verneint und daher den Austritt der Kl als unberechtigt angesehen. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wies der OGH mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück. Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen qualifizierte er als vertretbar.
Der OGH führt dabei wie folgt aus:
Nach stRsp ist der AG vor dem Austritt in die Lage zu versetzen, seiner Fürsorgepflicht nachzukommen und die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass das Leben und die Gesundheit des AN möglichst geschützt sind. Diese Obliegenheit des AN entfällt, wenn dem AG die Gesundheitsgefährdung bereits bekannt ist oder dieser ohnehin nicht Abhilfe schaffen kann. Die Verneinung der Frage, ob der AN der Obliegenheit im Einzelfall entsprach (bzw sie ausnahmsweise nicht bestand durch die Vorinstanz – und damit auch deren Qualifikation des Austritts der Kl als unberechtigt), ist jedenfalls vertretbar. Im vorliegenden Fall legte die Kl nämlich die Aspekte, die sie psychisch belasteten, dem Bekl nur rudimentär offen und verunmöglichte es ihm hierdurch, das Verhalten ihrer Kolleginnen auf konkrete und ins Gewicht fallende Missstände zu überprüfen und in weiterer Folge erforderlichenfalls auf ein gedeihliches Arbeitsklima hinzuwirken. Hieran ändert auch nichts, dass die Arbeiterkammer für die Kl in einem Schreiben vom 13.1.2020, mit dem eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses angeboten wurde, auf den schlechten Gesundheitszustand der Kl hinwies, blieb hierdurch doch weiterhin im Dunkeln, welche zahlreichen „Vorfälle“ die Kl belasteten.
Auch aus der bloßen Dauer ihres Krankenstandes ergibt sich im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der Kl in der außerordentlichen Revision nicht die Berechtigung ihres Austritts. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung berechtigt nach der Rsp einen AN erst dann zum Austritt aus einem Dienstverhältnis, wenn zu erwarten ist, dass sie über den in § 139 Abs 1 ASVG genannten Zeitraum (26 Wochen) andauern und ihn an der Ausübung seiner vertraglich vereinbarten Tätigkeit hindern wird. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass erst in einem solchen Fall dem AN die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist. Die Kl war bei ihrem Austritt erst rund zwei Monate im Krankenstand. Dass es im Zeitpunkt ihrer Austrittserklärung zu erwarten war, dass der Krankenstand noch zumindest weitere rund vier Monate (und damit 26 Wochen) andauern werde, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen.