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Die Ausnahme vom Behandlungsbeitrag nach § 255 Abs 10 B-KUVG gilt auch für ehemalige Bedienstete der Wiener Linien und ASVG-Pensionisten

Alexanderde Brito

Dem Revisionswerber wurden gem § 63 Abs 4 B-KUVG Behandlungsbeiträge für die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe im Jahr 2020 vorgeschrieben. Der Revisionswerber bezog seit dem 7.12.2016 eine Invaliditätspension nach dem ASVG. Er war Mitarbeiter der Wiener Linien und bis zur mit 1.1.2020 erfolgten Auflösung der Betriebskrankenkassen durch das Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG) bei der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe krankenversichert. Seit dem 1.1.2020 unterlag der Revisionswerber auf Grund der durch das SV-OG geschaffenen neuen Rechtslage der KV nach dem B-KUVG.

Der Revisionswerber machte geltend, dass ein Behandlungsbeitrag auf Grund der Ausnahmebestimmung des § 255 Abs 10 B-KUVG nicht zu leisten sei.

Das BVwG entschied, dass die Übergangsbestimmung des § 255 Abs 10 B-KUVG, wonach von B-KUVG Versicherten, die am 31.12.2019 bei der Betriebskrankenkasse der Wiener Linien versichert waren, bis zum 31.12.2024 ein Behandlungsbeitrag nicht zu entrichten ist, nicht auf den Revisionswerber anwendbar ist. Er sei kein Bediensteter der Wiener Linien und damit Versicherter gem § 1 Abs 1 Z 37 B-KUVG, sondern lediglich Bezieher einer Pension nach ASVG und damit Versicherter gem § 1 Abs 1 Z 29 B-KUVG. Der persönliche Anwendungsbereich der Ausnahmebestimmung gem § 255 Abs 10 B-KUVG sei demnach nicht erfüllt.

Gegen dieses Erkenntnis wurde Revision erhoben. Die Revision ist nach Ansicht des VwGH zulässig und berechtigt.

Strittig war die Frage, ob von § 255 Abs 10 B-KUVG iVm § 1 Abs 1 Z 37 B-KUVG nur die Personen erfasst sind, die am 31.12.2019 in einem aktiven Dienstverhältnis zur Wiener Linien GmbH & Co KG standen, oder ob darunter auch bestimmte Pensionsbezieher fallen. In den Erläuterungen findet sich Folgendes: „Für einen Übergangszeitraum von fünf Jahren ist abweichend von allen anderen im B-KUVG Versicherten für die bislang bei der Betriebskrankenkasse der Wiener Linien krankenversicherten Personen bis zum 31. Dezember 2024 kein Behandlungsbeitrag zu entrichten.“ Demnach sollen von der Ausnahmebestimmung alle bis zur Organisationsänderung bei der Betriebskrankenkasse der Wiener Linien krankenversicherten Personen erfasst sein. Das waren aber nicht nur die (aktiven) Bediensteten der Wiener Linien GmbH & Co, sondern auch die Bezieherinnen und Bezieher einer Pension aus der PV der Angestellten, wenn die Betriebskrankenkasse für die KV in der letzten Beschäftigung vor dem Entstehen des Pensionsanspruchs zuständig war. Ein anderes Ergebnis wäre laut VwGH auch nicht sachlich zu rechtfertigen, da kein Grund dafür ersichtlich ist, Personen, die bis zur Neuorganisation der KV durch das SV-OG derselben Betriebskrankenkasse zugehörig waren, in Bezug auf die befristete Ausnahme vom Behandlungsbeitrag nach dem B-KUVG anders zu behandeln, je nachdem, ob die KV auf einem aktiven Dienstverhältnis oder einem Pensionsbezug beruht. Auch in den Erläuterungen zu § 1 Abs 1 Z 25 bis 39 B-KUVG wird der Ausdruck „Bedienstete der Wiener Linien“ verwendet, um sowohl die aktiven als auch die pensionierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu umschreiben, die bis zum Inkrafttreten des SV-OG der Betriebskrankenkasse zugehörig waren. Insgesamt besteht daher kein Zweifel, dass die in § 255 Abs 10 B-KUVG geregelte befristete Ausnahme vom Behandlungsbeitrag auch für Personen wie den Revisionswerber gilt, dessen KV sich nicht auf ein aktives Dienstverhältnis, sondern auf einen Pensionsbezug gründet.

Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.