172Keine Waisenpension nach dem Tod der Lebensgefährtin der Mutter
Keine Waisenpension nach dem Tod der Lebensgefährtin der Mutter
Die Mutter der Kl lebte mit M* in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft. Beide Frauen waren Elternteil für dieses und zwei weitere Kinder. M* verstarb im Oktober 2018. Mit Bescheid vom 31.5.2022 lehnte die bekl Pensionsversicherungsanstalt den auf Gewährung der Waisenpension gerichteten Antrag der damals noch minderjährigen Kl mangels Kindeseigenschaft ab.
Mit ihrer Klage begehrte die Kl, ihr ab 1.6.2022 die Waisenpension nach M* im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen. Die Vorinstanzen schlossen sich der Ansicht der Bekl an und wiesen die Klage ab. Stiefkinder seien nach § 123 Abs 3 ASVG nur die (leiblichen) Kinder des Ehegatten oder eingetragenen Partners, nicht aber die Kinder eines Lebensgefährten. Diese Definition gelte auch für die in § 252 Abs 1 Z 4 ASVG genannten Stiefkinder. Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil zur Auslegung des § 252 Abs 1 Z 4 iVm § 260 ASVG noch keine Rsp des OGH vorliege.
Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, da das Gesetz selbst eine eindeutige Regelung getroffen hat.
Anspruch auf Waisenpension haben nach dem Tod des (der) Versicherten die Kinder iSd § 252 Abs 1 Z 1 bis 4 und Abs 2 ASVG (§ 260 ASVG). Nach dem verwiesenen § 252 Abs 1 Z 4 ASVG gelten auch Stiefkinder als Kinder (sofern sie mit dem Versicherten in ständiger Hausgemeinschaft leben). Eine Definition findet sich in § 123 Abs 3 ASVG. „Stiefkinder einer Person sind die nicht von ihr abstammenden leiblichen Kinder ihrer Ehegattin/ihres Ehegatten oder ihrer eingetragenen Partnerin/ihres eingetragenen Partners, und zwar auch dann, wenn der andere leibliche Elternteil noch lebt.
“ Die Kl argumentierte im Verfahren, dass eine Beschränkung der anspruchsberechtigten Stiefkinder iSd § 123 Abs 3 ASVG im Zusammenhang mit der Waisenpension nicht gewollt sei. Aus den parlamentarischen Materialien ergibt sich, dass durch die Änderung des § 123 ASVG auch die Öffnung der Waisenrente für Kinder eingetragener Partner:innen erreicht werden sollte (AB 2508 BlgNR 24. GP 3). Der OGH betont, dass die Waisenpension grundsätzlich dazu dient, Versorgungsansprüche eines Kindes zu erhalten und nicht neu zu schaffen. Zweck der Waisenpension ist daher, den Lebensunterhalt einer Waise nach dem Tod des bisher Unterhalt Leistenden an dessen Stelle zu sichern. Das scheidet bei Stiefkindern rechtlich gesehen aus, weil sie gegenüber dem Verstorbenen nicht unterhaltsberechtigt waren. § 260 iVm § 252 Abs 1 Z 4 ASVG ist daher eine Ausnahme von der Regel und dementsprechend nicht ausdehnend auszulegen. Darüber hinaus eröffnet eine nichteheliche Lebensgemeinschaft dem hinterbliebenen Partner auch keinen Anspruch auf Witwenpension. Es wäre aber – so der OGH – ein Wertungswiderspruch, wenn aus einer Lebensgemeinschaft zwar das leibliche Kind des Lebensgefährten, nicht aber dieser selbst einen Hinterbliebenenpensionsanspruch ableiten könnte. Angesichts der völlig eindeutigen Gesetzeslage wirft die Auslegung des § 252 Abs 1 Z 4 iVm § 260 und § 123 Abs 3 ASVG somit keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf. 387