169

Erhalt des Berufsschutzes als Volksschullehrerin durch Ausübung einer Tätigkeit als Elementarpädagogin

MaximilianWielander

Die Kl hat im Jahr 1997 die Pädagogische Akademie für Volksschullehrer abgeschlossen und ist Diplompädagogin für das Lehramt für Volksschulen. Weiters hat sie einen Lehrgang „Früherziehung: Elementarpädagogik der ersten Jahre von 0-4“ absolviert. Von 1998 bis 2022 war die Kl an unterschiedlichen Standorten als Volksschullehrerin oder als Elementarpädagogin beschäftigt. Zuletzt arbeitete sie als Kindergartenpädagogin.

In den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1.5.2022) war die Kl in mehr als 90 Pflichtversicherungsmonaten als Elementarpädagogin und in 30 Pflichtversicherungsmonaten als Volksschullehrerin tätig. Aufgrund ihres Leistungskalküls ist sie nicht mehr in der Lage, als Volksschullehrerin oder Elementarpädagogin zu arbeiten, eine Reihe von Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt sind ihr jedoch weiterhin zumutbar.

Mit Bescheid vom 25.8.2022 lehnte die Bekl den Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ab. Das Erstgericht ging von Berufsschutz als ausgebildete pädagogische Fachkraft für Kleinkindgruppen aus und gab der Klage auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Sache an das Erstgericht 382 zurück. Dabei ging es davon aus, dass die von der Kl zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht dem Angestelltenbegriff unterliege und der Anspruch demnach nach § 255 ASVG zu beurteilen sei. Der Kl komme zwar Berufsschutz als Volksschullehrerin zu, der durch die Tätigkeit als Elementarpädagogin auch erhalten blieb, aber mangels Beurteilung der Zumutbarkeit von Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation sei die negative Anspruchsvoraussetzung des § 254 Abs 1 Z 2 ASVG noch nicht geprüft worden. Das Berufungsgericht ließ den Rekurs zur Frage des Erhalts des Berufsschutzes als Volksschullehrerin durch die ausgeübte Tätigkeit als pädagogische Assistentin in Kleinkindgruppen bis Vollendung des dritten Lebensjahres zu.

Der Rekurs ist jedoch nach Ansicht des OGH nicht zulässig. Nach der stRsp ist im Zusammenhang mit der Verweisbarkeit eines Versicherten nach § 255 Abs 1 und 2 ASVG zu unterscheiden, ob ein Berufsschutz iS eines erlernten oder angelernten Berufs erst zu erwerben ist oder ob ein bereits erworbener Berufsschutz durch später ausgeübte Teiltätigkeiten erhalten bleibt. Die Bekl bekämpfte lediglich die Beurteilung des Erhalts des Berufsschutzes als Volksschullehrerin durch die pädagogischen Tätigkeiten, nicht doch dessen Erwerbs.

Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt damit aber nicht vor. Ob bestimmte Tätigkeiten berufsschutzerhaltend sind, kann laut OGH immer nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und erfordert die genaue Feststellung der konkret ausgeübten Tätigkeiten sowie der dafür verwertbaren Teile der Ausbildung, Kenntnisse und Fähigkeiten des erlernten oder angelernten Berufs.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts hat die Kl „klassische Tätigkeiten“ einer pädagogischen Fachkraft für Kleinkinder ausgeführt. Zwar hat das Erstgericht keine Feststellungen zur Frage getroffen, inwieweit die Kl dabei ihre Ausbildung und Kenntnisse im erlernten Beruf (als Volksschullehrerin) verwerten konnte. Das Berufungsgericht hat aber seine Entscheidung als notorisch zugrunde gelegt, dass ein ganz wesentlicher Teil der Ausbildung zur Volksschullehrerin im Erwerb pädagogischer Fähigkeiten im Umgang mit Kindern und zur Förderung ihrer Entwicklung besteht und die Kl diese Kenntnisse im Rahmen ihrer Tätigkeit als Elementarpädagogin regelmäßig verwerten konnte. Auf Basis dieser im Rekurs nicht bemängelten Sachverhaltsergänzung zeigt die Bekl nicht auf, dass sich die Entscheidung des Berufungsgerichts außerhalb des von der Rsp gezogenen Rahmens bewegt.

Das (einzige) wesentliche Argument, die Kernkompetenz eines Volksschullehrers sei die Vermittlung des vorgegebenen Lehrplans, überzeugt nicht, weil die Bekl damit die Fähigkeiten und Kenntnisse von Volksschullehrern auf die Vermittlung von reinem Lehrstoff reduziert. Dass die vom Berufungsgericht als relevant erachteten grundlegenden pädagogischen Kompetenzen, mit Kindern altersgerecht umzugehen, sie zu fördern und ihre Entwicklung positiv zu beeinflussen, bloß untergeordnete Teilaspekte des Berufsbildes des Volksschullehrers wären, behauptet die Bekl zu Recht nicht.

Wenn das Berufungsgericht daher davon ausgeht, dass durch die Tätigkeit als pädagogische Fachkraft in Kleinkindgruppen bis zu drei Jahren der Berufsschutz als Volksschullehrerin erhalten geblieben ist, entspricht das der Rsp. Die darauf aufbauende Ansicht, der Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension setzte vor allem das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 254 Abs 1 Z 2 bzw § 271 Abs 1 Z 2 ASVG voraus, ist weder strittig noch zu beanstanden.