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Kein rechtliches Interesse an gesonderter Feststellung des Vergleichsstichtags neben jener des sich zwingend aus dem Vergleichsstichtag ableitenden Besoldungsdienstalters

RichardHalwax

Der 1953 geborene Kl war von 1.6.2000 bis 30.9.2018 in einem unbefristeten privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Bekl als AHS-Lehrer tätig und wurde mit 1.10.2018 pensioniert. Er hatte am 23.1.2020 eine bescheidmäßige Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung „gem. § 169f Abs 2 GehG“ – erkennbar gemeint: eine Neufestsetzung seines Besoldungsdienstalters gem § 94b Abs 2 VBG 1948 idF der 3. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl I 2019/112 – sowie die Auszahlung der sich daraus ergebenden Bezugsdifferenzen beantragt.

Am 27.10.2021 teilte die Bekl dem Kl die Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung zum Ablauf des 28.2.2015 mit 7.018,8334 Tagen mit, was einem zufolge der Verbesserung des Vergleichsstichtages gegenüber dem Vorrückungsstichtag um 23 Tage (auf 20.11.1991) um diese Dauer verbesserten Besoldungsdienstalter entspreche.

Dagegen begehrte der Kl einerseits die Feststellung, dass das Besoldungsdienstalter mit 7.748,8834 Tagen (somit um 730 Tage verbessert) festgesetzt werde; andererseits begehrte er die Feststellung der Anrechnung konkreter im Einzelnen angeführter Vordienstzeiten, wodurch „hinsichtlich des Besoldungsdienstalters ... zum 28.2.2015 ... der Vergleichsstichtag mit 20.11.1989 neu festgesetzt“ werde.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies das Begehren auf Feststellung des Vergleichsstichtages mangels rechtlichen Interesses ab. 372 Mit derselben Entscheidung hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichts in dem Teil auf, mit dem dieses auch das Besoldungsdienstalter antragsgemäß festgestellt hatte, und trug dem Erstgericht insofern die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Die ordentliche Revision gegen das klagsabweisende Teilurteil ließ das Berufungsgericht zu, weil der Beurteilung eines Feststellungsbegehrens betreffend den Vergleichsstichtag nach § 94c VBG 1948 in einem Verfahren zur Neufeststellung der besoldungsrechtlichen Stellung über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme. Den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss ließ das Berufungsgericht zu, weil zur Beurteilung des rechtlichen Interesses an der Feststellung des Besoldungsdienstalters nach einem Antrag nach § 94b Abs 2 VBG 1948 keine Rsp vorliege.

Beide Rechtsmittel sind entgegen den Aussprüchen des Berufungsgerichts nicht zulässig, zumal auch der Kl keine erheblichen Rechtsfragen aufzeigt.

Zur Revision weist der OGH darauf hin, dass eine Vorfrage die Frage nach einem Rechtsverhältnis oder Recht ist, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder zum Teil abhängt, ohne dass sich aber die Rechtsschutzaufgabe in der Beurteilung der Vorfrage erschöpfen könnte. Die Vorfrage unterscheidet sich von der Hauptsache (Hauptfrage) dadurch, dass sie nur ein Bestandteil des Rechtsschutztatbestands sein kann, ihre Beurteilung aber nicht den Rechtsschutztatbestand erschöpft.

Bloße Vorfragen für den Bestand eines Rechtsverhältnisses sind nach stRsp nicht feststellungsfähig, weil das Rechtsschutzbedürfnis des Kl durch Klärung der Hauptfrage befriedigt werden kann.

Das Bestehen eines rechtlichen Interesses an einer Feststellung iSd § 228 ZPO richtet sich typischerweise nach den Umständen des Einzelfalls, insb den konkreten rechtserzeugenden Tatsachen und dem konkreten Feststellungsbegehren, sodass der diesbezüglichen Rechtsfrage regelmäßig – vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen – keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt.

Nach § 94b Abs 4 VBG 1948 (in der geltenden Fassung ebenso wie idF der 3. Dienstrechts-Novelle 2019) erfolgt die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung nach Ermittlung des Vergleichsstichtags (§ 94c VBG 1948) durch Feststellung des Besoldungsdienstalters zum Ablauf des 28.2.2015. Der Vergleichsstichtag wird dadurch ermittelt, dass die Zeiten, die bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtags voranzustellen waren oder bei Außerachtlassung der Altersgrenze von 18 Jahren voranzustellen gewesen wären, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 94c VBG 1948 vorangestellt werden. Das Besoldungsdienstalter erhöht sich um den zwischen dem Vergleichsstichtag und dem Vorrückungsstichtag liegenden Zeitraum, wenn der Vergleichsstichtag vor dem Vorrückungsstichtag liegt, andernfalls vermindert es sich um diesen Zeitraum. Für den Vergleich ist der letzte Vorrückungsstichtag maßgebend, der unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde.

Nach stRsp des OGH kann ein Vertragsbediensteter entweder auf Feststellung seines Rechts auf Entlohnung nach einer bestimmten Einstufung oder auch unmittelbar auf Feststellung dieser Einstufung klagen. Es sind somit unterschiedliche Varianten zur Formulierung des Feststellungsbegehrens möglich und von der Rsp akzeptiert. Der Kl kann etwa die Feststellung der Anrechnung bestimmter Beschäftigungszeiten oder die Feststellung der Verpflichtung begehren, Bezüge in einer bestimmten Höhe zu zahlen.

Dem Kl ist zuzugestehen, dass je nach den Umständen des Falls und des konkreten Begehrens ein Feststellungsbegehren in Ansehung nur des Vergleichsstichtags durchaus zweckmäßig und das rechtliche Interesse daran zu bejahen sein kann. Im konkreten Fall begehrt er aber auch die konkrete (Neu-)Festsetzung eines Besoldungsdienstalters, das (wie dargelegt aus dem Gesetz zwingend) anhand der Differenz zwischen Vorrückungs- und Vergleichsstichtag zu bestimmen ist.

Das Berufungsgericht hat die Feststellung des Vergleichsstichtags, der wie dargelegt somit einer von mehreren notwendigen, für sich aber nicht hinreichenden Parametern für die Berechnung des Besoldungsdienstalters ist, als bloße Zwischenstufe auf dem vom Gesetz vorgegebenen Weg zur Festsetzung des Besoldungsdienstalters angesehen. Dies entspricht dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. Es ist im hier vorliegenden Einzelfall angesichts der konkreten Formulierung des Klagebegehrens zumindest vertretbar, die Feststellung des Vergleichsstichtags neben der und zusätzlich zur ebenfalls bereits konkret beziffert begehrten Feststellung des sich – ceteris paribus – zwingend aus dem Vergleichsstichtag ableitenden Besoldungsdienstalters als bloße Vorfrage anzusehen und davon ausgehend das rechtliche Interesse an der gesonderten Feststellung des Vergleichsstichtags zu verneinen.

Der Kl zeigte nicht auf, inwiefern seine rechtliche Position verbessert würde, wenn nicht „nur“ das Besoldungsdienstalter antragsgemäß festgesetzt würde, sondern auch der – dessen Voraussetzung bildende – Vergleichsstichtag.

Der Rekurs des Kl, mit dem dieser die Unions- und Verfassungswidrigkeit der mit BGBl I 2023/137BGBl I 2023/137 erneut geänderten Rechtslage geltend macht, verkennt dagegen, dass die Aufhebung des erstinstanzlichen 373 Urteils gerade deshalb erfolgte, um die neue Rechtslage mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt im Hinblick auf das Ergebnis dieser Erörterungen zu überdenken und ihr Vorbringen in diesem Lichte allenfalls zu modifizieren. Warum dem mit Gesetz und Rsp des OGH im Einklang argumentierenden Berufungsgericht insofern eine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen sein soll, ist nicht nachvollziehbar, sodass auch der Rekurs mangels Aufzeigens erheblicher Rechtsfragen unzulässig und zurückzuweisen war.