156Nachträgliche Änderungen von leistungsorientierten Pensionskassenpensionen für Leistungsberechtigte zulässig
Nachträgliche Änderungen von leistungsorientierten Pensionskassenpensionen für Leistungsberechtigte zulässig
Der Kl war von 15.7.1977 bis 1.11.2000 bei der Bekl als Flugkapitän beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis fand der KollV für das Bordpersonal der Austrian Airlines AG und Lauda Air GmbH vom 24.2.1997 (in weiterer Folge: OS-KV Bord 1997) Anwendung. § 15 OS-KV Bord 1997 sah eine betriebliche Alterspensionsvorsorge vor, wonach der Kl einen Anspruch auf eine leistungsorientierte Pension hatte. Diese wurde nach Ablauf des Abfertigungszeitraums ab 2002 von der * Pensionskasse AG auch erfüllt.
Nach Kündigung des KollV für das Bordpersonal der Austrian Airlines und Lauda Air (OS-KV Bord 2008) in der konsolidierten Fassung 2011 sowie des Zusatz-KollV 2 durch die Wirtschaftskammer Österreich am 30.6.2012 wurde am 26.6.2020 der Zusatz-KollV für das Bordpersonal (ZKV 2020) abgeschlossen. Dieser sieht in Pkt 18.3. (Pensionsregelungen vor dem 1.4.2015) idF des Nachtrags (Ntr-ZKV 2020) im Ergebnis vor, dass der für ehemalige Piloten bestehende Anspruch auf (Gesamt-)Pensionsleistung für die Dauer vom 1.1.2021 bis 31.12.2025 um 15 % gesenkt wird. Dadurch erlitt der Kl eine monatliche Pensionseinbuße von € 380,43.
Der Kl begehrte die Feststellung der Verpflichtung der Bekl zur Leistung aller Nachschüsse an die * Pensionskasse AG im Zeitraum 2021 bis 2025 entsprechend dem Zusatz-KollV Z (Eintritte bei Austrian Airlines AG vor 1.4.2004) und dem neu geltenden KollV für das Bordpersonal der Austrian Airlines, Österreichische Luftverkehrs AG und Lauda Air GmbH (in der Folge: OS-KV 2004) sowie die Leistung eines Geldbetrags.
Die Vorinstanzen wiesen die Klagebegehren ab.
Der OGH entschied, dass die außerordentliche Revision des Kl mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gem § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen wird.
Gem § 3 Abs 1a Z 1 BPG kann eine Pensionskassenregelung in einem KollV vorgesehen werden, wenn ein KollV zum Stichtag 1.1.1997 eine betriebliche Alters-(Hinterbliebenen-)versorgung vorsieht. Diese Bestimmung ermöglicht die Übertragung von kollektivvertraglichen direkten Leistungszusagen direkt und ohne Umweg auf betrieblicher Ebene im Wege des KollV selbst (ErläutRV 387 BlgNR 20. GP 12 f). Entgegen der Rechtsansicht des Revisionswerbers wurde mit Pkt 18.3. ZKV 2020 aber keine neue Pensionsregelung iSd § 3 Abs 1a Z 1 BPG geschaffen, sondern es wurden lediglich die in früheren Kollektivverträgen enthaltenen Regelungen über leistungsorientierte Pensionskassenpensionen geändert. Die in der außerordentlichen Revision relevierte Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, ob die Kollektivvertragsparteien nur dann zum Abschluss einer Pensionskassenvereinbarung ermächtigt seien, wenn zu diesem Zeitpunkt (nicht [nur] zum 1.1.1997) ein KollV in Geltung steht, der die Betriebspension regelt, stellt sich daher nicht.
§ 3 Abs 1b Z 2 BPG sieht vor, dass bei Erlöschen des KollV durch Kündigung die Regelungen des KollV über eine Pensionskassenzusage Inhalt des Arbeitsvertrages des Anwartschaftsberechtigten werden. Das zentrale Argument der Revision, auch Leistungsberechtigte seien von dieser Bestimmung umfasst, widerspricht dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut des Gesetzes.
Mit § 3 Abs 1b Z 2 BPG wollte der Gesetzgeber einen im Vergleich zu § 97 Abs 4 ArbVG (iVm § 97 Abs 1 Z 18a und 18b ArbVG) gleichwertigen Bestandschutz bereits erworbener Anwartschaften schaffen (ErläutRV 387 BlgNR 20. GP 13). Die Materialien halten ebenfalls ausdrücklich fest, dass bei Kündigung des KollV die Regelungen über Pensionszusagen in die jeweiligen Arbeitsverhältnisse übergehen sollen; dem AN soll seine bisherige Anwartschaft erhalten bleiben (ErläutRV 387 BlgNR 20. GP 13). Damit stellt der Gesetzgeber selbst klar, dass er mit der Bestimmung des § 3 Abs 1b Z 2 BPG nur Anwartschaftsberechtigte mit einem aufrechten Arbeitsvertrag und nicht auch leistungsberechtigte Pensionisten meint. Dem Gesetzgeber des BPG kann daher – entgegen der Ansicht der außerordentlichen Revision – nicht unterstellt werden, er habe mit der Terminologie „Anwartschaftsberechtigte“ auch „Leistungsberechtigte“ gemeint, finden sich doch nicht nur beide Begriffe in unmittelbarer Nähe nebeneinander in § 3 Abs 1 Z 1, 2 und 3 BPG, sondern enthalten auch § 5 Z 1 und 2 PKG ausführliche Definitionen dieser Begriffe. 366
Da der Kl weder Anwartschaftsberechtigter ist noch in einem aufrechten Arbeitsverhältnis zur Bekl steht, ist § 3 Abs 1b Z 2 BPG auf ihn daher nicht anzuwenden.
Die Regelung des § 3 Abs 1b Z 2 BPG verstößt nach OGH auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz, weil es sich bei den von § 3 Abs 1b (und 1c) BPG erfassten Anwartschaftsrechten einerseits und Leistungsansprüchen aus einer betrieblichen Pensionskasse andererseits um unterschiedliche Ansprüche der gleichen Berechtigten zu unterschiedlichen Zeitpunkten handelt, deren Eingriffsschutz auch unterschiedlich ausgestaltet ist. Auf das jeweilige Lebensalter der Anwartschafts- bzw Leistungsberechtigten stellt das Gesetz nicht ab, sodass auch aus dem Aspekt der unionsrechtlich verbotenen Altersdiskriminierung eine vom eindeutigen Gesetzeswortlaut abweichende Auslegung des § 3 Abs 1b BPG nicht geboten ist.