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Kollektivvertragliche Verfallsfrist gilt auch für den Übermittlungsanspruch von Arbeitszeitaufzeichnungen

AntonioLerche

Der Kl war beim Bekl von 11.1.2010 bis 15.10.2021 als Installations- und Duschwandmonteur beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war der KollV für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe anzuwenden. Die Arbeitszeitaufzeichnungen erfolgten durch Eintragungen der Stunden auf ein vom Bekl zur Verfügung gestelltes iPad. Auf sämtliche dieser Aufzeichnungen hatte der Kl bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses Zugriff. Während des aufrechten Arbeitsverhältnisses hat der Kl nie verlangt, dass ihm die Arbeitszeitaufzeichnungen auch in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Der Kl begehrte erstmalig am 21.10.2021 die Zurverfügungstellung von Arbeitszeitaufzeichnungen in Papierform ohne konkreten Zeitraum, wobei ihm jene für 2021 übermittelt wurden.

Der Kl begehrte neben der Auszahlung des restlichen Entgelts für Überstunden die Übermittlung aller Arbeitszeitaufzeichnungen für die Jahre 2019 und 2020.

Das Erstgericht sprach das restliche Entgelt (unangefochten) zu, wies das Herausgabebegehren unter Verweis auf den eingetretenen kollektivvertraglichen Verfall jedoch ab. Das Berufungsgericht gab dem gegen die Teilabweisung erhobenen Rechtsmittel des Kl nicht Folge.

Der OGH ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage, ob kollektivvertragliche Fallfristen auf den Herausgabeanspruch nach § 26 Abs 8 AZG anzuwenden sind, noch keine höchstgerichtliche Rsp bestand, erachtete sie jedoch als nicht berechtigt.

Eine Beschränkung der anzuwendenden kollektivvertraglichen Verfallsbestimmung auf Entgeltansprüche lässt sich der Formulierung nicht entnehmen. Der OGH führte weiters aus, dass auch keine (günstigere) zwingende gesetzliche Bestimmung besteht, innerhalb welcher Frist die Übermittlung von monatlichen Arbeitszeitaufzeichnungen gem § 26 Abs 8 AZG geltend zu machen ist, weshalb die Ausschlussfrist des KollV zum Tragen kommt.

Die Fälligkeit des monatlichen Übermittlungsanspruches ist nach dem Gesetzeswortlaut ab Verlangen gegeben. Eine rückwirkende Übermittlungspflicht für mehr als ein Monat zurückreichende Vorperioden ist darin nicht normiert.

Die Anwendbarkeit der Verfallsklausel auf den Übermittlungsanspruch der Arbeitszeitaufzeichnungen steht laut OGH auch nicht im Widerspruch mit dem Gesetzeszweck, dem AN eine Nachprüfung seiner Arbeitszeit zuzubilligen, da diesem kein rechtliches Interesse für die Überprüfung von Zeiträumen, für welche Nachforderungen wegen bereits eingetretenen Verfalls ohnehin nicht mehr möglich sind, zuzubilligen ist.

Die Anwendbarkeit der Verfallsklausel steht laut OGH auch nicht im Widerspruch zu § 26 Abs 9 AZG, der bei Verwehrung der Übermittlung von Arbeitszeitaufzeichnung die Hemmung von Verfallsfristen vorsieht, da eine bereits abgelaufene kollektivvertragliche 236 Verfallsfrist nicht mehr gehemmt werden kann.

Zudem hielt der OGH fest, dass keine bestimmte Formvorschrift für die übermittelten Arbeitszeitaufzeichnungen vorgeschrieben ist. Der Kl hatte während des gesamten Arbeitsverhältnisses Zugriff auf seine Aufzeichnungen in digitaler Form, welche periodisch auf Papier ausgedruckt und von ihm unterschrieben wurden. Allfällige gelegentliche Abänderungen wurden mit dem Kl besprochen und waren ihm daher ebenfalls bekannt.

Der Anspruch auf die Übermittlung von Arbeitszeitaufzeichnungen bestand im Anlassfall somit aufgrund des eingetretenen Verfalls nicht zu Recht.