97Betriebsratswahl im „Nichtbetrieb“ – vorzeitige Beendigung der Funktionsperiode bei Verschmelzung mit einem anderen Betrieb?
Betriebsratswahl im „Nichtbetrieb“ – vorzeitige Beendigung der Funktionsperiode bei Verschmelzung mit einem anderen Betrieb?
Wird in einer Arbeitsstätte, der keine Betriebseigenschaft iSd § 34 Abs 1 ArbVG zukommt, dennoch ein BR gewählt, so kann diese unzulässige Wahl gem § 59 Abs 2 ArbVG angefochten werden. Bei unterbliebener Anfechtung ist die im „Nichtbetrieb“ stattgefundene Betriebsratswahl für die Dauer der gesetzlichen Funktionsperiode saniert. Der vorzeitige Endigungsgrund der Tätigkeitsdauer des BR nach § 62 Z 1 ArbVG (dauernde Betriebseinstellung) liegt auch bei Aufnahme eines Betriebs durch einen 231anderen Betrieb vor, weil dadurch die Betriebsidentität des aufgenommenen Betriebs grundsätzlich verloren geht. Eine analoge Anwendung dieser Regelung auf einen „Nichtbetrieb“ kommt nur dann in Betracht, wenn vom Untergang der Identität des „Nichtbetriebs“ auszugehen wäre. Besteht dagegen vor und nach der Verschmelzung die Einheit, der keine Betriebseigenschaft nach § 34 ArbVG zukommt, für die aber dessen ungeachtet ein BR gewählt wurde, unverändert fort, fehlt es für die Annahme eines Betriebsuntergangs an einer relevanten Veränderung in der Identität und organisatorischen Gliederung dieser Einheit.
Die Bekl betreibt ein Autobusunternehmen. Im Jahr 2017 erhielt sie den Zuschlag zur Linienführung in Oberösterreich ab dem Jahr 2018, wobei für sie dazu die D* Oberösterreich * GmbH & Co KG tätig war. In der Folge übernahm die Bekl gem § 142 UGB das Vermögen dieser Gesellschaft. Die Eintragung im Firmenbuch erfolgte am 3.10.2020. Durch die gesellschaftsrechtliche Verschmelzung der beiden Gesellschaften blieb die Organisation des Standorts in Oberösterreich im Wesentlichen unverändert: Für den Standort war und ist ein eigener Disponent/Fahrdienstleiter angestellt, der für die Tagesdisposition, die Erstellung von Dienstplänen, die Koordination der Fahrzeuge, die Entgegennahme von Urlaubsanträgen und die Teilnahme an Verhandlungen über Haltestellen und Baustellen zuständig ist.
Die Vorgaben für die Tätigkeit des Disponenten erfolgen durch die Zentrale in Wien. In dieser werden auch sämtliche sonstige Entscheidungen getroffen, darunter Vorgaben zu den Strecken- und Dienstplänen und Personalfragen (Einstellungen, Beendigungen, Gehalt). Vertragspartner des oberösterreichischen Verkehrsverbundes war nicht die D* Oberösterreich * GmbH & Co KG, sondern immer die Bekl.
Der Kl war ab 2018 bei der D* Oberösterreich * GmbH & Co KG als Busfahrer angestellt. Er wurde in diesem Unternehmen zum BR gewählt. Die Funktionsperiode des BR begann am 13.3.2020. Die Betriebsratswahl wurde nicht angefochten. Die Bekl kündigte den Kl mit einem ihm am 31.3.2021 zugegangenen Schreiben zum 18.4.2021. Es liegt keine gerichtliche Zustimmung zur Kündigung vor.
Der Kl begehrt 1. die Feststellung, dass das Dienstverhältnis zwischen ihm und der Bekl auch nach dem 18.4.2021 aufrecht besteht; in eventu 2., dass die durch die Bekl mit Schreiben vom 31.3.2021 erklärte Kündigung des Dienstverhältnisses für rechtsunwirksam erklärt wird.
Er stützt sein Feststellungsbegehren darauf, er sei zum Mitglied und Vorsitzenden des BR der D* Oberösterreich * GmbH & Co KG gewählt worden. Durch die Übertragung des Gesellschaftsvermögens dieser Gesellschaft auf die Bekl sei der gesamte oberösterreichische Betrieb auf die Bekl als neue Rechtsträgerin übergegangen. Der Betrieb in Oberösterreich bestehe trotz der gesellschaftsrechtlichen Änderung jedenfalls fort. Gem § 62b ArbVG bleibe der BR bis zum Ablauf seiner Tätigkeitsdauer fortbestehen, wenn ein Betrieb zur Gänze auf einen neuen Betriebsinhaber übergehe. Daher sei auch das Betriebsratsmandat des Kl weiterhin aufrecht. Auch wenn bereits vor der gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung der Arbeitsstätte in Linz dieser Arbeitsstätte keine Betriebseigenschaft zuzumessen gewesen sein sollte, bestehe das Betriebsratsmandat des Kl fort.
Die Bekl bestreitet und bringt im Wesentlichen vor, dass sich am Standort in Oberösterreich kein eigenständiger Betrieb befinde, es handle sich um keine organisatorische Einheit iSd § 34 ArbVG. Es liege eine betriebliche Aufnahme vor. Das Betriebsratsmandat des Kl sei daher untergegangen.
Die Unterinstanzen gaben der Klage statt. Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen.
Der OGH erkannte die Revision der Bekl als zulässig, aber als nicht berechtigt.
[15] Auch im Revisionsverfahren ist nicht strittig, dass es sich beim Standort in Oberösterreich weder vor noch nach der Übernahme durch die Beklagte um einen Betrieb im Sinn des § 34 ArbVG handelte.
[16] Wird in einer Arbeitsstätte oder Einheit, der keine Betriebseigenschaft im Sinn des § 34 ArbVG zukommt, dennoch ein Betriebsrat gewählt, so kann diese unzulässige Wahl nach § 59 Abs 2 ArbVG angefochten werden. Wird eine Betriebsratswahl innerhalb der Monatsfrist des § 59 Abs 2 ArbVG nicht angefochten, dann gelten eventuell bei der Wahl aufgetretene Mängel als saniert. Während der laufenden Funktionsperiode des Betriebsrats kann die Betriebsratswahl nicht mehr bekämpft werden. Das gilt – mangels abweichender Regelung – auch für die Wahl eines Betriebsrats in einem Nichtbetrieb: Bei unterbliebener Anfechtung ist auch die im Nichtbetrieb stattgefundene Betriebsratswahl für die Dauer der gesetzlichen Funktionsperiode saniert. Die Funktionsperiode des Betriebsrats kann daher trotz Fehlens der Voraussetzungen eines selbständigen Betriebs ausgeschöpft werden. Dieser bleibt demnach grundsätzlich für fünf Jahre im Amt (vgl 9 ObA 184/01a; 8 ObA 207/00z mwN; RS0051150).
[17] Nach § 62 Z 1 ArbVG endet die Tätigkeitsdauer des Betriebsrats vor Ablauf des in § 61 Abs 1 ArbVG bezeichneten Zeitraums, wenn der Betrieb dauernd eingestellt wird.
[18] Von einer Betriebseinstellung ist auch auszugehen, wenn die Tätigkeit nicht eingestellt, sondern „bloß“ die Identität des Betriebs untergegangen ist. Dafür bedarf es so grundlegender Veränderungen, 232dass nicht mehr vom gleichen Betrieb gesprochen werden kann und in der Folge eine Legitimation des ursprünglich gewählten Betriebsrats für den neuen Betrieb nicht mehr gegeben ist. Keine Betriebseinstellung liegt vor, wenn trotz einer Änderung von Elementen des Betriebs nach allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen angenommen werden kann, dass der alte Betrieb in seinem wesentlichen Kern fortbesteht, also die Betriebsidentität gewahrt bleibt (Burger-Ehrnhofer/Drs in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 62 Rz 19 ff).
[19] Als Betriebseinstellung ist auch die Aufnahme durch oder in einen anderen Betrieb zu verstehen, weil dadurch die Betriebsidentität des aufgenommenen Betriebs grundsätzlich verloren geht (vgl 8 ObA 219/97g; Kallab in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 62 ArbVG Rz 9; Burger-Ehrnhofer/Drs in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 62 Rz 22). Von einer betrieblichen Aufnahme ist auszugehen, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil so in einen bestehenden Betrieb eingefügt wird, dass man nicht von einem „neuen“ Betrieb sprechen kann, sondern davon ausgehen muss, dass der neu eingefügte Betrieb bzw Betriebsteil im aufnehmenden Betrieb, der seine Identität beibehält, aufgeht (Majoros, Vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer des Betriebsrats durch Verlust der Betriebsidentität, RdW 2008/425 [464]). Geht die Gesellschaft, die den Betrieb bisher innegehabt hat, durch die Aufnahme in eine andere Gesellschaft in dieser auf und dadurch unter, so führt dieser Vorgang nicht zu einer Einstellung des Betriebs, den die untergegangene Gesellschaft bisher geführt hat. Erst die nach der gesellschaftsrechtlichen Verschmelzung vorgenommenen organisatorischen Veränderungen im Betrieb selbst können zu einer dauernden Einstellung des Betriebs im Sinn des § 62 Z 1 ArbVG führen (8 ObA 290/95; Radner/Preiss in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht12 § 62 ArbVG Rz 24; vgl auch Pacic in Tomandl, Arbeitsverfassungsgesetz § 62 ArbVG Rz 9).
[20] Voraussetzung für die Anwendung des § 62 Z 1 ArbVG ist allerdings, dass die Arbeitsstätte, die dauernd eingestellt wird, ein Betrieb im Sinn des § 34 ArbVG ist […].
[21] Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass eine unmittelbare Anwendung dieser Bestimmung schon mangels Vorliegens eines Betriebs nicht in Betracht kommt.
[22] § 62 ArbVG zählt die Endigungsgründe der Tätigkeitsdauer des Betriebsrats taxativ auf (RS0120847). Eine Analogie ist aber auch bei einer taxativen Aufzählung möglich und geboten, wenn der nicht besonders angeführte Fall alle motivierenden Merkmale der geregelten Fälle enthält und das Prinzip der Norm auch in einem ihrem Tatbestand ähnlichen Fall Beachtung fordert (RS0008839).
[23] Zu Recht haben die Vorinstanzen eine analoge Anwendung auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt abgelehnt. Wie dargelegt führt nicht allein die gesellschaftsrechtliche Veränderung bei einer Aufnahme, sondern erst die Umstrukturierung im Unternehmen und die damit in Zusammenhang stehende organisatorische Veränderung zum Verlust der Betriebsidentität.
[24] Im vorliegenden Fall wurde der Betriebsrat in einer Einheit gewählt, der keine Betriebseigenschaft im Sinn des § 34 ArbVG zukommt. Durch die gesellschaftsrechtliche Verschmelzung kam es zu keinen organisatorischen Veränderungen, vielmehr wurde die bereits zuvor gegebene Situation unverändert belassen. Insoweit wäre auch beim Vorliegen eines eigenständigen Betriebs noch keine „Betriebseinstellung“ erfolgt […].
[25] Nach herrschender Ansicht liegt im bloßen Wechsel des Betriebsinhabers oder der Rechtsform des Unternehmens keine Betriebseinstellung (RS0050993; Kallab in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 62 ArbVG Rz 10 mwN). […]
[26] Entgegen der Ansicht der Beklagten kann es bei der Prüfung der relevanten Veränderungen im vorliegenden Fall aber ohnehin nicht auf die typischen Elemente einer Betriebsstruktur ankommen, da diese unstrittig von Anfang an nicht vorlagen. Vielmehr ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der „Nichtbetrieb“ vor der Umstrukturierung mit jenem nach der Umstrukturierung zu vergleichen. Hat sich dieser derart grundlegend verändert, dass nicht mehr vom gleichen „Nichtbetrieb“ gesprochen werden kann, so wäre von einem Untergang der Identität des „Nichtbetriebs“ auszugehen. Diesfalls wäre die – infolge der Nichtanfechtung der unzulässigen Betriebsratswahl eingetretene – Legitimation des ursprünglich gewählten Betriebsrats nicht mehr gegeben.
[27] Da aber sowohl vor wie nach der Verschmelzung die Einheit, der keine Betriebseigenschaft im Sinn des § 34 ArbVG zukommt, für die aber der Kläger dessen ungeachtet zum Betriebsrat gewählt worden war, unverändert fortbestand, fehlt es für die Annahme eines Betriebsuntergangs einer relevanten Veränderung in der Identität und organisatorischen Gliederung dieser Einheit.
[28] Daraus ergibt sich, dass die Funktionsperiode des Betriebsrats nicht nach § 62 Z 1 ArbVG endete. Daher war zum Zeitpunkt der Kündigung des Klägers der Kündigungs- und Entlassungsschutz nach § 120 ArbVG aufrecht. Mangels gerichtlicher Zustimmung ist die Kündigung des Klägers zum 18.4.2021 daher unwirksam. Der Revision der Beklagten war nicht Folge zu geben. […]
Der Kl bekämpfte seine Kündigung mit dem wesentlichen Argument, dass er als BR einen besonderen Kündigungsschutz habe und daher nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichts hätte gekündigt werden dürfen (§ 120 Abs 1 ArbVG). Holt der DG diese Zustimmung nicht ein, ist die Kündigung rechtsunwirksam. Diese Rechtsunwirksamkeit ist prozessual mit einer Feststellungsklage, gerichtet auf den aufrechten Bestand des Dienstverhältnisses, aufzugreifen. Zusätzlich hat der DN im vorliegenden Fall ein Begehren auf Unwirksamerklärung der Kündigung, vermutlich wegen Sozialwidrigkeit iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG, gestellt. Diese Rechtsgestaltungsklage setzt eine wirksame Kündigung voraus. Aufgrund dessen wurde dieses Begehren als so genanntes 233 Eventualbegehren für den Fall erhoben, dass sich die Kündigung als nicht unwirksam erweisen sollte.
Ein BR kann nur in einem Betrieb gewählt werden. Der Betrieb ist – sehr abstrakt – in § 34 ArbVG definiert und anhand der dort angeführten Kriterien von sonstigen Arbeitsstätten oder Filialen abzugrenzen. Diese gelten als bloße Betriebsteile, in denen keine eigenen Vertretungsorgane zu wählen sind. Maßgeblich für die Betriebseigenschaft ist, dass es sich um eine organisatorische Einheit handelt, innerhalb der eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht. Wesenselemente des Betriebs sind der Betriebsinhaber, die Betriebsmittel, die Beschäftigten sowie der Umstand, dass eine auf Dauer angelegte Tätigkeit ausgeübt wird (OGH9 ObA 166/99y
).Eine Arbeitsstätte ist eine örtlich abgrenzbare Einrichtung, in der Arbeitsergebnisse erzielt werden. Die Abgrenzung zwischen Betrieb und Arbeitsstätte richtet sich vor allem nach dem Grad der Organisation. Die organisatorische Einheit muss dabei über ein gewisses Mindestmaß an Selbständigkeit, gerichtet auf den produktionstechnischen Zweck, verfügen, und es müssen dabei Arbeitsergebnisse erzielt werden, die von anderen Betriebsvorgängen unabhängig, dh eigenständig und abgeschlossen sind (OGH9 ObA 51/14mDRdA 2015/30 [Firlei]). Von einer Eigenständigkeit ist nach der (älteren) Judikatur nicht zu sprechen, wenn in einer Arbeitsstätte bspw nur die von der Zentrale gelieferten Teile zusammengebaut und anschließend an die Zentrale zur Weiterbearbeitung zurückgeschickt werden (VwGH1039/72DRdA 1974, 83). Die Lehre sieht die Eigenständigkeit der Arbeitsergebnisse demgegenüber eher nur als Indiz und legt den Schwerpunkt der Beurteilung der Betriebseigenschaft auf die Selbständigkeit der Betriebsleitung in technischer Hinsicht (Windisch-Graetz in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 34 ArbVG Rz 12).
Im vorliegenden Fall waren sich die Parteien schnell darüber einig, dass die Arbeitsstätte in Oberösterreich keinen Betrieb iSd § 34 ArbVG darstellt. Dennoch wurde dort im Jahr 2020 ein BR gewählt. Fraglich war daher zunächst, ob dieser Umstand einen Einfluss auf den Bestand des BR haben könnte. Wird in einem Nichtbetrieb gewählt, handelt es sich um eine unzulässige Wahl, die nicht mit Nichtigkeit (§ 60 ArbVG) bedroht ist, sondern (nur) einen Anfechtungsgrund nach § 59 Abs 2 ArbVG darstellt. Zur Anfechtung berechtigt sind innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses der Betriebsinhaber, jeder Wahlberechtigte und die wahlwerbenden Gruppen. Da eine solche Anfechtung unterlassen wurde, war der Wahlmangel saniert, dh der BR bleibt grundsätzlich für die gesamte Periode von fünf Jahren im Amt. Die Sanierung des Mangels dient vor allem der Rechtssicherheit. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass sämtliche Beschlüsse und Vereinbarungen, die der BR trifft, während der gesamten Funktionsperiode als ungültig (nichtig) erklärt werden könnten. Darum sieht der Gesetzgeber nur für schwerwiegendste Fehler bei der Betriebsratswahl die Rechtsfolge der Nichtigkeit vor (zB bei einer Wahl mit Handzeichen in der Betriebsversammlung: EA Linz Re 44/79 ZAS 1980, 1).
Daher stützte sich der DG darauf, dass der Betrieb in Oberösterreich durch die Verschmelzung (§ 142 UGB) dauernd eingestellt wurde. Die dauernde Einstellung ist in § 62 Z 1 ArbVG geregelt und führt zur vorzeitigen Beendigung der Tätigkeitsdauer des BR. Das Betriebsratsmitglied verliert mit dieser Beendigung (die gewöhnlich in die zeitliche Nähe der Einstellung des Betriebs fällt) den besonderen Kündigungsschutz und ist dann „normal“, dh ohne gerichtliche Zustimmung kündbar (§ 120 Abs 3 ArbVG). Eine dauernde Einstellung liegt nicht nur dann vor, wenn der Betrieb geschlossen wird, sondern auch dann, wenn er durch Aufnahme in einen anderen Betrieb seine Identität verliert. Der gesellschaftsrechtliche Vorgang der Aufnahme, hier durch Verschmelzung, reicht also nicht für die dauernde Einstellung aus. Es kann ja durchaus sein, dass der ursprüngliche Betrieb in den aufnehmenden Betrieb zwar organisatorisch integriert wird (zB durch Übernahme der Personal- und kaufmännischen Agenden), aber trotzdem wie bisher in räumlicher Trennung eigenständige Arbeitsergebnisse unter Beibehaltung der technischen Selbständigkeit erbringt (OGH4 Ob 51/85
).Die unmittelbare Anwendung des § 62 Z 1 ArbVG scheiterte im gegebenen Fall bereits daran, dass diese Bestimmung nur für Betriebe gilt, hier aber kein solcher in Oberösterreich existierte. Daher prüften die Gerichte eine Analogie, dh das Vorliegen einer ungewollten Regelungslücke, die durch Rechtsfortbildung geschlossen wird. Der Gesetzgeber muss also auf die Regelung eines Tatbestands vergessen haben, der den geregelten Tatbeständen ausreichend ähnlich ist. Eine solche Lücke haben die Gerichte gegenständlich verneint, da der „Nichtbetrieb“ nach der Verschmelzung seine Identität beibehalten hat und in diesem Fall auch der Betrieb nicht untergegangen wäre.
Die Tätigkeitsdauer des BR wäre demnach in analoger Anwendung des § 62 Z 1 ArbVG nur vorzeitig beendet worden, wenn der Nichtbetrieb seine Identität durch die Aufnahme in den Betrieb der Bekl verloren hätte. Nur dann hätte man von einem Untergang desselben sprechen können, durch den auch der BR seine Legitimation verloren hätte. Da dies nicht passiert ist, war der Kl zum Zeitpunkt der Kündigung Mitglied des BR, weshalb diese mangels gerichtlicher Zustimmung die Rechtsunwirksamkeit nach sich zog.234