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Keine Heimopferrente für Adoptivkind bei Missbrauch während 14-tägigem Zelturlaub

JohannaRachbauer

Der 1965 geborene Kl wurde von seinen Pflegeeltern mit Wirksamkeit vom 19.3.1971 an Kindes statt angenommen. Später wurde er massiv durch mehrere Priester und katholische Aufsichtserwachsene missbraucht, ua im Rahmen eines von der Kirche organisierten 14-tägigen Zelturlaubes, an dem er teilnehmen musste. Nachdem er diese Vorkommnisse zufällig auf der Straße anwesenden Gendarmeriebeamten erzählt hatte, wurde er von der Adoptivmutter verprügelt. Die bekl Pensionsversicherungsanstalt lehnte den Antrag des Kl auf Zuerkennung einer Heimopferrente ab.

Das Erstgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Das Berufungsgericht wies die Klage ab, da der Kl nicht dem geschützten Personenkreis angehöre.

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurück. Inhaltlich bestätigte der OGH die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes unter Verweis auf den geschützten Personenkreis gem § 1 Abs 1 Heimopferrentengesetz (HOG) (Hervorhebung durch den Senat): „§ 1. (1) Personen, die eine Entschädigungsleistung wegen nach dem 9. Mai 1945 bis zum 31. Dezember 1999 erlittener Gewaltim Rahmen einer Unterbringungin Kinder oder Jugendheimen, […] in entsprechenden Einrichtungen der Kirchen oder in Pflegefamilien von einem Heim-, Jugendwohlfahrts-, Krankenhausträger oder Träger der vergleichbaren Einrichtung beziehungsweise den von diesen mit der Abwicklung der Entschädigung beauftragten Institutionen erhalten haben, haben […] Anspruch auf eine monatliche Rentenleistung nach diesem Bundesgesetz.“

Nach der Rsp des VfGH hat der Gesetzgeber den Kreis der nach § 1 Abs 1 HOG anspruchsberechtigten Personen eng umschrieben. Er hat die Gewährung einer Heimopferrente als besondere Fürsorgeleistung und spezifische Reaktion auf ein Unrecht geschaffen, das typischerweise und in besonderer Intensität sogenannten „Heimkindern“ bzw „Pflegekindern“ widerfahren ist. Er stellt daher auf kindliche und jugendliche Opfer von Gewalt ab, die solcher Gewalt im Rahmen einer regelmäßig länger dauernden Unterbringung in Fremdpflege, der sie sich nicht entziehen konnten, ausgesetzt waren (VfGH 22.2.2019, G 226/2018). Beruhend darauf hat der OGH entschieden, dass der Tatbestand der „Unterbringung“ iSd § 1 Abs 1 HOG im Fall einer Kl nicht erfüllt ist, die als „Lehrling“ in einem Kloster beschäftigt und untergebracht war. Denn es bestand zumindest rein rechtlich die Möglichkeit, dass das Autoritätsverhältnis beendet wird (OGH 19.1.2021, 10 ObS 148/20t Rz 27-29). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 HOG wurde vom OGH überdies beim Besuch einer als Ganztagsschule bzw Halbinternat geführten Bildungseinrichtung verneint, weil es schon räumlich an einer „regelmäßig länger dauernden Unterbringung in Fremdpflege“ fehlte (OGH 13.9.2021, 10 ObS 121/21y).

Das dem Kl widerfahrene Unrecht erfolgte zu einem Zeitpunkt, als der Kl bereits adoptiert war, und daher nicht im Rahmen einer Unterbringung in einer Pflegefamilie. Der Beurteilung des Berufungsge263richts, wonach der von der Kirche organisierte 14-tägige „Zelturlaub“ als eine im kirchlichen Kontext stehende Beaufsichtigung und nicht als länger dauernde Unterbringung in Fremdpflege anzusehen sei, setzt der Kl nichts Substantielles entgegen. Die vom Kl intendierte analoge Anwendung von § 1 Abs 1 HOG scheitert an der aus den Gesetzesmaterialien zum HOG ersichtlichen Absicht des Gesetzgebers, nur Opfer von Gewalt in Heimen und Pflegefamilien zu erfassen, was sich im Lichte der Rsp des VfGH implizit auch aus den zitierten Entscheidungen des OGH ergibt.

Das massive Unrecht, das dem Kl widerfahren war, war somit nicht unter den Anwendungsbereich des HOG zu subsumieren.