112Kündigung während Elternteilzeit wegen Standortschließung aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt
Kündigung während Elternteilzeit wegen Standortschließung aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt
Der Bekl war am Standort der Kl in Graz, dem vertraglichen Dienstort des Bekl, in Elternteilzeit beschäftigt. Dieser Standort wurde von der Kl geschlossen. Sämtliche andere Mitarbeiter stimmten einer Versetzung zu oder beendeten ihre Dienstverhältnisse. Dem Bekl wurde eine Weiterbeschäftigung am einzig verbleibenden Standort in Wien angeboten. Der Bekl lehnte eine solche Versetzung aber ab. In Graz ist er nicht mehr einsetzbar. Die Kl brachte daraufhin eine Klage auf Zustimmung zur Kündigung ein.
Die Vorinstanzen gaben der Klage statt, da aufgrund der Umstrukturierung eine Weiterbeschäftigung des Bekl unzumutbar sei.
Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde vom OGH gem § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Nach § 8f Abs 1 Satz 3 VKG iVm § 7 Abs 3 VKG und § 10 Abs 4 MSchG kann das Gericht die Zustimmung zur Kündigung, wenn die Klage auf Zustimmung zur Kündigung nach Ablauf des ersten Lebensjahres des Kindes gestellt wurde, auch dann erteilen, wenn der DG den Nachweis erbringt, dass die Kündigung durch Umstände, die (ua) die betrieblichen Interessen nachteilig berühren oder durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der DN entgegenstehen, begründet ist und die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses dem DG unzumutbar ist. Die Kündigungsgründe des § 10 Abs 4 MSchG entsprechen – mit Ausnahme des zusätzlichen Erfordernisses der Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses – jenen des § 105 Abs 3 Z 2 lit a und b ArbVG. Es kann daher Anleihe bei der dazu ergangenen Rsp genommen werden. Eine Kündigung ist dann iSd § 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG durch betriebliche Erfordernisse begründet, wenn sie im Interesse des Betriebs notwendig ist. Im Fall einer betrieblichen Rationalisierung ist die Beurteilung der Zweckmäßigkeit und Richtigkeit der Maßnahme grundsätzlich dem wirtschaftlichen Ermessen des Betriebsinhabers vorbehalten (RS0051649; RS0052008). Die konkrete Kündigung muss aber zur Verwirklichung des beabsichtigten Erfolgs geeignet sein (OGH 20.1.2012, 8 ObA 95/11w). Das Kriterium der Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses wurde vom Gesetzgeber nicht definiert. Aufgrund der Schutzbedürftigkeit der AN muss es sich dabei aber um besonders schwerwiegende Umstände in der Person des AN oder auf betrieblicher Ebene handeln. Um dem Gedanken der Unzumutbarkeit zu entsprechen, sind Umstände zu verlangen, die zu einer Kündigung der AN keine sinnvolle Alternative bieten (OGH 24.9.2015, 9 ObA 82/15x mwN).
Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass aufgrund der Umstrukturierung grundsätzlich betriebliche Erfordernisse eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machen, hält sich im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums. Insb hat die Kl auch ihrer sozialen Gestaltungspflicht entsprochen und dem Bekl einen entsprechenden Ersatzarbeitsplatz angeboten, der von ihm aber abgelehnt wurde.
Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass die Kl im Zeitraum, für den Corona-Kurzarbeitszeitvereinbarungen bestanden und daher auch eine Behaltepflicht, den Bekl vorübergehend in Wien einsetzte, dies unter Abgeltung der Anreisezeiten als Dienstreise bei Einrechnung in die Arbeitszeit, weil dies dazu führt, dass der Kl nach den Feststellungen nach Beendigung der Kurzarbeit nicht im regulären Schichtbetrieb einsetzbar ist und der Kl auch Nachtschichtarbeit verweigerte.
Der Revision kann auch nicht darin gefolgt werden, dass allein der Umstand, dass die damit verbundenen Kosten in Relation zum Gesamtumsatz der Kl nicht ins Gewicht fallen, jedenfalls zur Verneinung betrieblicher Interessen führt. Auch einem Großunternehmen ist es in der Regel nicht zumutbar, AN an aufgelösten Dienstorten zu behalten und die damit verbundenen Mehrkosten zu tragen. Auf die genauen Kosten des Einsatzes des Bekl in Wien kommt es daher nicht an, weshalb der gerügte Feststellungsmangel nicht vorliegt. Soweit sich der Bekl darauf beruft, dass die Kl nicht alle vom Gesetz zur Verfügung gestellten Mittel zum Zweck einer Änderung der Teilzeit ausgeschöpft hat (vgl OGH 22.8.2012, 9 ObA 91/12s), so ist er darauf zu verweisen, dass das Berufungsgericht den Umstand der Elternteilzeit und deren Einteilung ohnehin nicht für geeignet erachtete, eine Kündigung zu begründen. Hinsichtlich der Zustimmung zur Versetzung übergeht die Revision, dass ein gerichtliches Verfahren nur die Zustimmung des BR nach § 101 ArbVG, nicht eben die des AN zu einer vertragsändernden Versetzung ersetzen kann. Durch ein solches Verfahren wäre daher im Hinblick auf eine Einsetzbarkeit des Bekl für die Kl nichts zu gewinnen.251