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Kein allgemeines Recht auf Beschäftigung bei Wissenschaftlern

DAVIDKOXEDER

Der Kl war seit 1997 für die Erstbekl als sicherheitspolitischer Forscher und Hauptlehroffizier tätig, bevor im Jahr 2014 auf seine Arbeitsleistung verzichtet wurde. In seiner Klage begehrte der Kl ua die Feststellung des Rechts auf (Weiter-)Beschäftigung. Die Vorinstanzen gelangten übereinstimmend zur Auffassung, dass dem Kl ein Recht auf Beschäftigung nicht zusteht, zumal es nicht unüblich sei, dass mit einer Dienstfreistellung etwa auch der Wegfall bestimmter dienstlicher Kontakte und die Einschränkung des Zugriffs auf gewisse Publikationen verbunden sei.

Der OGH sah in der vom Kl erhobenen außerordentlichen Revision keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO und hielt in seiner rechtlichen Beurteilung ua fest, dass nach gefestigter Rsp – abseits ausdrücklicher gesetzlicher Anordnungen – kein allgemeines Recht auf Beschäftigung besteht. Lediglich in Ausnahmefällen sei bestimmten AN, bei denen das Brachliegen ihrer Fähigkeiten zwangsläufig zu einem Qualitätsverlust und zur Minderung des Niveaus führt, ein sich aus der Natur des abgeschlossenen Arbeitsvertrags ergebendes Recht auf Beschäftigung zuerkannt worden.

Ergänzend führte der OGH aus, dass im Einzelfall auch schutzwürdige Interessen eines Wissenschaftlers – wie des Kl – durch Nichtbeschäftigung beeinträchtigt werden könnten, beispielsweise wenn der Wissenschaftler (ausnahmsweise) ein objektiv eigenes nachvollziehbares Interesse an den Arbeitsergebnissen hat. In diesem Fall sei danach zu fragen, ob den schutzwürdigen Interessen des AN gewichtige Gründe entgegenstehen, die dem AG die Weiterbeschäftigung des AN objektiv unzumutbar machen. Hierbei werde auch die Dauer der Nichtbeschäftigung eine Rolle spielen. Im gegenständlichen Fall stellte sich diese Frage nach Ansicht des OGH aber nicht, weil eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen weder aus dem Vorbringen des Kl noch aus dem festgestellten Sachverhalt abzuleiten war.

Der Kl beklagte auch, dass die Nichtbeschäftigung durch die Erstbekl als Mobbing zu qualifizieren sei. Aus dem Verbot des Mobbings ergebe sich zwingend, dass der Kl nicht von seinem Arbeitsplatz ferngehalten werden dürfe. Darüber hinaus war der Kl der Ansicht, seine Ladung zur ärztlichen Untersuchung zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit ebenso wie die herabwürdigenden Äußerungen des Bekl-Vertreters und die Nichtbeantwortung zweier seiner Schreiben im Zusammenhang mit seiner „Dienstfreistellung“ seien Mobbing. Dem Zweitbekl, einer seiner Vorgesetzten, warf er vor, diese beiden Schreiben an die Dienstbehörde weitergeleitet zu haben.

In rechtlicher Hinsicht hielt der OGH diesbezüglich fest, dass für Mobbing das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch ist, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung etc. Die Beurteilung, ob bei Auseinandersetzungen zwischen MitarbeiterInnen am Arbeitsplatz Mobbing zugrunde liegt, das den DG aufgrund seiner Fürsorgepflicht zu Gegenmaßnahmen verpflichtet, sowie um welche Maßnahmen es sich dabei handeln muss, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab.

Eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter KollegInnen oder zwischen Vorgesetzen und Untergebenen („Bossing“), bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer Person oder mehreren Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet, stellt der Kl mit seinem Vorbringen nach Auffassung des OGH nicht dar.

Selbst der Kl habe erkannt, dass es zu einer Zubilligung eines Rechts auf Beschäftigung durch die Hintertür kommen würde, wollte man schon seine Nichtbeschäftigung als Mobbinghandlung mit der Konsequenz in Betracht ziehen, dass ihm daraus der begehrte Anspruch erwächst. Dies würde jedoch der Rsp zuwiderlaufen, die ein allgemeines Recht auf Beschäftigung gerade nicht anerkennt.

Insofern war es nach Meinung des OGH nicht unvertretbar, dass die Vorinstanzen ein für Mobbing charakteristisches und prozesshaftes Geschehen verneint haben. Mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung war die außerordentliche Revision des Kl zurückzuweisen.364