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Die Ausschlussfrist des § 29 AngG beginnt mit Ablauf des Tages der Beendigung des Dienstverhältnisses

KLAUSBACHHOFER

In einem zwischen den Streitteilen bereits verhandelten Vorverfahren wurde festgestellt, dass das zwischen ihnen bestehende Dienstverhältnis über den 30.9.2016 hinaus bis zum 30.6.2017 aufrecht fortbestanden hat und die Bekl dem Kl für alle zukünftigen Schäden haftet, die ihm durch die Kündigung vom 16.12.2016 entstehen. Der Ausspruch jener (Eventual-)Kündigung war fristwidrig erfolgt.

Im vorliegenden Verfahren macht der Kl mit seiner am 31.1.2018 eingebrachten Klage Kündigungsentschädigung für den Zeitraum Juli bis Dezember 2017 geltend.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren teilweise, dh hinsichtlich des Zeitraums Juli bis September 2017, als verfristet (§ 34 AngG) ab. Der Präklusionseinwand der Bekl wurde überdies als nicht sittenwidrig beurteilt.

Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision des Kl wurde vom OGH zurückgewiesen.

In dieser Revision argumentierte der Kl zunächst für einen späteren Beginn des Laufs der Präklusivfrist des § 34 AngG: Ansprüche nach § 29 AngG hätten Entschädigungscharakter. Die Verjährung könne erst in dem Zeitpunkt zu laufen beginnen, in dem dem „Beschädigten“ Schaden und Schädiger bekannt würden, wobei die maßgeblichen Umstände erst seit der Entscheidung des OGH im Vorverfahren festgestanden seien. Eine Prognose darüber wäre bei der Komplexität des Sachverhalts und der Rechtslage unzumutbar gewesen. Die Feststellung des OGH stelle zudem auf einen künftigen Schaden ab. Dieser sei aber erst ab Ende Juli (Nicht-Erhalt des Juli-Gehalts 2017) eingetreten. Der Gesetzestext von § 29 Abs 1 und 2 AngG sei widersprüchlich. Auch sei unklar, ob die Ansprüche nach § 29 AngG erst mit entsprechender Forderung durch den AN („kann der Angestellte ...“) oder per se zum Beendigungstermin fällig würden.

Diesen Erwägungen stellte der OGH die Bestimmungen der §§ 29 und 34 AngG und die dazu ergangene stRsp entgegen, wonach eine zeitwidrige Kündigung das Arbeitsverhältnis zum verfehlten Kündigungstermin auflöst, wobei die Rechtsfolgen des § 29 AngG eintreten.

Unstrittig ist § 29 Abs 2 S 1 AngG so zu verstehen, dass der Angestellte Ersatzansprüche für das ganze, einen Zeitraum von drei Monaten nicht übersteigende Entgelt ohne Abzug sofort, den Rest zur vereinbarten oder gesetzlichen Zeit fordern kann. Für solche Ersatzansprüche gilt die sechsmonatige Verfallsfrist des § 34 AngG.

Zu deren Beginn ist es stRsp, dass bei Ansprüchen, die erst nach der Auflösung des Dienstverhältnisses fällig werden, der Lauf der Ausschlussfrist des § 34 AngG erst mit dem Tag der Fälligkeit 8 beginnt. Das ist bei Ansprüchen nach § 29 AngG, die – wie hier – sofort gefordert werden können, der Ablauf des Tages der Beendigung des Dienstverhältnisses. Die Bestimmung des § 29 Abs 2 AngG ist dagegen nicht so zu verstehen, dass die Fälligkeit nach dem Gutdünken des AN auch zu einem späteren Zeitpunkt herbeigeführt werden könnte. Die Sechs-Monatsfrist beginnt vielmehr nach Ablauf des Tages, an dem der Anspruch erhoben werden konnte. Das entspricht auch dem Grundsatz, dass die Fälligkeit und damit der Beginn der Verjährung einer Forderung nicht willkürlich durch Verzögerung hinauszuschieben sein sollen.

Eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands des Arbeitsverhältnisses unterbricht die Verjährung und den Verfall nur hinsichtlich des geltend gemachten Rechtsverhältnisses und der daraus abgeleiteten Ansprüche, nicht aber auch hinsichtlich der aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeleiteten Ansprüche. Zur Verhinderung ihrer Verjährung bzw ihres Verfalls ist daher ein Eventualbegehren zu erheben. Wenngleich der Anspruch auf Kündigungsentschädigung für die ersten drei Monate im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz im Vorverfahren (11.7.2017) bereits fällig war, hat der Kl ein solches Eventualbegehren nicht erhoben.

Entgegen dem Revisionsvorbringen kommt für den OGH daher ein späterer Beginn des Fristenlaufs nicht in Betracht.

Zur vom Kl behaupteten Sittenwidrigkeit des Präklusionseinwands der Bekl entgegnete der OGH, dass die Erhebung der Verjährungseinrede dann gegen die guten Sitten verstößt, wenn aus einem auch im eigenen Interesse gelegenen Zuwarten des Gegners mit kostenintensiver Prozessführung bis zur Beendigung eines präjudiziellen Rechtsstreits Anspruchsverjährung abgeleitet wird. Dies war hier aber nicht der Fall.