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Die vertretbare Behauptung des aufrechten Bestehens eines Dienstverhältnisses bildet keine Vertrauensunwürdigkeit

KLAUSBACHHOFER

Der Kl war seit dem Jahr 2000 bei dem bekl Verein beschäftigt. Zum 31.5.2013 wurde er gekündigt. Hiervon wurde der im Jahr 2012 gewählte BR verständigt. In der Folge strengte der Kl mehrere Gerichtsverfahren gegen den Bekl bzw gegen den am 6.9.2012 gewählten BR an. Er machte im Wesentlichen geltend, dass die im Jahr 2012 durchgeführte Betriebsratswahl nichtig sei. In einem Verfahren wurde tatsächlich die Nichtigkeit der Betriebsratswahl festgestellt.

An dem Tag, an dem das erstgerichtliche Urteil über die Feststellung der Nichtigkeit dem Kl zugestellt worden war, erschien der Kl in der Zentrale des Bekl und schlug an dem im Mitarbeiterbereich befindlichen schwarzen Brett eine Einberufungskundmachung für eine Betriebsversammlung an. 7 Weiters verfasste er ein Begleitschreiben an die AN des Bekl und ein Verständigungsschreiben an den Bekl, den Beklagtenvertreter und den Obmannstellvertreter. In diesen Schreiben vertrat er insb den Standpunkt, dass seine Kündigung mangels Verständigung des am 15.9.2011 gewählten BR rechtsunwirksam und sein Dienstverhältnis zum Bekl aufrecht sei. Daraufhin wurde der Kl vom Bekl am 17.11.2014 wegen Vertrauensunwürdigkeit entlassen. Die Entlassung wurde vom Kl angefochten.

Im Anlassverfahren erklärten die Vorinstanzen die Entlassung des Kl vom 17.11.2014 übereinstimmend für rechtsunwirksam.

Die außerordentliche Revision der Bekl wies der OGH zurück. Er konnte keine auffällige Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht erkennen. Zwar kann der Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1 letzter Fall AngG auch durch unwahre Angaben gegenüber dem DG hergestellt werden. Jedoch hatte das Berufungsgericht in den Äußerungen des Kl keine wesentliche Unwahrheit erblickt. Vielmehr sei dessen rechtliche Schlussfolgerung vertretbar, dass sich aus dem Ersturteil im Verfahren zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl ergebe, dass auch die ihm gegenüber im Jahr 2013 ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam sei, weil davon (nur) der im Jahr 2012 gewählte BR verständigt worden sei. Der Kl habe sich nicht auf die Rechtskraft, sondern auf die Verbindlichkeit der Entscheidungen gestützt, was gem § 61 Abs 1 Z 5 iVm § 50 Abs 2 ASGG auch nicht falsch sei. Dass der Kl das ihm vorliegende Urteil möglichst iS seines eigenen Prozessstandpunktes dargestellt habe, begründe jedenfalls keine Vertrauensunwürdigkeit.

Damit bleibt vor dem Hintergrund der Einberufung einer Betriebsversammlung durch den Kl am 12.11.2014, dass nach den Feststellungen das Motiv für die Entlassung des Kl die Befürchtung des Obmanns des Bekl war, der Kl werde wieder eine Betriebsratsfunktion anstreben, wodurch er schwerer oder gar nicht mehr gekündigt werden könne.