BMASGK (Hrsg)Evaluation IP Neu – Sozialpolitische Studienreihe Bd 25

Verlag des ÖGB, Wien 2019, 218 Seiten, broschiert, € 23,-

CAROLINEKRAMMER

In der seit 2009 vom BMASGK herausgegebenen Sozialpolitischen Studienreihe, die Zusammenhänge zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und politischen Prozessen besser sichtbar und der interessierten Öffentlichkeit bekannt machen soll, liefern ExpertInnen aus Politik, Wissenschaft und Forschung Statistiken und Analysen. Die dabei behandelten zentralen Themen der österreichischen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik werden unter Open-Access-Bedingungen publiziert und durch das Sozialministerium unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 zur Verfügung gestellt.

Band 25/2019 der sozialpolitischen Studienreihe fasst die Ergebnisse des Projektes „Evaluation IP Neu“ über den Zeitraum 2014-2017/2018 zusammen und bezieht zudem auch die Situation in den Jahren vor der Reform (2004 bis 2013) mit ein. Mit der „IP Neu“ wurden 2014 umfassende Neuregelungen im Bereich der Invaliditätspension (IP) umgesetzt. Zielsetzung von IP Neu ist die verstärkte Arbeitsmarktintegration von gesundheitlich beeinträchtigten Menschen und die Vermeidung von krankheitsbedingten Pensionierungen. Dazu wurde die befristete Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitspension für Jahrgänge ab 1964 durch die medizinische bzw berufliche Rehabilitation ersetzt.

Die Autoren geben einen Überblick über die Entwicklungen seit Inkrafttreten der IP Neu, die kausalen Effekte der Reform auf das Arbeitsmarktverhalten sowie auf Rehabilitationsmaßnahmen und Gesundheitsausgaben (Arztkosten, Heilmittelkosten, Krankenanstaltenkosten). Außerdem wird eine kausale Evaluation der Zuteilung von Anträgen auf GutachterInnen vorgenommen, um mit dieser Strategie in dem Maße, in dem die GutachterInnen systematische Unterschiede in der Zuerkennung einer IP, des Rehabilitationsgeldes oder einer Rehabilitationsmaßnahme aufweisen, den kausalen Effekt eines Antragsentscheides evaluieren zu können.

Der Bericht zeigt eine Reduktion der IP-Zuerkennungen zugunsten einer annähernd gleich hohen Zahl von Zuerkennungen von medizinischer Rehabilitation. Auch wenn eine leichte Verbesserung der Beschäftigungssituation für Personen ausgewiesen wird, die der IP Neu unterliegen, ist doch der Effekt quantitativ sehr gering. Als möglichen Grund führen die Autoren an, dass viele AntragstellerInnen sich im Untersuchungszeitpunkt noch in Rehabilitation befinden und noch kein Versuch unternommen wurde, auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren.

Der Bericht – die erste große sozialstatistische Zwischenbilanz der Gesetzesreformen zur geminderten Arbeitsfähigkeit von 2010 bis 2017 – stellt eine wichtige Grundlage für weitere politische Maßnahmen dar, die notwendig sein werden, um den Herausforderungen durch die IP Neu in Gesundheits- und Sozialpolitik begegnen zu können. Das sind neben der erheblichen Belastung des Arbeitsmarktes die großen Aufgaben in den Bereichen Prävention, Rehabilitation und Wiedereingliederung. Die Ergebnisse der Studie zeigen insb, dass die strengen Zugangsvoraussetzungen für eine IP für gesundheitlich besonders beeinträchtigte und erwerbsferne Personen zu überdenken sind. Es ist daher nicht nur aus gesundheits-, sondern auch aus arbeitsmarktpolitischen Gründen effizient, Prävention und Gesundheitsförderung zu forcieren und mit Rehabilitationsmaßnahmen bestmöglich vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder zeitnah nach der Auflösung des Dienstverhältnisses anzusetzen. 69