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Zusatzpensionen eines Landes an ehemalige Landesbedienstete sind Teil des Gesamtpensionseinkommens iSd § 711 Abs 2 ASVG

FLORIAN J.BURGER
§ 711 ASVG; § 112c Vbg LandesbedienstetenG 2000; § 142d Vbg LandesbedienstetenG 1988
OGH 12.8.2020, 10 ObS 121/19w

Mit Bescheid vom 14.8.2018 setzte die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) die Alterspension des Kl für 2018 mit rund € 3.079,- fest. Aufgrund der Berücksichtigung des Gesamtpensionseinkommens sei gem § 711 ASVG die Leistung um rund 0,4 % zu erhöhen. Der Kl bezog am 31.12.2017 von der bekl PVA eine Alterspension in der Höhe von rund € 3.067,-. Der Kl war Landesbediensteter, er bezieht eine Zusatzpension von rund € 1.533,- monatlich.

Der Kl begehrte von der PVA eine Pension von € 3.114,- monatlich ab 1.1.2018. Sein Gesamtpensionseinkommen betrage rund € 3.065,- (€ 3.067,- 44 abzüglich des Leistungsteils aus der besonderen Höherversicherung), weshalb eine Erhöhung vom 1,6 % gebühre. Die Bekl wandte dagegen ein, dass das Gesamtpensionseinkommen des Kl zum 31.12.2017 rund € 4.600,- betrage, sodass eine Anpassung um rund 0,4 % zu erfolgen habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit der Begründung statt, dass die Zusatzpension des Kl nicht vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz (SpBegrG) erfasst sei. Das Berufungsgericht bestätigte dies.

Dagegen richtete sich die Revision der Bekl; diese ist zulässig, weil die zentrale Frage, ob eine von einem Land einem Landesbediensteten bezahlte Zusatzpension als vom SpBegrG iSd § 711 Abs 2 ASVG „erfasst“ gilt, in den die Bestimmung des § 711 ASVG bisher behandelnden Entscheidungen (OGH 30.7.2019, 10 ObS 59/19b und 17.12.2019, 10 ObS 49/19g) nicht zu beantworten war. Die Revision ist auch berechtigt.

Die Bekl führt in der Revision aus, dass § 711 ASVG keine Pensionsbegrenzung iS einer Pensionskürzung wie das SpBegrG normiere, sondern lediglich eine Nichterhöhung der Pensionsleistung nach dem ASVG. Es mache keinen Unterschied, ob eine Leistung unter direkter oder indirekter (dh Ermächtigung Landesgesetzgeber) Anwendung des SpBegrG bezogen werde.

Mit der Systematik des SpBegrG und der hinter der Regelung des § 711 Abs 2 ASVG stehenden Absicht des Gesetzgebers hat sich der OGH in der E vom 30.7.2019, 10 ObS 59/19b, auseinandergesetzt. Für den vorliegenden Fall ist daraus hervorzuheben, dass das Ziel des SpBegrG die Fortsetzung der nachhaltigen Sicherung und verstärkten Harmonisierung von Pensionsregelungen in Bereichen mit Sonderpensionsrechten war. Der Begriff „Sonderpensionen“ soll dabei Zusatzpensionsleistungen abseits der üblichen Pensionsregelungen erfassen.

Regelungen für Bedienstete der Länder und Gemeinden werden in den Art 2 ff SpBegrG im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz der Länder nicht getroffen. Die in Art 1 SpBegrG neu geschaffene bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung (§ 10 Abs 6 Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre [BezBegrBVG]) ermächtigt die Landesgesetzgeber, für die Landes- und Gemeindeebene vergleichbare Regelungen, wie sie im BezBegrBVG vorgesehen sind, zu erlassen (vgl auch OGH 29.11.2017, 8 Ob 142/17s).

Die Revisionswerberin weist darauf hin, dass das Land Vorarlberg mit dem Landesgesetz über Sonderpensionen landes- und gemeindenaher Einrichtungen, LGBl 2015/24, von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht hat.

Die dem Kl vom Land gezahlte Zusatzpension sei keine Pension aus der gesetzlichen PV, sodass sie nicht schon gem § 711 Abs 2 Satz 1 ASVG in das Gesamtpensionseinkommen einzubeziehen ist.

Damit stellt sich die Frage, ob die Zusatzpension des Kl eine Leistung ist, die vom SpBegrG „erfasst“ ist (§ 711 Abs 2 Satz 3 ASVG).

Die verfassungsrechtlich vorgegebene Regelungstechnik des SpBegrG ändert nichts daran, dass dieses Gesetz iSd § 711 Abs 2 ASVG auch jene Zusatzpensionen „erfasst“, für deren finanzielle Absicherung und Begrenzung die Länder erst vergleichbare Regeln schaffen müssen. Ob die Länder von der ihnen verfassungsgesetzlich eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht haben, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Eine von einem Bediensteten eines Landes nach landesgesetzlichen Regeln bezogene Zusatzpension ist daher als Teil des Gesamtpensionseinkommens iSd § 711 Abs 2 ASVG zu berücksichtigen. Der OGH sprach dem Kl letztendlich eine um 0,4 % angepasste Leistung, sohin rund € 3.079,- monatlich, zu und wies das Mehrbegehren ab.