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Witwenpension: Berücksichtigung auch des Erwerbseinkommens neben dem Bezug einer Alterspension

KRISZTINAJUHASZ

Die Kl bezieht seit 1.3.2017 eine Alterspension. Bis 30.6.2017 war die sie neben ihrem Pensionsbezug erwerbstätig und als Angestellte pensionsversichert.

Mit Bescheid gewährte die bekl Pensionsversicherungsanstalt der Kl eine Witwenpension in Höhe von 24,4273 % des Pensionsanspruchs ihres verstorbenen Ehegatten. Das Begehren der Kl auf 41 Zuerkennung einer höheren Witwenpension wiesen die Vorinstanzen ab.

Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts gerichtete außerordentliche Revision der Kl wurde vom OGH als nicht zulässig zurückgewiesen.

Die Kl zog die Richtigkeit der Berechnung ihrer Witwenpension durch die Bekl nach § 264 ASVG auch in ihrer außerordentlichen Revision nicht in Zweifel. Sie wendete sich vielmehr gegen die Einbeziehung ihrer erzielten Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit bei der Berechnung ihres Anspruchs und machte eine Verfassungswidrigkeit des § 264 ASVG geltend.

Die Kl brachte vor, dass als Basis für die Berechnung der Witwenpension – nach Erreichung der Voraussetzungen für die Alterspension – nur der Bezug dieser Pension durch sie selbst sein könne, sowie, dass sie nach Auslegung des § 264 ASVG durch die Vorinstanzen im Ergebnis dafür bestraft werde, dass sie länger gearbeitet habe, obwohl sie bereits einen Anspruch auf Alterspension gehabt hatte.

Gem § 264 Abs 3 ASVG ist Berechnungsgrundlage der Witwe das Einkommen nach § 264 Abs 5 ASVG in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Zeitpunkt des Todes des Versicherten, geteilt durch 24. Als Einkommen gilt gem § 264 Abs 5 Z 1 ASVG das Erwerbseinkommen iSd § 91 Abs 1 und 1a ASVG. Nach § 91 Abs 1 Z 1 ASVG gilt als Erwerbseinkommen bei einer unselbständigen Tätigkeit das aus dieser Tätigkeit gebührende Entgelt (RS0121584). Der OGH führt aus, dass die Einbeziehung des aus unselbständiger Tätigkeit erzielten Erwerbseinkommens der Kl für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage dem Wortlaut des § 264 Abs 5 ASVG entspricht, somit die von der Kl gewünschte – gegenteilige – Auslegung außerhalb des äußerst möglichen Wortsinns dieser Bestimmung lag.

Zudem ist der Zweck der Hinterbliebenenpension, den Unterhaltsausfall auszugleichen, der in der Ehe durch den Tod eines Ehegatten entsteht. Je höher der Anteil des verstorbenen Versicherten am gemeinsamen Haushaltseinkommen, desto höher ist der Unterhaltsausfall und demnach auch die Witwen-/Witwerpension (OGH 7.5.2019, 10 ObS 132/18m). Das Eigeneinkommen der Kl lag im Beobachtungszeitraum deutlich über dem Einkommen des verstorbenen Ehegatten, was ihren Anspruch auf Witwenpension verringerte, da der Unterhaltsausfall durch den Tod des Ehegatten geringer war. Der VfGH hat es in seinem Erk vom 27.6.2003, G 300/02, sogar als sachlich gerechtfertigt angesehen, dass die Witwen-/Witwerpension bei verhältnismäßig hohem Eigeneinkommen der Witwe/des Witwers zur Gänze entfallen kann (OGH 25.4.2017, 10 ObS 20/17i). Die von der Kl gewünschte Auslegung des § 264 ASVG entspräche daher auch nicht dem Zweck der Norm.

Die Verfassungskonformität des zweijährigen Beobachtungszeitraums des § 264 Abs 3 ASVG wurde vom VfGH ebenfalls bereits bejaht (11.3.2010, G 228/09). Auch dagegen, dass die Witwen-/Witwerpension auf der Grundlage eines Einkommensvergleichs bemessen wird, bestehen aus Sicht des OGH keine verfassungsrechtlichen Bedenken; eine derartige Regelung liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers (OGH 24.3.2015, 10 ObS 11/15p). Angesichts der potentiellen Vielfalt der Lebenssachverhalte ist es für den Gesetzgeber nicht möglich, Härtefälle zur Gänze zu vermeiden (VfGH 11.3.2010, G 228/09). Diese werden jedoch durch den in § 264 Abs 6 ASVG vorgesehenen Schutzbetrag abgefedert. Nach Ansicht des OGH bestand daher im vorliegenden Fall kein Anlass zu der von der Kl gewünschten Antragstellung gem Art 140 B-VG.