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Vereinbarung des Nichtverbrauchs von Resturlaub in der Kündigungsfrist als Zusage der Auszahlung der Urlaubsersatzleistung

LYNNROTHFISCHER

Die Kl beendete ihr Arbeitsverhältnis durch Übergabe der Kündigung an den Geschäftsführer der Bekl. Dabei nahm die AN an, die richtige Kündigungsfrist einzuhalten. Tatsächlich entsprach die von ihr eingehaltene Kündigungsfrist jedoch nicht der vertraglich vereinbarten. Seitens der Bekl erfolgte weder unmittelbar bei Ausspruch der Kündigung noch während der Kündigungsfrist ein Hinweis auf den Irrtum der Kl. Stattdessen ersuchte der Geschäftsführer der Bekl die AN bei Übergabe der Kündigung ausdrücklich, keinen Urlaub zu verbrauchen. Dies ungeachtet der in den von der Bekl verwendeten Standarddienstverträgen enthaltenen Vereinbarung, dass während der Kündigungsfrist ein erworbener Urlaubsanspruch verbraucht wird, soweit dies während dieser Zeit möglich und zumutbar ist. Die Kl erklärte sich damit einverstanden, wies aber darauf hin, dass der Urlaub dann auszuzahlen sei. Als sich die AN am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses verabschiedete, erklärte ihr der Geschäftsführer der Bekl erstmalig, dass sie einen unberechtigten Austritt vornehme. Da es in der Folge nicht zur Auszahlung des offenen Urlaubes kam, begehrte die Kl die Zahlung einer Urlaubsersatzleistung.

Das Berufungsgericht ging davon aus, dass es zwischen den Parteien zu einer Vereinbarung über die Auszahlung der Urlaubsersatzleistung gekommen war. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Bekl mangels erheblicher Rechtsfrage zurück.

Ob ein bestimmtes willentliches Verhalten als Willenserklärung zu beurteilen ist, ist ein Ergebnis der Auslegung. Maßgeblich ist, ob nach dem objektiven Erklärungswert des Verhaltens eine die Rechtslage gestaltende Erklärung mit Bindungswirkung vorliegt. Für die Auslegung von Verträgen, aber auch für die Frage der Abgrenzung zwischen einer Willenserklärung und einer bloßen Wissenserklärung ist nun nicht der Wille der einen oder anderen Partei maßgeblich, sondern wie die Äußerungen vom Erklärungsempfänger nach den Umständen objektiv zu verstehen waren.

Wenn das Berufungsgericht im Hinblick auf diese Gesamtumstände die Rechtsauffassung vertritt, dass die Kl die getroffene Vereinbarung als Zusage der Auszahlung der Urlaubsersatzleistung für den auf Wunsch der Bekl nicht konsumierten Urlaub verstehen durfte, hält sich dies im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums. Darauf, ob es dem Geschäftsführer der Bekl zu diesem Zeitpunkt bewusst war, dass die von der Kl eingehaltene Kündigungsfrist unrichtig war und der Kl keine Urlaubsersatzleistung zusteht, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Aufgrund des Vertrags hatte sie jedenfalls einen Anspruch auf Urlaubskonsumation, von dem sie auf Ersuchen des AG keinen Gebrauch machte.

Im Hinblick auf diese Vereinbarung muss die Frage, inwieweit § 10 Abs 2 UrlG mit Art 31 Abs 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art 7 Arbeitszeit-RL 2003/88/EG zu vereinbaren ist, nicht geprüft werden.

ANMERKUNG DER BEARBEITERIN:

Nach höchstgerichtlicher Rsp ist die einzelvertragliche Vorausvereinbarung, einen allfälligen Resturlaub während der Kündigungsfrist zu verbrauchen, rechtsunwirksam. Da der OGH der Kl in der gegenständlichen E ausdrücklich einen Anspruch auf Urlaubskonsumation zugesteht, folgt er der vom ASG Wien in seiner E zu 29 Cga 19/94i vom 15.12.1994 vertretenen Rechtsansicht, dass der AG an die Vorausvereinbarung gebunden ist, der AN sich hingegen auf die relative Unwirksamkeit der Vereinbarung berufen kann. Zu der vom OGH im vorliegenden Fall als nicht relevant erachteten Frage der Unionsrechtskonformität des § 10 Abs 2 UrlG, wonach dem AN bei unberechtigtem vorzeitigem Austritt für das letzte Arbeitsjahr keine Urlaubsersatzleistung gebührt, ist bereits ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH anhängig.