23

Klage wegen Reduktion der Pensionskassenpension – Beweislast liegt bei pensionierter Klägerin

MARTINACHLESTIL

Die Kl bezieht auf Basis einer BV und eines Pensionskassenvertrags von der bekl Pensionskasse (PK) eine Alterspension, die im Jahr 2018 € 54,37 monatlich (14 x jährlich) betrug. Die Kl erhielt im Jahr 2019 ein Schreiben der bekl PK, in dem ihr Informationen gem § 19 Abs 4 PKG zu ihrer 24 beitragsorientierten Pensionszusage erteilt wurden. Dem Schreiben war (auch) zu entnehmen, dass ihr Pensionsanspruch ab 1.1.2019 nur mehr € 51,76 monatlich (14 x jährlich) betrage.

Die Kl begehrt mit ihrer Klage die Weiterzahlung der Pension in der vormaligen Höhe. Sie wisse nicht, warum die Pension reduziert worden sei. Es sei aufgrund der Nähe zum Beweis Sache der bekl PK, unter Beweis zu stellen, dass die Reduktion zurecht erfolgt sei. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Die Kl habe kein schlüssiges Vorbringen erstattet, aus dem sich ergebe, dass sie Anspruch auf eine Pension in der vormaligen Höhe von monatlich € 54,37 habe. Die Behauptungs- und Beweislast dafür sei bei ihr gelegen.

Der OGH schloss sich den Vorinstanzen an. Ergänzend führte er aus:

Die PK hat gem § 20 Abs 1 PKG einen Geschäftsplan zu erstellen. Dieser hat sämtliche zum Betrieb des Pensionskassengeschäfts erforderlichen Angaben und Parameter zu enthalten, so ua die Arten der angebotenen Leistungen, die Rechnungsgrundlagen (Wahrscheinlichkeitstafeln, Rechnungszins, vorgesehener rechnungsmäßiger Überschuss) und die Grundsätze und Formeln für die Berechnung der Pensionskassenbeiträge und der Leistungen (Abs 2 Z 1, 3 und 6 leg cit). Damit determiniert der Geschäftsplan in weiten Teilen die (Berechnung der) Höhe der (späteren) Leistungen an die Berechtigten.

Die PK hat nach § 19 PKG Anwartschafts- bzw Leistungsberechtigten bestimmte Informationen zu erteilen. Nach § 19 Abs 5c PKG hat sie einer kollektivvertragsfähigen Interessenvertretung der AN auf Anfrage jene leistungsrelevanten Teile des Geschäftsplans zur Verfügung zu stellen, die im Einzelfall und auf Antrag eines Anwartschafts- oder Leistungsberechtigten für die Überprüfung der entsprechenden Angaben gem § 19 PKG erforderlich sind.

Der Geschäftsplan ist ein Geschäfts- und Betriebsgeheimnis der PK, der nach der Wertung des Gesetzgebers Schutz vor einer unzulässigen Verbreitung genießen muss. Vor dem Hintergrund der gegenläufigen Interessenlage – einerseits das Geheimhaltungsinteresse der PK, andererseits der Umstand, dass die Überprüfung von von der PK erteilten Informationen Einsicht in den Geschäftsplan erfordern kann – stellt der mit § 19 Abs 5c PKG geschaffene Informationsanspruch der kollektivvertragsfähigen Interessenvertretungen der AN eine „Mittellösung“ dar.

Die Kl verlangt mit ihrer Klage von der bekl PK keine zusätzlichen Informationen. Sie zieht die „Mittellösung“ in ihrer außerordentlichen Revision auch nicht grundsätzlich in Zweifel. Sie vertritt allein den Standpunkt, dass pensionierungsbedingt ihr Zugang zu einer kollektivvertragsfähigen Interessenvertretung „eingeschränkt“ sei und folgert daraus, dass hier wegen der „Nähe zum Beweis“ nicht mehr sie die Behauptungs- und Beweislast treffe, sondern die bekl PK.

Der OGH merkt an, dass grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen hat. Eine Beweislastverschiebung ist nach stRsp auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen die „Nähe zum Beweis“ den Ausschlag für die Zuteilung der Beweislast gibt; etwa dann, wenn Tatfragen zu klären sind, die „tief in die Sphäre einer Partei hineinführen“.

Voraussetzung ist aber zum einen, dass derjenige, den die Beweislast nach der allgemeinen Regel trifft, seiner Beweispflicht in dem ihm zumutbaren Ausmaß nachkommt. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, dass die Kl den Weg des § 19 Abs 5c PKG beschreitet oder zumindest zu beschreiten versucht. Dies auch angesichts dessen, dass die kollektivvertragsfähigen Körperschaften der AN – wenngleich in beschränktem Umfang – Serviceleistungen sehr wohl auch für PensionistInnen erbringen (vgl etwa § 4 Abs 1 AKG).

Zum anderen setzt eine Verschiebung der Beweislast wegen der Nähe zum Beweis nach der Rsp voraus, dass es dem Beweisnäheren ohne weiteres zumutbar ist, die Informationen dem anderen zu offenbaren. Aus § 19 Abs 5c PKG und den Gesetzesmaterialien dazu ist die gesetzgeberische Wertung ersichtlich, dass es Pensionskassen nicht ohne Weiteres zumutbar ist, ihren Geschäftsplan gegenüber einzelnen Anwartschafts- oder Leistungsberechtigten auch nur partiell offenzulegen. Aus der Bestimmung geht vielmehr hervor, dass die Einsichtnahme auf kollektivvertragsfähige Interessenvertretungen beschränkt ist und nicht auch Einzelpersonen gestattet wird. Diese Entscheidung des Gesetzgebers darf nicht – worauf die Berufung der Kl auf eine Behauptungs- und Beweislastumkehr wegen der Beweisnähe der bekl PK aber hinausliefe – umgangen werden. Die Entscheidung der Vorinstanzen steht mit der Rsp über die Verteilung der Beweis- und der ihr vorgelagerten Behauptungslast im Einklang.

Die außerordentliche Revision der Kl wurde mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen. 25