12

Keine Kündigungsanfechtung bei bloßer Nichtverlängerungserklärung

GREGORKALTSCHMID

Der Kl war seit 1.9.2001 bei den Bekl ununterbrochen als Balletttänzer beschäftigt. Seine Beschäftigung erfolgte auf Basis von wiederkehrenden Bühnenarbeitsverträgen jeweils für ein – immer von September bis August gehendes – Spieljahr. Auf das Beschäftigungsverhältnis finden das Theaterarbeitsgesetz (TAG) und der KollV für die Ballettmitglieder im Konzernbereich der Bundestheater-Holding Anwendung. Es war vertraglich vereinbart, dass der Vertrag „stillschweigend um je ein weiteres Spieljahr verlängert [gilt], falls von keinem der vertragsschließenden Teile nach den jeweils geltenden kollektivvertraglichen Bestimmungen schriftlich erklärt wird, das Dienstverhältnis nach Beendigung des laufenden Vertragsjahres nicht mehr fortzusetzen“.

Mit Schreiben vom 13.9.2019 teilten die Bekl dem Kl mit, dass sein laufender Bühnenarbeitsvertrag nach dem 31.8.2020 nicht mehr fortgesetzt werden könne und daher mit Ablauf des genannten Tages ende. Der bei den Bekl bestehende BR wurde über die Nichtverlängerung des Bühnendienstverhältnisses des Kl rechtzeitig in Kenntnis gesetzt. Der BR hat der Nichtverlängerung nicht ausdrücklich widersprochen.

Der Kl begehrte mit seiner Klage die Unwirksamerklärung der am 16.9.2019 ausgesprochenen Kündigung seines Dienstverhältnisses. In der mündlichen Verhandlung ließ der Kl die Eventualbegehren fallen und erklärte, sich ausschließlich auf den Anfechtungstatbestand der Sozialwidrigkeit nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG zu stützen. Rechtlich vertrat 14 er den Standpunkt, dass ein unzulässiger Kettendienstvertrag und damit ein unbefristetes Dienstverhältnis vorliege. Die Nichtverlängerungserklärung stelle inhaltlich die Kündigung des unbefristeten Dienstverhältnisses dar, sodass eine Kündigungsanfechtung möglich sei.

Die Bekl wandten ein, es habe stets nur ein befristetes Dienstverhältnis vorgelegen, welches wegen fristgerechter Mitteilung der Nichtverlängerung und damit Verhinderung einer stillschweigenden Verlängerung mit Ablauf des 31.8.2020 auslaufe.

Das Erstgericht wies die Kl ab. Die Geltendmachung des Anfechtungstatbestands nach § 105 ArbVG setze jedenfalls eine nach zivilrechtlichen Grundsätzen rechtswirksame Kündigung voraus. Liege eine solche nicht vor, sei die Anfechtungsklage abzuweisen. Wenn der Kl der Ansicht sei, dass sein Dienstverhältnis infolge der unzulässigen Aneinanderreihung mehrerer befristeter Beschäftigungsverhältnisse als auf unbestimmte Zeit eingegangen zu werten sei, so könne er dies mit Feststellungsklage geltend machen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Der OGH wies die Revision der Kl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage gem § 502 Abs 1 ZPO zurück und führte aus:

Kündigung und Befristung schließen einander – jedenfalls mangels besonderer Vereinbarung – grundsätzlich aus. Die Erklärung, einen befristeten Vertrag nicht fortsetzen zu wollen, ist nach stRsp nicht als Kündigung iS einer einseitigen auf Beendigung eines unbefristeten Dienstverhältnisses gerichteten Willenserklärung zu verstehen, sondern nur die Ablehnung des Abschlusses eines neuen Vertrags nach Ablauf der Befristung.

Dieser Grundsatz wurde insb zu Nichtverlängerungsklauseln in Kollektivverträgen im Theaterbereich sowie zur Bestimmung des § 32 des vormaligen SchauspielerG, BGBl 1922/441, entwickelt. An ihm sollte sich durch die Nachfolgebestimmung des § 27 TAG, BGBl I 2010/100, und die erfolgte Novellierung des § 133 Abs 4 ArbVG (Art 3 Z 3 Theateranpassungsgesetz 2010) nach dem Willen des Gesetzgebers nichts ändern. Vielmehr ist nach den Gesetzesmaterialien auch die Nichtverlängerungsanzeige nach § 27 TAG „nach wie vor keine Kündigungserklärung, sondern eine bloße Bekräftigung der durch den Arbeitsvertrag bzw durch das TAG vorgesehenen Beendigung durch Fristablauf“. Eine Anfechtung der Nichtverlängerungserklärung in analoger Anwendung der §§ 105 ff ArbVG schließen die ErläutRV zudem explizit aus.

Geht man vom Vorliegen eines befristeten Dienstverhältnisses des Kl aus, bedurfte dieses zu seiner Beendigung bloß einer Nichtverlängerungserklärung, die wie bereits erörtert gerade keine Kündigung und daher auch nicht nach § 105 ArbVG – aufgrund der eindeutigen Gesetzesmaterialien mangels planwidriger Lücke auch nicht im Wege der Analogie – anfechtbar ist. Die Kündigungsanfechtungsklage des Kl kann daher von vornherein nur Erfolg haben, wenn man mit ihm infolge eines unzulässigen Kettendienstvertrags ein unbefristetes Dienstverhältnis annehmen und zudem die von den Bekl abgegebene Nichtverlängerungserklärung in eine Kündigung des unbefristeten Dienstverhältnisses umdeuten würde.

Der Kl hätte sich dafür allerdings auf den Standpunkt stellen müssen, es liege in Wahrheit ein unbefristetes Dienstverhältnis vor, und hätte – sieht man von der (jedoch an keine fixe Frist gebundenen) Aufgriffsobliegenheit ab – ohne besonderen zeitlichen Druck Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses erheben können.

Die hier vorliegende Nichtverlängerungserklärung kann keinesfalls in eine Kündigung umgedeutet werden. Damit ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht offen ließ, ob das Dienstverhältnis des Kl als befristet oder unbefristet einzustufen ist. Mangels einer Kündigung haben die Vorinstanzen zutreffend die Kündigungsanfechtungsklage abgewiesen.