PirkerAusgewählte betriebsverfassungsrechtliche Aspekte der Arbeitskräfteüberlassung

Verlag des ÖGB, Wien 2017 340 Seiten, kartoniert, € 36,–

HANNESSCHNELLER

Das auf einer Dissertation (Universität Wien) basierende Buch löst das Versprechen seines Titels ein; es beschäftigt sich mit ausgewählten Problembereichen des Zusammenspiels von Betriebsverfassungsrecht und Arbeitskräfteüberlassung. Etwas willkürlich erscheint dabei die Auswahl der aufgegriffenen Rechtsfragen:

  • Betriebszugehörigkeit (AN-Eigenschaft) überlassener Arbeitskräfte im Beschäftigerbetrieb;

  • Berücksichtigung bei Schwellenwerten;

  • Wahlrecht zum BR;

  • Anwendbarkeit des kollektiven Versetzungsschutzes;

  • Betriebsratsumlage;

  • Gleichbehandlung bei Entgelt, Arbeitszeit und Urlaub;

  • gleichberechtigter Zugang zu Wohlfahrtseinrichtungen und -maßnahmen.

Im Anschluss an einen Grundlagen-Teil zum Wesen der Arbeitskräfteüberlassung werden Fragen der Zugehörigkeit zum Überlasser- und Beschäftigerbetrieb sowie zur Berücksichtigung bei diversen Schwellwerten der Betriebsverfassung erörtert. Hier bewegt sich die Autorin zumeist im Rahmen der herrschenden Lehre und auch der aktuellen Judikatur. Einzig ihre (zu) sehr am Gesetzeswortlaut (§ 36 Abs 1 ArbVG) orientierte These von der Zugehörigkeit zur Beschäftigerbetriebsbelegschaft „ab dem ersten Tag der Überlassung“ weicht davon ab. Diese Hypothese kann nur wenig überzeugen, lässt sie doch den Regelungszusammenhang und die Systematik des betrieblichen Organisations- und Betriebsratswahlrechts außer Acht: Viel Schindluder könnte mit einer vor der Betriebsratswahl kurzfristig in den Betrieb „geschleusten“ Gruppe von Leih-AN getrieben werden (vgl Leitsmüller/Schindler/Schneller, Herausforderungen für die betriebliche Mitbestimmung, DRdA 2014, 488 [495]).

Ein gewichtiger Teil der Arbeit setzt sich mit der Umsetzung der Leiharbeits-RL in das AÜG auseinander. Vor allem die „sonstigen verbindlichen Bestimmungen allgemeiner Art“ beim Entgelt (§ 10 Abs 1 AÜG), haben sich in den Jahren seit Umsetzung der RL zu jener Kampfzone der wissenschaftlichen Literatur entwickelt, die Susanne Elisabeth Pirker nun detailreich untersucht. Im Zuge einer historischen Analyse werden von der Autorin sogar die Stellungnahmen diverser Interessenvertretungen im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zur AÜG-Novelle 2012 analysiert; ein historisch-interpretatorischer Fleiß, der nur selten anzutreffen ist.409

Der letzte Teil des Buchs widmet sich dem gleichberechtigten Zugang zu Wohlfahrtseinrichtungen und -maßnahmen des Beschäftigers. Pirker plädiert hier, wie schon beim Entgelt aufgrund „sonstiger verbindlicher Bestimmungen“, für ein weites Begriffsverständnis.

Insgesamt ist zu bedauern, dass das Werk in seiner Struktur und seinem Format (sämtliche 1175 Fußnoten werden in voller Länge wiedergegeben …) nicht von der Doktorarbeit zum Fachbuch weiter entwickelt wurde. Lesbar ist es daher wohl nur für SpezialistInnen, die mit der Materie, ihren offenen Rechtsfragen und den häufigsten Konfliktlinien gut vertraut sind.