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Rechtsgeschäftliche Vertragsübernahmen stellen keine Auflösungen iSd § 45a Abs 1 AMFG dar

CHRISTOSKARIOTIS

Der AN war bei der AG als Kraftfahrer von 8.9.2014 bis 5.6.2016 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch AG-Kündigung am 18.5.2016 beendet.

Zwischen der AG, einer dritten GmbH und dem AN sowie 22 weiteren Mitarbeitern der AG wurden jeweils „Arbeitsvertragsübernahmen ohne Betriebsübergang“ vereinbart.

Danach wurden die bestehenden Arbeitsverhältnisse dieser Mitarbeiter ab 1.5.2016 auf die dritte GmbH übertragen und von dieser unter Aufrechterhaltung der Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten übernommen. Die AG hat keine Anzeige gem § 45a Arbeitsmarktförderungsgesetz (AMFG) erstattet. Der AN brachte daraufhin eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands seines Arbeitsverhältnisses ein und machte geltend, dass die Kündigung mangels Anzeige gem § 45a AMFG rechtsunwirksam sei.

Strittig ist, ob diese Vertragsübernahmen bei der Berechnung des Schwellenwerts des § 45a Abs 1 Z 1 AMFG (wonach die AG das Arbeitsmarktservice [AMS] durch schriftliche Anzeige zu verständigen hat, wenn sie beabsichtigt, Arbeitsverhältnisse von mindestens fünf AN in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Beschäftigten innerhalb eines Zeitraumes von 30 Tagen aufzulösen) zu berücksichtigen sind und die Kündigung des Kl dann infolge unterlassener Anzeige der Bekl nach § 45a Abs 5 Z 1 AMFG rechtsunwirksam ist.345

Die Vorinstanzen wiesen das auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses gerichtete Klagebegehren des AN ab.

Der OGH hat die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen und begründete seine Entscheidung damit, dass nach höchstgerichtlicher Rsp (OGH 8.7.1998, 9 ObA 146/98f) zwar die Zahl der – jedenfalls vom AG veranlassten – einvernehmlichen Auflösungen von Arbeitsverhältnissen auf die zahlenmäßigen Voraussetzungen nach § 45a AMFG anzurechnen sind, es sich bei den gegenständlichen Arbeitsvertragsübernahmen rechtlich jedoch nicht um (einvernehmliche) Arbeitsvertragsauflösungen iSd § 45a Abs 1 AMFG handelt.

Bei einer rechtsgeschäftlichen Vertragsübernahme übernimmt der Rechtsnachfolger mit Zustimmung aller Beteiligten die gesamte vertragliche Rechtsstellung ohne Änderung des Inhalts oder der rechtlichen Identität des bisherigen Schuldverhältnisses. Dabei wird gerade nicht ein bestehendes Arbeitsverhältnis beendet und ein neues Arbeitsverhältnis abgeschlossen, sondern das bisherige fortgesetzt. Die mit der Vertragsübernahme herbeigeführte Rechtsfolge in den übernommenen Vertrag bewirkt die bloße Auswechslung des Vertragspartners unter Aufrechterhaltung der Identität des Vertrags.

Der Zweck der frühzeitigen Verständigung der Arbeitsmarktverwaltung durch den AG von der Auflösung von Arbeitsverhältnissen liegt vor allem darin, die Vollbeschäftigung aufrecht zu erhalten und damit zur Verhütung von Arbeitslosigkeit beizutragen.

Da in den vorliegenden Arbeitsvertragsübernahmen keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses lag, war sie arbeitsmarktpolitisch nicht relevant und daher vom AG weder beim AMS anzuzeigen, noch in die Schwellenwerte des § 45a Abs 1 AMFG einzurechnen.