198Stufenklage: Unterbrechung des Verfahrens durch Insolvenzeröffnung
Stufenklage: Unterbrechung des Verfahrens durch Insolvenzeröffnung
Das mit einem Zahlungsbegehren verbundene Begehren auf Erteilung bestimmter Auskünfte wird als vorbereitender (allenfalls Neben-)Anspruch des Leistungsbegehrens, das die Masse betrifft, qualifiziert, das mit dem – unstrittig der Unterbrechungswirkung unterfallenden – Hauptanspruch (Leistung eines Geldbetrags) soweit verknüpft ist, dass eine Teilunterbrechung und Teilfortsetzung nicht in Betracht kommt. Vielmehr ist das gesamte Verfahren zu unterbrechen und sodann vom/gegen den Masseverwalter fortzusetzen.
Der Geschäftsführer der L-GmbH befand sich in einem Schuldenregulierungsverfahren. Die in diesem Verfahren bestellte Insolvenzverwalterin brachte eine Stufenklage iSd Art XLII Zivilprozessordnung-Einführungsgesetz (EGZPO) gegen die L-GmbH ein und begehrte, die L-GmbH schuldig zu erkennen, ihr über die Einkünfte des Kl ab 15.1.2015 eine Drittschuldnererklärung auszustellen sowie sie weiters schuldig zu erkennen, den sich daraus ergebenden pfändbaren Gehaltsanteil des Schuldners rückwirkend ab 15.1.2015 an die Insolvenzverwalterin zu bezahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Drittschuldnererklärung vorbehalten bleibe. Der vom Schuldenregulierungsverfahren betroffene Schuldner sei DN und Geschäftsführer der Gesellschaft, er habe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über das Existenzminimum358hinausgehende Forderungen gegen die Gesellschaft.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren unter Vorbehalt der ziffernmäßigen Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Drittschuldnererklärung statt.
Am 19.7.2016 erhob die bekl L-GmbH dagegen Berufung, die sie mit einem Verfahrenshilfeantrag verband. Am 20.7.2017 (richtig wohl: 20.7.2016) trug das Erstgericht der Bekl die Verbesserung des Verfahrenshilfeantrags auf. Am 22.7.2016 wurde über das Vermögen der Bekl das Konkursverfahren eröffnet und die Prüfungstagsatzung für den 23.9.2016 anberaumt. Am 8.8.2016 stellte der Masseverwalter der Bekl gem § 7 Abs 2 IO den Antrag, das durch die Konkurseröffnung unterbrochene Verfahren wieder aufzunehmen, da der Anspruch auf Abgabe einer Drittschuldnererklärung nicht der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterliege. Mit Beschluss vom 5.10.2016 nahm das Erstgericht das ex lege unterbrochene Verfahren daher wieder auf. Mit Beschluss vom 7.12.2016 wies es den Verfahrenshilfeantrag mangels Verbesserung ab. Der bekl Masseverwalter erhob dagegen Rekurs.
Das Berufungs- und Rekursgericht sprach aus, dass aus Anlass der Berufung das ab Konkurseröffnung über den Bekl durchgeführte Verfahren als nichtig aufgehoben und der Aufnahmeantrag des Bekl zurückgewiesen werde. Aus Anlass des Rekurses werde der angefochtene Beschluss als nichtig aufgehoben. Zum hier verfahrensgegenständlichen ersten Spruchpunkt vertrat es zusammengefasst die Ansicht, dass die gegenständliche Forderung der Anmeldung im Konkurs unterliege. Eine Aufnahme des Verfahrens vor Abschluss der Prüfungstagsatzung sei daher nicht möglich gewesen.
In seinem dagegen gerichteten (als Revisionsrekurs bezeichneten) Rekurs beantragt der Bekl die Abänderung des angefochtenen Beschlusses iS einer Klagsabweisung; in eventu die ersatzlose Behebung des bekämpften Beschlusses verbunden mit dem dem Berufungsgericht zu erteilenden Auftrag, das Verfahren unter Abstandnahme vom gebrauchten Nichtigkeitsgrund fortzusetzen; in eventu wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der klagende Masseverwalter beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.
„Mit der Stufenklage (Art XLII EGZPO) wird ein Begehren auf Offenlegung von Vermögen, allenfalls verbunden mit Eidesleistung, und das Begehren auf Herausgabe des Geschuldeten geltend gemacht. Die Besonderheit der Klage liegt darin, dass sich der Kläger die bestimmte Angabe der Leistung, die aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis geschuldet wird, vorerst vorbehalten darf. Insofern besteht für das Herausgabebegehren eine (vorläufige) Ausnahme vom Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO (siehe Konecny in
Im Hinblick auf die Unterbrechungswirkung des § 7 Abs 1 IO ist auch vorauszuschicken, dass das mit einem Zahlungsbegehren verbundene Begehren auf Erteilung bestimmter Auskünfte als vorbereitender (allenfalls Neben-)Anspruch des Leistungsbegehrens, das die Masse betrifft, qualifiziert wird, das mit dem – unstrittig der Unterbrechungswirkung unterfallenden – Hauptanspruch (Leistung eines Geldbetrags) soweit verknüpft ist, dass eine Teilunterbrechung und Teilfortsetzung nicht in Betracht kommt. Vielmehr ist das gesamte Verfahren unterbrochen und sodann vom/gegen den Masseverwalter fortzusetzen (Schubert in
Zwar ist damit noch nicht die Frage der Anmeldefähigkeit der mit der Stufenklage erhobenen Begehren beantwortet. Im vorliegenden Fall kann aber dahingestellt bleiben, ob das im Rahmen der Stufenklage erhobene Offenlegungsbegehren gemäß den §§ 102 ff IO – allenfalls zusammen mit dem Herausgabebegehren – anmeldbar ist, ob nur letzteres – allenfalls mit einem geschätzten Betrag (§ 14 Abs 1 IO) – anzumelden ist oder ob zumindest dann, wenn die Höhe des herauszugebenden Betrags ohne Rechnungslegung auch nicht annähernd geschätzt werden kann, keiner der Ansprüche der Anmeldung unterliegt. Denn auch wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, dass (auch) das Offenlegungsbegehren anmeldefähig ist, ist Folgendes zu bedenken:
Soweit der gegen den Schuldner erhobene Anspruch eines Gläubigers im Wege der Anmeldung geltend zu machen ist, ist vor Anmeldung der Forderung im Konkurs und Abschluss des Prüfungsverfahrens der streitige Rechtsweg unzulässig (Schubert in
Nach der Rechtsprechung kann der Masseverwalter als Beklagter das Verfahren aber auch359dann nach Abschluss der allgemeinen Prüfungstagsatzung fortsetzen, wenn der Kläger die eingeklagte Konkursforderung nicht angemeldet hat (RIS-Justiz RS0108007). Denn es wäre unbillig, dem an seinem Kostenersatzanspruch interessierten Masseverwalter die Aufnahme des Verfahrens zu verwehren, wenn der Gläubiger untätig bleibt, keine Anmeldung vornimmt und dadurch die ihm im Fall des Unterliegens drohenden Kostenfolgen vereiteln könnte (Fink in
Wenngleich die Prozessvoraussetzungen in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein müssen, wird ihr früheres Fehlen unbeachtlich, wenn sie noch im Laufe des Verfahrens eintreten. Die Nichtigerklärung des Urteils und des vorangegangenen Verfahrens sowie die Zurückweisung der Klage sind also ausgeschlossen, wenn der bei Klagseinbringung vorhandene Mangel (etwa) der inländischen Gerichtsbarkeit später weggefallen ist (RIS-Justiz RS0039748). Daher wirkt nicht nur der nachträgliche Eintritt der Zuständigkeitsmerkmale heilend, sondern ebenso auch der nachträgliche Wegfall des Prozesshindernisses der Unzulässigkeit des Rechtswegs (RIS-Justiz RS0039748 [T7, T11]). Es kommt zur Heilung der Nichtigkeit, wenn vor der gerichtlichen Wahrnehmung der Unzulässigkeit des Rechtswegs der Prozessgegner des anmeldenden Gläubigers in der Prüfungstagsatzung eine Bestreitungserklärung abgegeben hat (RIS-Justiz RS0119602).
Nichts anderes kann aber gelten, wenn der Prozessgegner mangels Anmeldung der eingeklagten Konkursforderung keine Bestreitungserklärung abgeben kann, im Sinn der dargelegten Rechtsprechung aber auch ohne Forderungsanmeldung zur Verfahrensfortsetzung (§ 7 Abs 2 IO) berechtigt ist.
Geht man von der Notwendigkeit einer Anmeldung des vorliegenden Klagebegehrens im Insolvenzverfahren aus, stand es dem Beklagten ab Abschluss der allgemeinen Prüfungstagsatzung (23.9.2016) daher frei, schon aus Kostengründen auch ohne Anmeldung der Klagsforderung durch den Kläger das Verfahren iSd § 7 Abs 2 IO aufzunehmen und dessen Fortsetzung zu betreiben. Unter dieser Prämisse hat das Erstgericht mit seinem Beschluss vom 5.10.2016 das ex lege unterbrochene Verfahren infolge des – allenfalls zunächst verfrüht gestellten – Aufnahmeantrags des Beklagten zu Recht wiederaufgenommen; eine allfällige Nichtigkeit wäre geheilt und damit nicht mehr aufzugreifen gewesen.
Nichts anderes gilt aber, wenn die Anmeldefähigkeit des Rechnungslegungsbegehrens von vornherein verneint wird, da die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens in diesem Fall sogleich erfolgen konnte. Das Verfahren war folglich in jedem Fall iSd § 7 Abs 2 IO wiederaufzunehmen.
Da sich der Rekurs des Beklagten danach im Ergebnis als berechtigt erweist, ist ihm im Sinne des ersten Eventualbegehrens Folge zu geben und der angefochtene Spruchpunkt 1. des Beschlusses des Berufungsgerichts aufzuheben. Dem Berufungsgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens und meritorische Entscheidung über die Berufung des Beklagten unter Abstandnahme vom gebrauchten Nichtigkeitsgrund aufgetragen.“
Die Klage ist ein den Zivilprozess einleitender Antrag auf Gewährung von Rechtsschutz in einer bestimmten Hauptsache. Die Klage bestimmt sowohl die Parteien des Zivilprozesses, als auch den Streitgegenstand. Die Stufenklage (Art XLII EGZPO) ermöglicht es, auch Forderungen einzuklagen, deren Höhe dem Kl nicht bekannt ist, weil sich die zur Berechnung erforderlichen Unterlagen im Besitz des Bekl befinden und dieser die Herausgabe bzw die Einsichtnahme verweigert.
Die Stufenklage enthält ein zweistufiges Klagebegehren:
das Begehren auf Rechnungslegung oder die eidliche Angabe des Vermögens oder der Verbindlichkeiten und
das (vorerst) unbestimmte Begehren auf Herausgabe des Vermögens oder Zahlung der Verbindlichkeiten.
Mittels Stufenklage wird somit ein Begehren auf Offenlegung von Vermögen, allenfalls verbunden mit Eidesleistung, sowie das Begehren auf Herausgabe des Geschuldeten geltend gemacht. Die Besonderheit dieser Klage liegt darin, dass sich der Kl die bestimmte Angabe der Leistung, die aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis geschuldet wird, vorerst vorbehalten darf. Insofern besteht für das Herausgabebegehren eine (vorläufige) Ausnahme vom Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO.
Im Anlassfall begehrte die Insolvenzverwalterin des Geschäftsführers der Bekl mittels Stufenklage von der Bekl zunächst die Abgabe einer Drittschuldnererklärung, um sodann die pfändbaren Einkommensbestandteile des Geschäftsführers gerichtlich geltend machen und in die Insolvenzmasse vereinnahmen zu können. Durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Bekl wurde das Verfahren über die Stufenklage unterbrochen.
Gem § 7 Abs 1 IO werden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Schuldner Kl oder Bekl ist, mit Ausnahme jener, die in § 6360Abs 3 IO genannt werden, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Auf Streitgenossen wirkt die Unterbrechung nur dann, wenn sie mit dem Schuldner eine einheitliche Streitpartei bilden (§ 14 ZPO). Nach § 7 Abs 2 IO kann das Verfahren vom Insolvenzverwalter, den Streitgenossen des Schuldners und vom Gegner wiederaufgenommen werden.
Die Unterbrechungswirkung des § 7 Abs 1 IO betrifft auch die mit einem Zahlungsbegehren verbundenen Begehren auf Erteilung bestimmter Auskünfte, da sie als vorbereitender (allenfalls Neben-)Anspruch des Leistungsbegehrens, das die Insolvenzmasse betrifft, angesehen werden.
Voraussetzung ist allerdings, dass dieses Auskunftsbegehren mit dem unstrittig der Unterbrechungswirkung unterliegenden Hauptanspruch (Leistung eines Geldbetrags) soweit verknüpft sein muss, dass eine Teilunterbrechung und Teilfortsetzung nicht in Betracht kommt. Es ist somit das gesamte Verfahren unterbrochen und sodann vom/gegen den Masseverwalter fortzusetzen.
Laut Ansicht des OGH wurde das Verfahren im Anlassfall daher zu Recht unterbrochen. Strittig war allerdings die Frage, ob das mittels Stufenklage erhobene Begehren der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterliegt.
Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen, auch wenn darüber ein Rechtsstreit anhängig ist, im Insolvenzverfahren anzumelden (§ 102 IO). Ist ein gegen den Schuldner erhobener Anspruch im Wege der Anmeldung geltend zu machen, ist der streitige Rechtsweg vor der Anmeldung der Forderung im Konkurs und vor dem Abschluss des Prüfungsverfahrens unzulässig. Der Gläubiger kann einen Antrag auf Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens folglich erst nach Abschluss der Prüfungstagsatzung stellen, wenn der Bestand oder der Rang seiner im Rechtsstreit geltend gemachten Forderung bestritten wurde. Solange die Anmeldung der Forderung nicht erfolgt ist, ist eine Wiederaufnahme des Rechtsstreits auch durch den Masseverwalter nicht möglich.
Nach Abschluss der allgemeinen Prüfungstagsatzung kann nach stRsp der Masseverwalter als Bekl das Verfahren aber auch dann fortsetzen, wenn der Kl die eingeklagte Konkursforderung nicht angemeldet hat. Es wäre unbillig, dem an seinem Kostenersatzanspruch interessierten Masseverwalter die Aufnahme des Verfahrens zu verwehren, wenn der Gläubiger untätig bleibt, keine Anmeldung vornimmt und dadurch die ihm im Fall des Unterliegens drohenden Kostenfolgen vereiteln könnte.
Im Anlassfall wurde der Fortsetzungsantrag des Masseverwalters jedoch schon vor der allgemeinen Prüfungstagsatzung gestellt. Dieser Verfahrensmangel ist laut OGH jedoch nicht mehr aufzugreifen. Obwohl die Prozessvoraussetzungen in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein müssen, wird ihr früheres Fehlen unbeachtlich, wenn sie zumindest noch im Laufe des Verfahrens eintreten. Die Nichtigerklärung des Urteils und des vorangegangenen Verfahrens sowie die Zurückweisung der Klage sind also ausgeschlossen, wenn der bei Klagseinbringung vorhandene Mangel später weggefallen ist.
Laut OGH kann die Frage, ob das mittels Stufenklage erhobene Begehren im Wege der Anmeldung hätte geltend gemacht werden müssen, dahingestellt bleiben:
Geht man im Anlassfall von der Notwendigkeit einer Anmeldung des vorliegenden Klagebegehrens im Insolvenzverfahren aus, stand es dem Bekl ab Abschluss der allgemeinen Prüfungstagsatzung (23.9.2016) auch ohne Anmeldung der Klagsforderung durch den Kl frei, das Verfahren iSd § 7 Abs 2 IO aufzunehmen und dessen Fortsetzung zu betreiben. Das Erstgericht hat mit seinem Beschluss vom 5.10.2016 das ex lege unterbrochene Verfahren infolge des – allenfalls zunächst verfrüht gestellten – Aufnahmeantrags des Bekl zu Recht wiederaufgenommen. Eine allfällige Nichtigkeit wäre geheilt und damit nicht mehr aufzugreifen gewesen. Verneint man die Anmeldefähigkeit des Rechnungslegungsbegehrens von vornherein, hätte die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens sogleich erfolgen können. Das Verfahren war folglich in jedem Fall iSd § 7 Abs 2 IO wiederaufzunehmen. Der Rekurs des Bekl erwies sich daher im Ergebnis als berechtigt.361