Vorrangige Antragstellung über das elektronische Kommunikationssystem beim Arbeitsmarktservice ab 1.7.2025
Vorrangige Antragstellung über das elektronische Kommunikationssystem beim Arbeitsmarktservice ab 1.7.2025
Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung BGBl I 2024/66 ab 1.7.2025 wird geregelt, dass ein Antrag vorrangig über das elektronische Kommunikationssystem des AMS einzubringen ist. Personen, für die das nicht möglich ist, können weiterhin persönlich ihren Antrag stellen. Eine persönliche Vorsprache ist ab 1.7.2025 nur noch bei einer erstmaligen Antragstellung bzw bei einem erneuten Antrag nach über zwei Jahren, oder wenn das AMS dies vorschreibt, verpflichtend. Eine verpflichtende Nutzung des elektronischen Kommunikationssystems wird an zwei Werktagen pro Woche vorgeschrieben. Dokumente gelten künftig als zugestellt, sobald sie im elektronischen Verfügungsbereich der arbeitslosen Person eingelangt sind. Ob und wie die Unterstützung bei Personen, denen die Beantragung über das elektronische Kommunikationssystem nicht möglich ist, vom AMS aussieht, ist nicht klar geregelt. Das Gesetz verweist lediglich darauf, dass ein persönlicher Antrag weiterhin möglich sein muss und dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AMS beim Zugang zum elektronischen Kommunikationssystem unterstützen müssen. Der Gesetzgeber begründete die Änderung im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) damit, dass es bereits jetzt möglich ist, Anträge auf Arbeitslosengeld beim Arbeitsmarktservice (AMS) elektronisch zu stellen. Die elektronische Antragstellung soll damit priorisiert und verstärkt werden. In diesem Beitrag sollen nun die Neuregelungen und deren Umsetzung in der Praxis der aktuell geltenden Rechtslage für die Verwaltungspraxis gegenübergestellt werden und mögliche Auswirkungen auf Leistungsbezieher:innen beleuchten.
Die wesentlichen Regelungen zum Bezugsbeginn, Antragstellung und Wiedermeldung nach einer Unterbrechung finden sich in den §§ 17 und 46 AlVG. Der Beginn des Leistungsbezuges wird in § 17 AlVG geregelt. Die Regelungen zur Antragstellung und Wiedermeldung finden sich in § 46 AlVG. Damit ein Anspruch festgestellt und zuerkannt werden kann, ist gem § 46 Abs 1 AlVG ein Antrag notwendig und gem § 46 Abs 4 letzter Satz AlVG nur unter der Voraussetzung, dass das AMS dem Arbeitslosen keine zumutbare Arbeit vermitteln kann, möglich. Zum Vorliegen der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen Arbeitslosigkeit muss daher die formale Leistungsbeantragung iSd § 46 AlVG (Geltendmachung) hinzutreten. Liegen alle formellen und materiellen Voraussetzungen vor, ist das AMS verpflichtet, ab dem Tag der Geltendmachung des Anspruches, wenn kein Ruhenstatbestand gem § 16 AlVG vorliegt, entweder Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe zuzuerkennen. Unter Geltendmachung ist idR die Abgabe des bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformulars im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle zu verstehen. Bis 30.6.2025 wird die Leistung daher nur zuerkannt, wenn nach der Arbeitslosmeldung eine Geltendmachung mittels Antragsabgabe erfolgt.1
Gem § 17 Abs 1 AlVG gebührt das Arbeitslosengeld nur, wenn sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind und der Anspruch nicht gem § 16 AlVG ruht. Das Arbeitslosengeld gebührt dann ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Anspruch gilt gem Z 1 rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit, wenn diese ab einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag besteht und die Geltendmachung am ersten darauf folgenden Werktag erfolgt oder gem Z 2, wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gem § 46 Abs 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen zehn Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das AMS nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.
Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, so gebührt das Arbeitslosengeld gem § 17 Abs 2 AlVG ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs 5.
§ 17 Abs 3 AlVG verlangt bei der Arbeitslosmeldung Mindestangaben. Somit hat die Arbeitslosmeldung zumindest den Namen, die Sozialversicherungsnummer, die Anschrift, den erlernten Beruf, die zuletzt ausgeübte Beschäftigung und den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie die Angabe, auf welchem Weg eine rasche Kontaktaufnahme durch das AMS möglich ist (E-Mail-Adresse, Faxnummer, Telefonnummer), zu enthalten. Für die Arbeitslosmeldung ist das bundeseinheitliche Meldeformular zu verwenden. Die Meldung gilt erst dann als erstattet, wenn das ausgefüllte Meldeformular bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt ist. Ist die Meldung aus Gründen, die nicht in der Verantwortung der Meldung erstattenden Person liegen, unvollständig, verspätet oder gar nicht eingelangt, so gilt die Meldung mit dem Zeitpunkt der nachweislichen Abgabe (Absendung) der Meldung als erstattet. Das Einlangen der Meldung ist durch das AMS zu bestätigen. 203
In § 17 Abs 4 findet sich auch eine Regelung zur unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung aufgrund eines Behördenfehlers, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zB eine mangelnde oder unrichtige Auskunft. Nur wenn mit dem Behördenfehler Amtshaftungsfolgen verbunden sind, kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.2
Die derzeitigen getrennten gesetzlichen Regelungen zur Arbeitslosmeldung und Geltendmachung, die noch bis 30.6.2025 gelten, hat in vielen Fällen zu Leistungslücken geführt. Der Grund dafür war, dass in vielen Fällen arbeitslose Personen sich ausschließlich arbeitslos gemeldet, aber den Anspruch nicht geltend gemacht haben. Auch § 17 Abs 4 AlVG findet so gut wie keine Anwendung, denn nur wenn die unterlassene rechtzeitige Antragstellung auf einen Behördenfehler zurückzuführen ist, der auch Amtshaftungsfolgen auslöst, kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt ermächtigen. Zwar ist dies noch im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung möglich, doch kann diese nicht gerichtlich abgeändert werden. Es handelt sich bei dieser gesetzlichen Regelung um eine Ermessenentscheidung, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Auch der Versuch des BVwG, die Beschwerdevorentscheidung abzuändern und die Leistung ab einem früheren Zeitpunkt zuzuerkennen, wurde durch den VwGH3 mit der Begründung, dass es nicht im Ermessen des BVwG liegt, für nicht zulässig erklärt.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Erst dann erfolgt eine Vermittlungstätigkeit durch das AMS. Auch wenn der materiell-rechtliche Leistungsanspruch bereits entsteht, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung aus der AlV vorliegen, ist der Leistungsbeginn an die formelle Antragstellung geknüpft und hat diese in Papierform oder über das eAMS-Konto zu erfolgen.4
Gem § 46 Abs 1 AlVG ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle grundsätzlich persönlich geltend zu machen und für die Geltendmachung das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Zur Geltendmachung des Anspruches auf eine Leistung aus der AlV ist grundsätzlich nur der Anspruchswerber selbst befugt. Eine persönliche Vorsprache ist aber jedenfalls dann, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, daran gehindert ist, nicht erforderlich (vgl § 46 Abs 1 7. Satz AlVG) und reicht die Übermittlung des ausgefüllten Antragsformulars für die Geltendmachung aus bzw die Geltendmachung über ein eAMS-Konto. Daraus ist laut VwGH abzuleiten, dass der Anspruch in einem solchen Fall auch anderweitig (zB durch einen bevollmächtigten Vertreter) geltend gemacht werden kann.5
Seit Inkrafttreten des BGBl I 2015/5 mit 1.7.2010 kann die Geltendmachung des Leistungsanspruches auch auf elektronischem Weg erfolgen, sofern der Arbeitslose über ein sicheres „eAMS-Konto“ verfügt und sich zwecks Geltendmachung dieses personalisierten Online-Dienstes des AMS bedient. Das eAMS-Konto ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich zu beantragen. Wird der Anspruch im elektronischen Weg geltend gemacht, ist grundsätzlich zumindest eine persönliche Vorsprache innerhalb von zehn Tagen ab Geltendmachung notwendig. Damit Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim AMS verfügen, den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen können, sind die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem AMS bereits aufgrund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung (Arbeitslosfrühmeldung) zur Arbeitssuche bekanntzugeben. Danach ist aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Regelungen, wenn keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von zehn Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages eine persönliche Vorsprache bei der regionalen Geschäftsstelle notwendig. Das AMS kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen.
Bei der Nutzung des eAMS-Kontos ist zu beachten, dass laut den Nutzungsbedingungen des AMS, die arbeitslosen Personen einer Zugangskennung ihre Zustimmung dazu erteilen, dass das AMS auch über die Dauer einer Vormerkung beim AMS bzw eines Leistungsbezugs hinaus, das eAMS-Konto zur Übermittlung von Nachrichten nutzen kann, wie zB weitere Mitteilungen aufgrund rückwirkender Änderungen eines Leistungsbezuges, allfällig daraus resultierende Rückforderungsbescheide sowie Zahlungserinnerungen. Um dies zu verhindern, bedarf es einer Erklärung, dass man damit nicht einverstanden ist und dass das Konto zur Gänze zu löschen ist. 204
Gem § 37 Abs 1 ZustG können Zustellungen ohne Zustellnachweis auch an einer elektronischen Zustelladresse oder über das elektronische Kommunikationssystem der Behörde erfolgen. Das Dokument gilt mit dem Zeitpunkt des Einlangens bzw nach dem erstmaligen Bereithalten des Dokuments beim bzw für den Empfänger als zugestellt. Eine Zustellung über das eAMS-Konto stellt aber keine Zustellung über ein elektronisches Kommunikationssystem dar. Dazu müsste man das eAMS-Konto in einer dazu veröffentlichten Liste des Bundesministeriums finden, was aber bisher nicht der Fall ist. Somit kommt der in § 37 Abs 1 genannte Zeitpunkt der Zustellung nicht zum Tragen. Erst durch das Lesen und das damit verbundene Abrufen des über das eAMS-Konto übermittelten Dokuments ist vom tatsächlichen Zukommen iSd § 7 ZustG auszugehen und wird der Zustellmangel erst dadurch geheilt.6
Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das AMS kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen; insb wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag zum vorgeschriebenen Rückgabetermin persönlich abzugeben und vorzusprechen. Die Abgabe des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen aufgrund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind. Das AMS kann aber auch generell vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Dies gilt insb auch dann, wenn die Geltendmachung im elektronischen Weg erfolgt ist. Daher ist es bereits möglich, ohne jegliche persönliche Vorsprache beim AMS den Leistungsanspruch zu aktivieren, wodurch bereits eine Entlastung der Behörde erzielt wurde.7
Kommt das AMS aber der Verpflichtung zur Aushändigung eines Antragsformulars nicht bei der ersten persönlichen Arbeitslosmeldung nach, weil es der Ansicht ist, dass ein solches mangels Zuständigkeit oder Anspruchs nicht ausgegeben werden muss, bleibt dem Arbeitslosen der Anspruch auf diese Aushändigung ab der ersten Vorsprache gewahrt. Bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen und bei rechtzeitiger Antragsabgabe zum vorgeschriebenen Rückgabetermin ist ein Leistungsanspruch für die Zeit ab der ersten persönlichen Vorsprache zu gewähren.8
Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder ruht der Anspruch gem § 16 AlVG, wobei der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist, so ist gem § 46 Abs 5 AlVG der Anspruch auf das Arbeitslosengeld oder auf den Fortbezug neuerlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die Wiedermeldung kann telefonisch oder elektronisch erfolgen, soweit die regionale Geschäftsstelle nicht ausdrücklich eine persönliche Wiedermeldung vorschreibt. Die regionale Geschäftsstelle kann die persönliche Geltendmachung oder Wiedermeldung insb vorschreiben, wenn Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung bestehen oder eine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.
Mit BGBl I 2024/66 wurden Neuregelungen im AlVG zur Antragstellung, dem Entfall der Arbeitslos(früh)-meldung, der sprachlichen Vereinfachung und dem Vorrang der elektronischen Kommunikation via „eAMS-Konto“ geschaffen. Für die am 1.7.2025 in Kraft tretenden Neuerungen gibt es auch bereits eine vorläufige Durchführungsweisung.9
Die in der vorläufigen Durchführungsweisung vorgenommenen Auslegungen sollen der Umsetzung der elektronischen Kommunikation zwischen AMS und arbeitslosen Personen dienen. Durch die Streichung der Arbeitslosmeldung zusätzlich zur Antragstellung wird der Antragsprozess für die Kund:innen des AMS erleichtert. Dass nun jedoch eine vorrangig über eAMS laufende Kommunikation vorgesehen ist, birgt einige Risiken hinsichtlich der Auswirkungen auf Personen, welche nicht die Voraussetzungen, Fähigkeiten oder Kenntnisse zur Nutzung eines elektronischen Kommunikationssystems haben. Dem Bundesgesetz ist zwar zu entnehmen, dass die Antragstellung weiterhin auch persönlich möglich sein muss. Auch ist der Durchführungsweisung zu entnehmen, dass kein Zwang zu einer elektronischen 205 Antragstellung besteht. Dennoch wird dies in den weiteren Auslegungen in der Durchführungsweisung relativiert, sobald die technischen Voraussetzungen in den Geschäftsstellen vorliegen.
Ab 1.7.2025 entfällt die Arbeitslos(früh)meldung, da der Antrag auf Arbeitslosengeld (Antragstellung) bis zu drei Wochen vor (dem voraussichtlichen) Ende der pflichtversicherten Beschäftigung gestellt werden kann. Damit entfällt die Hürde für Kund:innen des AMS, zwei Schritte für eine Antragstellung beim AMS beachten zu müssen: Die Arbeitslosmeldung und die Geltendmachung des Anspruchs werden nun zusammengelegt.
Einer (bald) arbeitslos werdenden Person, die wegen Antragstellung zur Geschäftsstelle kommt, ist laut Durchführungsweisung ein Antrag mit Rückgabefrist auszugeben, wobei zwingend erforderliche Daten vorweg zu erheben bzw zu prüfen (bei Vorliegen von Daten) sind. Bei elektronischen Anträgen sind die zwingend erforderlichen Daten als Pflichtfelder zu gestalten. Der Grund für die Prüfung der Daten bereits bei der Antragsausgabe ist den Erläuternden Bemerkungen (EB) zum Gesetz nicht zu entnehmen und auch lässt die Durchführungsweisung offen, was passiert, wenn eine erste Überprüfung der Daten ergibt, dass eventuell Voraussetzungen nicht vorliegen. Es ist zu befürchten, dass in einem solchen Fall aufgrund der (oberflächlichen) Vorprüfung kein Antrag ausgehändigt wird und den Kund:innen die Möglichkeit der Antragstellung verwehrt werden könnte.
Wie bisher ist der Antrag spätestens mit Beginn der Arbeitslosigkeit zu stellen. Weiterhin ist eine rückwirkende Antragstellung nur in den ausdrücklich im Gesetz erwähnten Fällen möglich, in denen die Geschäftsstelle geschlossen oder wegen Katastrophen oder Epidemien nicht erreichbar ist oder bei Lehrverhältnissen dessen Ende verspätet zur Kenntnis gelangt. Ein rückwirkender Leistungsbezug ist weiterhin auch dann möglich, wenn die Antragstellung nicht unmittelbar nach dem Ende eines Ruhensgrundes gem § 16 AlVG wegen einer geschlossenen Geschäftsstelle möglich ist. Der Ruhensgrund „Auslandsaufenthalt“ wird jedoch in der Durchführungsweisung ausdrücklich ausgenommen. Die gesetzliche Regelung in § 17 Abs 1 AlVG nimmt hier aber keine Differenzierung vor und verweist nur auf § 16 AlVG, sodass diese gesetzlich getroffene Regelung auch für den Auslandsaufenthalt gelten muss. Diese Ausnahmeregelung könnte zB zu einer Schlechterstellung von Grenzgänger:innen führen, deren Dienstverhältnis vor dem Wochenende und der Auslandsaufenthalt erst am Wochenende endet.
Die Neuregelung des § 46 AlVG sieht ab Juli 2025 vor, dass der Antrag vorrangig über das elektronische Kommunikationssystem des AMS (derzeit „e-AMS-Konto“) einzubringen ist. Laut Durchführungsweisung soll damit die elektronische Antragstellung priorisiert werden und kein Zwang zu einer elektronischen Antragstellung geschaffen werden. Es wird weiter ausgeführt, dass Kund:innen darauf hinzuweisen sind, dass eine Antragstellung primär über das eAMS-Konto erfolgen soll. Wird eine persönliche Antragstellung von der arbeitslosen Person jedoch ausdrücklich gewünscht, soll es keine Überprüfung der technischen Voraussetzungen durch das AMS geben. Weiter wird in der Durchführungsweisung auch darauf eingegangen, dass eine elektronische Antragstellung bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle selbst mit Unterstützung von AMS-Mitarbeiter:innen ermöglicht werden soll, sobald dafür die technischen Voraussetzungen in den Geschäftsstellen vorliegen und die Personalressourcen es zulassen. Der Durchführungsweisung ist nicht zu entnehmen, welche technischen Voraussetzung für die Unterstützung der Kund:innen vor Ort notwendig sind. Angedacht werden jedoch „elektronische Selbstbedienungsgeräte“ in den Servicezonen der Geschäftsstellen des AMS.
Sobald diese Voraussetzungen vorliegen sowie ausreichend Personalressourcen zur Unterstützung vorhanden sind, soll eine Ausgabe des Antragsformulars für die persönliche Antragstellung laut Durchführungsweisung nur noch „je nach Auslastung“ erfolgen. Dass es dadurch zu einer Einschränkung der dauerhaft möglichen Antragsausgabe kommen kann, ist nicht nur aufgrund der gesetzlichen Regelung problematisch, insb weil eine rückwirkende Leistungszuerkennung nicht möglich ist.
Die zur persönlichen Vorsprache getroffenen Regelungen in § 46 Abs 3 AlVG ermöglichen es, dass nur beim erstmaligen Antrag auf Arbeitslosengeld sowie bei wiederholten Anträgen nach Ablauf von zwei Jahren ab dem letzten Leistungsbezug eine persönliche Vorsprache zwingend notwendig ist. Ansonsten kann das AMS auf die persönliche Vorsprache gänzlich verzichten.
Für die persönliche Vorsprache ist laut Durchführungsweisung ein persönliches Kennenlernen und eine entsprechende Erstberatung inklusive Erstellen des Betreuungsplanes vorgesehen. Laut Durchführungsweisung kann auch von einer persönlichen Vorsprache abgesehen werden, wenn diese beiden Maßnahmen bereits bei der persönlichen Antragstellung erbracht wurden. Andernfalls soll hier vom AMS ein Kontrolltermin iSd § 49 AlVG innerhalb von zwei Wochen vorgeschrieben werden. Unterlässt das AMS die Vorschreibung des Kontrolltermins, so hat dies laut Durchführungsweisung für die arbeitslose Person (noch) keine Auswirkungen. Nimmt die arbeitslose Person den Termin nicht wahr, auch wenn dieser vor Zuerkennung und Anweisung der Leistung vorgeschrieben 206 wird, kommt es laut Durchführungsweisung zu einem Verlust der Leistung gem § 46 Abs 3 iVm § 49 AlVG.
Eine Kontrollmeldung zu einem Zeitpunkt, zu dem noch kein Leistungsbezug erfolgt (zB vor Rückgabe des Antragsformulars), kann jedoch nicht wirksam vorgeschrieben werden und können die Rechtsfolgen des § 49 Abs 2 AlVG auch dann nicht ausgelöst werden, wenn der (letztlich nicht eingehaltene, jedoch rechtswidrige) Kontrolltermin bereits innerhalb des Leistungsanspruches liegt.10
Auch den EB zur persönlichen Vorsprache ist zu entnehmen, dass diese nur dann auf die Antragstellung Auswirkungen hat, wenn die arbeitslose Person dieser Verpflichtung und der vom AMS gesetzten Frist ohne Grund nicht nachkommt oder den Termin im Zusammenhang mit dem Antrag (Nachreichung fehlender Unterlagen) ohne berücksichtigungswürdigen Grund versäumt. Einen persönlichen Termin zur Vorsprache im Rahmen der Antragstellung als Kontrolltermin vorzuschreiben, ist daher jedenfalls nicht im Einklang mit dem Gesetz, da der Kontrollmeldetermin gem § 49 AlVG zur Sicherung des bereits zuerkannten Anspruches dient und nicht dazu, ob ein solcher aufgrund der zu erbringenden fehlenden Unterlagen und Nachweise zuerkannt wird.
Gemäß dem neuen § 46 Abs 5 AlVG beträgt die Frist für Unterbrechungen bis 62 Tage ab Juli 2025 statt wie bisher eine Woche nur einen Tag. Arbeitslose Personen müssen sich also spätestens am Tag nach Wegfall des Unterbrechungsgrundes wiedermelden, um einen lückenlosen Leistungsbezug sicherzustellen. Der Durchführungsweisung ist eine Pflicht des AMS zu entnehmen, die Kund:innen darüber entsprechend deutlich aufzuklären. Eine solche Aufklärung ist besonders wichtig, da ab Juli 2025 auch vorgesehen ist, dass Einstellungsmitteilungen nur noch versendet werden sollen, wenn die arbeitslose Person dies ausdrücklich wünscht oder wenn der Unterbrechungsgrund von Dritten ohne Kenntnis der arbeitslosen Person mitgeteilt wurde. Wichtig, jedoch nicht der Durchführungsweisung zu entnehmen, ist auch, dass die Personen mit Inkrafttreten der Änderungen ausführlich darüber informiert werden, um keinen Verlust ihres Leistungsbezuges durch eine zu späte Wiedermeldung zu riskieren. Neu ist auch die Regelung in § 46 Abs 6 AlVG, welche bei Vorliegen einer Krankmeldung ohne Vorliegen eines Krankengeldbezuges gem § 41 Abs 3 AlVG eine ärztliche Bestätigung über die Erkrankung verlangt. Ohne ärztliche Bestätigung kommt es zu einem Leistungsverlust. Die Durchführungsweisung sieht jedoch vor, dass vom AMS Fristen für die Beibringung der ärztlichen Bestätigung zu setzen sind, sofern diese trotz Aufforderung nicht vorgelegt werden. Erst bei Nichtvorlage innerhalb der gesetzten Frist besteht der Anspruch für die Tage der Krankmeldung nicht.
Ein neuer § 46a AlVG sieht nunmehr eine vorrangig elektronische Kommunikation zwischen AMS und arbeitsloser Person vor. Die arbeitslose Person wird dabei verpflichtet, das eAMS-Konto regelmäßig an zwei, nicht direkt aufeinanderfolgenden, Werktagen je Woche (Montag bis Freitag) auf Eingänge zu überprüfen. Dazu führt die Durchführungsweisung aus, dass vom Arbeitslosen nicht einhaltbare kurzfristige Termine und Aufträge (zB für den nächsten Tag) vermieden werden sollen, da keine tägliche Kontrolle der Eingänge vorgesehen ist. Es ist davon auszugehen, dass dies dennoch erfolgen wird und es durch die Vorschreibung von kurzfristigen Terminen und Aufträgen für den nächsten Tag zu einem Verlust der Leistung führen wird.
Nach § 46a Abs 2 AlVG gilt der 3. Abschnitt des Zustellgesetzes (elektronische Zustellungen) nicht. Laut Gesetz soll ab Juli 2025 eine elektronische Zustellung über eAMS dann als zugestellt gelten, wenn sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers/der Empfängerin gelangt ist, also wenn sie im elektronischen Postfach eingelangt ist. Dies ist besonders kritisch zu sehen, da bereits Judikatur vorliegt, die darauf verweist, dass man das eAMS-Konto nicht in der Liste der veröffentlichten Kommunikationssysteme, welche der zuständige Bundesminister veröffentlicht, findet. Somit würde erst durch das Lesen und dem damit verbundenen Abrufen des über das eAMS-Konto übermittelten Dokuments die Zustellung erfolgen und iSd § 7 ZustG der Zustellmangel geheilt werden. Eine Zustellung mit Einlangen im elektronischen Postfach des Empfängers/der Empfängerin kann vor diesem Hintergrund daher nicht erfolgen.
Es bleibt abzuwarten, welche positiven und negativen Auswirkungen die Gesetzesänderungen ab 1.7.2025 für arbeitslose Personen haben wird. Grundsätzlich sollten die Änderungen aber zu keinen Verschlechterungen führen dürfen. Insb bedarf es daher genauen Regelungen zum Verweis auf die vorrangige Nutzung des elektronischen Kommunikationssystems vor Nutzung des Papierantrages. Hier muss jedenfalls Berücksichtigung finden, über welche konkreten technischen Mittel und EDV-Kenntnisse die arbeitslose Person verfügt. Insb bedarf es konkreter Regelungen dazu, welche technischen Voraussetzungen in den Geschäftsstellen und in welchem Umfang Unterstützung von den AMS-Mitarbeiter:innen verpflichtend angeboten werden müssen. Da es sich bei der Durchführungsweisung um eine vorläufige handelt, ist wohl davon auszugehen, dass es hier nach Inkrafttreten ab 1.7.2025 noch genauere Regelungen geben wird, die auch dringend notwendig sind. 207