80Selbstversicherung wegen Pflege eines behinderten Kindes – Bezug einer vorzeitigen Alterspension hindert Leistungswirksamkeit der Beiträge
Selbstversicherung wegen Pflege eines behinderten Kindes – Bezug einer vorzeitigen Alterspension hindert Leistungswirksamkeit der Beiträge
Der im Jänner 1943 geborene Kl bezog seit 1.10.2004 eine vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer. Er beantragte eine Selbstversicherung in der PV für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes für die Jahre 2004 bis 2013 sowie ab 2020. Diesen Antrag stellte er während des Geltungszeitraumes von § 18a Abs 2 ASVG idF des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes (SVAG) (2015-2022), demgemäß ein Pensionsbezug den Erwerb von Zeiten der Selbstversicherung nicht gehindert habe. Mit Bescheid vom 22.10.2020 gab die Bekl dem Antrag des Kl für die beantragten Zeiträume statt und sprach aus, dass der Beitrag zur Selbstversicherung aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen getragen wird.
Mit Bescheid vom 22.4.2022 lehnte die Bekl den Antrag des Kl, aufgrund dieser zusätzlichen Versicherungszeiten die (vorzeitige) Alterspension zu erhöhen, ab.
Mit seiner dagegen erhobenen Klage begehrt der Kl, ihm aufgrund der rückwirkend erworbenen Zeiten der Selbstversicherung nach § 18a ASVG einen besonderen Höherversicherungsbetrag analog § 248c ASVG zu gewähren. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren für die Zeit ab 1.1.2009 statt. Das Mehrbegehren wies es mit der Begründung ab, dass eine analoge Anwendung des § 248c ASVG – wie in der zur Selbstversicherung nach § 18b ASVG ergangenen OGH-E 10 ObS 102/22f (dazu Bischofreiter, DRdA 2023, 405) – nur für die Zeit nach Erreichen des Regelpensionsalters erfolgen könne. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.
Der OGH erachtete die vom Kl erhobene außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung für nicht zulässig.
Der OGH führt begründend aus, dass mit der Selbstversicherung nach § 18a ASVG honoriert werden soll, dass der Betroffene seine Arbeitskraft für die Pflege eines Kindes einsetzt, obwohl er sie auch im Rahmen einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nutzen und dabei Versicherungszeiten in der PV erwerben könnte (OGH 13.9.2022, 10 ObS 102/22f). Diese (teleologische) Überlegung trifft aber nur zu, wenn eine Erwerbstätigkeit neben dem Pensionsbezug auch zulässig ist, weil nur in diesem Fall ein durch die Pflege bedingter Ausfall an möglichen Pensionsversicherungszeiten droht. Dazu kann es beim Bezug einer vorzeitigen Alterspension nach § 253b ASVG aF nicht kommen, weil diese wegfällt, wenn eine die Pflichtversicherung in der PV begründende Erwerbstätigkeit aufgenommen wird.
Die Ansicht des Kl findet auch in § 669 Abs 3 ASVG idF des Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetzes (SV-ZG) iVm § 707a Abs 1 ASVG keine Stütze. Zwar kann nach der erstgenannten Bestimmung die Selbstversicherung gem § 18a ASVG auch nachträglich für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes, die „irgendwann“ seit 1.1.1988 erfolgte, beantragt werden (Satz 1). Leistungswirksam können Versicherungszeiten, die während des Bezugs einer vorzeitigen Alterspension erworben wurden, aber nicht werden, weil diese mit Erreichen des Regelpensionsalters in eine (reguläre) Alterspension umgewandelt wird, ohne dass dadurch ein neuer Stichtag ausgelöst wird (OGH 19.10.2021, 10 ObS 101/21g; OGH 10.11.2009, 10 ObS 130/09d). Zu einer Neufeststellung der Alterspension könnte es nur im hier nicht vorliegenden Fall kommen, dass die vorzeitige Alterspension nach § 253b ASVG wegen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit weggefallen ist.