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Keine Verlängerung des Anspruchsverlusts durch andere Gründe als den im Gesetz genannten Krankengeldbezug

NICOLE PINTER

Die Beschwerdeführerin stand zuletzt im Wesentlichen seit dem Jahr 2018 im Bezug von Leistungen aus der AlV. Am 2.4.2024 wurde der Beschwerdeführerin das verfahrensgegenständliche Stellenangebot als Heilmasseurin im Ausmaß von 40 Wochenstunden zugewiesen. Die Beschwerdeführerin übermittelte ihre Bewerbungsunterlagen – wie im Stelleangebot gefordert – an das Arbeitsmarktservice (AMS) Wiener Neustadt, das die Unterlagen an den DG weiterleitete. Der potentielle DG versuchte in der Folge mehrfach, die Beschwerdeführerin telefonisch zu kontaktieren, diese nahm jedoch die Anrufe nicht entgegen und rief nicht zurück.

Mit Bescheid des AMS vom 15.4.2024 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Notstandshilfe gem § 38 iVm § 10 AlVG im Ausmaß von 34 Tagen ab 8.4.2024 verloren hat. Das angeführte Ausmaß verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wird. Die Ausschlussfrist werde unterbrochen, sofern aus einem anderen Grund als wegen eines Ausschlusses gem §§ 10 oder 49 AlVG kein Leistungsanspruch besteht. Während eines Ausschlusses gem § 10 AlVG würden weiterhin alle gegenüber dem AMS bestehenden Verpflichtungen gelten. Begründend wurde ausgeführt, dass das AMS am 8.4.2024 Kenntnis darüber erlangt habe, dass die Beschwerdeführerin das Zustandekommen einer zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung als Heilmasseurin vereitelt habe. Das Ausmaß ihres laufenden Leistungsanspruchs sei jedoch kürzer als der gem § 10 AlVG zu verhängende Ausschluss. Aus diesem Grund werde mit gegenständlichem Bescheid ein Ausschluss bis zum Ende ihres laufenden Leistungsanspruchs (11.5.2024) ausgesprochen. Nach Beantragung und Zuerkennung der Notstandshilfe werde über den restlichen Ausschluss abgesprochen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18.4.2024 fristgerecht Beschwerde, das AMS wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab.

Das BVwG bestätigte die Beschwerdevorentscheidung mit der Maßgabe, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat: „Die Beschwerdeführerin hat den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 AlVG iVm § 10 AlVG ab 08.04.2024 bis 11.05.2024 verloren, wobei sich die Zeiten des Anspruchsverlustes um die in ihm liegenden Zeiträume verlängern, während derer Krankengeld bezogen wurde. Nachsicht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG wird nicht erteilt.“

Das BVwG führt zur Korrektur des Spruches des Bescheides in Bezug auf dessen dritten Satz, wonach die Ausschlussfrist „unterbrochen“ werde, sofern aus einem anderen Grund als wegen eines Ausschlusses gem §§ 10 oder 49 AlVG kein Leistungsanspruch besteht, aus, dass dem Gesetzestext in § 10 Abs 1 AlVG lediglich zu entnehmen ist, dass sich die Zeiten des Anspruchsverlustes um die in ihnen liegenden Zeiträume verlängern, während derer Krankengeld bezogen wurde; weitere Ruhenstatbestände, welche zu einer Verlängerung der Zeit des Anspruchsverlustes führen, sind darin explizit nicht genannt. Weder ist im Gesetz ein anderer Grund (zB Abmeldung vom Leistungsbezug) für eine Verlängerung (Hemmung) noch für eine Unterbrechung des Verlustzeitraumes nach § 10 Abs 1 AlVG normiert. Auch in den Materialien zur Beschäftigungssicherungsnovelle 1993 (RV 1194 dB 17. GP), mit der die Hemmung des Anspruchsverlustes normiert wurde, ist kein Hinweis enthalten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers neben dem Bezug von Krankengeld auch die weiteren Ruhenstatbestände des § 16 AlVG umfasst sein sollten. Der dritte Satz des Spruches im angefochtenen Bescheid hat somit zu entfallen.

Im vierten Satz des Spruches des Ausgangsbescheides wird festgehalten, dass während eines Ausschlusses gem § 10 AlVG weiterhin alle gegenüber dem AMS bestehenden Verpflichtungen (Verfügbarkeit, Arbeitswilligkeit, Meldepflichten etc) gelten. Dazu führt das BVwG aus, dass Sache eines Bescheides nach § 10 AlVG die Sanktionierung durch befristeten Leistungsausschluss des Verhaltens desjenigen ist, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit vereitelt hat. Der Spruch des Bescheides bietet weder Raum für den Hinweis auf ex lege bestehende (allgemeine) Verpflichtungen des Arbeitslosen gegenüber dem AMS noch vermag er Pflichten zu begründen, die dem Gesetz nicht zu entnehmen sind. Insoweit war der Spruch des Bescheides zu bereinigen.

Die in § 10 Abs 1 AlVG iVm § 38 AlVG vorgesehene Sanktion besteht in einem Verlust der Notstandshilfe für die Dauer von „mindestens der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen“. Da die Beschwerdeführerin nur noch bis 11.5.2024 einen Anspruch auf Notstandshilfe hatte, wurde ein Ausschluss bis zum Ende ihres Leistungsanspruchs mit 11.5.2024 ausgesprochen. 179