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Unberechtigte Rückforderung der ausgezahlten Provision durch die Arbeitgeberin

VERA HABE-MOTH

Der AN war bei der AG ua für die Vermittlung von Wohnungen zuständig, wofür ein Provisionsanspruch vereinbart war. Im schriftlichen Dienstvertrag war vereinbart, dass Auslöser für den Provisionsanspruch des AN ausschließlich der erfolgte Zahlungseingang des Kunden bei der AG ist. Insoweit ein solcher Zahlungseingang nicht zustande kommt, entsteht für den AN auch kein Provisionsanspruch.

Der AN vermittelte für die AG eine Wohnung an die Ehegatten M*. Nach Zahlungseingang der Käuferprovision zahlte die AG dem AN die im Dienstvertrag vereinbarte und fällige Provision aus. In der Folge traten die Ehegatten M* vom Kaufanbot zurück. Die AG gestand zwar die Berechtigung zum Vertragsrücktritt nicht zu, zahlte den Käufern aber die von ihnen bezahlte Provision zurück. Die AG forderte danach die bereits ausbezahlte Provision vom AN zurück.

Die Vorinstanzen wiesen das Rückforderungsbegehren der AG ab. Der OGH wies die außerordentliche Revision der AG zurück.

Der OGH führte dazu aus:

Im Dienstvertrag haben die Parteien das Entstehen des Provisionsanspruchs des AN für ein von ihm vermitteltes Verkaufsgeschäft vom Zahlungseingang des Kunden abhängig gemacht. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen § 10 Abs 3 AngG. Eine Vereinbarung, wonach der AN nach Wegfall des Zahlungseingangs der Kundenprovision zur Rückzahlung des an ihn ausbezahlten Provisionsentgelts verpflichtet wäre, trafen die Parteien nicht.

Der Grundsatz des § 10 Abs 3 AngG, dass der Anspruchserwerb vom Zahlungseingang abhängt, wird von § 11 Abs 3 AngG durchbrochen. Danach kann der Angestellte die volle Provision ua auch dann verlangen, wenn die Ausführung des von ihm oder durch seine Vermittlung abgeschlossenen Geschäfts infolge Verhaltens des AG ganz oder teilweise unterblieben ist, ohne dass hiefür wichtige Gründe in der Person des Dritten vorlagen. § 11 Abs 3 AngG ist auch dann anzuwenden, wenn das abgeschlossene Vermittlungsgeschäft durch den Rücktritt der Käufer vom Kaufanbot und damit auch der für das Entstehen der Provision des AN unstrittig erforderliche Geschäftsabschluss nachträglich wegfiel.

Die AG bestreitet in ihrer außerordentlichen Revision nicht, dass sie nach § 11 Abs 3 AngG den Beweis dafür zu erbringen hat, dass die Käufer berechtigt vom vermittelten Kaufvertrag zurückgetreten seien und sie daher berechtigt die Käuferprovision zurückgezahlt hat. Laut OGH ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die AG habe dafür aber kein ausreichendes Vorbringen erstattet, aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht unvertretbar. Das zentrale Argument der AG, sie treffe kein Verschulden am Vertragsrücktritt der Käufer, genügt nicht, um im gegenständlichen Verfahren prüfen zu können, ob der Vertragsrücktritt der Käufer aus einem wichtigen Grund berechtigt erfolgt ist und es daher der AG nicht zumutbar gewesen wäre, dem Rückzahlungsbegehren der Käufer entgegenzutreten.

Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO wies der OGH die außerordentliche Revision der AG zurück.