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Unfall mit E-Scooter steht nicht unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz

ELISABETH BISCHOFREITER
§§ 2 Abs 1 Z 19 und § 88b StVO

Am 10.2.2023 fuhr der Kl mit einem E-Scooter Renault Electric Scooter Connect von seiner Wohnung zu seiner Dienststelle. Er wollte seine Geschwindigkeit von 22 km/h auf 20 km/h reduzieren und betätigte den Bremshebel. Dabei kam es aufgrund der nicht so stark ausgeprägten Stabilität, der geringen Lenkerbreite, der kleineren Räder und des geringeren Nachlaufs zu einer leichten Verlagerung der Fahrlinie, die in Verbindung mit der feuchten Fahrbahn zum Wegrutschen des Vorderrads führte, wodurch der Kl stürzte.

Mit Bescheid vom 21.2.2023 wurde der Unfall nicht als Dienstunfall anerkannt. Die dagegen erhobene Klage wurde von den Vorinstanzen abgewiesen. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil zur Frage der Qualifikation von E-Scootern als Spiel- und Sportgerät oder als Fahrzeug und dazu, ob deren Verwendung unter Unfallversicherungsschutz stehe, keine Rsp des OGH vorliege. Der OGH erachtete die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung als nicht zulässig.

Der OGH führt zunächst aus, dass der Umstand, dass ein völlig gleich gelagerter Sachverhalt vom OGH noch nicht beurteilt wurde, die Zulässigkeit der Revision für sich allein noch nicht begründen kann. Das gilt vor allem dann, wenn der Streitfall – wie hier – durch Anwendung bestehender Rsp gelöst werden kann und auch gelöst wurde. Die Grundsätze, ob und wann das Verwenden eines Spiel- und Sportgeräts bei Zurücklegung eines Arbeitsweges Unfallversicherungsschutz genießt, hat der OGH im Zusammenhang mit der Verwendung eines Monowheels ausführlich dargelegt (OGH 19.1.2021, 10 ObS 150/20m und OGH 21.11.2023, 10 ObS 127/23h). Demnach steht dem Versicherten zwar die Wahl des Verkehrsmittels bzw die Art der Fortbewegung auf Arbeitswegen grundsätzlich frei. Dennoch handelt es sich bei Wegunfällen iSd § 90 Abs 2 Z 1 B-KUVG um eine rechtlich nicht zwingend gebotene, aus sozialpolitischen Überlegungen vorgenommene Erweiterung des Versicherungsschutzes, obwohl dieser Bereich dem Einfluss des DG weitgehend entzogen ist. Es trifft zwar zu, dass in der Literatur und Rsp unterschiedliche Ansichten zur Frage vertreten werden, ob ein E-Scooter ein Fahrzeug ist (ausführlich jüngst OGH 25.6.2024, 2 Ob 92/24d). Diese Einstufung ist jedoch nicht entscheidend, weil dafür die Einordnung nach der StVO nur Anhaltspunkte bietet und 123 aus der Verwendung eines Fahrzeuges iSd StVO daher nicht zwangsläufig die Zuordnung zum geschützten anstatt zum privaten Bereich folgt. Wesentlich ist vielmehr, ob es sich um ein allgemein übliches Verkehrsmittel handelt, bei dem ein sicheres Fahren gewährleistet ist (OGH 21.11.2023, 10 ObS 127/23h). Die Grenze des Unfallversicherungsschutzes verläuft daher nicht zwischen Spiel- und Sportgeräten und Fahrzeugen iSd StVO, sondern allgemein üblichen und anderen Verkehrs- bzw Fortbewegungsmitteln.

Aus den Materialien zur StVO-Novelle (BGBl I 2019/37) ergibt sich, dass der Gesetzgeber neben Einrädern (Monowheels) auch elektrisch betriebene Scooter als „Trendsportgeräte“ einstuft, deren Benutzung eine besondere Geschicklichkeit erfordert und die aufgrund ihrer technischen Eigenschaften kein sicheres Fahren gewährleisten. Die Gründe, die zu 10 ObS 150/20m und 10 ObS 127/23h dazu führten, dass mit einem Monowheel zurückgelegte Arbeitswege nicht dem Schutz der gesetzlichen UV unterstellt wurden, treffen auf E-Scooter in gleicher Weise zu. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Monowheels eindeutig keine Fahrzeuge iSd § 2 Abs 1 Z 19 StVO, sondern fahrzeugähnliche Spielzeuge sind, wohingegen dies in Bezug auf die von § 88b StVO erfassten E-Scooter (noch) nicht ganz klar ist. Es mag zwar sein, dass E-Scooter in erster Linie im innerstädtischen (Nah-)Verkehr inzwischen öfters anzutreffen sind, das ändert aber nichts daran, dass sie der Gesetzgeber weder als allgemein übliches noch als sicher handhabbares Verkehrsmittel ansieht.