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Geringeres Krankengeld bei ungeschmälerter Weiterleistung der Sonderzahlungen durch Arbeitgeber

FABIAN GAMPER

Der Kl war von 27.5.2022 an arbeitsunfähig. Von 27.5. bis 6.9.2022 erhielt der Kl von seinem DG die volle und von 7.9. bis 4.10.2022 die halbe Entgeltfortzahlung. Das Dienstverhältnis bestand im strittigen Zeitraum weiter. Nach dem anwendbaren KollV bleibt der Anspruch auf Sonderzahlung auch für Zeiten eines Krankenstands ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung ungeschmälert aufrecht.

Vom zuständigen Krankenversicherungsträger wurde auf Grund des Anspruches auf Sonderzahlungen kein Zuschlag gem § 125 Abs 3 ASVG bei der Bemessung des Krankgeldes berücksichtigt und daher der Antrag des Kl auf ein höheres Krankengeld mit Bescheid abgewiesen.

Dagegen erhob der Kl Klage. Das Erstgericht schloss sich der Ansicht des Kl im Wesentlichen an. Das nur von der Bekl angerufene Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es die Bekl verpflichtete, dem Kl ab 7.9.2022 Krankengeld laut der im Bescheid anerkannten (und bisher geleisteten) Höhe zu zahlen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Revision ließ das Berufungsgericht mangels Vorliegens höchstgerichtlicher Rsp zu.

Die vom Kl eingebrachte Revision hielt der OGH entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts für nicht zulässig, da er erst kürzlich in der E 10 ObS 95/24d vom 8.10.2024 zu dieser Rechtsfrage ausführlich Stellung genommen hat: „Fehlt es in Ansehung der Sonderzahlungen an einem auszugleichenden Einkommensausfall des Versicherten, weil dem Versicherten aufgrund kollektivvertraglicher oder einzelvertraglicher Regelung ausnahmsweise auch noch im Zeitraum des Krankengeldbezugs ein Anspruch auf ungeschmälerte Fortzahlung der Sonderzahlungen gegenüber seinem Arbeitgeber zukommt, so haben Sonderzahlungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Krankengeldes nach § 125 ASVG überhaupt außer Betracht zu bleiben. § 125 Abs 3 ASVG gelangt diesfalls nicht zur Anwendung.“

Zwar unterscheidet sich der Sachverhalt der gegenständlichen OGH-E 10 ObS 75/24p vom 19.11.2024 von dem in 10 ObS 95/24d vom 8.10.2024, dies ist jedoch nach Ansicht des OGH nicht relevant. Das Bestehen eines Dienstverhältnisses ist angesichts der Regelung des § 122 Abs 1 Satz 3 ASVG nicht von Bedeutung. Diese Bestimmung sieht vor, dass (auch) das Krankengeld über das Ende der Versicherung hinaus weiter zu gewähren ist, solange die Voraussetzungen für den Anspruch gegeben sind.

Zum Argument des Kl, dass die Ruhensbestimmung des § 143 Abs 1 Z 3 ASVG nur auf Geld- und Sachbezüge (§ 49 Abs 1 ASVG) und nicht auf Sonderzahlungen (§ 49 Abs 2 ASVG) verweise, führt der OGH aus, dass dies keine Relevanz hat, da der Anspruch durch die teleologische Reduktion des § 125 Abs 3 ASVG gar nicht besteht und daher nicht ruhen kann.

Der OGH kam daher zusammengefasst zu folgendem Ergebnis: Besteht ein ungeschmälerter vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch auf Sonderzahlungen auch während des Krankengeldanspruchs, wird die Bemessungsgrundlage des Krankengeldes nicht gem § 125 Abs 3 ASVG erhöht. Dies bedeutet, dass in diesen Fällen das Krankengeld um 17 % geringer ausfällt.

Anmerkung der Bearbeiterin:

Im Parallelverfahren mit der GZ 10 ObS 109/24p vom 19.11.2024 kam der OGH zu demselben Ergebnis. Auch hier bestand aufgrund des anwendbaren KollV der Anspruch auf Sonderzahlungen während der Zeit des Krankengeldbezugs im ungeschmälerten Ausmaß. Offen bleibt allerdings nach den gegenständlichen Entscheidungen weiterhin die Antwort auf die Rechtsfrage, wie ein Sachverhalt zu beurteilen ist, in dem die Sonderzahlungen nicht im vollen Ausmaß weitergeleistet werden.