Freiwilligenarbeit, Praktika und Volontariate: Verhältnis zur Normalarbeit*
Freiwilligenarbeit, Praktika und Volontariate: Verhältnis zur Normalarbeit*
Einleitung und Problemaufriss
Begriffsdefinitionen und Abgrenzung zur Normalarbeit
Ehrenamtliches Engagement
Definition
Unentgeltlichkeit der Leistungserbringung
Freiwillige Leistungserbringung iSv fehlender Leistungspflicht
Praktikum bzw Volontariat
Definition und Abgrenzung
Ausbildungszweck
Janusköpfiges bzw kerberosartiges Tätigwerden nach dem FreiwilligenG
Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften auf freiwillig Engagierte, Praktikanten und Volontäre
Résumé
Das Thema Freiwilligenarbeit, Praktika und Volontariate: Verhältnis zur Normalarbeit umfasst zahlreiche Fallkonstellationen; folgende drei dienen als Referenz:
Fall 1: Der 50-jährige Anton arbeitet als angestellter Buchhalter bei einer Rettungsorganisation; gleichzeitig ist er Vereinsmitglied. Er teilt sich als solches für den 12-Stunden-Sanitäter-Nachtdienst von Mittwoch, 18.00 Uhr bis Donnerstag, 6.00 Uhr in den Dienstplan ein.* Am Donnerstag um 8.00 Uhr ist Dienstbeginn als Buchhalter.
Variante zu Fall 1: Den 12-stündigen Sanitäterdienst leistet die 18-jährige Anna, die bei der Rettungsorganisation gemäß FreiwilligenG* ein Freiwilliges Sozialjahr (FSJ) absolviert; wöchentlich darf sie im Rahmen des FSJ nicht länger als 34 Stunden arbeiten. Sie ist auch nicht in der Buchhaltung tätig, sondern überwiegend im Rettungsdienst. Die Tätigkeit gefällt ihr gut; sie hat viele Freunde gewonnen; mit diesen möchte sie auf freiwilliger Basis (Vereinsmitgliedschaft) als Sanitäterin Rettung fahren, an derselben Dienststelle.
Fraglich ist in beiden Fällen, ob Arbeitszeit- und Arbeitsruhevorschriften im Fall der „Freiwilligenarbeit“ zur Anwendung kommen.
Fall 2: Der 20-jährige Theo möchte sich als Rettungssanitäter engagieren. Da er auch Vollzeit studiert, hat er kein eigenes Einkommen. Die – im Vergleich relativ kleine – Rettungsorganisation sieht folgende Regelung vor:*Theo muss die gesamten Ausbildungskosten (€ 3.000,–) zahlen, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren nach Absolvierung der Ausbildung eine gewisse Stundenanzahl an ehrenamtlichen Sanitätsdiensten leistet.*Theo startet mit der Ausbildung, bemerkt aber bald, dass dies nichts für ihn ist. Muss er bei Abbruch der Ausbildung tatsächlich die gesamten Abbruch der Ausbildung tatsächlich die gesamten 507 Ausbildungskosten iHv € 3.000,– der Rettungsorganisation überweisen?
Fall 3: Die 23-jährige Frieda ist Studentin der Erdölwissenschaften. Im Juli und August absolviert sie ein Ferialpraktikum bei einem Unternehmen im Bereich Bohr- und Fördertechnik. Dabei handelt es sich um eine für ihr Studium anrechenbare Praxiszeit. Für die tatsächliche Anrechnung muss sie laut Studienplan 130 Arbeitsschichten absolvieren. Frieda wird der Schicht I an einer bestimmten Bohrstelle zugeteilt. Ihr wird alles erklärt und gezeigt; sie darf auch mithelfen (konkret wird ihr hie und da gesagt „da kannst mithelfen“; dem kommt sie auch nach). Alle Tätigkeiten könnten aber – auch in personeller Hinsicht (Mindestanzahl an Arbeitern/Schicht) – ohne Frieda erledigt werden. Monatlich erhält Frieda als Unterstützung € 1.200,–. Festgehalten wird, dass durch das Ferialpraktikum kein Arbeitsverhältnis begründet wird. Es stellt sich nun die Frage, ob dies stimmt, denn Frieda fordert für die zwei Monate Bezahlung entsprechend dem Erdölindustrie-KollV.*
Die Abgrenzungsfrage spielt demnach in der Praxis eine große Rolle; naturgemäß nicht nur aus Perspektive des Arbeits-, sondern auch des Sozialversicherungs- und Steuerrechts. Insb für Freiwilligenorganisationen ist dies eine Herausforderung. Oft gibt es auch ein paralleles Tätigwerden von „echten“ Ehrenamtlichen (die Vereinsmitglieder sind – Basis Mitgliedschaft), Freiwilligen nach FreiwilligenG (etwa Freiwilliges Soziales Jahr [FSJ]), hauptamtlichen AN und Zivildienern (um die es in der Folge aber nicht gehen soll).
Wie Neumayr 2011 mit Blick auf die Vielfältigkeit ehrenamtlichen Tätigwerdens festgehalten hat, „wundert (es) daher nicht, dass es nicht möglich ist, allgemeingültige normative Aussagen zu treffen und ein einfaches „Recht des ehrenamtlichen Tätigwerdens“ zu schaffen
“.* Die Bandbreite an Tätigkeiten, aber auch an rechtlichen Grundlagen hierfür, ist zu groß.*
Diese Bandbreite spiegelt sich nicht zuletzt in der Vielfalt an rechtlichen Umschreibungen wider.* Im vorliegenden Beitrag wird vor allem zwecks Abgrenzung zum Normalarbeitsverhältnis und zum FSJ von „ehrenamtlichem (bzw freiwilligem) Engagement“ als Überbegriff für formelles* und informelles Engagement ausgegangen. Formelles Engagement findet innerhalb einer Organisation oder eines Vereins statt (also etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr oder bei einem Rettungs- und Sanitätsdienst). Informelles Engagement umfasst so vielfältige Tätigkeiten, wie Nachbarschaftshilfe, Reparaturen und handwerkliche Arbeiten, Betreuung von pflegebedürftigen Personen, Kinderbetreuung oder Blumen gießen.
Der Fokus dieses Beitrags liegt auf dem formellen ehrenamtlichen Engagement. Zahlen der Statistik Austria aus 2022 zeigen einen Rückgang seit 2006 um beinahe 3 %; im Vergleich dazu sind die Zahlen beim informellen Engagement gestiegen.* Angesichts der besonderen Bedeutung für das Gesellschaftssystem in Österreich* verwundert es daher nicht, dass aktuell Maßnahmen gesetzt werden, um ehrenamtliches Engagement zu incentivieren; geschehen auf steuerrechtlicher Ebene etwa durch das Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023*.
Ähnliche Bestrebungen sehen wir auch in anderen EU-Mitgliedstaaten; in Frankreich etwa die sogenannte „Mission volontariat“, die vor allem den Konflikt zwischen freiwilligem Engagement und der Arbeitszeitrichtlinie anspricht. Bezeichnet wird diese Initiative auch als mission of „Protecting Volunteering from Working Time Directive“*. Rechtspolitisch geht es also vor allem darum, welcher „guter“ rechtlicher Rahmenbedingungen es bedarf, um ehrenamtliches Engagement zu incentivieren. Gleichzeitig soll aber die Arbeit der Organisationen nicht erschwert werden.* Rechtsdogmatisch stellt sich vor allem die Frage, wie ehrenamtliches Engagement von „Normalarbeit“ abgegrenzt werden kann. Bedeutung kommt dabei – nicht zuletzt im Lichte des GemRefG 2023 – den Kriterien (fehlende) Entgeltlichkeit und (fehlende) Leistungspflicht iSv Freiwilligkeit zu. In diesen beiden Bereichen besteht auch laut letztem Freiwilligenbericht 2019 Handlungsbedarf iS einer Klarstellung.* Darüber hinaus ist zu diskutieren, ob aufgrund eines entsprechenden Schutzbedürfnisses dennoch gewisse arbeitsrechtliche Vorschriften auch auf ehrenamtlich Engagierte zur Anwendung kommen.
Dieselben Fragen stellen sich auch iZm Praktika und Volontariaten; bei der Abgrenzung zum Normalarbeitsverhältnis liegt das Augenmerk auf dem Ausbildungscharakter. Dass hier einmal mehr der Impetus für (mehr) Rechtssicherheit aus dem Unionsrecht kommen könnte, zeigt der Entwurf einer „Praktikums-RL“ der EU-Kommission vom 20.3.2024.* Das Thema scheint demnach „angekommen“ zu sein.508
Vorangestellt werden kann folgender Ausgangspunkt: Der AN-Begriff ist ein Typusbegriff; eines der relevanten Kriterien ist die Einordnung in den betrieblichen Ordnungsbereich. Kein notwendiges Kriterium ist nach der nationalen Begriffsdefinition die Entgeltlichkeit.* IZm der Abgrenzungsfrage interessieren uns gerade diese zwei Kriterien aus folgenden Gründen:
Unentgeltlichkeit ist Kernelement ehrenamtlichen Engagements, kann aber bei entsprechender Vereinbarung gem § 1152 ABGB – jedenfalls nach nationaler Begriffsdefinition – auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gegeben sein.* Folglich werden wir uns auch nicht mit dem „unentgeltlichen Arbeitsverhältnis“ als Basis für freiwilliges Engagement befassen, denn dann liegt ja ein Arbeitsverhältnis vor. Im Ausbildungsverhältnis wiederum ist es durchaus üblich, Taschengeld oder Ähnliches zu leisten.
Eingliederung in die Organisation ist hingegen sehr wohl Wesensmerkmal des Arbeitsverhältnisses, kann aber sowohl bei freiwilligem Engagement wie auch im Ausbildungsverhältnis ebenfalls gegeben sein.
Drei Kernelemente finden sich in diversen Definitionen ehrenamtlichen Engagements auf internationaler wie auch auf europäischer und nationaler* Ebene wieder:* Unentgeltliche und freiwillige Leistungserbringung zur Förderung der Allgemeinheit bzw aus vorwiegend sozialen Motiven, wobei ein gewisser Eigennutzen damit sehr wohl einhergehen kann; ganz allgemein kann dies auch mit einer auf die freiwillige, ehrenamtliche Tätigkeit gerichteten Motivation umschrieben werden.* Exemplarisch sei auf die Definition der Guidance Note der Internationalen Föderation der Gesellschaften des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes, der Interparlamentarischen Union und des Freiwilligenprogramms der Vereinten Nationen zum Thema „Volunteerism and Legislation“ hingewiesen: „First, voluntary activity is not undertaken primarily for financial reward, although reimbursement of expenses and some token payment may be allowed and even recommendable to facilitate access of individuals from all economic backgrounds. Second, it is undertaken voluntarily, according to an individual‘s own free will. Third, voluntary activity brings benefits to people other than the volunteer, although it is recognised that volunteering brings significant benefit to volunteers as well.
“*
Noch keine Aussage ist damit allerdings über die rechtliche Grundlage der Tätigkeit getroffen.* Wie in den Fällen 1 und 2 erfolgt dies oftmals auf Basis einer Vereinsmitgliedschaft; werden Personen für die freiwillige Feuerwehr* tätig, so geschieht dies auf Grundlage der neun Feuerwehrgesetze der Bundesländer.
Österreich ist eines von fünf EU-Mitgliedsländern, in denen Entgelt keine conditio sine qua non für die Qualifikation eines Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis ist.* Auf Ebene des Unionsrechts hingegen ist Entgeltlichkeit ein Essentialium für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses; dies nach der einschlägigen EuGH-Judikatur, die – so jedenfalls der mittlerweile immer öfter geäußerte Befund in der Literatur – peu à peu zu einer Vereinheitlichung des AN-Begriffes in allen Belangen des unionsrechtlichen Arbeitsrechts führt.*
Diese Differenzierung zwischen nationalem und unionsrechtlichem Arbeitsrecht ist deshalb von Bedeutung, da jedenfalls in den unionsrechtlich determinierten Bereichen des Arbeitsrechts auf Basis der aktuellen Rechtslage mit guten Gründen wie folgt argumentiert werden kann: Wird bei freiwilligem Engagement kein Entgelt geleistet, liegt auch kein Arbeitsverhältnis vor; die entsprechenden Regeln sind demnach nicht anzuwenden. 509
Exemplarisch seien das Arbeitszeitrecht, aber etwa auch das Antidiskriminierungsrecht, genannt.
Man könnte nun meinen, dies sei angesichts der vorangestellten Definition – Unentgeltlichkeit als Kernelement ehrenamtlichen Engagements – sowieso unproblematisch; dies dann, wenn Freiwilligenorganisationen also tatsächlich keine Vergütung für das freiwillige Engagement gewähren. Rezente Entwicklungen werfen idZ jedoch Fragen auf:
Die Entgeltfrage und das Engagement von Freiwilligen beschäftigen den EuGH, aber etwa auch den Europäischen Ausschuss sozialer Rechte.* In Erinnerung gerufen sei etwa die Rs Matzak.* Der EuGH verweist dabei auf seine „Standardformel“: Handelt es sich bei den „freiwilligen“ Feuerwehrtätigkeiten um bestimmte tatsächliche und echte Tätigkeiten, die vergütet werden, und die auf Weisung einer anderen Person ausgeübt werden, so ist trotz Betonung der „Freiwilligkeit“ von ANEigenschaft auszugehen.*
Was ist aber nun unter der Vergütung zu verstehen? Bloßer Aufwandersatz, aber auch symbolische Anerkennungen, sollen nicht zu „Entgeltlichkeit“ führen.* Als problematisch angesehen werden hingegen Ausbildungskosten, die zu einem erhöhten Marktwert führen.* Wie aber würden dies in concreto Gerichte sehen? Kurz: Liegt bei Zahlung von – wenn auch geringen – Pauschalbeträgen, die gerade keinen echten Aufwandersatz darstellen, ein Arbeitsverhältnis vor (wenn auch die sonstigen Merkmale gegeben sind)?
Aufgeworfen wird diese Frage durch das Gem-RefG 2023, mit dem ua § 3 Abs 1 EStG, in dem es um echte Einkommensteuerbefreiungen geht, um eine Z 42 ergänzt wurde. Geschaffen wurde damit ein sogenanntes kleines bzw großes „Freiwilligenpauschale“. Freiwillig geleistete „Zahlungen“ von gemeinnützigen Organisationen* an ihre ehrenamtlich Tätigen, die nicht auf Grund eines Dienstverhältnisses, einer kollektivvertraglichen oder „sonstigen arbeitsrechtlichen Regelung“ zustehen, sind seit 1.1.2024 unter gewissen Voraussetzungen steuerfrei. Damit soll „die für die Gesellschaft so wichtige Arbeit von ehrenamtlich Tätigen
“ steuerlich unterstützt werden. Zudem soll „in diesem Bereich auch für Rechtssicherheit
“ gesorgt werden.* In einem wird auch ausgeführt, dass dann, wenn diese Freiwilligkeit gegeben ist, auch „keine Beitragspflicht nach dem ASVG vorliegt“.*
Es mag nun zwar sein, dass der Steuergesetzgeber unter gewissen Voraussetzungen Einkommensteuerfreiheit für bestimmte geringe Beträge vorsehen kann. Gesetzlich wird damit anerkannt, dass es durchaus gewisse Einnahmen von ehrenamtlich Tätigen geben kann, die gerade kein echter Aufwandersatz sind, sondern ausweislich der Gesetzesmaterialien der Incentivierung der Tätigkeit dienen sollen. Könnte diese gesetzliche Anerkennung nun zur Konsequenz haben, dass – jedenfalls auf Ebene des Unionsrechts – ein Arbeitsverhältnis bejaht würde?*
Dass dafür auch nur „irgendeine“ Vergütung ausreichen kann, zeigt das EuGH-Urteil in der Rs Croce Rossa Italiana vom 25.1.2024: Dabei ging es um vormals Militärangehörige, die sodann beim Roten Kreuz als Freiwillige tätig waren, etwa bei humanitären Hilfseinsätzen als Ärzt*innen. Der EuGH betont, dass in dem Fall, in dem tatsächliche und echte Leistungen nicht nur geringfügig, aber im Rahmen einer entsprechenden Organisation erbracht werden, und dafür auch ‚eine Art von Entgelt‘ geleistet wird, die AN-Eigenschaft zu bejahen sei; dies trotz des (nach nationalem Recht vermeintlichen) freiwilligen und unentgeltlichen Tätigwerdens.* In concreto wurde zwar per Gesetz festgehalten, dass die Tätigkeit unentgeltlich erfolgt,* der EuGH hatte jedoch im Verfahren das italienische Rote Kreuz zur Frage der Vergütung befragt und die Antwort erhalten, dass die freiwillig Tätigen für ihre Leistungen sehr wohl „une forme de rémunération“ erhalten hatten.* Worin diese konkret bestand, ist nicht nachvollziehbar; eine Internetrecherche ergab, dass nach einschlägigen Regelungen des italienischen Roten Kreuzes als einzige monetäre Leistung ein Aufwandersatz von maximal € 9,– für nachgewiesene Ausgaben für Verpflegung gebührt, dies aber auch nur dann, wenn der konkrete Einsatz mindestens sechs Stunden dauert.* Sollte mit ‚une forme de rémunération‘ diese Leistung gemeint sein, dann ist dies sogar weit weniger als der nach § 3 Abs 1 Z 42 EStG maximal zulässige Betrag von € 30,– pro Kalendertag, und dennoch hat der EuGH das Kriterium „Vergütung“ als erfüllt angesehen. Der Schluss liegt also nahe, dass der EuGH von einem weiten Entgeltbegriff ausgeht; in der zuvor bereits genannten Rs Matzak sprach sich etwa auch GA Sharpston für ein weites Begriffsverständnis aus.*510
Erhalten nun aber Vereinsmitglieder – sogar indirekt gesetzlich anerkannt – pauschale Vergütungen oder „Entschädigungen“ als Freiwilligenpauschale, so ist dies ein Indiz dafür, dass (jedenfalls bei unionsrechtlicher Beurteilung) ein Arbeitsverhältnis vorliegt.* IdZ ist zudem festzuhalten, dass eine Festlegung als Aufwandersatz, oder aber, dass die Tätigkeit „gratis“ erfolgt, obwohl es sich im Ergebnis um eine monetäre Gegenleistung für die Tätigkeit handelt, iS einer Vermeidung der Umgehung des Unionsrechts als unzulässig zu bewerten sein wird, widrigenfalls durch falsche Bezeichnung die AN ihres Schutzes beraubt würden.* Es müssen im Übrigen auch gar nicht € 1.000,– in bar sein, die als „eine Art von Entgelt“ beurteilt werden könnten. Denken wir an Ausbildungskosten, die von der Freiwilligenorganisation übernommen werden: Ein Blick in andere Rechtsordnungen zeigt, dass dann, wenn die Kosten in einem zu hohen Ausmaß übernommen werden und damit ein am Markt relevanter Wert geschaffen wird, dies ein Indiz für Entgelt sein kann. Soll dies ausgeschlossen werden, muss klar sein, dass die Ausbildung ausschließlich der Erbringung für das konkrete ehrenamtliche Engagement nützlich ist und keinen (großen) darüber hinaus verwertbaren Wert hat.*
In Stein gemeißelt ist dies freilich nicht. Argumentiert könnte auch werden, dass maximal € 1.000,– bzw 3.000,– pro Jahr für die ehrenamtliche Tätigkeit lediglich eine symbolische Zahlung darstellen und somit keine Indizwirkung für ein Dienstverhältnis gegeben sei. In Erinnerung sei gerufen, dass etwa das Bundesarbeitsgericht (BAG) Vereinsmitglieder selbst bei Vergütung der Tätigkeit nicht durchgehend als AN qualifiziert.* Ob dies jedoch auch der EuGH iZm dem Freiwilligenpauschale so sähe, darf bezweifelt werden.
Bei freiwilligem Engagement kommt es ex definitione auf den Willen der engagierten Person an:* Dieser ist auf die „freiwillige“ Leistungserbringung in dem Sinne gerichtet, dass die Person keine Leistungspflicht trifft, sie also jederzeit ihr Engagement beenden kann, ohne dass unmittelbar eine Sanktionierungsmöglichkeit bestünde.* Problematisch erscheinen idZ diverse feuerwehrrechtliche Bestimmungen, die keine sofortige Beendigung der Mitgliedschaft zur Freiwilligen Feuerwehr zulassen.*
Diese „Freiwilligkeit“ schließt allerdings nicht aus, dass auch bei ehrenamtlichem Engagement bis zu einem gewissen Grad eine Eingliederung in den Betrieb und eine Weisungsbindung im Hinblick auf Zeit, Ort und das Verhalten bestehen kann.* Gerade bei Feuerwehr und Rettungsdiensten ist eine gewisse organisatorische Eingliederung in den Betrieb – wie der VwGH eindrücklich darlegt – „betriebsbedingt und systemimmanent“, andernfalls wäre eine zielgerichtete und erfolgreiche Tätigkeit (in concreto: im Rettungsdienst) kaum möglich.* Vor allem das Tätigwerden in Notfallorganisationen erfordert daher für deren Funktionieren im Ergebnis ein Tätigwerden nach Maßgabe von Weisungen.* Solange daher gewährleistet ist, dass der Freiwillige jederzeit die Möglichkeit hat, sich gegen die Freiwilligenarbeit zu entscheiden, kann trotz betriebsbedingter und systemimmanenter Eingliederung iS einer Einteilung (und entsprechenden Befolgung) von Dienstplänen von „Freiwilligkeit“ der Tätigkeit iS einer fehlenden Leistungspflicht ausgegangen werden.* Die Praxis versucht, das Problem durch selbständige Diensteinteilungen bei ehrenamtlicher Tätigkeit zu entschärfen. Selbst die Verpflichtung, einen gerade laufenden Dienst auch fertig abzuleisten, spricht jedoch nicht per se für das Vorliegen von „Leistungspflicht“, denn insb bei Tätigwerden auf Basis einer Vereinsmitgliedschaft ergibt sich eine derartige Verpflichtung aus der Vereinsmitgliedschaft selbst und der daraus resultierenden Treuepflicht.*
Andere Regelungen, die in Richtung einer Leistungspflicht deuten, können hingegen sehr wohl gegen die freiwillige Leistungserbringung sprechen. Im eingangs erwähnten Fall 2 soll Theo die Ausbildungskosten tragen, da er sich nicht für mindestens drei Jahre als Sanitäter verpflichtet. Liegt damit eine implizite Leistungspflicht vor? Nicht ausgeschlossen scheint, dass Gerichte künftig die Argumente, die in jüngerer Zeit iZm der Abgrenzung von selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit bei Plattformbeschäftigten (vor allem in anderen Mitgliedstaaten) herangezogen wurden, auch bei der Abgrenzung von ehrenamtlichem Engagement zu „Normalarbeit“ fruchtbar machen. In den „Selbständigen“-Abgrenzungsfällen haben Gerichte vor allem darauf abgestellt, ob die Leistungserbringer ein tatsächliches Ablehnungsrecht in Bezug auf einzelne Arbeitsleistungen 511 (vor allem Essenslieferungen) hatten. Indizien dafür, dass kein echtes Ablehnungsrecht bestand, waren etwa Sanktionen für den Fall, dass abgelehnt wurde, oder Anreizsysteme, möglichst viele Dienste zu erbringen.* Für die Abgrenzung von freiwilligem Engagement zum Arbeitsverhältnis könnte die Frage sohin lauten: Ist es ein Indiz dafür, dass die Dienste doch nicht freiwillig erbracht werden, wenn bei Nichterreichen einer gewissen Mindestanzahl von Diensten in einem vorgegebenen Zeitraum die „Sanktion“ Zahlung der Ausbildungskosten (etwa durch Einbehalten des „Selbstbehalts“ oder aber tatsächlich durch Zahlungsvorschreibung) greift? Ausgeschlossen scheint eine solche Argumentation jedenfalls nicht.
Stichwort Ausbildungskosten: Liegt dann aber ein Arbeitsverhältnis vor, ist die Überwälzung der Kosten nach aktueller Gesetzeslage während aufrechten Arbeitsverhältnisses* jedenfalls unzulässig: Gemäß dem mit 28.3.2024 in Kraft getretenen § 11b AVRAG* sind die Ausbildungskosten von der AG zu tragen, weil die Ausbildung ja auf Grund gesetzlicher Vorschriften Voraussetzung für die Ausübung der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit ist.
Die Begriffe „Praktikum“ bzw „Volontariat“ haben sich im Rahmen der Privatautonomie entwickelt. Die Judikatur zieht im Ergebnis dieselben Abgrenzungskriterien im Verhältnis zur Normalarbeit heran; teils werden die Begriffe auch vermischt oder synonym verwendet. (Nur) Praktika sollen auch als Arbeitsverhältnis ausgestaltet werden können, dann stellt sich aber naturgemäß die Abgrenzungsfrage nicht mehr.*
An einer einheitlichen Definition von beiden Begriffen fehlt es; dass es auch diverse gesetzlich geregelte Praktika gibt, ist bekannt.* In Kollektivverträgen finden sich mitunter Definitionen, wie etwa in jenem für Angestellte im Metallgewerbe (§ 2 Abs 3 lit a): „Volontäre sind Personen, die zum Zwecke einer beruflichen (technischen, kaufmännischen oder administrativen) Vor- oder Ausbildung im eigenen Interesse, ohne Arbeitsverpflichtung im Betrieb, kurzfristig tätig werden, wobei ihnen die zeitliche Gestaltung freisteht und sie begründungslos jede Tätigkeit ablehnen können.
“
Maßgebliches Unterscheidungskriterium in Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis ist – unabhängig von der Bezeichnung als Praktikum oder Volontariat –, dass es sich um ein Ausbildungsverhältnis handelt. Immer wieder wird betont, dass „(d)Die Frage der Abgrenzung von Volontärs- bzw Praktikanten- zu Arbeitsverhältnissen (...) regelmäßig nur im Einzelfall beurteilt werden (kann)
“.*
Beim Ausbildungsverhältnis steht der Lern- und Ausbildungszweck im Vordergrund, nicht Erwerbsabsicht oder Interesse des Betriebsinhabers an
Dienstleistung.* Indizwirkung kommt dabei auch einer entsprechenden Betreuung des Auszubildenden zu.* Weitere Aspekte, die idZ beachtet werden, sind die fehlende Arbeitspflicht,* größere Freiheiten bei zeitlicher Gestaltung sowie wechselnde Tätigkeiten im Betrieb, möglichst nach Wahl des Auszubildenden, und nicht nach Maßgabe des Arbeitsanfalls. Der Beschäftigter kann im Ergebnis über die Arbeitskraft nicht so verfügen wie über jene eines AN.* Der OGH prüft in concreto, ob die Begriffsmerkmale eines Ausbildungs-/Praktikumsverhältnisses derart stark ausgeprägt sind, dass sie jene des § 1151 ABGB (die teils ja parallel vorliegen können) zurückdrängen.* Maßgeblich ist das „Überwiegen des Lern- und Ausbildungszwecks“ gegenüber dem Interesse des Betriebsinhabers an Arbeitsleistungen für seinen Betrieb, die hauptsächlich an betrieblichen Zwecken und Erfordernissen orientiert sind.*
Parallel zum ehrenamtlichen Engagement kann daher auch beim Ausbildungsverhältnis durchaus eine gewisse Eingliederung iS einer Befolgung von Zeiten (Schichtdienst im Fall 3) gegeben sein. Auch die Frage der (Un-Entgeltlichkeit) wird iZm Ausbildungsverhältnissen thematisiert; während eines Ausbildungsverhältnisses wird etwa häufig Taschengeld gewährt. Dieses soll dann keine Gegenleistung, sondern Anerkennung, Förderung oder ein Betrag zum Unterhalt sein.*
Das FreiwilligenG hat ausweislich des § 1 Abs 1 zum Ziel, „formelle freiwillige Tätigkeiten im Interesse der Allgemeinheit zu unterstützen und die Teilnahme zu fördern“. Hierfür regelt es die Rahmenbedingungen. Im Speziellen wird sodann vor allem das FSJ geregelt. Janusköpfiger Charakter ist diesen Vorgaben zu attestieren, weil es sich einerseits um eine „besondere Form des freiwilligen Engagements“ handelt (§ 6), andererseits aber gem § 7 die Teilnehmenden in einem Ausbildungsverhältnis stehen. Die Gesetzesmaterialien*512 überraschen* dann aber mit folgender Aussage, die den Janus zu einem Kerberos werden lassen: „Die Teilnahme am Freiwilligen Sozialjahr kann nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erfolgen. Die Teilnahme ist daher als Ausbildungsverhältnis anzusehen. (...) Besteht nach den tatsächlichen Gegebenheiten eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung in persönlicher Abhängigkeit und liegt somit ein Arbeitsverhältnis vor, bleibt es dem/der Teilnehmer/in am Freiwilligen Sozialjahr unbenommen, seine/ihre Ansprüche beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einzuklagen.
“
Dass wir im Übrigen selbst dann, wenn aus vertragsrechtlicher Sicht ein Ausbildungsverhältnis vorliegt, Kerberos nicht mehr loswerden, zeigt die steuerliche Einordnung: „Steuerrechtlich erfolgt die Tätigkeit der Teilnehmer/innen des freiwilligen Sozialjahres im Rahmen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs 2 EStG 1988 und das an die Teilnehmer/innen ausbezahlte Taschengeld* stellt steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar;
“* aufgrund regelmäßigen Nichterreichens der jährlichen Höchstbetragsgrenzen wird allerdings idR Steuerfreiheit vorliegen.
Selbst wenn aber bloß ein Ausbildungsverhältnis vorliegt, kommen nach den Gesetzesmaterialien das ASchG, das KJBG und das ArbIG* und qua ausdrücklicher gesetzlicher Regelung auch noch weitere Vorschriften sinngemäß zur Anwendung (§§ 15 ff FreiwilligenG: §§ 3-9 MSchG, die Bestimmungen des DHG, I. und II. Teil des GlBG sowie die Bestimmungen zum Diskriminierungsschutz im BEinstG). Eine dem Urlaub nachgebildete „Freistellung“ gibt es ebenfalls (§ 13 FreiwilligenG).
Neben dem FreiwilligenG schreiben etwa auch das Rechtspraktikantengesetz (RPG) oder das VBG für die dort geregelten Praktika/ex-lege-Ausbildungsverhältnisse die (sinngemäße) Anwendung einiger arbeitsrechtlicher Vorschriften vor; am weitesten geht dabei wohl das FreiwilligenG. Andere Gesetze normieren wiederum ihrerseits explizit die Anwendung auf Ausbildungsverhältnisse bzw „Praktikanten- und Volontärverträge“: ASchG und ArbIG (jeweils § 2 Abs 1), § 51 Abs 1 ASGG, § 1 Abs 1 Z 2 KJBG, § 8 Abs 1 KautSchG, § 290a Exekutionsordnung (EO). Nicht zur Anwendung hingegen kommt auf Personen, die „zu Schulungsund Ausbildungszwecken kurzfristig beschäftigt werden“ das Betriebsverfassungsrecht (§ 36 Abs 2 Z 7 ArbVG; begründet wird dies mit der „geringen interessenmäßigen Bindung der kurzfristig zu Ausbildungszwecken Beschäftigten
“*; als „kurzfristig“ soll hier ein Zeitraum von höchstens sechs Monaten gelten*.
In vielen Bereichen geht der Gesetzgeber also offensichtlich von einem vergleichbaren Schutzbedürfnis von AN und Personen, die in einem „Ausbildungsverhältnis“ stehen, aus. Bei ehrenamtlich Engagierten kann Vergleichbarkeit ebenfalls, insb im Hinblick auf die regelmäßig starke (oftmals systemimmanente und betriebsbedingte) Eingliederung, gegeben sein. Dogmatisch von Interesse ist nun, ob, und wenn ja, welche arbeitsrechtlichen Vorschriften qua Schutzzweck auch auf ehrenamtlich Engagierte, oder aber eben auch auf Praktikanten oder Volontäre außerhalb der ex-lege-Ausbildungsverhältnisse, zur Anwendung kommen bzw kommen sollten. Dieses verstärkte Augenmerk auf den Schutzzweck einzelner Regelungen ist auch durch rezente Entwicklungen auf europäischer Ebene indiziert; verwiesen sei auf die Leitlinien der Kommission zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen* oder die Anwendung bestimmter Vorschriften der PlattformarbeitsRL* auf alle „Personen, die Plattformarbeit leisten“, unabhängig von ihrem vertragsrechtlichen Status.*
Eine analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Vorgaben im Hinblick auf deren Schutzzweck auch auf Personen, die nicht auf Basis eines Arbeitsvertrags tätig werden, ist ebenfalls nicht ausgeschlossen: Die Judikatur wendet etwa den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder das Judikat 33 neu auch auf wirtschaftlich abhängige AN-Ähnliche an, wenn ihr Schutzbedürfnis dem eines AN vergleichbar ist.*
Insb Rebhahn hat in diesem Zusammenhang folgende Überlegung angestellt: Prämisse ist zunächst, dass das Arbeitsrecht heute nicht nach einem konkreten Schutzbedarf differenziert. Seinem Gesamtcharakter nach geht es daher davon aus, dass der AN wesentliche wirtschaftliche Interessen mit dem Arbeitsvertrag verfolgt (also Erwirtschaftung des Lebensunterhalts). Selbst dann aber, wenn – wie etwa beim ehrenamtlichen Engagement oder beim Ausbildungsverhältnis – der Vertragszweck ein anderer ist als beim Arbeitsverhältnis, sollen insb bei starker Einbindung bzw Eingliederung in den Betrieb auch Regelungen zu Höchstarbeitszeiten oder Arbeitsschutz analog zur Anwendung kommen.*513
Dieses Hervorheben der Relevanz der „Motivation“ bzw des Interesses für das Tätigwerden zeigt, dass es dogmatisch durchaus zwei Varianten geben kann, sich der Fragestellung bei stark eingegliederten ehrenamtlich Engagierten oder Auszubildenden zu nähern: In der ersten Variante ist davon auszugehen, dass diese nicht auf Basis eines Arbeitsverhältnisses tätig werden, dafür können bestimmte arbeitsrechtliche Vorschriften, sofern sich ein entsprechender Schutzzweck eruieren lässt und Vergleichbarkeit mit AN gegeben ist, analog angewendet werden. Zu bedenken gilt es allerdings, dass gerade das Kriterium der planwidrigen Regelungslücke dabei nicht streng genommen werden dürfte.* Problematisch ist an diesem Zugang zudem, dass die Einhaltung einiger Vorgaben, etwa der Arbeitszeit- und Arbeitsruhevorschriften, letztlich qua Verwaltungsstrafrecht sanktioniert wird. Im Strafrecht herrscht jedoch ein Analogieverbot. In der zweiten Variante würde man das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses bejahen, mag es auch unentgeltlich sein; dafür wären arbeitsrechtliche Vorschriften, insb etwa das Mindestentgelt, bei überwiegendem Eigeninteresse sodann teleologisch zu reduzieren.* Stichwort Telos: Die Einhaltung vor allem von Vorgaben zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz dient qua eruierbarem Zweck des Gesetzgebers vor allem der tätig werdenden Person, im Ergebnis aber auch dem Schutz jener, für die ehrenamtlich Tätige im Ergebnis die Leistung erbringen – etwa Patient*innen oder andere Hilfsbedürftige.
Unabhängig davon, wie man diese Frage nun beantwortet, ist der Grundgedanke folgender: Dort, wo die arbeitsrechtlichen Vorschriften vor allem an die Eingliederung und damit an die daraus resultierende Verantwortung des AG für den – vor allem Gesundheitsschutz – des AN anknüpfen, sollte man sich jedenfalls aus teleologischer Perspektive auch Gedanken über eine Anwendung der Vorschriften auf ehrenamtlich Engagierte und Auszubildende machen, wenn eine entsprechende „systemimmanente und betrieblich erforderliche“ Einbindung in die Organisation vorliegt.* Bei Verwaltungspraktikanten etwa sehen die einschlägigen Regeln auch die Einhaltung der täglichen Ruhezeiten, Wochenruhezeiten, Ruhepausen und der maximalen täglichen Dienstzeit vor (im Übrigen einmal mehr ein Hinweis darauf, dass es sich dabei nicht um ein Ausbildungs-, sondern ein Arbeitsverhältnis handelt).* Nota bene allerdings, dass iS von Reziprozität keinesfalls alle Vorschriften des Arbeitsrechts auf die genannten Personengruppen anzuwenden sind, ohne diese wie AN auch an den AG zu binden.*
Exemplarisch soll die Problematik am Beispiel des Arbeitszeitrechts auf ehrenamtlich Engagierte, die systemimmanent und betriebsbedingt eingegliedert sind und daher während ihrer tatsächlichen Tätigkeit (etwa eine Schicht) nicht dazu in der Lage sind, ihr Handeln autonom zu bestimmen,* skizziert werden: Ein systematisch starkes Argument, das Gruber-Risak und Obrecht idZ vorbringen, ist die Ausnahmebestimmung des Art 17 der AZ-RL 2003/88: Von den Vorschriften über die tägliche Ruhezeit, Ruhepausen, wöchentliche Ruhezeit, wöchentliche Höchstarbeitszeit, Dauer von Nachtarbeit kann abgewichen werden, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den AN selbst festgelegt werden kann, etwa bei „leitenden Angestellten oder sonstigen Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis“. E contrario hieße dies, dass (immer) dann, wenn sehr wohl eine Weisungsbefugnis und Einschränkung der persönlichen Zeiteinteilung besteht, die einschlägigen Vorschriften der AZ-RL, also etwa Ruhezeiten und wöchentliche Höchstarbeitszeiten, zu befolgen wären.* Für ehrenamtlich Engagierte bedeutete dies, dass bei „systemimmanenter und betriebsbedingter“ Eingliederung in Dienstpläne etc auch die Vorgaben der AZ-RL und damit auch jene des österreichischen Arbeitszeitrechts befolgt werden müssten.
Eine differenzierte Lesart erlaubt jedoch die dritte Variante des Art 17 Abs 1 AZ-RL; dies insb dann, wenn man Art 17 AZ-RL nicht als einheitlichen Tatbestand sieht: Erfolgt die Eintragung in die Dienstpläne durch den ehrenamtlich Engagierten selbst, legt er im Ergebnis selbst die Arbeitszeit fest, sodass etwa eine Abweichung von der täglichen Ruhezeit gem Art 3 möglich ist. Im Ergebnis läuft dies auf die Argumentation hinaus, dass bei selbständiger Dienstplaneinteilung die persönliche Abhängigkeit nicht derart intensiv gegeben ist und damit ein so großes Maß an Autonomie vorhanden ist, das die Anwendung der Vorgaben des Arbeitszeitrechts ausschließt. Dieser Argumentation könnte wohl auch der EuGH gerade bei ehrenamtlichem Engagement auf Basis einer Vereinsmitgliedschaft zugänglich sein: In der Rs Academia di Studii betont der Gerichtshof vor allem das Kriterium des Unterordnungsverhältnisses.* Ein solches ist aber gerade bei ehrenamtlichem Engagement aufgrund von Vereinsmitarbeit ausgeschlossen; das kooperative Element steht im Vordergrund.* Dass auch der VwGH – der letztlich sachlich zuständig im Hinblick auf Nichteinhaltung von Arbeits- und Ruhezeiten ist – einer solchen stark an die Vereinsmitgliedschaft anknüpfenden Argumentation folgen könnte, zeigt die einschlägige Rechtssache zu 2013/11/0079: Sogar dann, wenn hauptberufliche Sanitäter ehrenamtlich auf Basis ihrer Vereinsmitgliedschaft für dieselbe Rettungsorganisation als Sanitäter tätig werden, spricht dies nicht automatisch für die Anwendung der Vorschriften des AZG: Entscheidend sei vielmehr, ob eine klare zeitliche Trennung zwischen den Dienstarten besteht, ob 514 die Tätigkeit also klar dem einen (hauptberuflichen) oder dem anderen (freiwilligen) Bereich zugeordnet werden kann.*
Bisherige Forschungsansätze zeigen, dass in diversen Mitgliedstaaten bei der Frage der (Re-)Klassifizierung von ehrenamtlichem Engagement hin zu einem Arbeitsverhältnis der Fokus stärker auf dem Parteiwillen liegt. Im Vergleich dazu tritt er bei der Frage, ob selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, in den Hintergrund. Dies gründet in der Definition von ehrenamtlichem Engagement, auf die hier abschließend zurückgekommen sei: Bereits ex definitione bedarf es einer Berücksichtigung des Parteiwillens, der eben auf die ehrenamtliche, nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgende Tätigkeit gerichtet ist. Dasselbe gilt iZm der Abgrenzung von Ausbildungs- zu Arbeitsverhältnissen; hier steht der Ausbildungszweck im Vordergrund, darauf ist der Parteiwille gerichtet.
Gerade das GemRefG 2023 zeigt aber: Das für die Gesamtgesellschaft überaus bedeutsame ehrenamtliche Engagement kann offensichtlich ohne finanzielle Anreize kaum gefördert werden. Insb auf Ebene des Unionsrechts stellt sich sodann aber die Frage, ob wegen Entgeltlichkeit nicht erst recht wieder ein Arbeitsverhältnis vorliegt.
Unabhängig davon, ob € 1.000,– bzw 3.000,– pro Jahr nun als Vergütung für das ehrenamtliche Engagement anzusehen sind: Die Untersuchung, ob das Arbeitszeitrecht mit Blick auf seinen Schutzzweck nicht sogar losgelöst von der Entgeltfrage anzuwenden wäre, spiegelt eine gewisse rezente Tendenz des (EU-)Gesetzgebers wider: Ein Aufbrechen bzw Aufmachen des Arbeitsrechts iS einer Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereiches auf all jene, die iSd einzelnen konkreten Rechtsvorschrift auch schutzbedürftig sind.
Letztlich stellt sich aber auch idZ die Frage: Cui bono? Selbst wenn etwa aus arbeitsmedizinischer Perspektive oder aus Sicht der Patienten auch bei unmittelbarer zeitlicher Aneinanderreihung von Arbeitsverhältnis und freiwilligem Engagement die Vorgaben zumindest zur Ruhezeit gem § 12 AZG (also elf Stunden) gelten sollten, stellt sich sodann die (rechtspolitische) Frage, ob damit etwa das Rettungswesen in der aktuellen Form, ohne zusätzliche staatliche Finanzierung, überhaupt aufrechtzuerhalten wäre.