Drs/SchwabKritische Arbeitsvertragsklauseln – Leitfaden
Manz Verlag, Wien 2023, XXXIV, 652 Seiten, broschiert, € 138,–
Drs/SchwabKritische Arbeitsvertragsklauseln – Leitfaden
Der Arbeitsvertrag ist bekanntermaßen die Basis des Arbeitsverhältnisses; dementsprechend ist die rechtskonforme Gestaltung in der Praxis von großer Bedeutung, möchte man sich als Arbeitsvertragspartei spätere (Rechts-)Streitigkeiten ersparen.
Daher verwundert es nicht, dass es bereits mehrere Werke gibt, die sich praxisorientiert mit der Arbeitsvertragsgestaltung nach österreichischem Arbeitsrecht befassen. Dieser Bestand wurde im Jahr 2023 um das hier zu besprechende, erstmals erschienene Werk, das sich erklärtermaßen als Leitfaden versteht, erweitert. Verfasst wurde es von Monika Drs, ao. Universitätsprofessorin am Institut für Österreichisches und Europäisches Arbeitsrecht und Sozialrecht der Wirtschaftsuniversität Wien, und Jennifer Schwab, vormals Projektmitarbeiterin und nunmehr Universitätsassistentin am selben Institut.
Was den Aufbau betrifft, so werden zunächst im 1. Teil iS einer ausführlichen Einleitung unter dem Titel „Der Arbeitsvertrag“ auf 44 Seiten Grundlagen zum Abschluss des Arbeitsvertrags, zur Auslegung, zur Gesetz- und Sittenwidrigkeit und deren Rechtsfolgen sowie zur Durchsetzung von Ansprüchen dargestellt. Darauf folgt der Hauptteil des Werks, der sich mit dem „Entgelt“ (2. Teil), den „Arbeitsbedingungen“ (3. Teil) und dem „Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses“ (4. Teil) befasst. In Unterkapiteln werden dabei unterschiedlichste Teilaspekte, die diesen Themenkomplexen zuordenbar sind, behandelt (im 2. Teil etwa auch Urlaub und Entgeltfortzahlung bei Dienstverhinderung, im 3. Teil verschiedenste Aspekte zu Arbeitszeit, Arbeitsort und geschuldeten Tätigkeiten, im 4. Teil neben den Beendigungsarten etwa auch die Probezeit und beendigungsabhängige Ansprüche). Insofern kann man hier mE – im positiven Sinn – entgegen den Ausführungen im Vorwort nicht mehr von bloßen „Themenschwerpunkten“ sprechen, wird doch eine ganz beträchtliche 563 Bandbreite an arbeitsrechtlichen Aspekten, die bei der Arbeitsvertragsgestaltung eine Rolle spielen können, bearbeitet. Für Übersichtlichkeit sorgen dabei ein gut gegliedertes Inhaltsverzeichnis und ein umfassendes Stichwortverzeichnis.
Der Fokus der Ausführungen liegt ganz klar auf den Möglichkeiten und Grenzen, die die Vertragsparteien bei der Ausgestaltung des Arbeitsvertrags vorfinden. Dabei werden naturgemäß bspw einschlägige gesetzliche Bestimmungen, Rsp und Lehre dargestellt, um aufzeigen zu können, welche einzelarbeitsvertraglichen Vereinbarungen zulässig sind und welche nicht. Auch relativ junge Gesetzesbestimmungen (wie etwa § 2h AVRAG zum Homeoffice [Rz 952 ff]) und rezente Rsp (bspw die EuGH-Rsp zur Hinweis- und Aufforderungspflicht bei sonstigem Nichteintritt der Verjährung zumindest des unionsrechtlich vorgesehenen Mindesturlaubsanspruchs [Rz 536]) werden dabei nicht ausgespart.
Zur Veranschaulichung sind regelmäßig auch optisch hervorgehoben ausformulierte Arbeitsvertragsklauseln abgedruckt (558 an der Zahl), die mittels der Symbole „+“, „–“ und „~“ als zulässig, unzulässig oder zumindest problematisch eingestuft werden. Diese Einstufung wird auch – wo die Begründung für die Klassifizierung nicht ohnehin aufgrund der jeweils vorangehenden Ausführungen offensichtlich ist – nachvollziehbar begründet.
IZm unzulässigen Vereinbarungen wird zuweilen auch explizit darauf eingegangen, ob relative oder absolute, Total- oder Teilnichtigkeit und Nichtigkeit mit Wirkung ex tunc oder ex nunc vorliegt. Ebenso wird an passender Stelle dargestellt, welche Rechtsfolgen es hat, wenn sich der:die AN tatsächlich an unzulässige Arbeitsvertragsklauseln hält, sich also nicht auf die Unzulässigkeit beruft (zB Anspruch auf angemessene Entlohnung, wenn sich der:die AN bei unzulässiger Arbeit auf Abruf tatsächlich abrufbereit hält [Rz 782]). Umgekehrt wird – wo dies geboten erscheint – auch ausgeführt, was passiert, wenn sich der:die AN auf die Unzulässigkeit einer Klausel stützt (zB tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Anspruch auf Kündigungsentschädigung für die fiktive Kündigungsfrist bzw bis zum Zeitablauf bei befristeten Arbeitsverhältnissen, wenn eine zu lange Probezeit vereinbart wurde und der:die AG das Arbeitsverhältnis zwar innerhalb der vereinbarten, aber nach Ablauf der gesetzlichen Frist durch „Beendigung während der Probezeit“ auflöst [Rz 1048]).
Ungeachtet der Tatsache, dass es sich dabei um einen an die Praxis gerichteten Leitfaden handelt, finden sich im Werk viele auch für nicht mit der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen befasste Personen lesenswerte Ausführungen, wie etwa eine ausführliche Untersuchung der Frage, ob die arbeitsvertragliche Vereinbarung eines von AN-Seite einzuhaltenden Schriftformgebots bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einem Günstigkeitsvergleich etwa mit den einseitig zwingenden Kündigungsbestimmungen im AngG und im ABGB (wo grundsätzlich keine Formvorschriften enthalten sind) standhält. Die Autorinnen bejahen dies mit überzeugenden Argumenten, wenn sich auch der:die AG an entsprechende Formvorschriften zu halten hat (Rz 1125 ff).
Interessant sind auch die Ausführungen zum unentgeltlichen Arbeitsvertrag, der nach § 1152 ABGB grundsätzlich möglich ist. Die Autorinnen vertreten
für Fälle, in denen ein KollV ein Mindestentgelt vorsieht, die Ansicht, die Arbeitsvertragsparteien hätten in aller Regel „nur die Wahl zwischen einem unentgeltlichen Arbeitsvertrag oder einem Entgelt, das zumindest dem kollektivvertraglichen Mindestentgelt entspricht
“ (Rz 197). Sie führen weiter aus, dass die Festlegung eines kollektivvertraglichen Mindestentgelts nicht automatisch das Verbot unentgeltlicher Arbeitsverträge bedeute; das Mindestentgelt gelte grundsätzlich nur für entgeltliche Arbeitsverträge (Rz 229). Die Autorinnen schließen sich damit ua Schrammel in Fenyves/Kerschner/Vonkilch (Hrsg), ABGB: §§ 1151 bis 1164a3 (2012) § 1152 Rz 45 an, der ebenfalls der Ansicht ist, die kollektivvertraglichen Entgeltregelungen seien nur dann anwendbar, wenn überhaupt ein Entgeltanspruch bestehe. Angesichts der Tatsache, dass es sich beim Werk um einen Leitfaden handelt, dass – soweit ersichtlich – höchstgerichtliche Rsp hierzu fehlt und dass die unterkollektivvertragliche Entlohnung eine Verwaltungsübertretung gem § 29 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) darstellt, hätte man mE andenken können, auch auf die in die gegenteilige Richtung weisenden Stimmen der Lehre hinzuweisen, wonach diese Annahme (Unanwendbarkeit kollektivvertraglicher Mindestentgeltregelungen bei Vereinbarung von Unentgeltlichkeit) nicht mit § 3 ArbVG vereinbar ist (Gruber-Risak/Pfeil in Schwimann/Kodek [Hrsg], ABGB Praxiskommentar 75 [2021] § 1152 Rz 26 FN 153; zust etwa Felten in Rummel/Lukas/Geroldinger [Hrsg], Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch: §§ 1151 – 1174 ABGB4 [2022] § 1152 Rz 54). Anders gestaltet sich die Lage freilich dann, wenn sich die Zulässigkeit unentgeltlicher Arbeitsverhältnisse aus dem KollV selbst ergibt (vgl Felten in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 1152 Rz 55).
Zusammenfassend stellt das Buch ein wertvolles Werkzeug für mit der Arbeitsvertragserrichtung befasste Personen dar und kann dementsprechend uneingeschränkt empfohlen werden.