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Gilt das Konkurrenzverbot trotz fehlender Gewerbeberechtigung des Dienstgebers?

GREGORKALTSCHMID

Die Kl produziert und vertreibt Trocknungssysteme für Schuhe und Bekleidung. Der Bekl war als leitender Angestellter für die Kl tätig und unterlag dabei auch einem vertraglichen Konkurrenzverbot. Er gründete am 14.7.2014 mit zwei weiteren Gesellschaftern ohne das Wissen der Kl die D* GmbH, bei der er in leitender Funktion tätig ist. Die D* GmbH produziert Schuhtrockner und liefert diese seit 2014 an die P* BV, die auch eine der Hauptkundinnen der Kl ist. Am 30.4.2016 wurde das Dienstverhältnis des Bekl zur Kl einvernehmlich gelöst.

Die Kl verfügt seit dem Jahr 1999 über eine Gewerbebewilligung für Großhandel, erhielt aber erst im Jahr 2019 eine Berechtigung für das Gewerbe der Mechatronik für Elektromaschinen und Automatisierung einschließlich des Zusammenbaus von Trocknungsgeräten. Im Jahr 2020 wurde der Kl eine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung erteilt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts verfügte die Kl zuvor „nicht vollinhaltlich über alle notwendigen verwaltungsrechtlichen Genehmigungen“.

Die Kl begehrt vom Bekl die Rechnungslegung über die Lieferungen an die P* BV von August 2014 bis April 2016 und die Zahlung des sich daraus ergebenden Ertrags, in eventu € 180.803,98 sA.

Der Bekl wendet ein, dass sich die Kl nicht auf einen Verstoß gegen das Konkurrenzverbot berufen dürfe, weil sie über keine Gewerbe- und Betriebsanlagengenehmigung für die Herstellung von Trocknungsanlagen verfügt habe und deshalb gar nicht zur Ausübung ihres Geschäftsbetriebs berechtigt gewesen sei.

Die Vorinstanzen gaben mit Teilurteil dem Rechnungslegungsbegehren statt.

Der OGH erachtete die außerordentliche Revision als zulässig, aber nicht berechtigt und führte aus:

Angestellte dürfen nach § 7 AngG ohne Bewilligung des DG „in dem Geschäftszweige des DG“ weder für eigene noch für fremde Rechnung Handelsgeschäfte tätigen, widrigenfalls der DG die Herausgabe der bezogenen Vergütung beanspruchen kann. Der Gesetzgeber will damit die Konkurrenzierung und eine damit verbundene Schädigung der Unternehmensinteressen des DG verhindern. Der Betrieb eines selbständigen kaufmännischen Unternehmens außerhalb des Geschäftszweigs des DG verstößt zwar auch gegen das Konkurrenzverbot des § 7 AngG, begründet aber mangels Konkurrenzierung keinen Herausgabeanspruch des DG.

Die ältere Rsp hat den Begriff des „Geschäftszweiges“ weit gezogen und angenommen, dass sich das Verbot des § 7 AngG nicht nur auf Geschäfte erstrecke, die der DG tatsächlich betreibt, sondern auch auf solche, die er nach der Zweckwidmung seines Handelsgewerbes betreiben kann. Nach nunmehr stRsp des OGH umfasst der „Geschäftszweig“ des DG aber nur die von ihm tatsächlich entfaltete Geschäftstätigkeit.

Eine Verletzung des Konkurrenzverbots setzt freilich voraus, dass durch die konkurrenzierende Tätigkeit des DN schutzwürdige Interessen des DG verletzt werden. Dass ein DG noch nicht über alle erforderlichen gewerbe- und betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungen verfügt, bedeutet jedoch nicht, dass er kein Interesse an der ungestörten Fortsetzung seines Geschäftsbetriebs hätte. So berührt im Allgemeinen die Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften vorweg weder die Gültigkeit der abgeschlossenen Verträge noch den sich daraus ergebenden Entgeltanspruch, im Übrigen besteht 368stets die Möglichkeit, allenfalls erforderliche gewerbe- und betriebsanlagenrechtliche Genehmigungen nachzuholen, wie dies die Kl auch tatsächlich getan hat.

Die Herstellung und der Vertrieb von Schuhtrocknern ist eine an sich erlaubte Tätigkeit. Selbst wenn die Kl damals noch nicht über die nötigen gewerbe- und betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungen verfügte, verstieß die konkurrenzierende Tätigkeit des Bekl im Geschäftszweig der Kl gegen § 7 AngG, was einen Anspruch der Kl auf Herausgabe des Ertrags begründet. Der Revision des Bekl war daher nicht Folge zu geben.