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Schriftformgebot bei Zusendung einer Ausfertigung des eingescannten Originals erfüllt

MANFREDTINHOF
OGH30.8.2022, 8 ObA 101/21t

Das von dem zum Ausspruch von Kündigungen autorisierten Vertreter der Bildungsdirektion eigenhändig unterfertigte Kündigungsschreiben wurde der Kl, einer Vertragslehrerin, nicht im Original, sondern in Form einer Ausfertigung des eingescannten Originals zugestellt. Mit ihrer Klage begehrte sie ua die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis über den Kündigungstermin hinaus aufrecht sei, da die Kündigung mangels Einhaltung des gesetzlichen Schriftformgebots unwirksam gewesen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es schloss sich der Rechtsmeinung an, dass die Kündigung wegen Formmangels unwirksam sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl Folge und hob das angefochtene Urteil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der OGH hielt den gegen diese E eingebrachten Rekurs der Kl zur Klarstellung der Rechtslage zwar für zulässig, aber nicht für berechtigt.

Der OGH führte zunächst aus, dass dem Schriftformgebot des § 886 Satz 1 ABGB mangels eigenhändiger Unterschrift des Erklärenden – soweit im Einzelfall nichts anderes angeordnet ist – elektronische Erklärungen in Form von (nicht elektronisch signierten) E-Mails, SMS, Telegramm und Fernschreiben, ferner WhatsApp-Nachrichten in Textform, Instagram, Chat-Foren oder Smart Contracts nicht entsprechen, da alle in diesen Medien abgegebenen Erklärungen keine eigenhändige Unterschrift des Erklärenden tragen, wobei eine allenfalls gedruckte Beifügung des Namens nicht ausreicht.

Der erkennende Senat hat in der OGH-E 8 ObA 5/20y (DRdA-infas 2020, 322) die Übermittlung eines eingescannten Schreibens per E-Mail für das vereinbarte Formgebot der Schriftlichkeit zur Abgabe einer Nichtverlängerungserklärung mit der Begründung als ausreichend beurteilt, dass deren Zweck erkennbar vor allem in der Schaffung von Rechtssicherheit 364liege. Für wesentlich wurde in dieser E überdies erachtet, dass der Anhang eines E-Mails leicht auszudrucken oder direkt elektronisch weiterleitbar ist, und dass der AN im Anlassfall aufgrund eines vorangegangenen Gesprächs keinen Zweifel über den Inhalt der Erklärung haben konnte.

Die im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Situation ist mit dem Sachverhalt der OGH-E vom 24.4.2020, 8 ObA 5/20y, vergleichbar. Da es sich bei der Kündigung eines Dienstverhältnisses um eine einseitige, lediglich empfangs-, aber nicht zustimmungsbedürftige Willenserklärung handelt, steht auch bei der Formvorschrift des § 32 Abs 1 VBG 1948 im Kern der Informationszweck im Vordergrund. Der Vertragsbedienstete soll nachweislich und unzweifelhaft von seiner Kündigung Kenntnis erlangen. Die Unterschrift verschafft ihm das Wissen, wer die Kündigung auf Seiten des AG ausgesprochen hat, sodass er eine allfällige organisatorische Unzuständigkeit geltend machen könnte. Vor allem dient das Schriftlichkeitsgebot aber dem Zweck, den Vertragsbediensteten über die nach § 32 Abs 1 VBG 1948 zwingend anzugebenden Gründe für die Vertragsauflösung zu informieren, sodass er ihre sachliche und rechtliche Berechtigung prüfen und sich darüber beraten lassen kann. Die Schriftlichkeit erfüllt in diesem Zusammenhang außerdem eine wesentliche Beweisfunktion, weil ein im Kündigungsschreiben nicht angeführter Kündigungsgrund nach der stRsp nicht mehr nachträglich zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogen werden kann.

Diesen Zwecken des § 32 Abs 1 VBG 1948 genügt aber grundsätzlich auch die Übermittlung eines Faksimiles des im Original vom Aussteller unterfertigten Kündigungsschreibens, insb – ähnlich einem Telefax – in Form einer Papierkopie bzw eines Ausdrucks des eingescannten Originals, unter der Voraussetzung, dass die Kenntnisnahme des Ausstellers und des Inhalts dadurch nicht erschwert wird und keine Anhaltspunkte für eine Fälschung vorliegen.

Diese Bedingungen sind hier erfüllt: Der Kl wurde das kopierte unterfertigte Kündigungsschreiben sowohl per E-Mail an die Schule als auch persönlich und an ihren Vertreter jeweils mit RSb in Papierform zugestellt, sodass sie keine begründeten Zweifel hegen konnte, dass die Erklärung von der Bekl stammte. Die Kündigung war daher rechtswirksam.