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In Betriebsvereinbarung über Pensionszusage vorgesehener Änderungsvorbehalt wird Inhalt des Einzelvertrags des ausscheidenden Arbeitnehmers

MARTINACHLESTIL

Das Arbeitsverhältnis des Kl mit der Bekl endete am 31.12.2018 aufgrund seiner Pensionierung. Bei der Bekl besteht eine BV über deren Beitritt zu einer Pensionskasse (PK-BV). Die Höhe der Pension ergibt sich grundsätzlich aus der Verrentung des Guthabens. Mindestens wird sie in der Höhe, die sich aus der Verrentung der AG-Beiträge ergibt, und maximal in der Höhe der jeweiligen Zielpen362sion gewährt. Die Zielpension ergibt sich grundsätzlich aus einer in der Anlage zur BV-PK enthaltenen Tabelle.

Zu einer allfälligen Neufestlegung der Zielpensionen ist in dieser Anlage Folgendes vorgesehen:

§ 2 Der Zentralbetriebsrat und der Arbeitgeber beraten jährlich, ob die Zielpensionen gemäß § 5 in der aktuell gültigen Höhe aufrecht erhalten werden können.

Im Einvernehmen mit dem Zentralbetriebsrat können anschließend Zielpensionen und Beiträge […] neu festgelegt werden. Absenkungen der Zielpensionen und Beiträge sind nur bei entsprechender wirtschaftlicher und sachlicher Begründung zulässig. […]

§ 4 Die Neufestlegung der Zielpensionen hat im gleichen Verhältnis für alle Arbeitnehmer […] zu erfolgen, unabhängig davon, ob diese zu diesem Zeitpunkt noch AWB oder bereits LB der Pensionskasse sind.

Gestützt auf diese Bestimmungen vereinbarten die Bekl und der Zentralbetriebsrat (ZBR) eine Anpassung der Zielpensionen dahin, dass diese ab 1.7.2020 vorerst um 30 % herabgesetzt werden.

Der Kl begehrte mit vorliegender Klage die Feststellung, dass die vorgenommenen Änderungen der Pensionszusage (Herabsetzung) ihm gegenüber unwirksam seien. Während das Erstgericht dem Feststellungsbegehren des Kl stattgab, erachtete das Berufungsgericht die Leistungsänderung grundsätzlich für zulässig und hob das Ersturteil zur Ergänzung auf, da noch nicht beurteilt werden könne, ob die Änderung der Pensionshöhe nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und nach billigem Ermessen ausgeübt wurde. Den Rekurs an den OGH ließ es mit der Begründung zu, dass oberstgerichtliche Rsp zur Frage, ob ein in einer echten BV enthaltener Änderungsvorbehalt einer Pensionszusage zum Inhalt des Einzelvertrags des ausscheidenden AN (zukünftigen Pensionisten) werde, fehle.

Laut OGH ist der Rekurs des Kl mangels einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Er führt dazu aus: Nach stRsp wandelt sich in dem Augenblick, in dem der zukünftige Pensionist aus dem Betrieb ausscheidet, die bisher als Inhaltsnorm wirkende Pensionszusage in der BV in einen vertraglichen Anspruch des Pensionisten gegen seinen ehemaligen AG.

Auch ist es grundsätzlich zulässig, bei Zusage einer Betriebspension selbst einen Änderungsvorbehalt zu machen. Beinhaltet die BV über die Betriebspension einen solchen, so kann ein AN nicht darauf vertrauen, dass der Änderungsvorbehalt nicht auch zum Inhalt seines Einzelvertrags bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wird. AN müssen allgemein, wenn eine BV zum Bestandteil ihres Einzelvertrags wird, auch darin enthaltene für sie ungünstige Bedingungen gegen sich gelten lassen.

Die Mitbestimmungsrechte der Belegschaft sind in den Bestimmungen des ArbVG über die Betriebsverfassung abschließend und absolut zwingend geregelt. Aus dem Fehlen einer mit § 2 Abs 2 Z 3 ArbVG vergleichbaren, die Regelungskompetenz der Betriebsparteien ausdrücklich auf ausgeschiedene AN und damit auf Betriebspensionisten erstreckenden Norm sowie ua aus der Erwägung, dass die betriebliche AN-Vertretung gegenüber ausgeschiedenen und damit nicht mehr aktiv wahlberechtigten Pensionisten nicht demokratisch legitimiert ist, schließt die herrschende Rsp, dass der BR nicht befugt ist, Ruhebezüge von Pensionisten zu regeln. Dafür spricht auch die Gegenläufigkeit der finanziellen Interessen der vom BR vertretenen noch nicht bezugsberechtigten AN und jener der Pensionisten. Auch im Falle des PK-Modells sind gegenläufige Interessen von Pensionisten und AN denkbar.

Im gegenständlichen Fall geht es nun aber überhaupt nicht um die dem BR mit dem Betriebsinhaber ganz allgemein nach dem ArbVG zustehenden Befugnisse zur Änderung von Betriebsvereinbarungen, sondern um ein bereits in der BV vorgesehenes Gestaltungsrecht. Der Vorbehalt nach § 2 iVm § 4 der Anlage zur PK-BV erfasst ausdrücklich nicht nur Anwartschaftsberechtigte (AWB), sondern auch Leistungsberechtigte (LB), also Pensionisten. Hinsichtlich letzterer fehlt es dem ZBR schon grundsätzlich an der gesetzlichen Kompetenz zur Regelung von deren Belangen. Daraus folgt entgegen der Ansicht des Kl jedoch nicht die Unwirksamkeit des Vorbehalts. Die unzulässige Erweiterung der Mitwirkungsbefugnisse des BR hat bloß zur Folge, dass der ein Zusammenwirken von BR und AG vorsehende Änderungsvorbehalt in einen Änderungsvorbehalt allein des AG umzudeuten ist, den dieser aber nur nach billigem Ermessen ausüben darf. Die unzulässige Konkretisierungsregelung – „im Einvernehmen mit dem Zentralbetriebsrat“ – ist daher im Ergebnis jedenfalls nicht gänzlich unwirksam, sondern als gebundenes Gestaltungsrecht des AG iSd obigen Ausführungen zu verstehen. 363