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Berechtigte Entlassung einer Amtsärztin nach Brandrede gegen die Corona-Schutzimpfung

MANFREDTINHOF
§ 81 Abs 1 Z 2 Bgld LVBG; § 41 Abs 1 ÄrzteG

Die bei der Bekl als Amtsärztin beschäftigte Kl hielt am 17.1.2021 bei einer Demonstration gegen die Corona-Schutzimpfung und die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie vor rund 250 Teilnehmern eine Rede, bei der sie folgende Behauptungen aufstellte:

„Es ist jetzt die Zeit, aufzustehen. Es ist jetzt die Zeit, Nein zu sagen. Und es ist jetzt die Zeit, aus dieser elenden Pharmadiktatur auszutreten. (…) Wenn wir jetzt aufstehen – diese Pandemie ist beendet, wenn wir sie beenden. Jetzt. (…) Man hat uns glauben gemacht, dass wir statt eines gesunden Immunsystems nur mehr die Pharmaindustrie brauchen. (…) Man hat aus der Mimik der Menschen mumifizierte Gestalten gemacht. (…) Ich bin seit 23 Jahren Ärztin und ich mache hier nicht mit. (…) Niemand, niemand sagt uns, wie wir zu behandeln und zu therapieren sind. Ende der Pharma- und Ende der ganzen Lügenkonstrukte auf dieser Welt. (…) Seit elf Monaten erzählt man uns, dass wir alle einsperren müssen, zum Schutze der Alten, und man sei unsolidarisch, wenn man dies nicht machen würde. Und jetzt, meine Lieben, wie könnt ihr euch erklären, dass jetzt unsere Alten in den Heimen mit experimentellen Impfstoffen erledigt werden? (…) Wie viel Lüge wollt ihr uns noch aufbürden? Und das seit elf Monaten Gehirnwäsche. (…) Wir müssen aufstehen, wir müssen die Gehirnwäsche erkennen und dürfen uns nicht mehr von den Medien belügen lassen. (…) Unter dem Deckmantel der Gesundheit versucht man, uns krank zu machen und mit Funkstrahlung zu versorgen, die seinesgleichen sucht. Wir machen nicht mit, wir glauben an euch nicht mehr.“

Diese Rede wurde am 18.1.2021 im Internet auf der Plattform YouTube veröffentlicht. Kurz darauf erschien in der Burgenländischen Volkszeitung der erste Artikel über die Rede der Kl als Amtsärztin. In der Folge berichteten mehrere Medien vom Auftritt einer Amtsärztin bei der Anti-Corona-Demonstration. Die Kl wurde am 21.1.2021 dienstfrei gestellt. Am 16.2.2021 löste die Bekl das Dienstverhältnis aus wichtigem Grund wegen Vertrauensunwürdigkeit iSd § 81 Abs 1 Z 2 Bgld Landesbeamten-Dienstrechtsgesetz (Bgld LVBG) vorzeitig auf.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren, mit dem die Kl die Feststellung der Unwirksamkeit der Entlassung, in eventu die Unwirksamkeitserklärung der Entlassung, anstrebte, ab. Der OGH hielt die außerordentliche Revision der Kl für nicht zulässig.

Die Kl kann sich nicht darauf berufen, dass sie ihre Rede als Privatperson gehalten habe, ohne auf ihre berufsrechtliche Stellung als Amtsärztin hinzuweisen. Nach § 11 Abs 1 Bgld LVBG iVm § 45 Bgld LBDG sind Vertragsbedienstete nämlich verpflichtet, in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Dementsprechend hat der OGH schon mehrfach darauf hingewiesen, dass sich der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit auch aus einem außerdienstlichen Verhalten des AN ergeben kann.

Im vorliegenden Fall ergibt sich die Vertrauensunwürdigkeit der Kl schon daraus, dass sie in ihrer Rede angekündigt hat, sich den Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie zu widersetzen, obwohl sie als Amtsärztin nach § 41 Abs 1 ÄrzteG verpflichtet war, behördliche Aufgaben zu vollziehen. Angesichts ihrer öffentlichen Äußerungen „Ich bin seit 23 Jahren Ärztin und ich mache hier nicht mit“ und „Niemand, niemand sagt uns, wie wir zu behandeln und zu therapieren sind“ war jedenfalls zu befürchten, dass die Kl ihren dienstlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht nachkommen würde. Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach die dienstlichen Interessen der Bekl eklatant gefährdet waren, ist deshalb nicht korrekturbedürftig.