Burger-Ehrnhofer/Schrittwieser/BauerMutterschutzgesetz und Väter-Karenzgesetz

3. Auflage, Verlag des ÖGB, Wien 2020, 788 Seiten, broschiert, € 69,–

MICHAELHAIDER (WIEN)

Mit dem Kommentar zum MSchG und VKG wurde die umfangreichste Darstellung der österreichischen arbeitsrechtlichen Regelungen rund um die Bereiche Mutterschutz, Elternkarenz und Elternteilzeit nunmehr in dritter Auflage neu aufgelegt.

Das bereits sehnlich erwartete Werk (die zweite Auflage stammte aus dem Jahr 2013) zeigt sich dabei rundum „erneuert“: Nachdem Martina Thomasberger für die dritte Auflage nicht mehr zur Verfügung stand, tritt an ihre Stelle mit Biljana Bauer eine weitere Expertin der Arbeiterkammer Steiermark im Bereich des MSchG und VKG. Darüber hinaus wurde die dritte Auflage des Kommentars erstmals mit Randziffern versehen und wurden die (oft langen) Entscheidungs- und Literaturnachweise (nahezu gänzlich) in einen Fußnotenapparat integriert. Diese Überarbeitungen haben sich eindeutig bezahlt gemacht. Die Kommentierungen lassen sich deutlich flüssiger und zusammenhängender lesen, ein Umstand, der insb im Falle einer notwendigen raschen Nachschau von großem Vorteil ist. Die Randziffern ermöglichen nunmehr – auch aufgrund des detaillierten Stichwortverzeichnisses und der Verweise im Text – ein zielgerichtetes Auffinden der gewünschten Informationen.

Inhaltlich berücksichtigt die Neuauflage ua die seit dem Jahr 2013 erfolgten Gesetzesänderungen, wie insb die Ausdehnung der Anrechnungsregelungen für Karenzzeiten (§ 15f MSchG Rz 8 ff), die Einführung des sogenannten „Papamonats“ und die Novellierung der Bestimmungen zur Elternteilzeit. Im Zuge der Einarbeitung der gesetzlichen Änderungen zum Thema Elternteilzeit wurde die Kommentierung auch an wesentlichen Stellen erweitert und mit – auch erstinstanzlicher – Judikatur versehen. Gerade die Kommentierung zu den Vo raussetzungen und möglichen Formerfordernissen des Elternteilzeitantrags erscheinen dabei äußerst praxisrelevant und instruktiv. Ebendies gilt für die Darstellung des Verfahrens bei nicht bestehender Einigkeit über die (Änderung der) Teilzeitbeschäftigung, ein Thema, das insb in Krisenzeiten wie der jetzigen an Bedeutung gewinnt (§ 15k MSchG Rz 1 ff).

Darüber hinaus haben Karin Burger-Ehrnhofer, Bettina Schrittwieser und Biljana Bauer die umfangreiche Judikatur, die in den letzten sieben Jahren zum MSchG und VKG ergangen ist, aufgearbeitet und gemeinsam mit neuer Literatur an passender Stelle eingefügt. Sämtliche Kommentierungen enthalten – wo sinnvoll – wertvolle Verweise auf mit den Bestimmungen des MSchG und VKG im Zusammenhang stehenden Regelungen.

Exemplarisch für diese Neuerungen ist dabei auch auf die Kommentierung zum sogenannten „Papamonat“ zu verweisen. Wesentlich erscheint dabei zB, dass die Autorinnen mehrfach betonen, dass ein Vater nach Inanspruchnahme des „Papamonats“ nach der Gleichbehandlungs- und Vereinbarkeits-RL (letztere ist bis spätestens 2.8.2022 umzusetzen) ein Rückkehrrecht an seinen früheren oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz hat (§ 1a VKG Rz 27, § 5 MSchG Rz 62). Ebenso setzen sich diese Ausführungen nicht nur mit den Kerngesetzen, sondern auch mit den damit zusammenhängenden sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen und dem Familienzeitbonus eindringlich und plakativ auseinander (§ 1a VKG Rz 1 ff; § 5 MSchG Rz 56 ff). Dabei verweist Burger-Ehrnhofer zutreffend darauf, dass der derzeit normierte fixe Tagessatz des Familienzeitbonus von € 22,60 in den wenigsten Fällen jener Vergütung 453 entsprechen würde, die AN als Entgeltfortzahlung aufgrund des Gesundheitszustands erhalten würden. Bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist der Vereinbarkeits-RL (RL 2019/1158) mit 2.8.2022 wird diese Regelung wohl überprüft und korrigiert werden müssen (§ 1a VKG Rz 31).

An anderer Stelle könnten derartige Querverweise und Problemstellungen in mit dem MSchG verbundenen Themenkreisen im Übrigen durchaus noch ausgebaut werden. So wird im Rahmen der Kommentierung zur Ablaufhemmung nach § 10a MSchG zB lediglich darauf verwiesen, dass unter den Voraussetzungen des § 2 KBGG auf Antrag Kinderbetreuungsgeld zustehe (§ 10a MSchG Rz 52). In diesem Zusammenhang stellt sich aber die praxisrelevante Frage, ob in derartigen Fällen einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld überhaupt bezogen werden kann. Der OGH (13.3.2012, 10 ObS 170/11i; 26.5.2020, 10 ObS 52/20z) sieht einen Anspruch darauf im Regelfall nur dann als gegeben an, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Geburt aufrecht ist. § 10a MSchG hemmt den Ablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses aber lediglich bis zum Beginn des Beschäftigungsverbots. Während die Materialien (ErläutRV 340 BlgNR 24. GP 16) zu § 24 KBGG wohl dafür sprechen, dass einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld auch in Fällen des § 10a MSchG gebührt, ist diese Frage in der Praxis und Literatur strittig (bejahend zB Sonntag in Sonntag/Schober/Konezny, KBGG3 § 24 Rz 25; aA Holzmann-Windhofer in Holzmann-Windhofer/Weißenböck, KBGG [2017] 143).

Zusammengefasst schaffen es die Autorinnen mit der dritten Auflage des Kommentars zum MSchG und VKG abermals, die entsprechenden Gesetze sowie die dazu ergangene Judikatur in gewohnt umfassender, qualifizierter und verständlicher Art und Weise aufzuarbeiten und darzustellen. Durch die enthaltenen Querverweise stellt das Werk insb für die Praxis einen äußerst wertvollen Arbeitsbehelf dar, der aber auch in sämtlichen wissenschaftlichen Bibliotheken nicht fehlen darf. Trotz der bereits jetzt tiefgreifenden Kommentierung zeigen jüngste Entscheidungen (zB OGH 28.11.2019, 9 ObA 70/19p, deren Veröffentlichung sich mit dem Druck überschnitten hat), dass auch für zukünftige Auflagen ausreichend offene Fragestellungen auf eine Bearbeitung warten; es wäre dabei durchaus wünschenswert, die nächste Auflage bereits in wenigen (und weniger als sieben) Jahren in Händen zu halten.