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Kostenzuschuss bei medizinischer (Intensiv-)Hauskrankenpflege

WALTERJ.PFEIL (SALZBURG)
  1. Eine aufgrund einer Querschnittlähmung bestehende Beatmungspflicht ist als Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn anzusehen, die erforderliche künstliche Beatmung ist eine lebenserhaltende Maßnahme und damit eine Maßnahme der Krankenbehandlung.

  2. Für die in diesem Zusammenhang in Anspruch genommene medizinische Hauskrankenpflege können die Krankenversicherungsträger nach § 131b ASVG iVm § 131a ASVG Kostenzuschüsse festsetzen, welche nicht den Marktpreisen entsprechen müssen.

  3. Dem Krankenversicherungsträger kommt hier vielmehr ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der (nur)* dann verletzt wäre, wenn er bei guter allgemeiner Finanzlage offensichtlich unzureichende Mittel für eine Zuschussregelung vorsieht, ohne plausible Gründe dafür dartun zu können.

  4. Ein Kostenzuschuss für medizinische Hauskrankenpflege, der 38,4 % der zu tragenden Nettokosten bzw mehr als ein Viertel des Bruttostundenlohns für (renommiertes) Pflegepersonal abdeckt, verletzt diesen Spielraum nicht (offensichtlich) und ist daher auch nicht verfassungsrechtlich bedenklich.

  5. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Krankenversicherungsträger nicht allein leistungszuständig ist, insb weil die Notwendigkeit einer häuslichen Intensivpflege auf das Fehlen geeigneter stationärer Einrichtungen zurückgeht, zu deren Vorhaltung die Länder verpflichtet sind, oder auch eine Anspruchsberechtigung nach dem Landes-Behindertenrecht besteht.

Der 1967 geborene Kl erlitt am 21.8.2011 bei einem Sprung in ein Schwimmbecken eine Fraktur des 2. Halswirbels sowie eine Querschnittlähmung. Nach intensivmedizinischer Behandlung und Versorgung der Halswirbelfraktur wurden ihm eine Atemkanüle eingesetzt und ein Herzschrittmacher sowie ein Zwerchfellschrittmacher implantiert. Seit 20.12.2012 befindet sich der Kl in häuslicher Pflege, sein Heilungsprozess ist nicht abgeschlossen.

Dafür ist die häusliche medizinische Intensivkrankenpflege jener einer Anstaltspflege deutlich überlegen: Zum einen ist das Infektionsrisiko in Langzeitpflegeeinrichtungen besonders hoch, zum anderen besteht in einer Langzeitbeatmungsstation aus personellen und technischen Gründen nicht die Möglichkeit des erforderlichen intensiven Muskelaufbautrainings wie zu Hause, sodass es zu keiner weiteren Besserung der neurologischen Symptomatik kommen würde; außerdem wäre dort mangels Erfahrung mit den Besonderheiten einer Zwerchfellstimulator-induzierten Atmung mit einem Rückschritt der bereits erzielten Atemtechnik zu rechnen. Und schließlich käme es zu einer Minderung des Sozial- und Familienlebens, welche aber für die psychische Situation des Kl besonders wichtig sind. Davon abgesehen würden die Kosten der Anstaltspflege jene der häuslichen Pflege übersteigen.

Der Kl beantragte die Übernahme der Kosten der intensivmedizinischen Pflege und Betreuung zu Hause „für den gesamten bisherigen Zeitraum und zukünftig“. Die Bekl anerkannte mit Bescheid nur einen Kostenzuschuss nach Maßgabe ihrer Satzung für zwei Stunden medizinischer Hauskrankenpflege und damit für 23,04 € täglich.

Mit seiner dagegen erhobenen Klage begehrte der Kl die Zahlung von 529.659,71 € sA, das ist der Betrag, den er für die intensivmedizinische und -pflegerische Betreuung in den Jahren 2013 und 2014 sowie im Jänner 2015 aufgewendet hat, sowie die Feststellung, dass die Bekl verpflichtet sei, beginnend ab 1.2.2015 die Kosten der intensivmedizinischen und -pflegerischen Betreuung des Kl als Leistung der ausgelagerten Anstaltspflege in Form einer besonderen Art der Hauskrankenpflege durch die Bekl zu übernehmen. Hilfsweise begehrte der Kl den Zuspruch von monatlich 22.300 € ab 1.2.2015 als Kosten der intensivmedizinischen und intensivpflegerischen Betreuung (auf Basis von 30 € pro Stunde an diplomiertes Pflegepersonal für 24 Stunden täglich).

Das Erstgericht sprach dem Kl einen Kostenzuschuss für medizinische Hauskrankenpflege für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis 30.11.2014 auf Basis des Stundensatzes nach der Satzung der Bekl in Höhe von 11,52 € für 24 Stunden täglich und47damit in Höhe von insgesamt 162.524,16 € zu und wies das Mehrbegehren ebenso wie das Zinsenbegehren ab. Es stellte fest, dass die Bekl dem Kl in Zukunft intensivmedizinische Hauskrankenpflege im Ausmaß von 24 Stunden täglich, solange die Beatmungspflicht (Phrenikus-Nerven-Stimulator [PNS], bei Zwerchfellermüdung mittels Heimrespirators) besteht, zu gewähren habe, und wies das Feststellungsmehrbegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl nicht, der Berufung des Kl hingegen teilweise Folge und erkannte die Bekl schuldig, dem Kl für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis 31.3.2018 an Kostenerstattung für medizinische Hauskrankenpflege den vom Kl nach Marktpreisen gezahlten Betrag von insgesamt 1.333.923,39 € zu zahlen. Auch das Berufungsgericht stellte fest, dass die Bekl dem Kl in Zukunft intensivmedizinische Hauskrankenpflege im Ausmaß von 24 Stunden täglich zu gewähren habe, solange die Beatmungspflicht (PNS, bei Zwerchfellermüdung mittels Heimrespirators) besteht.

Gegen diese E richtete sich die Revision der Bekl, die der OGH als zulässig und auch teilweise berechtigt angesehen hat. Rechtliche Beurteilung

1.1 Medizinische Hauskrankenpflege ist gem § 151 Abs 1 ASVG zu gewähren, wenn und solange es die Art der Krankheit erfordert. Die medizinische Hauskrankenpflege ist ihrer Konzeption nach eine krankenhausersetzende Leistung (vgl § 144 Abs 1 Satz 3 ASVG). [...]

1.2 Gem § 151 Abs 2 ASVG wird die medizinische Hauskrankenpflege durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege erbracht [...]. Hat der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§ 338 ASVG) oder Vertragseinrichtungen des Versicherungsträgers in Anspruch genommen, so gebührt ihm gem § 151 Abs 4 ASVG Kostenersatz gem § 131 ASVG.

1.3 Stehen Vertragspartner infolge Fehlens von Verträgen nicht zur Verfügung, so gilt [...], dass in jenen Fällen, in denen noch keine Verträge für den Bereich einer Berufsgruppe bestehen, der Versicherungsträger dem Versicherten die in der Satzung festgesetzten Kostenzuschüsse zu leisten hat. [...]

1.4 Für Leistungen der medizinischen Hauskrankenpflege sieht die Kasse [...] pro Besuch Kostenzuschüsse [...] vor: [...] Für eine Stunde medizinischer Hauskrankenpflege errechnet sich daraus ein Kostenzuschuss von 11,52 € [...].

1.5 Bei der medizinischen Hauskrankenpflege steht [...] die Sachleistungsgewährung im Vordergrund. Ist der Versicherungsträger nicht in der Lage, diese zu gewährleisten, kann nicht nur, sondern muss Anstaltspflege gewährt werden (VfGHV 91/03 VfSlg 17.155 [Pkt 2.2.2]; Felten in Tomandl, SV-System [31. ErgLfg] 233 [2.2.3.3.]). Wenn der Krankenversicherungsträger diese Sachleistung tatsächlich nicht erbringen kann, besteht für den Versicherten die Möglichkeit, sich diese Leistungen auch privat auf seine eigenen Kosten zu besorgen und dafür vom Krankenversicherungsträger Ersatz zu verlangen (RS0115258).

2.1 Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass der Kl Anspruch auf medizinische Hauskrankenpflege iSd § 151 ASVG hat [...].

2.2 Unstrittig hat der Kl einen Anspruch auf Kostenersatz gegenüber der Bekl, weil diese als Krankenversicherungsträger nicht in der Lage ist, die notwendigen Sachleistungen [...] zur Verfügung zu stellen. Allerdings ist der Kostenerstattungsanspruch gemäß den §§ 131, 131a ASVG vom Anspruch auf Kostenzuschuss nach § 131b ASVG zu unterscheiden. [...] im konkreten Fall [...] räumt das Gesetz [...] einen Anspruch auf Kostenzuschuss nach Maßgabe der jeweiligen Satzung ein. Die Bekl stellt im Revisionsverfahren nicht mehr in Frage, dass sie [...] gem § 131b ASVG satzungsgemäß Kostenzuschüsse in Höhe von 11,52 € pro Stunde für eine intensivmedizinische Hauskrankenpflege für 24 Stunden täglich zu leisten hat.

3. Zentral macht die Bekl in der Revision geltend, dass sie ihrer Leistungsverpflichtung gegenüber dem Kl durch Zahlung dieses in der Satzung vorgesehenen Kostenzuschusses nachgekommen sei. Es entspreche dem Wesen eines Zuschusses, dass er nur einen Teil der tatsächlich aufgewendeten Kosten ersetze. Der in der Satzung vorgesehene Zuschuss sei wesentlich höher als jener, der in den vom Berufungsgericht zitierten und in der Lehre teilweise abgelehnten Entscheidungen zu beurteilen war. [...] Sähe man den in der Satzung vorgesehenen Kostenzuschuss nicht als ausreichend an, komme dennoch nicht eine Erstattung von Marktpreisen in Frage. Vielmehr sei ein sozialversicherungsrechtlicher Preis zu erheben, für welchen etwa Vereinbarungen mit Gebietskörperschaften zu berücksichtigen wären, die für ähnliche Leistungen insbesondere im Rahmen der „sozialen Dienste“ in der Sozialhilfe vorzusorgen haben. [...]

4.1 Der vorliegende Fall unterscheidet sich in zweierlei Hinsicht von dem zu 10 ObS 68/04d (und auch zu 10 ObS 67/04g) entschiedenen: Erstens war in den damaligen Fällen die Alternative zur häuslichen Behandlung des Kl nur die Unterbringung auf einer Intensivstation. [...] Demgegenüber existieren mittlerweile nach den Feststellungen des Erstgerichts sowohl Rehabilitationskliniken als auch Langzeitbeatmungsstationen, an denen Tetraplegiker aufgenommen werden. Nach den Feststellungen im vorliegenden Fall ist die Anstaltspflege nicht unmöglich, sondern ist dieser lediglich die häusliche Pflege des Kl „deutlich überlegen“.

Zweitens lag der Kostenzuschuss in den damaligen Fällen an der Untergrenze der dem Versicherten entstandenen Ausgaben für medizinische Krankenpflege [...], während er im vorliegenden Fall 28,8 % der Bruttokosten renommierten Pflegepersonals und 38,4 % des vom Kl bezahlten (Netto-)Stundenlohns für die ihn betreuenden Intensivmedizinischen Pflegepersonen abdeckt.

4.2 Der Krankenversicherungsträger hat bei der Festsetzung der Höhe der Zuschüsse in der Satzung [...] im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit, aber auch auf das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten Bedacht zu nehmen (VfGHV 97/03 VfSlg 17.518 [Pkt 2.1]) [...] die Art der Leistung48und die Notwendigkeit des Umfangs und der Häufigkeit der Leistungserbringung in entsprechender Differenzierung zu berücksichtigen. Zu beachten ist die absolute Höhe der Kostenbelastung des Versicherten sowie ein allfälliges Angebot in eigenen Einrichtungen oder Vertragseinrichtungen. Heranzuziehen sind auch Tarife für vergleichbare Leis tungen in Gesamtverträgen (VfGHV 43/09 VfSlg 19.212 [Pkt 4.1 und 4.2]).

4.3 Die Versicherten haben zwar Anspruch auf eine ausreichende Vorsorge, die KV ist aber nicht verpflichtet, dem Versicherten alle denkbaren und medizinisch möglichen Leistungen als Sachleistungen zu erbringen. Die Krankenversicherungsträger sind nach § 131b ASVG iVm § 131a ASVG nicht verpflichtet, Kostenzuschüsse vorzusehen, welche den Marktpreisen entsprechen, wie sich schon aus der Bedeutung des Begriffs des Kostenzuschusses ergibt (VfGHV 43/09 VfSlg 19.212 [...]). Allerdings darf der Kostenzuschuss nicht bloß ein geringfügiger, wirtschaftlich kaum ins Gewicht fallender Ersatz sein (VfGHV 97/03 VfSlg 17.518).

4.4 Ein Kostenzuschuss in Höhe von 13 % der tatsächlich aufgewendeten Kosten für Hauskrankenpflege wurde als zu gering angesehen (VfGHV 97/03 VfSlg 17.518). Hingegen wurde der Ersatz von 40 % der Kosten einer spezifischen Krebsbehandlung als ausreichend beurteilt (unter Berücksichtigung einer Kostenbeteiligung des Kl von 20 % nach § 86 GSVG: 10 ObS 182/08z SSV-NF 23/30). Ein Ersatz der Kosten von rund 50 % wurde für die Behandlung durch Psychotherapeuten als ausreichend angesehen (10 ObS 57/03k SSV-NF 17/72).

5.1 In den zwei schon zitierten, zum vorliegenden Fall vom Sachverhalt her vergleichbaren Fällen einer häuslichen Intensivkrankenpflege (10 ObS 68/04d; 10 ObS 67/04g) gelangte der OGH zum Ergebnis, dass ausnahmsweise der Ersatz der Kosten zu Marktpreisen gebühre. Begründet wurde dies damit, dass in der Satzung des damals in Anspruch genommenen Krankenversicherungsträgers keine Honorarposition und auch keine vergleichbare Position vorgesehen war. Der in der Satzung für medizinische Hauskrankenpflege vorgesehene [...] Pauschalsatz pro Pflegetag stelle ganz offensichtlich auf den typischen (einfachen) Fall der Hauskrankenpflege (Verabreichung von Injektionen, Sondenernährung, Dekubitusversorgung) ab und berücksichtige nicht den völlig außergewöhnlichen Fall einer zeitlich ohne Unterbrechung notwendigen medizinischen Behandlung eines Versicherten im häuslichen Bereich. Der satzungsmäßige Kostenzuschuss decke im Ergebnis nur rund 1 % der dem Versicherten entstandenen Kosten der Krankenbehandlung (10 ObS 68/04d) bzw 0,7 % dieser Kosten (10 ObS 67/04g) ab. Dieser Satz sei bei verfassungskonformer Auslegung nicht heranzuziehen. [...]

5.3 Die Entscheidungen 10 ObS 68/04d und 10 ObS 67/04g trafen allerdings in der Lehre weit überwiegend auf Kritik, und zwar insofern, als eine Kostenerstattung nach Marktpreisen für Kosten der häuslichen Intensivkrankenpflege abzulehnen sei, weil es dafür an einer gesetzlichen Grundlage fehle [...].

5.4.1 In einem weiteren, vom Sachverhalt aber nicht vergleichbaren Fall ([...] Hauskrankenpflege eines an Kurzdarmsyndrom erkrankten Kleinkindes), hielt der OGH an seiner Auffassung fest, dass die Bestimmung über den Kostenzuschuss für medizinische Hauskrankenpflege in der damaligen Satzung 1999 der Wiener Gebietskrankenkasse (GKK) (§ 38 und Anhang 6 Z 3) anzuwenden sei, weil unzweifelhaft Intensivpflege vorliege. Sie sei aber verfassungswidrig [...].

5.4.2 Der VfGH hob die Wortfolge „die medizinische Hauskrankenpflege (§ 151 ASVG)“ in § 38 sowie Anhang 6 Z 3 der Satzung 1999 der Wiener GKK mit dem schon erwähnten Beschluss vom 18.3.2005, V 97/03, als verfassungswidrig auf [...].

5.4.3 In der darauffolgenden E in diesem Fall, 10 ObS 35/05b (SSV-NF 19/27), führte der OGH aus, dass sich für die inhaltliche Ausgestaltung sowohl der Kostenerstattung als auch eines Kostenzuschusses einerseits ergebe, dass in einen gefundenen Interessenausgleich ohne zwingende Notwendigkeit nicht von außen eingegriffen werden soll. [...] Erst dann, wenn eine Vergleichbarkeit mit anderen Tarifpositionen nicht gegeben sei, sei die Höhe des Kostenzuschusses nach einem objektiven Marktpreis zu bemessen.

6.1 Im vorliegenden Fall ist grundsätzlich von der Anwendbarkeit des in § 36 Z 2 iVm Anhang 6 Z 4 der Satzung der Bekl normierten Kostenzuschusses auszugehen.

6.2 Die Satzung eines Versicherungsträgers ist ihrer Struktur nach eine Verordnung (RS0053701). Sind die Voraussetzungen für einen im Gesetz eingeräumten Anspruch [...] in einer Verordnung näher determiniert [...], ist der Anspruch auf Grundlage der Verordnung zu prüfen. [...]

6.3 Eine Veranlassung, die Bestimmung des § 36 Z 2 iVm Anhang 6 Z 4 der Satzung der Wiener GKK 2011 (bzw der Parallelbestimmung in der geltenden Satzung) beim VfGH als gesetzwidrig anzufechten, liegt für den OGH nicht vor. Weder der Kl noch die Bekl [...] regen eine derartige Vorgangsweise an. [...] Der Kl weist selbst darauf hin, dass durch diesen Zuschuss 38,4 % der von ihm zu tragenden Kosten einer Intensivpflegekraft gedeckt werden. Dabei handelt es sich um die vom Kl zu tragenden Nettokosten [...]. Der von der Satzung vorgesehene Kostenzuschuss deckt aber auch etwas mehr als ein Viertel des festgestellten Bruttostundenlohns von 40 € für (renommiertes) Pflegepersonal, bewegt sich daher auch bei der vom VfGH geforderten Durchschnittsbetrachtung nicht an der Untergrenze des vom Kl tatsächlich zu tragenden Aufwands. Dem Krankenversicherungsträger steht nach der Rsp des VfGH ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Eine Verletzung dieses Spielraums wäre ihm nur dann vorzuwerfen, wenn er bei guter allgemeiner Finanzlage offensichtlich unzureichende Mittel für eine Zuschussregelung vorsieht, ohne plausible Gründe dafür dartun zu können (Kletter, DRdA 2006, 142). Der von der Satzung nunmehr vorgesehene Kostenzuschuss für medizinische Hauskrankenpflege verletzt diesen Spielraum daher nicht offensichtlich [...].49

7.1 Wesentlich für diese Beurteilung ist auch, dass [...] der bekl Krankenversicherungsträger nicht allein leistungszuständig für den Kl ist. Medizinische Hauskrankenpflege ist [...] eine krankenhausersetzende – also die Anstaltspflege ersetzende – Leistung (Schober in Sonntag, ASVG10 § 144 Rz 12). Die Anstaltspflege (§ 144 ASVG) hat grundsätzlich in einer über Landesgesundheitsfonds finanzierten Krankenanstalt zu erfolgen (§ 149 Abs 1 ASVG; VfGHB 304/05). [...] Die Krankenversicherungsträger haben Pauschalbeiträge zur Krankenanstaltenfinanzierung gem § 447f ASVG zu leisten. Soweit Leistungen, die mit den Pauschalbeiträgen der Sozialversicherungsträger zur Krankenanstaltenfinanzierung abgegolten sind, in (Gesundheits-) Fondskrankenanstalten nicht erbracht worden sind und daraus für die Krankenversicherungsträger Mehrkosten entstanden sind, haben die Krankenversicherungsträger (in diesem Umfang) gem § 1042 ABGB Ersatzansprüche gegenüber den in Betracht kommenden Landeskrankenanstaltenfonds (nunmehr: Landesgesundheitsfonds, VfGHB 304/05 [2.6.2 mwH]).

7.2 Bereits Helfer (SozSi 2005, 130) hat herausgearbeitet, dass die Anstaltspflege im Idealfall sämtliche Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit erbringt [...]. Die Anstaltspflege werde seit 1997 von den Krankenversicherungsträgern durch Zahlung eines Pauschalbetrags an die Landesfonds (jetzt: Landesgesundheitsfonds) abgegolten. Diese wären dazu angehalten, die entsprechenden Einrichtungen zur Erbringung der Anstaltspflege bereit zu halten. Wenn sie dies aus ökonomischen Erwägungen nicht täten, [...] so hätten sie, wenn dennoch ein solcher Fall der erforderlichen Anstaltspflege auftrete, jedenfalls die dafür entstehenden Kosten zu übernehmen.

7.3 Auch Pfeil hat darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn die Anstaltspflege aus besonderen Gründen nicht durchführbar sei, die Kostentragung nicht anders erfolgen könne, als wäre die vorrangig indizierte Anstaltspflege geleistet worden (Anm zu VfGHB 304/05, DRdA 2007/28, 281 [287]). Soweit die Notwendigkeit einer häuslichen Intensivpflege auf das Fehlen geeigneter stationärer Einrichtungen zurückgeht, zu deren Vorhaltung die Länder verpflichtet sind, kann dem jeweiligen Krankenversicherungsträger diesbezüglich kein Vorwurf gemacht werden. Pfeil (in SV-Komm [218. Lfg] § 151 ASVG Rz 19) weist dazu mit beachtlichen Argumenten auf die rechtspolitisch unbefriedigende Situation hin, weil insofern – wie das gerade auch im vorliegenden Fall erkennbar ist – ein Widerspruch zwischen krankenversicherungsrechtlichem Anspruch und krankenanstaltenrechtlich fundierter Kostentragung besteht. [...]

8. Zutreffend verweist Pfeil (SozSi 2005, 140 f) schließlich auch darauf, dass ein beatmungspflichtiger Tetraplegiker auch als Mensch mit Behinderung anzusehen ist, der anspruchsberechtigt nach den Landes-Behindertengesetzen ist. Davon kann für den Kl auch gem § 3 des Gesetzes zur Förderung der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung in Wien, LGBl 2010/45 (CGW), ausgegangen werden. Der Träger der Behindertenhilfe gem § 2 Abs 1 CGW, der Fonds Soziales Wien (FSW), erbringt nach dem insofern unstrittigen Vorbringen des Kl eine Direktleistung von 12.831,16 € für 30 Tage, wobei davon das dem Kl gewährte Pflegegeld der Stufe 7 in Abzug gebracht werde. Zwar ist dieser Anspruch – was sich auch aus dem Vorbringen des Kl ergibt – subsidiär (vgl § 5 Z 5 CGW). Allerdings ergibt sich auch daraus, dass das österreichische Gesundheits- und Sozialsystem gerade für Grenzfälle wie den Kl mehrere Verantwortlichkeiten kennt (Pfeil, SozSi 2005, 141), was ebenfalls gegen eine Kostenerstattung nach Marktpreisen durch den Krankenversicherungsträger spricht.

9. Ergebnis: Die Leistungsverpflichtung der Bekl für die dem Kl zu gewährende medizinische Hauskrankenpflege im Umfang von 24 Stunden täglich ist mit dem in § 36 Z 2 iVm Anhang 6 Z 4 der Satzung der Wiener GKK 2011 (ebenso § 38 Z 2 iVm Anhang 6 Z 4 der geltenden Satzung 2016) festgesetzten Kostenzuschuss von – zusammengefasst – 11,52 € pro Stunde normiert.

[...]

10.2 Das Erstgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kl ein Kostenzuschuss entsprechend der anzuwendenden Satzung der (damals bekl) Wiener GKK zusteht. Der darauf beruhende Zuspruch von 162.524,16 € für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis 30.11.2014 (Pkt 1. des Urteilsspruchs des Erstgerichts) ist mangels Anfechtung in der Berufung der Bekl in Rechtskraft erwachsen.

10.3 Für den Zeitraum Dezember 2014 bis einschließlich März 2018 gebühren dem Kl folgende Kostenzuschüsse nach Maßgabe der Satzung: [...] gesamt 336.476,16 €

Nach den Feststellungen liegen in diesen Zeiträumen keine Unterbrechungen der medizinischen Hauskrankenpflege. Es steht jedoch nicht fest, ob und bejahendenfalls welche Zahlungen die Bekl für den Zeitraum ab Dezember 2014 an den Kl aus dem Titel des Kostenzuschusses für medizinische Hauskrankenpflege geleistet hat. Das diesbezügliche Vorbringen der Bekl, es seien bis Oktober 2018 Zuschüsse entsprechend der Satzung bezahlt worden, wurde vom Berufungsgericht als unbeachtliche Neuerung gewertet. Es waren daher dem Kl gesamt 499.000,32 € an Kostenzuschüssen für medizinische Hauskrankenpflege für den vom ursprünglichen Leistungsbegehren und vom Eventualleistungsbegehren umfassten Zeitraum von 1.1.2013 bis einschließlich März 2018 umfassten Zeitraum zuzuerkennen, dies mit der Einschränkung, dass bereits aus diesem Titel im Zeitraum Dezember 2014 bis einschließlich März 2018 von der Bekl (bzw der Wiener GKK) bezahlte Beträge anzurechnen sind. Der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass Verzugszinsen für Leistungen aus den Sozialversicherungsgesetzen nicht gebühren (RS0031997), ist der Kl bereits in der Berufung nicht mehr entgegengetreten.

11.1 Die Bekl wendet sich in der Revision gegen die Feststellung der Vorinstanzen, dass sie verpflichtet sei, dem Kl in Zukunft medizinische Hauskrankenpflege zu gewähren, solange die Beatmungspflicht bestehe. Verschlechtere sich der Zustand des Kl,50müsste die Bekl den Zuschuss weiter leisten, obwohl nicht mehr Krankenbehandlung, sondern Pflege vorläge. [...]

11.2 [...] Eine notwendige Krankenbehandlung und damit eine Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn ist auch dann anzunehmen, wenn die Behandlung geeignet erscheint, eine Verschlechterung des Zustandsbildes hintanzuhalten (RS0106245; RS0106403). [...] Die aufgrund einer Querschnittlähmung bestehende Beatmungspflicht beim Kl ist daher nicht als Pflege, sondern als Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn anzusehen, die erforderliche künstliche Beatmung ist eine lebenserhaltende Maßnahme und damit eine Maßnahme der Krankenbehandlung (10 ObS 315/00x; Mazal, ZAS 2002, 33 [37]).

11.3 Das Erstgericht hat festgestellt (Urteil S 14), dass die 24-stündige Pflege durch eine Pflegekraft mit Sonderausbildung für Intensivpflege für den Kl jedenfalls erforderlich ist, solange die Beatmungspflicht besteht. Wenn die Revisionswerberin davon ausgeht, dass eine 24-stündige Betreuung trotz Beatmungspflicht beim Kl im Fall einer Verbesserung nicht mehr nötig sein könnte, weicht sie [...] in unzulässiger Weise von den Sachverhaltsfeststellungen ab, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

11.4 Die Rsp erachtet – trotz der grundsätzlichen Unzulässigkeit eines Begehrens auf Erbringung von Sachleistungen (RS0111541) – ein Klagebegehren auf Feststellung der von der Bekl bestrittenen Verpflichtung zur Leistung medizinischer Hauskrankenpflege dem Grunde nach für zulässig, soweit eine Leistungsklage nicht in Betracht kommt und die Leistungsverpflichtung von der Bekl dem Grunde nach bestritten wird (10 ObS 67/04g; 10 ObS 68/04d).

12. Der Revision war daher teilweise Folge zu geben. Dem Kl waren Kosten für die medizinische Hauskrankenpflege nach Maßgabe der Satzungen der Wiener GKK 2011 und 2016-1 bis einschließlich März 2018 (das ist der letzte volle Monat vor dem Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz am 11.4.2018) unter Anrechnung von bereits aus diesem Titel geleisteten Zahlungen zuzuerkennen. Das Mehrbegehren auf Kostenerstattung war hingegen abzuweisen.

ANMERKUNG
1.
Problemstellung

Die Fälle, in denen Ansprüche auf medizinische Hauskrankenpflege in der gesetzlichen KV besonders umstritten sind und mit denen auch Höchstgerichte befasst werden, sind meist sehr tragisch. Das Ausmaß des dort bestehenden Hilfebedarfs ist dementsprechend groß, eine allfällige Diskrepanz zu den vom zuständigen Krankenversicherungsträger dann nur zugestandenen Leistungen ist für die Versicherten besonders schmerzhaft und auch für Außenstehende schwer nachvollziehbar. Dies gilt mit Sicherheit auch für den vorliegenden Fall, in dem der sozialrechtliche Senat des OGH dem Kl an Stelle der noch vom Berufungsgericht anerkannten Forderung iHv mehr als 1,3 Mio € nur knapp eine halbe Mio € als Refundierung für schon geleistete Aufwendungen zugestanden hat.

Abseits dieses rechts- und sozialpolitischen Unbehagens überzeugt die E freilich in rechtlicher Hinsicht. Dies nicht nur, weil sie die Judikatur zum Anspruch auf medizinische Intensivpflege weiterentwickelt (dazu 2.), sondern auch, weil sie wesentliche Aussagen zur umstrittenen Frage des Ausmaßes der Kostenerstattung bei fehlender Sachleistungsvorsorge enthält (3.).

2.
Zum Anspruch auf medizinische Intensivpflege

Der krankenversicherungsrechtliche Anspruch auf medizinische Hauskrankenpflege ist zunächst auf nur vorübergehende Maßnahmen ausgerichtet. Das zeigt bereits die beispielhafte Umschreibung von „qualifizierten Pflegeleistungen“ in Regelungen wie § 151 Abs 3 Satz 2 ASVG, vor allem aber die grundsätzliche zeitliche Begrenzung dieses Anspruchs auf vier Wochen in Abs 5 Satz 1 dieser Bestimmung. Ein dauerhafter, uU sogar lebenslanger Anspruch auf Leistungen der medizinischen Hauskrankenpflege, zumal in Form von Intensivpflege, ist dadurch aber nicht ausgeschlossen (vgl nur die Nachweise bei Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 151 ASVG Rz 9f).

Grundvoraussetzung dafür ist das Vorliegen von Krankheit iSd § 120 Z 1 ASVG, die neben der Regelwidrigkeit die Notwendigkeit einer Krankenbehandlung voraussetzt, wofür wiederum § 133 Abs 2 ASVG den entscheidenden Maßstab liefert. Nach praktisch einhelliger und zutreffender Auffassung besteht diese Notwendigkeit auch (noch) dann, wenn die Behandlung lediglich eine Verschlechterung des Zustandes hintanhalten soll und dazu auch geeignet erscheint. Der OGH hat dies im vorliegenden Fall für die aufgrund einer Querschnittlähmung (als lebenserhaltende Maßnahme!) erforderliche künstliche Beatmung ausdrücklich und völlig zutreffend bejaht (vgl Pkt 11.2. der E).

Die in diesem Zusammenhang von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege zu erbringenden Leistungen (vgl nur § 20 Abs 1 iVm Abs 4 Z 4 GuKG) zählen daher fraglos zur medizinischen Hauskrankenpflege nach § 151 ASVG, und zwar nach Abs 1 dieser Bestimmung, wenn und solange es die Art der Krankheit erfordert. Das erlaubt, ausnahmsweise auch über künftige Ansprüche dem Grunde nach abzusprechen, wenn und weil eine Leistungsklage eben noch nicht in Betracht kommt und die Leistungspflicht vom Krankenversicherungsträger bereits als solche in Frage gestellt wird (Pkt 12. der E). Der Kl im vorliegenden Verfahren hat somit nun wenigstens die Gewissheit, dass er mit Leistungen im selben Ausmaß rechnen darf, solange er beatmungspflichtig (durch Phrenikus-Nerven-Stimulator [PNS], bei Zwerchfellermüdung mittels Heimrespirators) ist.

Diese Situation erfordert eine Rund-um-die-Uhr-Pflege. Ein Problem der früheren Regelungen und51in der Folge auch Auslöser für die vielfach – auch von mir – kritisierte Judikatur war der Umstand, dass der Anspruch auf Hauskrankenpflege (oder genauer: auf einen Kostenzuschuss dafür) nicht nur hinsichtlich der Dauer, sondern auch hinsichtlich des zeitlichen Ausmaßes eng begrenzt war. Eine Deckelung des Kostenzuschusses mit € 8,72 pro Tag (!), wie sie insb in den zu OGH vom 21.6.2004, 10 ObS 68/04d bzw OGH vom 14.12.2004, 10 ObS 67/04g entschiedenen Fällen vorgesehen war, ist in der Tat nicht mit dem grundsätzlichen Anspruch nach § 151 ASVG in Einklang zu bringen.

Der ua von mir seinerzeit (SozSi 2005, 140) vorgebrachte rechtspolitische Vorschlag, diese Pauschalierungen auf die Stunde zu beziehen und keine weitere Begrenzung vorzunehmen, ist in der Folge von den Krankenversicherungsträgern aufgegriffen worden. Dieser flexible und dem objektivierten Bedarf der anspruchsberechtigten Person weitgehend Rechnung tragende Ansatz findet sich auch in der Satzung der im vorliegenden Verfahren beklagt gewesenen Partei und hat dem OGH „erspart“, dem VfGH wieder die Frage der Gesetzmäßigkeit der entsprechenden Satzungsregelungen vorzulegen. Während die Gesetzeskonformität im Erk V 97/03 (VfSlg 17.518 = DRdA 2006/13, 137 [Kletter]) verneint wurde, hatte der VfGH noch im „Vorverfahren“ zu 10 ObS 68/04d den Prüfungsantrag des OGH mit Erk V 91/03, V 94, 95/03 (VfSlg 17.155 ZAS 2004/39, 230 [Schrammel]) abgewiesen, weil gar kein Anspruch auf medizinische Hauskrankenpflege vorgelegen wäre. Erst diese E hat den OGH veranlasst, die betreffende Satzungsbestimmung – offenbar im Weg einer teleologischen Reduktion (vgl bereits Pfeil in SV-Komm § 151 ASVG Rz 17) – für unanwendbar zu erklären und den dortigen Kl (und sei es – wie betont wurde – auch nur ausnahmsweise) eine Kostenerstattung nach Marktpreisen zuzusprechen. Bereits in 10 ObS 35/05b (SSV-NF 19/27 = DRdA 2006/13, 137 [Kletter]) ist der OGH von dieser Auffassung etwas abgerückt. Nun dürfte er sie – zumindest im Kontext der medizinischen Hauskrankenpflege – aufgegeben haben.

3.
Zum Kostenzuschuss

Die Frage des Ausmaßes des Kostenersatzanspruches des/der Versicherten stellt sich erst, wenn der Krankenversicherungsträger seinem an sich vorrangigen Auftrag auf entsprechende Sachleistungsvorsorge (vgl nur den letzten Satz in § 133 Abs 2 ASVG) nicht entspricht. Die Rechtslage ist hier anders als bei der Inanspruchnahme von WahlärztInnen etc, wo sich der Erstattungsanspruch am jeweiligen Tarif für VertragsärztInnen (§ 131 ASVG) bzw an den vor Eintritt des vertragslosen Zustandes maßgebenden Tarifen (§ 131a ASVG) orientiert. Wenn es noch keine Verträge für den Bereich der betreffenden Berufsgruppe gegeben hat, fehlt eine solche Referenzgröße. An deren Stelle tritt die Ermächtigung zur Festsetzung von Kostenzuschüssen im Wege der Satzung, wobei der Krankenversicherungsträger nach § 131b Abs 1 ASVG auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten Bedacht zu nehmen, aber gerade keine Erstattung nach Marktpreisen vorzusehen, hat.

Im Anschluss an den VfGH anerkennt der OGH hier einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Krankenversicherungsträgers. Die Grenze dieses Spielraums formuliert der OGH in Pkt 6.3. der vorliegenden E möglicherweise etwas missverständlich, wenn er (unter Berufung auf Kletter, DRdA 2006, 142) ausführt, dem Krankenversicherungsträger wäre eine „Verletzung dieses Spielraums ... nur [Herv d Verf] dann vorzuwerfen, wenn er bei guter allgemeiner Finanzlage offensichtlich unzureichende Mittel für eine Zuschussregelung vorsieht, ohne plausible Gründe dafür dartun zu können“. Die weiteren Überlegungen legen freilich nahe, dieses „nur“ zu relativieren und iS von „vor allem“ oder zumindest „im Wesentlichen nur“ zu verstehen. Aus diesem Grund habe ich mir erlaubt, das „nur“ oben im Leitsatz 3 auch in Klammern zu setzen. Davon abgesehen ist es aber folgerichtig, wenn der OGH Berechnungen anstellt, die im vorliegenden Fall einen Kostendeckungsgrad durch den Zuschuss ausweisen, der sich durchaus in dem Rahmen bewegt, der in vergleichbaren, nicht unbedingt immer die Hauskrankenpflege betreffenden Entscheidungen akzeptiert wurde.

Die Verneinung sonstiger verfassungsrechtlicher Bedenken, die ihn zu einem Verordnungsprüfungsantrag beim VfGH veranlassen hätten können, untermauert der 10. Senat mit zusätzlichen Argumenten. Diese greifen, sowohl was die Regelungen zur Kostentragung für die der medizinischen Hauskrankenpflege an sich – und erst recht in Fällen wie dem vorliegenden – vorrangigen Anstaltspflege betrifft (vgl Pkt 7. der E), als auch im Hinblick auf die regelmäßig bestehenden Ansprüche von (zumal beatmungspflichtigen) TetraplegikerInnen im jeweiligen Landes-Behindertenrecht (Pkt 8.), insb auf bereits von mir angestellte Überlegungen zurück. Es kann daher nicht überraschen, wenn auch diese Teile der Entscheidung hier auf Zustimmung stoßen.

Wenn aber keine Bedenken gegen die konkrete Umsetzung der Satzungsermächtigung in § 131b Abs 1 ASVG bestehen, und auch die sonstigen Voraussetzungen für deren Anwendbarkeit vorliegen, insb die Maßnahmen eindeutig der Krankenbehandlung zuzurechnen sind (siehe bereits oben 2.), sind diese Kostenzuschussregelungen auch allein maßgebend. Im vorliegenden Fall wurde daher – bei aller Würdigung seiner menschlichen und sozialen Problematik – letztlich zu Recht kein Platz für eine andere Bemessung des Ersatzanspruchs gesehen. Ob damit die umstrittene Judikaturlinie zur selbst bloß „ausnahmsweisen“ Anerkennung einer Kostenerstattung nach Marktpreisen völlig überwunden ist, muss sich freilich noch zeigen.52