Arbeitszimmer im Wohnungsverband

HANNESPURKARTHOFER

Aufgrund der derzeit durch Homeoffice geprägten Situation wird die Bestimmung des § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG beleuchtet und der steuerlich wirksame Ansatz von Werbungskosten in Zusammenhang mit einem Arbeitszimmer im Wohnungsverband. Darüber hinaus wird ein Blick in eine spannende Zukunft geworfen, die hoffentlich Erleichterungen für den steuerlichen Ansatz von häuslichen Arbeitszimmern bringen wird.

1.
Derzeitige Rechtslage
1.1.
Rechtlicher Rahmen

Der Werbungskostenabzug ist bei Aufwendungen oder Ausgaben für ein Arbeitszimmer im Wohnungsverband gem § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG grundsätzlich ausgeschlossen und lediglich unter bestimmten Voraussetzungen möglich.* Das Werbungskostenabzugsverbot erstreckt sich ebenso auf Einrichtungsgegenstände, die nach der allgemeinen Auffassung primär dazu dienen, Räumlichkeiten bewohnbarer zu gestalten. Insb fallen darunter Stühle, Tische, Lampen, Schränke, Vorhänge, Teppiche, Bilder und Regale. Bei entsprechend betrieblicher bzw beruflicher Nutzung bleiben klassische Arbeitsmittel wie Computer, Kopier- und Faxgeräte, Drucker und Telefonanlagen abzugsfähig, obgleich sie sich in nicht abzugsfähigen Arbeitszimmern befinden.* Außerdem ist zu beachten, dass bei den ab 2020 angeschafften geringwertigen Wirtschaftsgütern die Grenze von bisher € 400,- auf € 800,- angehoben wurde und daher Gegenstände unter dieser Grenze sofort als Betriebsausgaben bzw Werbungskosten angesetzt werden können.*

Folgende in den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) demonstrativ genannte Räumlichkeiten fallen nicht unter den Begriff „Arbeitszimmer“ und sind damit vom Werbungskostenabzugsverbot ausgenommen, da sie in Anbetracht ihrer funktionellen Zweckbestimmung und Ausstattung nach der allgemeinen Auffassung ohnedies dem betrieblichen bzw beruflichen Bereich des Abgabepflichtigen zugeordnet werden:

  • Ordination eines praktischen Arztes oder Zahnarztes, nicht aber zB Ordinations- bzw Therapieräume eines Psychiaters;

  • Labors mit entsprechender Einrichtung;

  • Fotostudios sowie Film- und Tonaufnahmestudios;

  • Kanzleiräumlichkeiten, sofern die Einrichtung eine Privatnutzung ausschließt (sehr eingeschränkt);

  • Lagerräumlichkeiten, wodurch eine Privatnutzung ausgeschlossen ist;

  • schallgeschützte Musikproberäume;

  • Werkstätten.

Ob ein „Arbeitszimmer im Wohnungsverband“ vorliegt, richtet sich nach der Verkehrsauffassung. Sofern das Arbeitszimmer von der Wohnung aus begehbar ist, spricht einiges dafür,* wobei dies zu verneinen ist, wenn eine Wohnung neben Schlafzimmer, Küche und den üblichen Sanitärräumen nur über einen Wohnraum verfügt (insb, wenn sich darin auch private Gegenstände befinden).* So ist zB das Büro eines Versicherungsvertreters, das sich im Wohnhaus des Abgabepflichtigen befindet, jedoch über einen eigenen durch Firmenschild gekennzeichneten Kundeneingang verfügt, nicht als Arbeitszimmer im Wohnungsverband einzustufen. Aufgrund des regelmäßigen Kundenverkehrs sowie der Tatsache, dass die Räumlichkeit auch nach außen hin als Büro aufscheint und über einen separaten Eingang begehbar ist, entfällt das Werbungskostenabzugsverbot gem § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG, zumal das Büro als Kanzlei iSd Rz 325 LStR einzustufen ist und nicht als im Wohnungsverband befindliches Arbeitszimmer (Rz 326 LStR).*

§ 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG sowie die einheitliche Rsp fordern folgende Grundvoraussetzung für den Werbungskostenabzug bei Aufwendungen für Arbeitszimmer: Das Arbeitszimmer muss den materiellen Mittelpunkt der gesamten betrieblichen (beruflichen) Tätigkeit darstellen. Ist dies zu bejahen, sind die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Ausgaben sowie die Einrichtungskosten als abzugsfähig zu qualifizieren.

Bei der Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt darstellt, ist der typische 449 Charakter des Berufes heranzuziehen bzw der materielle Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit maßgeblich.* In Streitfällen ist außerdem zu berücksichtigen, ob das Arbeitszimmer zeitlich gesehen zu mehr als 50 % der Erzielung der betrieblichen Einkünfte dient.*

Die letzte Schranke stellt nach Rsp die „Notwendigkeit“ dar. So sind Aufwendungen für ein im Wohnungsverband befindliches Arbeitszimmer nur dann abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer nach der Tätigkeitsart des Abgabepflichtigen unbedingt notwendig ist. Die Notwendigkeit ist zu bejahen, sofern eine entsprechende Auslastung des Raumes gegeben ist.* Tatsächlich muss dieser Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich (Aufteilungsverbot)* betrieblich genützt bzw adäquat eingerichtet werden.*

Sind sodann die beiden Hürden (Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit und Notwendigkeit) genommen und ist der Raum somit als Arbeitszimmer einzustufen, sind die Aufwendungen abzugsfähig. Sofern dieses Arbeitszimmer ebenso für andere betriebliche (berufliche) Tätigkeiten genützt wird, deren Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit nicht in diesem Zimmer liegt, kann dies nicht bedeuten, dass abzugsfähige Aufwendungen vom Abzug ausgeschlossen werden, wenn sie lediglich in dem Maße angefallen sind, in dem sie für das Arbeitszimmer nur für diese Einkunftsquelle angefallen wären, für die der Mittelpunkt der Tätigkeit bejaht werden kann.

Sind nun sämtliche Voraussetzungen gegeben, können insb anteilige Miet- und Betriebskosten (Beheizung, Beleuchtung, sonstige Betriebskosten) sowie anteilige Prämien zur Haushaltsversicherung* in Abzug gebracht werden. Bei Eigenheimen oder Eigentumswohnungen sind weiters die anteilige Absetzung für Abnutzung (AfA) sowie anteilige Fremdfinanzierungskosten als Betriebsausgaben bzw Werbungskosten anzusetzen. Sofern Einrichtungsgegenstände unbedingt notwendigerweise vorwiegend betrieblich bzw beruflich in einem steuerlich anzuerkennenden Arbeitszimmer genützt werden, sind auch diese abzugsfähig.*

1.2.
Bisherige Entscheidungen

Ein Universitätsprofessor versuchte die mit einem Arbeitszimmer einhergehenden Aufwendungen anzusetzen und begründete dies dadurch, dass ihn das Universitäts-Organisationsgesetz (UOG) zu Lehre und Forschung verpflichte und er seine umfangreiche Fachbibliothek im häuslichen Arbeitszimmer aufbewahre, zumal der Großteil der wissenschaftlichen Arbeit abends und wochenends zuhause durchgeführt werde und er das Dienstzimmer lediglich für Sprechstunden, Institutsverwaltung und Vorbereitung von Lehrveranstaltungen benütze. Der VwGH verwehrte ihm den Ansatz der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer mit dem Argument, dass ihm jederzeit das Dienstzimmer an der Universität zur Verfügung stehe und somit die Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers verneint werden könne.* Nach herrschender Rsp befindet sich der Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit ebenso nicht im häuslichen Arbeitszimmer bei Lehrern,* Vortragenden* oder Freiberuflern mit auswärtiger Betriebsstätte.*

Da eine Angestellte einer Steuerberatungsgesellschaft nach der zweiten Schwangerschaft ihre Tätigkeit lediglich zweimal pro Woche in der Kanzlei und den Rest, und damit die überwiegende Zeit, iSd § 20 Abs 1 Z 2 lit d Satz 2 EStG im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet hatte, bejahte das Gericht zwar, dass der Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer lag, stellte aber auch fest, dass dieses nicht dem Kriterium der Notwendigkeit entsprach, da der Angestellten vom DG ein Büro zur Verfügung gestellt wurde. Das Vorbringen der Angestellten, dass die Distanz zwischen Wohnort und Kanzlei die Notwendigkeit begründe, wurde vom Gericht verneint, zumal die Distanz ohnedies durch das große Pendlerpauschale abgegolten wurde.*

Einer Konzertpianistin wurde durch das Finanzamt der Ansatz von Werbungskosten für ein im Wohnungsverband befindliches Arbeitszimmer versagt. Auch die in der Berufung vorgebrachte Begründung, die vorwiegende Tätigkeit werde im Arbeitszimmer verrichtet, wurde vom Finanzamt mittels Berufungsvorentscheidung abgewiesen, obwohl die Konzertpianistin darauf hinwies, dass sie keine Möglichkeit zur Vorbereitung an der Hochschule habe. Der VfGH lehnte die erhobene Beschwerde ab und trat sie an den VwGH ab, der aussprach, dass es bei einer Konzertpianistin notwendig sei, regelmäßig und dauerhaft das Instrument zu spielen, um die künstlerischen Fertigkeiten erhalten bzw steigern zu können, wobei in diesem Fall der Mittelpunkt der Tätigkeit in ihrem häuslichen Arbeitszimmer läge.*450

Bei Gutachtern, Schriftstellern, Dichtern, Malern, Komponisten, Bildhauern, Heimarbeitern oder Heimbuchhaltern wird ebenso davon ausgegangen, dass zumindest die überwiegende bzw für das Berufsbild nicht unwesentliche Zeit im Arbeitszimmer verbracht wird und daher die damit verbundenen Betriebsausgaben bzw Werbungskosten abzugsfähig sind.*

2.
Aktuelles und ein Blick in die Zukunft
2.1.
Covid-19 und wie die Pandemie die österreichische Arbeitswelt verändert

Seit dem ersten bestätigten COVID-19-Fall in Österreich Ende Februar 2020 überschlagen sich die Meldungen förmlich und ist es mit 16.3.2020 nun so weit gekommen, dass die gesamte österreichische Bevölkerung nur mehr in Ausnahmefällen die eigenen vier Wände verlassen darf. Somit wurden alle Arbeitenden in Österreich, sofern für sie nicht Ausnahmen bestehen – wie zB für Krankenhaus-, Apotheken- oder Supermarktpersonal etc (wie auch im Großteil der europäischen Länder) –, zum Homeoffice verpflichtet. Nun stellt sich die Frage, was das für steuerliche Konsequenzen hat. Es muss beurteilt werden, ob sich der Mittelpunkt der betrieblichen bzw beruflichen Tätigkeit nun in die eigene Wohnung verlagert und somit die in Zusammenhang mit einem häuslichen Arbeitszimmer stehenden Aufwendungen zum Abzug gebracht werden können.

Sofern ein im Wohnungsverband befindliches Arbeitszimmer, das dem Charakter eines zum geistigen Arbeiten bestimmten Wohn- oder Büroraums entspricht und nach seiner funktionellen Zweckbestimmung und Ausstattung nicht grundsätzlich der betrieblichen Seite zuzurechnen ist, den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Abgabepflichtigen bildet, ist die Notwendigkeit des Arbeitszimmers nach der Art der Tätigkeit gegeben. Wenn dem DN zwar vom DG Büroräumlichkeiten im Betrieb zur Verfügung gestellt werden, dieser jedoch freiwillig oder aus persönlichen Gründen auf sein im Wohnungsverband liegendes Arbeitszimmer ausweicht, kann das Vorliegen der Notwendigkeit verneint werden.* Da in dieser COVID-19-geprägten Zeit österreichweit massive Ausgangsbeschränkungen herrschten, kann hier nicht auf persönliche Gründe des DN geschlossen werden, sondern liegen offensichtlich für die Allgemeinheit geltende Gründe vor, der Tätigkeit nicht in den im Betrieb grundsätzlich vorgesehenen Räumlichkeiten nachzugehen.

ME nach ist es aufgrund der Zwangsläufigkeit – entsprechend des Gesetzeswortlautes und der zitierten Rsp – während dieser Zeit jedenfalls unstrittig, dass der Mittelpunkt zuhause war. Hierbei muss wohl eine wochenweise Betrachtung vorgenommen werden; in Wochen, in denen Homeoffice vorgeschrieben war, müsste demnach ein aliquoter Ansatz der Aufwendungen zulässig sein.

Wenn man den Sachverhalt bzw die aktuelle Situation des Arbeitens im Homeoffice unter den Tatbestand des § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG sauber subsumiert, ergibt sich, dass der Mittelpunkt der betrieblichen bzw beruflichen Tätigkeit als im Arbeitszimmer, das sich im Wohnungsverband befindet, zu qualifizieren ist, da aus Gründen der Ausgangssperre bzw wegen einer DG-Anweisung das im Betriebsverband liegende und zwar grundsätzlich für den DN zur Verfügung gestellte Arbeitszimmer faktisch gar nicht genützt werden kann. Demzufolge kann für den Zeitraum des Zwangs-Homeoffice dem Grunde nach nur ein im Wohnungsverband befindliches Zimmer als Arbeitszimmer dienen und müssen die dafür anfallenden Aufwendungen und Ausgaben abzugsfähig sein. Im Falle einer Mietwohnung sind nun jeweils anteilige Miet- und Betriebskosten (Beheizung, Beleuchtung, sonstige Betriebskosten) sowie Prämien zur Haushaltsversicherung* abzugsfähig. Bei im Eigentum befindlichen Wohnungen oder Häusern können außerdem AfA und Fremdfinanzierungskosten als Werbungskosten bzw Betriebsausgaben angesetzt werden.*

2.2.
Zukünftiger Arbeitszimmer-Pauschbetrag?

Als erster Teil der Steuerreform per 1.1.2021 sollen Erleichterungen in Bezug auf den Ansatz eines häuslichen Arbeitszimmers in Kraft treten,* zumal ein an den Ministerrat herangetragener Antrag bereits am 26.2.2020 antragsgemäß abgesegnet wurde. Dieser enthält Bestrebungen, den steuerlichen Terminus „Arbeitszimmer“ an die technischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der digitalen Zeit anzupassen. Es soll die Absetzbarkeit von Arbeitszimmern bis maximal € 1.200,- jährlich (= € 100,- pro Monat) insb für Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) erleichtert werden, sofern kein anderer passender Platz zur Verfügung gestellt werden kann.*

3.
Auf den Punkt gebracht

ME nach ist die restriktive Regelung im EStG zur Absetzbarkeit der mit einem häuslichen Arbeitszimmer in Zusammenhang stehenden Aufwendungen in der Zeit, in der Homeoffice und flexible 451 Arbeitszeitmodelle absolut im Trend liegen, eher eine überholte. Und aktuell durchgeführte Umfragen zeigen eines ganz deutlich: Mehr als 70 % der befragten DN wünschen sich in der Frage, ob Homeoffice ja oder nein, mehr Mitentscheidungsrechte.* Außerdem bin ich der Meinung, dass während der zwangsweisen Homeoffice- Wochen ein Ansatz als Betriebsausgabe bzw Werbungskosten wohl zulässig sein muss. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn der Vortrag an den Ministerrat das ermöglicht, was bereits seit langer Zeit überfällig ist: nämlich eine einfach handhabbare Regelung, die dem modernen Arbeitsleben entspricht. Der beste Anreiz, an den bestehenden Regeln betreffend Abzugsfähigkeit von im Wohnungsverband befindlichen Arbeitszimmern etwas zum Wohle der arbeitenden Bevölkerung zu ändern, ist brandaktuell: Die Bekämpfung und Überwindung der Pandemie durch die Ausweitung von Homeoffice-Arbeitsplätzen und ebendas kann nur mit einem „Steuerzuckerl“ seitens der Regierung einhergehen. Denn je mehr Menschen das Homeoffice schmackhaft gemacht werden kann, desto weniger werden sich tagtäglich den Weg zur Arbeit bahnen und potenziell Mitmenschen anstecken bzw angesteckt werden.