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Beendigung oder Aussetzung?

GREGORKALTSCHMID

Der Kl war bereits viele Jahre bei der Bekl als Schlosser beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis waren die Bestimmungen über die Abfertigung Alt anzuwenden. Ende Jänner 2019 vereinbarten die Parteien, dass das Arbeitsverhältnis ab 1.2.2019 für die Dauer von vier Wochen „unterbrochen“ werden sollte. Die Initiative ging dabei allein vom Kl aus, weil er „private Dinge“ zu erledigen habe. Da der Geschäftsführer der Bekl dem Kl, einem verdienstvollen, langjährigen Mitarbeiter, entgegenkommen wollte, war er mit dieser Vereinbarung trotz sehr guter Auftragslage einverstanden, Voraussetzung war aber die Limitierung mit vier Wochen. Eine Notwendigkeit zu einem arbeitsbedingten Mitarbeiterabbau bestand nicht. Vereinbart war, dass der Kl nach vier Wochen seine Arbeit wiederaufzunehmen hat. Von ihm wurden weder das Diensthandy, noch die Schlüssel oder die Arbeitskleidung zurückverlangt. Die Baustellenausweise blieben aktiv, das Handy angemeldet. Auch erstellte die Bekl keine Endabrechnung.

Mitte Februar teilte der Kl der Bekl mit, dass er nicht mehr arbeiten komme, weil er eine neue Arbeit gefunden habe. Die Bekl ging davon aus, dass dies eine AN-Beendigung darstellte und erstellte dementsprechend eine Endabrechnung ohne Abfertigung. Diese Abfertigung klagte der Kl gegenständlich ein.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Sie gingen von einer Karenzierung des Arbeitsverhältnisses aus. Dies obwohl die Bekl den Kl mit dem Abmeldegrund einer einvernehmlichen Auflösung 404 per 1.2.2019 von der Krankenkasse abgemeldet hatte.

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück und führte aus:

Nach der Rsp ist zwischen Aussetzungsvereinbarungen, die ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen, einerseits und Wiedereinstellungszusagen und -vereinbarungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses andererseits wegen der damit verbundenen unterschiedlichen Folgen zu unterscheiden. Bei einer bloßen Karenzierung wird der Arbeitsvertrag rechtlich nicht beendet; es werden nur die Hauptpflichten, die Arbeitspflicht und die Entgeltpflicht zum Ruhen gebracht. Eine echte Karenzierung ist daher mit einer Wiedereinstellungszusage oder einer -vereinbarung nicht in Einklang zu bringen, weil jede „Wiedereinstellung“ zwangsläufig eine vorherige Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Ob die Parteien eine Unterbrechung oder eine – keine Beendigung oder Unterbrechung darstellende – Karenzierung des Arbeitsverhältnisses vereinbart haben, ist aus dem nach §§ 914 ff ABGB unter Erforschung der wahren Parteienabsicht zu ermittelnden Inhalt der zwischen den Arbeitsvertragsparteien abgeschlossenen Vereinbarung zu beurteilen. Hierbei ist nicht so sehr auf die Wortwahl der Parteien, sondern auf die von ihnen bezweckte Regelung der gegenseitigen Rechtsbeziehungen abzustellen. Entscheidend ist, ob aufgrund einer Gesamtsicht die Merkmale, die für das Vorliegen einer Unterbrechungsvereinbarung sprechen, gegenüber den Merkmalen, die auf das Vorliegen einer bloßen Karenzierungsvereinbarung hindeuten, überwiegen. Diese Frage kann immer nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls beantwortet werden. Sie erfüllt daher regelmäßig nicht die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO.

Der OGH sieht die von den Unterinstanzen vorgenommene Beurteilung, dass die Parteien im vorliegenden Fall ihre vertragliche Bindung nicht abbrechen, sondern – ungeachtet der gegenüber der Krankenkasse abgegebenen Erklärung – lediglich auf eine bestimmte, von vornherein festgelegte Zeit suspendieren wollten, als nicht korrekturbedürftig an. Daran, dass bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aller Umstände von einer Karenzierung auszugehen sei, könne auch der Umstand, dass der Kl Arbeitslosengeld bezogen habe, nichts Wesentliches ändern.

Entgegen der Meinung des Kl ergibt sich aus der von ihm zitierten OGH-E vom 23.7.2019, 9 ObA 35/19s, kein Judikaturwandel dahin, dass nicht mehr auf die Absicht der Parteien, sondern ausschließlich auf objektive Merkmale – wie den Bezug von Leistungen aus der AlV – abzustellen wäre. Vielmehr kam der OGH im dortigen Fall auch erst aufgrund einer Gesamtsicht zu dem Schluss, dass die für eine echte Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses iS einer Beendigung sprechenden Gründe überwiegen würden. Ausschlaggebend war, dass im Vergleichsfall – neben einer zu einem noch nicht näher konkretisierten Zeitpunkt in Aussicht gestellten Wiederbeschäftigung – eine saisonbedingte Abmeldung vorlag, um dem dortigen Kl zur Überbrückung den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen. Abgesehen davon, dass im Einzelfall die Erforschung des Parteiwillens auch in einem derartigen Fall zum gegenteiligen Ergebnis führen kann, steht eine solche (eine echte Unterbrechung indizierende) Parteienabsicht im Anlassfall nicht fest. Vielmehr stützen die Feststellungen, dass der Wiederantritt des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf von vier Wochen von vornherein fixiert war, eine Endabrechnung nicht stattfand und die Vereinbarung ausschließlich über Wunsch des Kl und nicht aus betrieblichen Gründen erfolgte, die Rechtsansicht des Berufungsgerichts. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.