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Rückzahlungspflicht angefochtener Entgeltzahlungen: Keine Ausweitung der Sicherungsgrenzen des IESG durch § 7 Abs 7 IESG

 BETTINANUNNER-KRAUTGASSER (GRAZ)
  1. Zweck des IESG ist eine sozialversicherungsrechtliche Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Ansprüchen von AN im Fall der Insolvenz ihres AG. Versichertes Risiko ist demnach im Kernbereich die von den AN typischerweise nicht selbst abwendbare und absicherbare Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlustes ihrer Entgeltansprüche, auf die sie typischerweise zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts sowie des Lebensunterhalts ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen angewiesen sind.

  2. Die Bestimmung des § 7 Abs 7 IESG ist so auszulegen, dass der angeordnete Übergang der Rückzahlungsverpflichtung für anfechtbare Zahlungen vom AN auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds voraussetzt, dass für die Forderung, die der angefochtenen Zahlung zugrunde liegt, ein Anspruch des AN auf Insolvenz-Ausfallgeld bestand. Eine Ausweitung der Sicherungsgrenzen des IESG ist mit dieser Bestimmung nicht verbunden.

  3. Der Kl hat Gründe für einen ausnahmsweisen Kostenersatzanspruch nach Billigkeit gem § 77 Abs 1 Z 2 ASGG darzulegen.

Der Kl war von 16.7.2012 bis 15.4.2015 bei der X GmbH beschäftigt, über deren Vermögen am 10.4.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Das Dienstverhältnis endete durch Austritt gem § 25 IO.

Der Kl hatte von seiner AG zunächst fristgerecht sein Entgelt erhalten, dann kam es zu zunehmend verzögerten Gehaltszahlungen. Zuletzt waren nur noch zwei oder drei von ursprünglich zehn Mitarbeitern beschäftigt und Zahlungen erfolgten keine mehr. Am 13.3.2015 erhielt der Kl, der seinen Chef um Zahlung offenen Entgelts gebeten hatte, noch sein Gehalt für Juni 2014 samt Urlaubszuschuss 2014 in der Höhe von insgesamt 2.806,01 €. Am 10.4.2015 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kl meldete am 28.5.2015 eine Gesamtforderung von 19.429 € an offenem Entgelt für Juli 2014 bis April 2015 einschließlich Sonderzahlungen für Jänner bis April 2015 im Insolvenzverfahren an und zahlte dafür 22 € Eingabengebühr. Das Entgelt für Oktober 2014 bis April 2015 samt Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration sowie Kündigungsentschädigung für 16.4. bis 15.6.2015 (unter Anrechnung des Arbeitsmarktservice-[AMS-]Bezuges) sowie die Eingabengebühr für die Forderungsanmeldung (22 €) erhielt der Kl vom Insolvenz-Entgelt-Fonds (insgesamt 14.447,56 €).

Die Insolvenzverwalterin der Schuldnerin erklärte, die Zahlung vom 13.3.2015 über den Betrag von 2.806 € gem § 31 IO anzufechten. Am 15.7.2015 meldete der Kl daraufhin im Insolvenzverfahren die angefochtene Forderung in Höhe von 2.806 € netto an, wofür er 22 € Eingabengebühr zahlte.

Der Kl begehrt, die Bekl schuldig zu erkennen, an die Insolvenzmasse der Schuldnerin 2.806 € (netto) zu zahlen und ihm die Eingabengebühr von 22 € zu ersetzen. Die von der Insolvenzverwalterin angefochtene Zahlung sei von der Bestimmung des § 7 Abs 7 IESG erfasst; auf eine zeitliche Beschränkung der Ansprüche gegen die Bekl gem § 3a IESG sei hier nicht Bedacht zu nehmen.

Die Bekl wendete zusammengefasst ein, der Gesetzgeber toleriere nur ein Zuwarten des AN von sechs Monaten für Gehaltsforderungen. Auch im Fall der Anfechtung einer Zahlung gebühre Insolvenz-Entgelt nur für solche Ansprüche, die nach dem IESG gesichert seien. Das Verschieben der Rückzahlungsverpflichtung bei anfechtbaren Zahlungen vom AN an den Insolvenz-Entgelt-Fonds diene der administrativen Vereinfachung, könne aber nicht zu einer Ausweitung der Sicherungsgrenzen des IESG führen. Ein nach dem IESG nicht gesicherter Anspruch bleibe auch dann ungesichert, wenn eine Zahlung vom AG erfolge und diese danach vom Insolvenzverwalter angefochten werde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kl habe den in § 3a Abs 1 IESG normierten Sicherungszeitraum für seine Forderungen ausgeschöpft; für den länger als sechs Monate zurückliegenden Zeitraum stehe ihm kein Lohn (mehr) zu. Auch bei Anwendung des § 7 Abs 7 IESG sei ein nach § 3a Abs 1 IESG gesicherter Anspruch vorausgesetzt. Die geänderte Rückzahlungsverpflichtung bei anfechtbaren Zahlungen vom AN auf den Insolvenz-Entgelt-Fonds habe nicht zur Folge, dass die Sicherungsgrenzen des IESG unbeachtlich wären.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn ab. Aus dem Wortlaut des § 7 Abs 7 IESG ergebe sich kein Hinweis auf eine Beschränkung angefochtener Zahlungen auf gesicherte Ansprüche. Die Novellierung des IESG aus dem Jahr 1997, in der die Wortfolge „im Ausmaß des zuzuerkennenden Insolvenz-Ausfallgeldes“ entfernt worden sei, spreche dafür, dass die Verpflichtung499zur Rückerstattung auf die Bekl auch dann übergehe, wenn der Sicherungszeitraum des § 3a Abs 1 IESG bereits erschöpft gewesen sei. Hier gehe es um die Abfederung der mit einer Verpflichtung zur Rückzahlung lange nach Fälligkeit erhaltener Entgelte verbundenen Härten, auch wenn damit eine Ausweitung des Sicherungszeitraums verbunden sei. Eine entsprechende Klarstellung der Sicherungsgrenzen sei Aufgabe des Gesetzgebers. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Auslegung des § 7 Abs 7 IESG keine Rsp des OGH vorliege.

Die Bekl beantragt in ihrer Revision, die Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde.

Der Kl beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist auch berechtigt.

1. Gem § 3a Abs 1 erster Satz IESG gebührt Insolvenz-Ausfallgeld für das dem AN gebührende Entgelt einschließlich Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag (§ 3 Abs 1 IESG) oder – sofern das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag endete – in den letzten sechs Monaten vor dessen arbeitsrechtlichem Ende fällig geworden ist. Für länger zurückliegende Entgeltforderungen steht Insolvenz-Ausfallgeld nur unter besonderen, im Gesetz näher geregelten Voraussetzungen zu.

Nach stRsp ist der Zweck des IESG eine sozialversicherungsrechtliche Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Ansprüchen von AN im Falle der Insolvenz ihres AG. Versichertes Risiko ist demnach im Kernbereich die von den AN typischerweise nicht selbst abwendbare und absicherbare Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlustes ihrer Entgeltansprüche, auf die sie typischerweise zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts sowie des Lebensunterhalts ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen angewiesen sind (RIS-Justiz RS0076409; siehe auch Liebeg, IESG3 § 3a Rz 23). Mit diesem Zweck ist es allgemein nicht vereinbar, längst zurückliegende (weil lange stehen gelassene) Ansprüche, die mit der Sicherung des laufenden Lebensunterhalts in keinen Zusammenhang mehr gebracht werden können, dem Schutzzweck des IESG zu unterstellen (8 ObS 200/02y).

2.1 Unter bestimmten Voraussetzungen können Entgeltzahlungen, die ein AN bereits erhalten hat, nach Bestimmungen der IO oder der AnfO angefochten werden. Sofern der AN durch eine solche Anfechtung zur Rückerstattung erhaltener Entgeltzahlungen verpflichtet wird, kommt ihm für seine – dann wieder offenen – Gehaltsforderungen im Insolvenzverfahren über das Vermögen seiner AG grundsätzlich ein Anspruch auf Insolvenz-Entgelt zu.

2.2 § 7 Abs 7 IESG lautet: „Ist unter Bedachtnahme auf § 1 Abs 3 Z 1 der Anspruchsberechtigte aufgrund eines Urteiles nach der Insolvenzordnung oder der Anfechtungsordnung verpflichtet, erhaltene Zahlungen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (freien Dienstverhältnis, Auftragsverhältnis) zurückzuerstatten, so geht diese Verpflichtung mit der rechtzeitigen Beantragung (§ 6 Abs 1) auf den Insolvenz-Entgelt-Fonds über. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der Anspruchsberechtigte aufgrund einer nachweislich ihm zugegangenen schriftlichen Aufforderung solche Zahlungen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (freien Dienstverhältnis, Auftragsverhältnis) zurückzuerstatten hat.

Dieser Abs 7 wurde § 7 IESG durch die IESG-Novelle 1992, BGBl 835/1992, angefügt. Er sollte – so die Gesetzesmaterialien – „das Verfahren vereinfachen“, indem der Insolvenz-Entgelt-Fonds anfechtbare Zahlungen, die der Masseverwalter von einem AN forderte, (nach fristgerechtem Antrag des AN auf Insolvenz-Ausfallgeld) nun direkt an die Masse leisten sollte (ErlRV 738 BlgNR 18. GP 6). Diese Bestimmung sah in ihrer ursprünglichen Fassung den Übergang der Zahlungsverpflichtung auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds „im Ausmaß des zuzuerkennenden Insolvenz-Ausfallgeldes“ vor. In dieser Fassung bestand daher kein Zweifel daran, dass der Übergang der Zahlungsverpflichtung auf den Fonds im gleichen Umfang einen Anspruch des AN auf Insolvenz-Ausfallgeld voraussetzte. Die damalige Fassung der Bestimmung war allerdings noch auf den Anfechtungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 1 KO beschränkt und hatte daher zunächst keine praktische Bedeutung, weil bei Gehaltszahlungen eine inkongruente Deckung nicht vorliegen konnte (Liebeg, IESG3 § 7 Rz 24).

Durch die IESG-Novelle 1997, BGBl I 107/1997, wurde § 7 Abs 7 IESG neu formuliert und auf alle Anfechtungstatbestände der IO und der AnfO erweitert. Die nun angeordnete „Bedachtnahme“ auf § 1 Abs 3 Z 1 IESG (nach dem kein Insolvenz-Entgelt für Ansprüche gebührt, die durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworben wurden) stellt klar, dass ein Übergang der Zahlungsverpflichtung vom AN auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nur stattfinden kann, wenn bloß die vom AN erhaltene Zahlung anfechtbar ist, nicht aber auch dann, wenn etwa der Gehaltsanspruch selbst bereits anfechtbar erworben worden ist (ErlRV 737 BlgNR 20. GP 11). Ein Übergang der Zahlungsverpflichtung kommt daher von vornherein nicht in Betracht, wenn der Anspruch auf die erhaltene Zahlung durch eine (iSd IO oder der AnfO) anfechtbare Rechtshandlung erworben wurde (siehe etwa Liebeg, IESG3 § 1 Rz 480: zB durch Vereinbarung einer Vordienstzeitenanrechnung von zehn Jahren bei einem 22-jährigen AN). Auf die frühere Wortfolge „im Ausmaß des zuzuerkennenden Insolvenz-Ausfallgeldes“ gehen die Gesetzesmaterialien weder anlässlich der IESG-Novelle 1992, durch die sie Eingang in die Bestimmung gefunden hat, noch anlässlich der IESG-Novelle 1997, in deren Neuformulierung sie entfallen ist, ein.

2.3 Die Bestimmung des § 7 IESG trägt die Überschrift „Entscheidung und Auszahlung“ und enthält Regelungen über die Bindung der (jeweils gem § 5 IESG zuständigen) Geschäftsstelle an gerichtliche Entscheidungen, über das Verfahren und über die Entscheidungen der Geschäftsstelle sowie über die Auszahlung des zuerkannten Insolvenz-Ausfallgeldes.500

2.4 Es ist zwar richtig, dass – wie das Berufungsgericht argumentiert – der Wegfall des erwähnten Einschubs und die (dadurch) offene Formulierung des § 7 Abs 7 IESG nur nach ihrem Wortsinn auch eine weite Auslegung hinsichtlich aller angefochtenen Entgeltzahlungen eines AN, zu deren Rückzahlung er verpflichtet wird (oder werden könnte), zulassen würde. Eine solche isolierte Betrachtung dieser Bestimmung begegnet jedoch erheblichen systematischen Bedenken: Sowohl die Bezugnahme des § 7 Abs 7 IESG auf gem § 1 Abs 3 Z 1 IESG von vornherein ausgeschlossene Ansprüche, als auch die Positionierung dieses Absatzes und der mit ihm laut den Gesetzesmaterialien verfolgte Zweck der Verfahrensvereinfachung spricht – wie die Bekl dies stets eingewendet hat – dafür, dass die allgemeinen Sicherungsgrenzen des IESG durch den Übergang der (bloßen Auszahlungs-)Verpflichtung bei anfechtbaren Zahlungen vom AN auf den Fonds nicht erweitert wurden, sondern auch in diesem Zusammenhang zu beachten sind. § 7 Abs 7 IESG stellt selbst keine eigene, zusätzliche Anspruchsgrundlage dar, auf die sich ein AN, der eine anfechtbare Geldleistung erhalten und diese zurückzuerstatten hat, auch in solchen Fällen berufen könnte, in denen er (im direkten Weg) gegenüber dem Fonds für die der Zahlung zugrunde liegende Forderung keinen Insolvenz-Ausfallgeld-Anspruch gehabt hätte. Auch der Entfall der erwähnten Wortfolge im Zuge der Novellierung lässt nämlich keine entsprechende Absicht des Gesetzgebers dahin erkennen, dass durch diese Bestimmung eine über den allgemeinen Schutzumfang des IESG zugunsten der AN hinausgehende Überwälzung des Finanzierungsrisikos von Unternehmen auf den Fonds vorgenommen werden sollte.

2.5 Zusammengefasst ist die Bestimmung des § 7 Abs 7 IESG daher so auszulegen, dass der angeordnete Übergang der Rückzahlungsverpflichtung für anfechtbare Zahlungen vom AN auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds voraussetzt, dass für die Forderung, die der angefochtenen Zahlung zugrunde liegt, ein Anspruch des AN auf Insolvenz-Ausfallgeld bestand. Eine Ausweitung der Sicherungsgrenzen des IESG ist mit dieser Bestimmung nicht verbunden.

Im Anlassfall kann der Kl daher für die von seinem früheren AG am 13.3.2015 erhaltene Zahlung für offenes Entgelt für Juni 2014 samt Urlaubszuschuss, für das er gem § 3a Abs 1 IESG nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 10.4.2015 kein Insolvenz-Entgelt erhalten hätte, aus der Anfechtung dieser Zahlung durch die Insolvenzverwalterin keinen Anspruch gegen die Bekl auf Zahlung an die Insolvenzmasse ableiten. Die klagsabweisende Entscheidung des Erstgerichts war daher wiederherzustellen. [...]

ANMERKUNG

Die vorliegende E beschäftigt sich mit dem Anwendungsbereich des § 7 Abs 7 IESG: Nach dieser Bestimmung geht die Verpflichtung eines AN, nach der Insolvenzordnung (IO) oder Anfechtungsordnung (AnfO) anfechtbare Zahlungen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (freien Dienstverhältnis, Auftragsverhältnis) zurückzuerstatten, mit der rechtzeitigen Beantragung (§ 6 Abs 1 IESG) auf den Insolvenz-Entgelt-Fonds über. Die zentrale Frage lautet dabei, ob die Rückzahlungsverpflichtung des Insolvenz-Entgelt-Fonds iSd § 7 Abs 7 IESG eng oder weit zu interpretieren ist: Kommt sie nur bei gem § 3a Abs 1 IESG gesicherten Ansprüchen in Betracht, oder bildet § 7 Abs 7 IESG eine eigenständige Anspruchsgrundlage für eine Zahlungspflicht des Insolvenz-Entgelt-Fonds? Im Kern geht es hier also um die in praxi überaus bedeutsame Reichweite der Sicherungsgrenzen des IESG. Eine tragfähige, systemkohärente Lösung erfordert vor allem eine sorgsame Berücksichtigung des Zwecks der Insolvenzentgeltsicherung im Allgemeinen und der (mittlerweile unmittelbaren) Zahlungsverpflichtung des Insolvenz-Entgelt-Fonds im Besonderen; nur so kann das Verhältnis von § 3a Abs 1 und § 7 Abs 7 IESG adäquat ermittelt werden. Beiden Erfordernissen hat der 8. Senat des OGH hier in methodisch einwandfreier Weise Rechnung getragen; der E ist damit zuzustimmen.

1.
Zweck der Insolvenzentgeltsicherung und der Zahlungsverpflichtung des Insolvenz-Entgelt-Fonds

Wie der 8. Senat zutreffend ausführt, bezweckt das IESG eine sozialversicherungsrechtliche Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Ansprüchen von AN im Fall der Insolvenz ihres AG. Versichertes Risiko ist daher im Kernbereich die – von den AN typischerweise nicht selbst abwendbare und absicherbare – Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlusts ihrer Entgeltansprüche, auf die sie typischerweise zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts sowie des Lebensunterhalts ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen angewiesen sind (RIS-Justiz RS0076409; Liebeg, IESG3 § 3a Rz 23). Schon diese – völlig unbestrittene – Zweckbestimmung weist auf eine tendenziell enge Interpretationslinie hin: Stets steht das Kriterium der Bestreitbarkeit des eigenen Lebensunterhalts des AN bzw des Lebensunterhalts der unterhaltsberechtigten Angehörigen im Mittelpunkt. Daher ist insb auch der Judikatur zuzustimmen, die längst zurückliegende (lange stehen gelassene) Ansprüche, die mit der Sicherung des laufenden Lebensunterhalts in keinen Zusammenhang mehr gebracht werden können, nicht dem Schutzzweck des IESG unterstellt (vgl insb OGH 7.11.2002, 8 ObS 200/02y).

Was die Zahlungsverpflichtung des Insolvenz-Entgelt-Fonds angeht, so gilt Folgendes: Die Verpflichtung zur unmittelbaren Zahlung in die Masse gem § 7 Abs 7 IESG wurde (erst) durch die IESG-Novelle 1992, BGBl 1992/835, geschaffen. Dahinter stand aber nicht etwa der Gedanke, eine neue materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für eine direkte Zahlungspflicht zu kreieren. Vielmehr bezweckte diese Norm von Anfang an lediglich eine Verein-501fachung des Procedere: Statt eines zweistufigen Vorgangs (Rückleistung anfechtbarer Zahlungen an die Masse durch den AN, Erstattung an den AN durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds) sollte ein einfacheres, einstufiges Verfahren Platz greifen, bei dem der Insolvenz-Entgelt-Fonds anfechtbare Zahlungen, die der Masseverwalter von einem AN forderte, (nach fristgerechtem Antrag des AN auf Insolvenz-Ausfallgeld) direkt an die Masse zu leisten hat (ErläutRV 738 BlgNR 18. GP 6). Auch dieser Umstand legt eine tendenziell enge Auslegung nahe.

2.
Anwendungsbereich des § 7 Abs 7 IESG

In seiner Originalfassung war der Anwendungsbereich des § 7 Abs 7 IESG noch eindeutig festgelegt: Da diese Norm einen Übergang der Zahlungsverpflichtung des Fonds (nur) „im Ausmaß des zuzuerkennenden Insolvenz-Ausfallgeldes“ vorsah, konnte nicht bezweifelt werden, dass ein entsprechender Anspruch des AN auf Insolvenz-Ausfallgeld Voraussetzung für den Übergang war. Wie Liebeg (IESG3 § 7 Rz 24) zutreffend ausführt, war die ursprüngliche Fassung des § 7 Abs 7 IESG freilich noch praktisch bedeutungslos, weil sie nur den Anfechtungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 1 Konkursordnung (KO) aF erfasste, bei Gehaltszahlungen jedoch keine inkongruente Deckung vorliegen konnte.

Dies änderte sich mit der IESG-Novelle 1997, BGBl I 1997/107, durch die § 7 Abs 7 IESG auf sämtliche Anfechtungstatbestände der IO und der AnfO ausgedehnt wurde. Im Rahmen dieser Novelle wurde die Bestimmung zudem (allerdings leider zT wenig glücklich) umformuliert: Zweckmäßig ist zunächst die damals explizit geregelte „Bedachtnahme“ auf § 1 Abs 3 Z 1 IESG, wonach kein Insolvenz-Entgelt für Ansprüche gebührt, die durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworben wurden. Damit wurde klargestellt, dass den Fonds dann keine Zahlungspflicht trifft, wenn bereits der Gehaltsanspruch selbst anfechtbar erworben wurde (ErläutRV 737 BlgNR 20. GP 11). Eine Pflicht zur direkten Zahlung in die Masse kommt vielmehr nur dann in Frage, wenn lediglich die Zahlung an den AN als solche anfechtbar ist (vgl Liebeg, IESG3 § 7 Rz 25). Weniger glücklich war allerdings die (in den Gesetzesmaterialien nicht erläuterte) Streichung der Wortfolge „im Ausmaß des zuzuerkennenden Insolvenz-Ausfallgeldes“. Völlig zu Recht lehnt der 8. Senat allerdings überzogene Schlussfolgerungen aus dieser Streichung ab: Zwar käme – bei reiner Wortinterpretation – (auch) eine weite Auslegung in Frage, die auf eine Zahlungspflicht des Fonds hinsichtlich aller anfechtbarer Entgeltzahlungen an einen AN – unabhängig von den Sicherungsgrenzen des IESG – hinauslaufen würde. Dies würde § 7 Abs 7 IESG (jedenfalls zT) zu einer eigenständigen Anspruchsgrundlage für eine Zahlungspflicht des Insolvenz-Entgelt-Fonds aufwerten. Ein solches Ergebnis scheitert aber nicht nur daran, dass diese Auslegung eine über den allgemeinen Schutzumfang des IESG zugunsten der AN hinausgehende (und daher als unangemessen abzulehnende) Überwälzung des Finanzierungsrisikos von Unternehmen auf den Insolvenz-Entgelt-Fonds mit sich brächte.

Ausschlaggebend sind hier vor allem systematische sowie teleologische Erwägungen: Da die Bestimmung des § 7 IESG von ihrer systematischen Stellung her eine Regelung betreffend das Verfahren – also grundsätzlich eine formell-rechtliche Norm – ist, hätte eine darin inkludierte Regelung über die Schaffung einer neuen (materiell-rechtlichen) Anspruchsgrundlage wohl ungleich deutlicher ausfallen müssen. Vor allem aber wird eine derart extensive Interpretation weder dem – oben erwähnten – Zweck des IESG noch dem (durchaus eingeschränkten, nämlich auf bloße Verfahrensvereinfachung konzentrierten) Zweck der direkten Zahlungspflicht des Fonds in die Masse gerecht. Der Anwendungsbereich des § 7 Abs 7 IESG ist damit ein enger; er ist durch die allgemeinen Sicherungsgrenzen des IESG abgesteckt.

3.
Ergebnis

Dem 8. Senat ist im Ergebnis vorbehaltlos zuzustimmen: § 7 Abs 7 IESG ist (nur) eine das Procedere erleichternde Norm, sie stellt hingegen keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar und geht auch mit keiner Ausweitung der allgemeinen Sicherungsgrenzen des IESG einher. Daher setzt der Übergang der (Rück-)Zahlungsverpflichtung für anfechtbare Zahlungen vom AN auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds voraus, dass der AN für die der angefochtenen Zahlung zugrunde liegende Forderung einen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld hatte.502