Bemessung des Arbeitslosengeldes und des Weiterbildungsgeldes bei EU-Wanderarbeitnehmern

SARAHBRUCKNER (WIEN)
Seit 1.5.2010 sind Leistungen der sozialen Sicherheit bei AN, die innerhalb der EU zu- und abwandern, gemäß der VO (EG) 883/2004 zu bemessen. Der vorliegende Beitrag beleuchtet Fragestellungen in Zusammenhang mit der Bemessung des Arbeitslosengeldes und des Weiterbildungsgeldes an der Schnittstelle von Europarecht und Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG). Während der VwGH mit dem Erk vom 10.9.2014, 2012/08/0239, hinsichtlich der Bemessung des Arbeitslosengeldes einige Klarstellungen getroffen hat, wirft die Bemessung des Weiterbildungsgeldes weiterhin Fragen auf.
  1. Wanderarbeitnehmer

  2. Bemessung des Arbeitslosengeldes bei Wanderarbeitnehmern

    1. Bemessung und Anwartschaft

      1. Anwartschaftszeiten in einem anderen EU-Mitgliedstaat

      2. Zwei Fallbeispiele

      3. Aktuelle Rechtsprechung

    2. Entgelt während der letzten Beschäftigung

  3. Exkurs: Grenzgänger

  4. Bemessung des Weiterbildungsgeldes bei Wanderarbeitnehmern

    1. Fragestellungen

    2. Weiterbildungsgeld – eine Leistung der sozialen Sicherheit iSd VO 883/2004?

    3. Ungleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern

    4. Weiterbildungsgeld – eine soziale Vergünstigung iSd Freizügigkeits-VO?

    5. Zulässige Ungleichbehandlung oder verbotene Diskriminierung?

    6. Lösungsvorschlag

  5. Zusammenfassung

1.
Wanderarbeitnehmer

AN, die innerhalb des Unionsgebietes zu- und abwandern, werden als Wander-AN (englisch: migrant workers) bezeichnet. Die AN-Freizügigkeit wurde bereits im EWG-Gründungsvertrag vom 25.3.1957 verankert und ist heute in Art 45 AEUV* geregelt. Zur Umsetzung der AN-Freizügigkeit wurden die VO (EWG) 1612/68 über die Freizügigkeit der AN innerhalb der Gemeinschaft und die VO (EWG) 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der AN und Selbständige sowie deren Familienangehörigen, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern erlassen. Mit 1.5.2010 wurde die VO (EWG)1408/71 durch das Inkrafttreten der VO (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ersetzt. Mit 16.6.2011 wurde die VO (EWG) 1612/68 durch das Inkrafttreten der VO (EU) 492/2011 über die Freizügigkeit der AN innerhalb der Union („Freizügigkeits-VO“) ersetzt.

2.
Bemessung des Arbeitslosengeldes bei Wanderarbeitnehmern

Das Arbeitslosengeld gebührt gem §§ 20 und 21 AlVG in Höhe von 55 % des Nettoeinkommens, allenfalls zuzüglich Familienzuschlag bzw Ergänzungsbetrag. Das Nettoeinkommen ist gem § 21 Abs 1 AlVG aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus sozialversicherungspflichtigem Entgelt des Vorjahres (bei Geltendmachung des Anspruchs nach 30.6.) bzw des Vorvorjahres (bei Geltendmachung des Anspruchs bis 30.6.) zu ermitteln. Liegt die Jahresbeitragsgrundlage des Vorjahres bzw Vorvorjahres nicht vor, so ist jeweils die letzte vorliegende Jahresbeitragsgrundlage eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen. Bei Wander-AN ist bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes die VO 883/2004 zu beachten. Die156 Bestimmungen der VO 883/2004 sind teilweise anstelle und teilweise iVm dem AlVG unmittelbar anwendbar. Gem Art 62 Abs 1 der VO 883/2004 ist bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes bei Wander-AN ausschließlich jenes Entgelt, das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung erhalten hat, heranzuziehen. Dies gilt gem Art 62 Abs 2 der VO 883/2004 ausdrücklich auch dann, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden Rechtsvorschriften ein bestimmter Bezugszeitraum für die Ermittlung des Entgelts vorgesehen ist.

2.1.
Bemessung und Anwartschaft
2.1.1.
Anwartschaftszeiten in einem anderen EU-Mitgliedstaat

Der Frage der Bemessung von Arbeitslosenversicherungsleistungen vorgelagert ist die Frage, ob die Anwartschaft erfüllt wurde. Nur bei erfüllter Anwartschaft steht eine Leistung aus der AlV zu und stellt sich in weiterer Folge die Frage nach deren Bemessung. Die Anwartschaft auf das Arbeitslosengeld ist im Falle einer erstmaligen Inanspruchnahme gem § 14 Abs 1 AlVG erfüllt, wenn in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches insgesamt 52 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung liegen. Bei jeder weiteren Inanspruchnahme ist die Anwartschaft gem § 14 Abs 2 AlVG erfüllt, wenn in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches insgesamt 28 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung liegen. Anwartschaft und Bemessung sind zwei voneinander getrennte Tatbestände. In § 21 Abs 7 AlVG wird zwischen den beiden Tatbeständen insoweit ein Konnex hergestellt, als dieser für Personen, die die erforderliche Anwartschaft durch Beschäftigungszeiten im Ausland erfüllen, bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes Sonderbestimmungen vorgibt. In Abweichung zur sonst geltenden Regelung des § 21 Abs 1 AlVG, wonach das Entgelt aus dem Vorjahr bzw Vorvorjahr maßgeblich ist, ist gem § 21 Abs 7 AlVG bei Personen, die die erforderliche Anwartschaft durch Beschäftigungszeiten im Ausland erfüllen, das im Inland erzielte Entgelt, dh das Entgelt aus der letzten Beschäftigung, maßgeblich (§ 21 Abs 7 Z 1 und Z 2). Dies entspricht im Wesentlichen Art 62 Abs 1 der VO 883/2004, wobei Art 62 Abs 1 der VO 883/2004 im Unterschied zu § 21 Abs 7 AlVG aber nicht danach differenziert, ob die Anwartschaftszeiten im Inland oder (auch) in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt wurden. Bevor im Folgenden die Auswirkungen dieser beiden unterschiedlichen Regelungen anhand von zwei Fallbeispielen gezeigt werden, sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass die VO 883/2004 bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes – indirekt – ebenfalls eine Differenzierung danach vornimmt, ob die Anwartschaftszeiten im Inland oder (auch) in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt wurden: Gem Art 65 Abs 2 letzter Satz der VO 883/2004 liegt die Zuständigkeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld beim letzten Beschäftigungsstaat (Ausnahme: Grenzgänger). Folgt einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat keine Beschäftigung im Inland, so wird im Inland keine Zuständigkeit betreffend den Anspruch auf Arbeitslosengeld begründet und stellt sich die Frage nach der Bemessung erst gar nicht.*

2.1.2.
Zwei Fallbeispiele

Fall 1: Frau G beantragt am 1.4.2014 das Arbeitslosengeld (weitere Inanspruchnahme). Sie war von 1.1. bis 31.3.2014 in Österreich beschäftigt. Davor war sie zwei Jahre (2012 und 2013) in Deutschland beschäftigt, davor in Österreich.

Fall 2: Frau F beantragt am 1.8.2014 das Arbeitslosengeld (weitere Inanspruchnahme). Sie war von 1.1. bis 31.7.2014 in Österreich beschäftigt. Davor war sie zwei Jahre (2012 und 2013) in Deutschland beschäftigt, davor in Österreich.

Bemessung im Fall 1: Frau G erfüllt die Anwartschaft nur durch Zusammenrechnung der Beschäftigungszeiten in Österreich und Deutschland. Durch die Beschäftigung in Österreich von 1.1. bis 31.3.2014 alleine ist die Anwartschaft nicht erfüllt. Es handelt sich um einen Anwendungsfall des § 21 Abs 7 AlVG. Das Arbeitslosengeld ist auf Basis der letzten Beschäftigung zu bemessen. Auch gem Art 62 Abs 1 der VO 883/2004 ist das Arbeitslosengeld auf Basis der letzten Beschäftigung zu bemessen.

Bemessung im Fall 2: Frau F erfüllt die Anwartschaft durch die Beschäftigung in Österreich von 1.1. bis 31.7.2014. Es liegt kein Anwendungsfall des § 21 Abs 7 AlVG vor. Bei Nichtanwendung der VO 883/2004 wäre das Arbeitslosengeld somit gem § 21 Abs 1 auf Basis des Entgelts aus der Beitragsgrundlage 2011 zu bemessen. Da das Vorvorjahr heranzuziehen wäre, Frau F aber 2012 und 2013 in Deutschland beschäftigt war (und daher für diese beiden Jahre keine Beitragsgrundlagen beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeichert sind), wäre das Jahr 2011 als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Gemäß der VO 883/2004 wäre auch in diesem Fall das Arbeitslosengeld auf Basis des Entgelts aus der letzten Beschäftigung zu bemessen. Was gilt nun also?

2.1.3.
Aktuelle Rechtsprechung

Mit dem Erk vom 10.9.2014, 2012/08/0239, stellt der VwGH erstmals klar, dass das Arbeitslosengeld nicht nur in jenen Fällen, in denen die Anwart-157schaftszeiten (auch) in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt wurden, auf Basis des Entgelts der letzten Beschäftigung zu bemessen ist, sondern auch dann, wenn die Anwartschaft zur Gänze im Inland erfüllt wurde, wenn in dem Zeitraum, der gem § 21 Abs 1 AlVG für die Bemessung heranzuziehen wäre, (auch) Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat liegen: „Fallen in den nach den nationalen Rechtsvorschriften geltenden Bezugszeitraum auch oder nur Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat, so ist nicht dieser Bezugszeitraum maßgeblich, sondern allein die – sei es auch kurzfristige – letzte Beschäftigung ...“. Dem Erk ist zuzustimmen.

Der VwGH scheint damit von seiner früheren Rsp zu Art 68 Abs 1 der VO 1408/71 (Vorgängerbestimmung des Art 62 Abs 1 der VO 883/2004) abzugehen. Laut dem Erk vom 21.11.2007, 2006/08/0233, war nach Ansicht des VwGH in jenen Fällen, in denen die Anwartschaft durch inländische Zeiten in ausreichendem Ausmaß erfüllt wurde, „kein Raum“ für die Anwendung der VO 1408/71. Das Arbeitslosengeld war nach Ansicht des VwGH in diesen Fällen ausschließlich gem § 21 Abs 1 AlVG zu bemessen.

Das VwGH-Erk 2006/08/0233 ist nicht erst aufgrund des nunmehr ergangenen VwGH-Erk 2012/08/0239, sondern bereits mit Inkrafttreten der VO 883/2004 am 1.5.2010 obsolet geworden. Dies ergibt sich aus der Regelung des Art 62 Abs 2 der VO 883/2004, wonach bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes das Entgelt der letzten Beschäftigung ausdrücklich auch dann he ran zu ziehen ist, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden Rechtsvorschriften ein bestimmter Bezugszeitraum für die Ermittlung des Entgelts vorgesehen ist. Die VO 1408/71 hatte keine entsprechende Bestimmung enthalten. Der VwGH beschränkt sich in seiner Begründung des Erk 2012/08/0239 auf den Hinweis auf Art 62 Abs 2 der VO 883/2004. Es liegt somit keine Wende in der Rsp, sondern lediglich eine Anpassung an die seit 1.5.2010 geänderte Rechtslage vor.

2.2.
Entgelt während der letzten Beschäftigung

Neben der Frage, inwieweit die Erfüllung der Anwartschaft im Inland die Anwendung der VO 883/2004 bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes ausschließt, stellte sich weiters die Frage, welches Entgelt genau heranzuziehen ist, wenn gem Art 62 Abs 1 das „Entgelt während der letzten Beschäftigung“ heranzuziehen ist. Weder die VO 883/2004 noch deren Durchführungs-VO 987/2009 enthalten dazu nähere Angaben. Der VwGH setzte sich auch mit dieser Frage im Erk 2012/08/0239 erstmals auseinander. Bevor im Folgenden auf das Erk eingegangen wird, werden an dieser Stelle die Rechtsansichten von Felten* und Fuchs* wiedergegeben – dies vor allem, um zu zeigen, wie komplex sich die Auslegung von Unionsrecht mitunter gestaltet. Felten zufolge ist bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes gem Art 62 Abs 1 der VO 883/2004 soweit möglich nach § 21 Abs 1 AlVG vorzugehen. Es sei demnach das Vor(vor)jahr als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Je nachdem, wie lange die letzte Beschäftigung gedauert hat, sind drei Szenarien denkbar: 1. Die letzte Beschäftigung erstreckt sich über das gesamte Vor(vor-) jahr. 2. Die letzte Beschäftigung beginnt während des Vor(vor)jahres. 3. Die letzte Beschäftigung hat im Vor(vor)jahr noch nicht (sondern erst danach) begonnen.

Laut Felten ist das Arbeitslosengeld im ersten Szenario auf Basis des Entgelts des (Vor)vorjahres zu bemessen. Im zweiten Szenario habe das Vor(vor-) jahr unberücksichtigt zu bleiben, sofern in diesem auch Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat liegen; das Arbeitslosengeld sei in dem Fall nach dem Entgelt des nächstfolgenden Kalenderjahres zu bemessen. Im dritten Szenario bzw wenn noch keine Beitragsgrundlage vorliegt, sei das Arbeitslosengeld gem § 21 Abs 2 AlVG zu bemessen. Gem § 21 Abs 2 AlVG ist das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor Geltendmachung für die Bemessung des Arbeitslosengeldes heranzuziehen, wenn keine Jahresbeitragsgrundlage vorliegt.

Fuchs zufolge ist Art 62 Abs 1 der VO 883/2004 dahingehend auszulegen, dass ausschließlich das Entgelt während der letzten Beschäftigung heranzuziehen ist. Gemäß deutschem Recht (§ 150 Abs 1 SBG III) ist bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes das Entgelt des letzten Jahres heranzuziehen (wobei im Unterschied zum österreichischen AlVG nicht auf das Kalenderjahr, sondern auf das letzte Jahr ausgehend vom letzten Tag des Dienstverhältnisses abgestellt wird). Liegen im letzten Jahr Beschäftigungszeiten im Ausland und danach Beschäftigungszeiten im Inland, so ist laut Fuchs nur das im Inland erzielte Entgelt (Entgelt der letzten Beschäftigung) heranzuziehen. Diese Rechtsansicht bezieht sich nicht nur auf das deutsche Recht. Fuchs vertritt ganz allgemein, dass vom nationalen Recht vorgegebene Bezugszeiträume außer Acht zu lassen sind und ausschließlich die letzte Beschäftigung zu berücksichtigen ist.

Der VwGH hat mit dem Erk vom 10.9.2014, 2012/08/0239, ausgesprochen, dass in allen Fällen, in denen das Arbeitslosengeld aufgrund Art 62 Abs 1 der VO 883/2004 auf Basis des Entgelts während der letzten Beschäftigung zu bemessen ist, das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate (unter anteiliger Berücksichtigung der Sonderzahlungen) heranzuziehen ist. Im Wesentlichen folgt der VwGH damit der Rechtsansicht von Fuchs, da das Entgelt der letzten Beschäftigung herangezogen wird und vom nationalen Recht vorgegebene Bezugszeiträume außer Acht gelassen werden.

Aufgrund unterschiedlicher Rechtsansichten drängt sich die Frage nach der „richtigen“ Auslegung von Unionsrecht auf. Die Auslegung hat autonom zu erfolgen, dh „es ist eine in der gesamten Gemeinschaft einheitliche Auslegung zu geben, die unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs158und der mit der betreffenden Regelung verfolgten Zielsetzung zu ermitteln“ ist.* Bestimmungen des nationalen Rechts sind bei der Auslegung von Unionsrecht grundsätzlich nicht heranzuziehen, wobei die VO 883/2004 jedoch insofern einen Sonderfall darstellt, als es sich um Koordinierungsrecht handelt. Nationales Recht wird durch die VO teilweise verdrängt, größtenteils aber nur ergänzt. Erwägungsgrund 4 der Präambel der VO 883/2004 lautet: „Es ist notwendig, die Eigenheiten der nationalen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit zu berücksichtigen und nur eine Koordinierungsregelung vorzusehen.

Gemäß der Rsp des EuGH ist bei der Auslegung die Zielsetzung der jeweiligen Regelung zu berücksichtigen. So hat der EuGH in der Rs Ekro ausgesprochen, dass die VO 2787/81 „stillschweigend“ auf die in den Mitgliedstaaten gebräuchlichen Zerlegungs- und Entbeinungsmethoden von Rindfleisch verweise.* Zielsetzung der VO 2787/81 sei die Regelung von Erstattungsbeträgen bei der Ausfuhr von Fleisch, nicht aber die Regelung von Zerlegungs- und Entbeinungsmethoden. Indem der Gemeinschaftsgesetzgeber für diese keine Vorgaben gemacht habe, habe er sich mit den unterschiedlichen Bedeutungen dieser Begriffe in den einzelnen Mitgliedstaaten abgefunden.

Die Zielsetzung der VO 883/2004 ist die Koordinierung, nicht die Harmonisierung sozialrechtlicher Bestimmungen: Dass Felten bei der Auslegung von Art 62 der VO 883/2004 auf AlVG-Bestimmungen Bezug nimmt, ist daher zulässig. Da Art 62 Abs 2 der VO 883/2004 aber ausdrücklich anordnet, die laut nationalem Recht vorgesehenen Bezugszeiträume außer Acht zu lassen, ist es wenig überzeugend, wenn Felten gerade auf die im AlVG normierten Bezugszeiträume abstellt. Die Auslegung von Fuchs ist überzeugender, da sie dem Wortlaut des Art 62 Abs 2 Rechnung trägt und laut nationalem Recht vorgesehene Bezugszeiträume ignoriert. Für die konkrete Leistungshöhe kann es einen Unterschied machen, ob von der letzten Beschäftigung nur das Entgelt des letzten Monats der Beschäftigung oder ein Durchschnittsbetrag aus mehreren Monaten heran gezogen wird. Art 62 der VO 883/2004 macht dazu keine Vorgabe. Es ist daher ähnlich wie im Fall Ekro, ein „stillschweigender Verweis“ auf das nationale Recht anzunehmen. Der VwGH hat unter Verweis auf § 21 Abs 2 AlVG festgelegt, dass das Entgelt der letzten sechs Monate der letzten Beschäftigung heranzuziehen ist. Begründend führt der VwGH aus, dass auf die Regelung des § 21 Abs 2 AlVG „auf Grund ihrer Sachnähe“ abzustellen sei. § 21 Abs 2 AlVG regelt Fälle, in denen keine Jahresbeitragsgrundlage vorhanden ist. Dies ist laut VwGH auf Fälle übertragbar, in denen eine Jahresbeitragsgrundlage vorhanden, aber auf Grund der unionsrechtlichen Vorgaben nicht auf diese, sondern auf das während der letzten Beschäftigung erzielte Entgelt abzustellen ist. Dem ist zuzustimmen.

3.
Exkurs: Grenzgänger

Innerhalb der Wander-AN stellen die Grenzgänger eine besondere Gruppe dar. Es handelt sich um Personen, deren Lebensmittelpunkt nicht in jenem Mitgliedstaat liegt, in welchem der Beschäftigung nachgegangen wird. Sogenannte „echte Grenzgänger“ kehren gemäß der Legaldefinition des Art 1 lit f) der VO 883/2004 mindestens ein Mal wöchentlich in den Wohnstaat zurück, „unechte Grenzgänger“ seltener als ein Mal wöchentlich.* Bei Grenzgängern ist im Unterschied zu sonstigen Wander-AN nicht der letzte Beschäftigungsstaat, sondern der Wohnstaat für den Anspruch auf Arbeitslosengeld zuständig.* Das Arbeitslosengeld wird nicht gem Art 62 Abs 1, sondern gem Art 62 Abs 3 der VO 883/2004 bemessen. Es besteht Anspruch auf Arbeitslosengeld auf Basis jenes Entgelts, das die betreffende Person in dem Mitgliedstaat erhalten hat, dessen Rechtsvorschriften für sie während ihrer letzten Beschäftigung galten. Gem der Verwaltungspraxis des Arbeitsmarktservice* wird das Arbeitslosengeld bei Grenzgängern nach dem Entgelt, das innerhalb der letzten sechs Kalendermonate vor Geltendmachung im letzten Beschäftigungsstaat erzielt wurde, bemessen. Aufgrund des VwGH-Erk vom 10.9.2014, 2012/08/0239(welchem nicht ein Grenzgänger zugrunde lag), ist somit nunmehr gewährleistet, dass das Arbeitslosengeld bei allen Wander-AN einheitlich nach dem Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor Geltendmachung zu bemessen ist.

4.
Bemessung des Weiterbildungsgeldes bei Wanderarbeitnehmern
4.1.
Fragestellungen

Gem § 26 Abs 1 AlVG gebührt Personen, die eine Bildungskarenz gem § 11 oder eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gem § 12 AVRAG in Anspruch nehmen und die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erfüllen, für die vereinbarte Dauer ein Weiterbildungsgeld in der Höhe des Arbeitslosengeldes, mindestens jedoch in der Höhe des Kinderbetreuungsgeldes gem § 3 Abs 1 KBGG. Gem § 26 Abs 4 AlVG muss die karenzierte Person vor Inanspruchnahme der Bildungskarenz aus dem nunmehr karenzierten Arbeitsverhältnis ununterbrochen sechs Monate arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein.

Die Bemessung des Weiterbildungsgeldes erfolgt auf dieselbe Weise wie die Bemessung des Arbeitslosengeldes (§ 26 iVm §§ 20 und 21 AlVG). In Bezug auf Wander-AN ergeben sich daher bei der Bemessung des Weiterbildungsgeldes ähnliche Fragestellungen wie bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes. Folgende zwei Fragestellungen sind von besonderem Interesse: 1. Wie ist das Weiter-159bildungsgeld zu bemessen, wenn die Anwartschaft zur Gänze im Inland erfüllt wurde (siehe § 21 Abs 7 AlVG)? 2. Wie ist das Weiterbildungsgeld zu bemessen, wenn für das Jahr, das gem § 21 Abs 1 AlVG für die Bemessung heranzuziehen ist, keine Beitragsgrundlage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeichert ist, da die betreffende Person in diesem Jahr in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigt war? Liefert das oben erwähnte VwGH-Erk vom 1.9.2014, 2012/08/0239, auch in Bezug auf das Weiterbildungsgeld die Antworten?

4.2.
Weiterbildungsgeld – eine Leistung der sozialen Sicherheit iSd VO 883/2004?

Der sachliche Geltungsbereich der VO 883/2004 umfasst Leistungen der sozialen Sicherheit, darunter Leistungen bei Arbeitslosigkeit (Art 3 Abs 1 lit h). Ob es sich beim Weiterbildungsgeld um eine Leistung bei Arbeitslosigkeit handelt, ist fraglich. Laut Spiegel* werden „im Wesentlichen“ die Leistungen nach dem AlVG vom Geltungsbereich der VO 883/2004 erfasst. Laut Krapf/Keul* fällt das Weiterbildungsgeld nicht in den Geltungsbereich. Da die VO 883/2004 hinsichtlich „Leistungen bei Arbeitslosigkeit“ weder eine Legaldefinition noch einen Verweis auf nationales Recht enthält, bedarf dieser Begriff der Auslegung.

Da für die Gewährung von Weiterbildungsgeld ein aufrechtes (wenn auch karenziertes) Dienstverhältnis vorliegen muss und Arbeitslosigkeit iSd § 12 AlVG gerade nicht gegeben sein darf, ist das Weiterbildungsgeld nicht als Leistung bei Arbeitslosigkeit iSd AlVG zu qualifizieren. Diese nationale Qualifikation ist aber nicht maßgeblich. Die Auslegung der VO hat im unionsrechtlichen Sinn autonom zu erfolgen (siehe auch Pkt 2.2.).

Gemäß der stRsp des EuGH* kann eine Leistung ua nur dann als Leistung der sozialen Sicherheit betrachtet werden, wenn sie sich auf eines der in der VO* ausdrücklich aufgezählten Risiken bezieht. Eine Leistung bei Arbeitslosigkeit deckt das Risiko des Einkommensverlustes, den der AN wegen des Verlustes seiner Beschäftigung erleidet, während er noch arbeitsfähig ist. Sie wird aufgrund des Eintritts des Risikos gewährt und bei Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit wegen des Wegfalls dieser Situation nicht mehr geschuldet.*

Das Weiterbildungsgeld bezieht sich nicht auf das Risiko des Arbeitsplatzverlustes. Dies wäre zwar unter dem Aspekt, dass Bildungskarenzen mitunter zur Abwendung bzw Hinauszögerung eines Arbeitsplatzverlustes vereinbart werden, denkbar; laut der Rsp des EuGH muss sich die Leistung aber auf den Eintritt des Risikos beziehen. Daraus ergibt sich e contrario, dass keine Leistung bei Arbeitslosigkeit iSd VO vorliegt, wenn das Risiko nicht verwirklicht ist. Der EuGH hat Förderungen zur beruflichen Fortbildung nur unter der Voraussetzung, dass diese an bereits arbeitslose oder unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedrohte AN (wobei es Sache der nationalen Behörden sei, dies in jedem Einzelfall festzustellen) gewährt werden, als Leistungen bei Arbeitslosigkeit iSd VO 883/2004 qualifiziert.*

§ 26 AlVG zielt neben dem Ermöglichen von Weiterbildung in erster Linie auf Beschäftigungsförderung und nicht auf Prävention von Arbeitsplatzverlust ab. Dies kommt durch die Überschrift „Leistungen zur Beschäftigungsförderung“ im AlVG zum Ausdruck und ist auch den EB zur RV zu entnehmen.* Die Beschäftigungsförderung liegt darin, dass karenzierte AN durch bis dahin arbeitslose Personen substituiert werden können. ME kann das Weiterbildungsgeld daher (evtl abgesehen von Einzelfällen, in denen dies feststellbar ist) nicht als Leistung bei Arbeitslosigkeit iSd VO 883/2004 qualifiziert werden. Die vom VwGH in seinem Erk 2012/08/0238 vom 1.9.2014 formulierten Grundsätze sind daher nicht automatisch als Antworten auf die beiden unter Pkt 4.1. aufgeworfenen Fragen in Zusammenhang mit der Bemessung des Weiterbildungsgeldes übertragbar.

4.3.
Ungleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern

An dieser Stelle sei nochmals auf das oben genannte Fallbeispiel 2 verwiesen. Würde Frau F in diesem Fallbeispiel nicht Arbeitslosen-, sondern Weiterbildungsgeld geltend machen, so sähe die Lösung folgendermaßen aus: Frau F erfüllt die Anwartschaft durch die Beschäftigung in Österreich von 1.1. bis 31.7.2014. Es liegt kein Anwendungsfall des § 21 Abs 7 AlVG vor. Bei Nichtanwendung der VO 883/2004 ist das Weiterbildungsgeld somit gem § 21 Abs 1 auf Basis des Entgelts des Jahres 2011 zu bemessen. Da das Vorvorjahr für die Bemessung heranzuziehen ist, Frau F aber 2012 und 2013 in Deutschland beschäftigt war (und daher für diese beiden Jahre keine Jahresbeitragsgrundlagen beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeichert sind), ist gem § 21 Abs 1 AlVG die Beitragsgrundlage 2011 heranzuziehen. Es liegt somit eine Ungleichbehandlung von Wander-AN und inländischen AN vor. Hätte Frau F im Vorjahr vor der Geltendmachung (2013) nicht in Deutschland, sondern in Österreich gearbeitet, so wäre die Beitragsgrundlage 2013 und nicht die Beitragsgrundlage 2011 für den Anspruch auf Weiterbildungsgeld ab 1.8.2014 heranzuziehen. Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, ob diese Ungleichbehandlung zulässig ist.

4.4.
Weiterbildungsgeld – eine soziale Vergünstigung iSd Freizügigkeits-VO?

Gem Art 7 Abs 1 und 2 der Freizügigkeits-VO* genießt ein AN, der Staatsangehöriger eines Mit-160gliedstaates ist, im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen AN. Das Weiterbildungsgeld ist als soziale Vergünstigung iSd Freizügigkeits-VO zu qualifizieren. Gemäß der Rsp des EuGH kann der Begriff der sozialen Vergünstigungen nicht eng ausgelegt werden.* Es sind darunter alle Vergünstigungen zu verstehen, die – ob sie an einen Arbeitsvertrag anknüpfen oder nicht – den inländischen AN wegen ihrer objektiven AN oder einfach wegen ihres Wohnorts im Inland allgemein gewährt werden und deren Ausdehnung auf die AN, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates sind, deshalb als geeignet erscheint, deren Mobilität innerhalb der Gemeinschaft zu erleichtern.* Österreichische AN und AN, die Angehörige anderer Mitgliedstaaten sind, haben gleichermaßen Anspruch auf Weiterbildungsgeld. Es stellt sich die Frage, ob Art 7 Abs 2 der Freizügkeits-VO lediglich dahingehend auszulegen ist, dass beim Anspruch auf soziale Vergünstigungen eine Gleichbehandlung erfolgen muss oder ob mit dieser Bestimmung auch ein Verbot der Ungleichbehandlung bei der Bemessung, wie sie beim Weiterbildungsgeld vorliegt (siehe Pkt 4.3.), einhergeht.

4.5.
Zulässige Ungleichbehandlung oder verbotene Diskriminierung?

Gem Art 45 Abs 1 AEUV ist innerhalb der Union die Freizügigkeit der AN gewährleistet. Art 18 AEUV verbietet jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Dies betrifft sowohl jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung von Wander-AN (unmittelbare Diskriminierung) als auch Regelungen des nationalen Rechts, die zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit gelten, aber im Wesentlichen oder ganz überwiegend Wander-AN betreffen sowie unterschiedslos geltende Voraussetzungen, die von inländischen AN leichter zu erfüllen sind als von Wander-AN (mittelbare Diskriminierung).* Nach der zusammenfassenden Definition des EuGH* ist eine unterschiedslos anwendbare Regelung mittelbar diskriminierend, wenn sie sich ihrem Wesen nach eher auf Wander-AN als auf inländische AN auswirken kann und folglich die Gefahr besteht, dass sie Wander-AN besonders benachteiligt. Dies ist mE in Bezug auf § 21 Abs 1 AlVG zutreffend. Die Bestimmung ist zwar hinsichtlich des Weiterbildungsgeldes unterschiedslos für Wander-AN und inländische AN anwendbar, da aber Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat im Unterschied zu inländischen Beschäftigungszeiten nicht als Beitragsgrundlagen beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeichert werden, führt dies mE zu einer mittelbaren Diskriminierung bei der Bemessung des Weiterbildungsgeldes. Nach der Auffassung des EuGH braucht nicht festgestellt zu werden, dass die Vorschrift in der Praxis einen wesentlich größeren Anteil der Wander-AN betrifft. Es genügt die Feststellung, dass die betreffende Vorschrift geeignet ist, eine solche Wirkung hervorzurufen.*

Hinsichtlich jener Fälle, in denen die Anwartschaft auf das Weiterbildungsgeld vollständig durch inländische Beschäftigungszeiten erreicht wurde, könnte der Einwand gemacht werden, dass für die Anwendung der Freizügigkeits-VO „kein Raum“ sei. Dies ist mE nicht zutreffend. Der EuGH stellte den Grundsatz auf, dass die Bestimmungen über die AN-Freizügigkeit nicht auf Fälle anwendbar sind, die keinerlei Berührungspunkte mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Gemeinschaftsrecht abstellt, und die mit keinem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinaus weisen.* Bei der Bemessung des Weiterbildungsgeldes liegt mE ein grenzüberschreitender Sachverhalt vor, wenn die betreffende Person im gem § 21 Abs 1 AlVG heranzuziehenden Jahr einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat nachgegangen ist.

4.6.
Lösungsvorschlag

Eine Gleichbehandlung von Wander-AN und inländischen AN würde dann vorliegen, wenn nicht nur die beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen bei der Bemessung des Weiterbildungsgeldes herangezogen werden, sondern auch Entgelt aus Beschäftigungsverhältnissen, die in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegt wurden. Es stellt sich daher die Frage, ob § 21 Abs 1 AlVG dahingehend ausgelegt werden kann. Nach der Rsp des EuGH ist innerstaatliches Recht unionskonform auszulegen. Ist dies nicht möglich, so kommt dem Unionsrecht Anwendungsvorrang gegenüber nationalem Recht zu. Die unionsrechtskonforme Auslegung darf laut EuGH nicht zu einer Auslegung contra legem des nationalen Rechts führen.* Diesfalls ist das nationale Recht nicht auszulegen, sondern unangewendet zu lassen. Die Grenze ist dort anzunehmen, wo Wortsinninterpretation, Textzusammenhang, Zweck der Regelung und Entstehungsgeschichte einer unionsrechtskonformen Auslegung entgegenstehen.*

ME ist eine unionsrechtskonforme Auslegung von § 21 Abs 1 AlVG hinsichtlich der Bemessung des Weiterbildungsgeldes von Wander-AN nicht möglich. Da § 21 Abs 1 AlVG ausdrücklich auf die beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen abstellt, würde es sich um eine Auslegung contra legem handeln, darunter auch Entgelte aus Beschäftigungsverhältnissen aus anderen Mitgliedstaaten zu subsumieren. § 21 Abs 1 AlVG ist daher mE bei der Bemessung 161des Weiterbildungsgeldes von Wander-AN nicht anzuwenden. Wie hat die Bemessung des Weiterbildungsgeldes bei Wander-AN also zu erfolgen?

Bezüglich der Bemessung des Arbeitslosengeldes hat der VwGH im Erk 2012/08/0239 als Begründung für die Anwendung des § 21 Abs 2 AlVG auf die „Sachnähe“ zwischen Fällen, in denen keine Beitragsgrundlage vorliegt und jenen, in denen eine vorliegt und jenen, in denen eine vorliegt, auf welche aber aufgrund der VO 883/2004 nicht zurückgegriffen werden darf, hingewiesen. Diese „Sachnähe“ besteht auch zwischen Fällen, in denen keine Beitragsgrundlage vorliegt und jenen, in denen die Freizügigkeits-VO anwendbar ist. Die Freizügigkeits-VO enthält zwar keine konkreten Angaben zur Bemessung, da im Lichte der Rsp des EuGH zu Art 45 AEUV die Gleichbehandlung von Wander-AN aber mE nicht nur beim Zugang, sondern auch bei der Bemessung von sozialen Vergünstigungen geboten ist, ist das Weiterbildungsgeld bei Wander-AN gem § 21 Abs 2 AlVG zu bemessen.

5.
Zusammenfassung

Die Bemessung des Arbeitslosengeldes erfolgt bei Wander-AN – im Unterschied zur idR sonst geltenden Bemessung auf Basis des Entgelts des Vorjahres bzw Vorvorjahres – gemäß der VO 883/2004 auf Basis des Entgelts der letzten Beschäftigung. Der VwGH hat mit dem Erk vom 10.9.2014, 2012/08/0239, in Abkehr zu seiner früheren Rsp zur VO 1408/71 ausgesprochen, dass dies auch für Arbeitslose gilt, die die Anwartschaft zur Gänze im Inland erfüllt haben; Voraussetzung ist, dass im Bezugszeitraum (idR Vorjahr bzw Vorvorjahr) eine Beschäftigung in einem anderen EU-Mitgliedstaat vorlag. Konkretisierend hat der VwGH festgehalten, dass das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate (unter anteiliger Berücksichtigung der Sonderzahlungen) der letzten Beschäftigung heranzuziehen ist. Der VwGH hat sich nicht zur Frage geäußert, ob dies auch für die Bemessung des Weiterbildungsgeldes bei Wander-AN gilt. Nach dem Dafürhalten der Verfasserin dieses Beitrags ist dies der Fall.