Holoubek/Lang (Hrsg)Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht

Linde Verlag, Wien 2014, 376 Seiten, Leinen, € 98,–

KATHARINAPABEL (LINZ)

Seit dem Jahr 1998, dh nunmehr seit 17 Jahren, findet an der Wirtschaftsuniversität Wien regelmäßig eine von den dort lehrenden Professoren Michael Holoubek und Michael Lang veranstaltete Tagung zu Themen aus den Bereich des Verwaltungsverfahrens, des verfassungsgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens in Steuer- und Abgabensachen statt. Die Ergebnisse dieser Veranstaltungen werden im Linde Verlag publiziert. Die so entstandene Reihe bietet eine kontinuierliche Behandlung von Fragen des Verfahrensrechts im Verwaltungsrecht und Steuerrecht, wobei auch die unionsrechtlichen Bezüge stets gebührende Aufmerksamkeit erhalten.

Geradezu selbstverständlich war und ist die Befassung mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit ein zentraler Gegenstand der jährlichen Tagung. Bereits im Jahr 2008 und erneut im Jahr 2013 befassten sich die Veranstaltung und der dazugehörige Tagungsband mit der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz. Kurz vor dem Inkrafttreten der Verwaltungsgerichts- Novelle 2012 am 1.1.2014 fand im November 2013 die jährliche Tagung unter dem Titel „Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht“ statt. Der vorliegende Tagungsband unter dem gleichen Titel versammelt 18 Beiträge aus Wissenschaft und Praxis. Inhaltlich wird mit den publizierten Vorträgen ein breites Spektrum an organisationsrechtlichen und verfahrensrechtlichen Fragestellungen in Zusammenhang mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, insb jener auf Bundesebene, abgedeckt. Die Publikation geht daher weit über das für einen schlichten Tagungsband Übliche hinaus. Die Auswahl der Themen, die durchgehend auf hohem Niveau abgehandelt werden, führt vielmehr dazu, dass das von Holoubek und Lang herausgegebene Werk fast schon Handbuchcharakter hat.

Eine Gruppe von Beiträgen befasst sich mit unterschiedlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht. Neben der Bescheidbeschwerde gehen die AutorInnen aus Wissenschaft und Praxis auf die Maßnahmenbeschwerde, die Säumnisbeschwerde, das Verfahren in Verwaltungsstrafsachen, auf die sogenannte Verhaltensbeschwerde und den Rechtsschutz im Vergaberecht ein. Durch diese Beiträge erhält der Leser einen profunden Überblick über die zulässigen Verfahren vor den genannten Verwaltungsgerichten und kann sich so ein Bild von den zentralen Aufgaben der neuen Verwaltungsgerichte erster Instanz machen. Von besonderem Interesse ist insofern der von Holoubek vorgelegte Beitrag über die Verhaltensbeschwerde, da diese Beschwerdeart über das bisher bekannte rechtsaktbezogene Rechtsschutzinstrumentarium zumindest ein wenig hinausgeht. Der Autor sieht hier durch die verfassungsgesetzlichen Grundlagen Potential für eine nennenswerte Ausweitung des Rechtsschutzes geschaffen, das vom einfachen Gesetzgeber gehoben werden muss. Angesichts der noch nicht abgeschlossenen Diskussion in der Wissenschaft und mangels einschlägiger Rsp in nennenswertem Umfang beurteilt er die „Karrierechancen“ der Verhaltensbeschwerde allerdings noch zurückhaltend.

Von Bedeutung gerade für die Praxis sind die von Josefa Breitenlechner und Mathis Fister vorgelegten Beiträge, einerseits zu Sachverständigen im Verfahren der Verwaltungsgerichte und andererseits zu Gebühren und Ersatz der Aufwendungen. Mit beiden Beiträgen werden Fragestellungen, die im Alltag der Gerichte auftreten, systematisch aufgearbeitet und praktikablen Lösungen zugeführt. Hinzuweisen ist auch auf den Beitrag von Reinhard Klaushofer zum einstweiligen Rechtsschutz im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten. Der Beitrag zeigt differenziert die Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes nach der geltenden Rechtslage auf, weist aber auch auf die Grenzen der vorgesehenen Möglichkeiten hin und kommt zu dem Ergebnis, dass nicht in allen Bereichen der Gesetzgeber den Anforderungen an den vorläufigen Rechtsschutz – insb auch im Hinblick auf das Recht der Union – Rechnung getragen hat. Schließlich sei der Beitrag von Claudia Fuchs unter dem Titel „Verwaltungsermessen und Verwaltungsgerichtsbarkeit: Rückblick und Ausblick“ hervorgehoben. Nach einer Bestandsaufnahme zur Lehre vom Ermessen werden bestimmte Kategorien dieser Rechtsfigur näher untersucht und einander gegenübergestellt. Auf der so gewonnenen Grundlage wird dann die Bedeutung des Ermessens im Rahmen der neuorganisierten Verwaltungsgerichtsbarkeit untersucht. An der Schnittstelle der gesetzlichen Einräumung von Ermessensspielräumen für die Verwaltung und der (beschränkten) verwaltungsgerichtlichen Kontrolle von Ermessensentscheidungen zeigt sich die Position der Verwaltungsgerichte gegenüber der Verwaltung besonders deutlich. Der Forderung nach einer Präzision des Ermessensbegriffes, die die Verfasserin erhebt, kann daher nur beigepflichtet werden, wobei insofern die regelmäßig reformatorische Entscheidung der Verwaltungsgerichte mitzubedenken ist.

Ohne auf jeden einzelnen Beitrag eingehen zu können, ist in einer Gesamtschau festzuhalten, dass die Autoren und Autorinnen des Bandes mit ihren Beiträgen jeweils wesentliche Systematisierungsarbeiten in Bezug auf Einzelfragestellungen zur neu organisierten Verwaltungsgerichtsbarkeit liefern. Die Beiträge bieten zudem eine Fülle von weiterführenden Ansätzen, die die rechtswissenschaftliche Diskussion, aber auch die Rechtsprechungspraxis in der Zukunft prägen werden. Eine Lektüre ist daher jedem, der – sei es in der Praxis, sei es in der Wissenschaft – mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu tun hat, anempfohlen.