Unfallversicherungsschutz im Homeoffice – genauso gut wie im Betrieb?

AutorInnen: SOPHIA MARCIAN / WOLFGANG PANHÖLZL
aus: DRdA-infas 2/2021

Mit 1.4.2021 werden die durch das 3. COVID-19 Gesetz* geschaffenen Homeoffice-Bestimmungen zum Unfallversicherungsschutz (§ 175 Abs 1a und 1b ASVG) ins Dauerrecht übernommen. In den Erläuterungen heißt es: „Damit wird weiterhin eine unfallversicherungsrechtliche Gleichbehandlung des Homeoffice mit der Beschäftigung direkt in der Arbeits- oder Ausbildungsstätte sichergestellt.“ Wie die Corona-Bestimmungen den bisherigen Unfallversicherungsschutz verändert haben, welche Fragen im Hinblick auf diese Homeoffice-Bestimmungen noch offen sind und ob die gewünschte Gleichstellung dadurch gelungen ist, soll dieser Artikel beleuchten.

1.
Änderungen durch das 3. COVID-19-Gesetz

§ 175 Abs 1a und 1b ASVG lautet:

„(1a) Für die Dauer von Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020BGBl. I Nr. 12/2020, sind Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung am Aufenthaltsort der versicherten Person (Homeoffice) ereignen.(1b) Der Aufenthaltsort der versicherten Person (Homeoffice) gilt für den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes als Arbeitsstätte im Sinne des Abs. 2 Z 1, 2, 5 bis 8 und 10.“

Schon vor Einführung der Abs 1a und 1b war jede Handlung in Ausübung der Erwerbstätigkeit (grundsätzlich ortsunabhängig) vom Unfallversicherungsschutz umfasst. Also auch im Homeoffice. Nun war und ist es sehr unwahrscheinlich, dass man im Homeoffice bei der Ausübung seiner Tätigkeit am Computer bzw Laptop oder bei einem dienstlichen Telefonat verunfallt. Die meisten Unfälle in Wohnungen und Häusern ereignen sich durch Treppenstürze und sonstige „Stolperstürze“ auf einem Weg innerhalb des Wohnbereichs, die vom OGH dem häuslichen und damit nicht geschützten Bereich zugerechnet wurden. Insofern ist es durch die Abs 1a und 1b zu einer Klarstellung gekommen, dass auch im Homeoffice während der Arbeitszeit ein – wie im Betrieb – synchron ausgestalteter Versicherungsschutz besteht. Dh nichts anderes, als dass der häusliche Bereich iZm betrieblichen Tätigkeiten und diesen gleichgestellten privatwirtschaftlichen Handlungen der Betriebssphäre gleichgestellt wurde. Was das im Einzelnen bedeutet und wo die Grenzen der Gleichstellung verlaufen, gilt es zu untersuchen.

Die rückwirkend mit 11.3.2020 in Kraft getretene Covid-Regel wurde ja schon von einem Teil der Lehre unter die Lupe genommen (Risak,*Müller* ua). Es heißt, (vgl Risak*), die Neuregelung suggeriere, es hätte vor der Corona-Regel keinen Unfallversicherungsschutz im Homeoffice gegeben. Daher bestehe für die Zeit nach dem Auslaufen der Befristung die Gefahr der Verschlechterung des Unfallversicherungsschutzes im Homeoffice, weil man dann in jenen vermeintlichen Zustand zurückfalle, in dem es keinen Unfallversicherungsschutz im Homeoffice gegeben habe. Diesen ohnehin unbegründeten Befürchtungen ist durch die Übernahme des Corona- Unfallversicherungsschutzes ins Dauerrecht vollends der Boden entzogen.

Wie schon gesagt, unbestritten, auch vor der Covid-19-Sonderregel waren Arbeitsunfälle im Homeoffice geschützt. Dieser Schutz war nur wenig effektiv, weil – wie erwähnt – eine „Bürotätigkeit“ an und für sich eine geringe Gefährlichkeit entfaltet und die üblichen Risiken einer Wohnung (Treppe, Teppich etc) dem privaten Bereich zugerechnet wurden (vgl Risak*). So war in der Vor-Corona-Zeit nicht einmal das Stolpern über einen Teppich während eines dienstlichen Telefonats geschützt, sondern nur jenes Stolpern, das durch den dienstlichen Charakter des Telefongesprächs verursacht wurde.

Es sind aber nicht nur die unmittelbaren Ausübungshandlungen der Tätigkeit (Beantwortung von Emails, Telefonat mit Kunden etc) in einem privaten Umfeld, deren Versicherungsschutz im Homeoffice neu zu denken ist. Das Homeoffice-Gesetz betrifft auch andere Bereiche, wie zB Vorbereitungs- und Nacharbeiten, „Betriebswege“ innerhalb der Wohnung und des Hauses, Wege zur Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse während der Arbeitszeit und Pausen, aber auch die Wege, die vom Homeoffice aus zB zum Supermarkt, in ein Restaurant oder um die Kinder aus der Schule abzuholen, getätigt werden.

2.
Betriebliche versus private Gefahr im Homeoffice

Wie erwähnt, kommt der Abgrenzung der beruflichen von der privaten Sphäre für die Frage des Unfallversicherungsschutzes im Homeoffice besondere Bedeutung zu, weil es hier, im privaten Bereich des Versicherten, unweigerlich zu einer Vermischung der beiden Sphären bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit kommt.

Unfälle, die sich in gemischt (privat und beruflich) genutzten Räumlichkeiten ereignen, waren bisher nach der Judikatur des OGH* nur dann von der UV geschützt, wenn sich entweder eine betriebliche Gefahr verwirklichte* oder – wie es häufiger der Fall ist – sich eine aus der privaten Sphäre stammende Gefahr verwirklicht, aber 153 der Unfallort bislang überwiegend betrieblich genutzt wurde. Vereinfacht gesagt, war für den Unfallversicherungsschutz im Homeoffice ein Arbeitszimmer oder ein abgegrenzter Arbeitsbereich erforderlich. Befand man sich im Zeitpunkt des Unfalls aus betrieblichen Gründen in einem überwiegend privat genützten Raum (oder die Treppe), bestand kein Schutz.

Denken wir an den Beginn der Pandemie zurück: Am 13.3.2020 verkündete die Bundesregierung einen strengen ersten Lockdown. Der Bundeskanzler selbst hat die dringende Empfehlung ausgesprochen, in allen Bereichen, in denen es möglich ist, die Arbeit von zu Hause aus zu erledigen. Eine Vielzahl an AN kam der Aufforderung nach. Man begab sich (zumindest für einige Wochen) nahezu kollektiv ins Homeoffice, meist an Küchen- oder Wohnzimmertischen mangels sonstigen Platzes in den Wohnungen. Angesichts der Vor-Covid-Rsp wären Unfälle in all den Küchen, Wohn- und Schlafzimmern schon allein deshalb kaum unter Versicherungsschutz gestanden, weil die Räume bislang nur privat genutzt wurden. Stürzt man während der Arbeitszeit auf dem Weg in die Küche, um sich einen Kaffee zu holen, bestand vor dem 3. COVID- 19-Gesetz aufgrund dieser Rsp kein* Versicherungsschutz, jetzt schon. Fällt aber die Lampe über dem Esszimmertisch auf den Versicherten, während er am Laptop sitzend dienstliche Emails beantwortet, ist der Versicherungsschutz auch nach der Covid-19-Regelung nicht eindeutig gegeben. Dafür spricht, dass die Lampe den Versicherten während der Arbeitszeit nicht treffen hätte können, wenn er im Betrieb und nicht im Homeoffice gewesen wäre. Das Risiko, ein Opfer zufälliger Ereignisse zu werden, ist wesentlich auch von der Zeitdauer abhängig, die man dem Risiko ausgesetzt ist. Letztlich wird zu prüfen sein, ob das Risiko eines zufälligen Ereignisses, wie das Herabfallen einer Lampe, eines Hängekastens etc, erkennbar war und nicht beseitigt wurde.

Dieser von der Lehre* zu Recht kritisierten Judikatur ist man durch die Einführung des Abs 1a begegnet, wonach für alle Versicherungsfälle (rückwirkend) ab 11.3.2020 unabhängig von der bisherigen Nutzung der Räumlichkeiten nicht nur bei der Verwirklichung von betrieblichen Gefahren (zB Stolpern über ein Computerkabel), sondern auch bei der Verwirklichung von Wohnungsgefahren (zB Stolpern über Wohnzimmerteppich, Sturz über die Treppe) Versicherungsschutz besteht, wenn sich der Unfall in der Arbeitszeit und während der Verrichtung der Tätigkeit ereignet. Die Begründung liegt auf der Hand, wenn der Ort der Tätigkeit typischerweise vom Betrieb in die Wohnung verlagert wird, verliert die Wohnung während der Arbeitszeit ihren überwiegend privaten Charakter und wird zum Arbeitsort bzw zur Betriebsstätte. Die AN stellen plötzlich die grundlegende Infrastruktur und sonstige Rahmenbedingungen zur Erbringung der Dienstleistung zur Verfügung. Gebäude, Raum, Energie, Arbeitsgeräte, Kommunikationstechnik, Möbel, Kantine, Toilettenanlagen, Reinigung, bis hin zur ungestörten Arbeitsatmosphäre. Die Wohnung kann ja von Dritten (PartnerIn, Kindern, Eltern etc) nicht mehr so genützt werden wie davor. MaW: Die AN adaptieren mit der Wohnung ihr privatestes Umfeld an die Erfordernisse der Tätigkeit und das noch dazu idR zur Gänze. Denn nur wenige verfügen über den berühmten „Westflügel“, in den man sich zurückzieht, um ungestört – und andere nicht einschränkend – arbeiten zu können. Diese Anpassungsleistung rechtfertigt die Entscheidung des Gesetzgebers, die „Wohnungsgefahren“ (vgl Risak*) hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes generell den Betriebsgefahren gleichzustellen.

3.
Wegunfälle und Homeoffice

Vor dem Hintergrund, dass Wege des Abs 2 Z 1, 2, 5 bis 8, nicht aber Z 10, aufgrund einer ablehnenden OGH-Judikatur aus dem Jahr 1994 schon bisher auch dann geschützt waren, wenn sie vom Homeoffice aus angetreten wurden, stellt sich die Frage, ob der neu geschaffene Abs 1b hier lediglich zur Klarstellung diente. Die pandemiebedingten Beweggründe, die zu diesem Initiativantrag geführt haben, lassen aber auch den Schluss zu, dass – wie durch die Einführung des Abs 1a – eine Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes das Ziel war.

Wahrscheinlich ist, dass der Gesetzgeber durch die Einführung des Abs 1b die Judikatur hinsichtlich der Z 10 aus dem Jahr 1994 korrigieren wollte. In dieser E hat der OGH das Vorliegen eines Arbeitsunfalles auf dem Weg zur Schule des Kindes vereint, da Arbeitsplatz und Wohnort (Landwirtin) ident waren.* In den Erläuterungen zum Initiativantrag findet sich hierzu allerdings kein eindeutiger Anhaltspunkt.

Martin Risak vertritt die nachvollziehbare Ansicht, dass die meisten Wege-Bestimmungen des § 175 Abs 2 ASVG ohnehin ihren Ausgangs- oder Endpunkt in der Wohnung des/der Versicherten haben und daher die Bestimmung des Abs 1b nur dann Sinn macht, wenn das Homeoffice nicht die Wohnung iSd Unfallversicherungsrechts, sondern auch ein anderer Aufenthaltsort, zB der Zweitwohnsitz 154 (Wochenenddomizil) oder die Wohnung des/der PartnerIn, ist.*

Der Schutz des Arbeitsweges (Z 1) von und zur Wohnung („ständiger Aufenthaltsort“ iSd § 175 Abs 2 Z 1 ASVG) ist nicht an die Voraussetzung einer Haupt- oder Nebenwohnsitzmeldung geknüpft, sondern setzt voraus, dass an diesem Ort regelmäßig eine Wohnfunktion iS eines ständigen Aufenthalts in Anspruch genommen wird.* Arbeitet eine Versicherte im Homeoffice beispielweise von ihrem Wochenendhaus am Land (oder der Wohnung ihres/ihrer PartnerIn) und fährt dann wegen eines geschäftlichen Termins in ihr Büro, so wäre sie bislang, nach der Rsp, auf diesem Weg nicht unfallversicherungsgeschützt, wenn sie sich – verglichen mit ihrer Wohnung – dort nicht zumindest annähernd häufig und lange aufhält (eine Wohnfunktion wahrnimmt).* Durch die Einführung des Abs 1b ist nun eine Erweiterung dieses Schutzbereichs („Aufenthaltsort“) gegeben, demnach genießt die Versicherte unabhängig von der der Häufigkeit der Inanspruchnahme ihres Zweitwohnsitzes (oder Wohnung des/der PartnerIn) auch auf dem Weg ins Büro oder in ihre Wohnung, um dort zu arbeiten, Unfallversicherungsschutz.

Der Schutz der UV greift also dann, wenn der Weg angetreten wird, um entweder die versicherte Tätigkeit auszuüben oder eine Wohnfunktion in Anspruch zu nehmen, nicht wenn der Zweitwohnsitz in der Freizeit zur Erholung aufgesucht wird.*

Die Judikatur hat bislang den Versicherungsschutz des Arbeitsweges (Z 1) erst an der Außenfront des Wohnhauses bzw Betriebes angenommen.

4.
Betriebswege im Homeoffice

Passieren Unfälle bei der Fortbewegung im Stiegenhaus oder innerhalb der Wohnräumlichkeiten der Versicherten, ist das Vorliegen eines Betriebsweges zu prüfen.

Zur Frage des Unfallversicherungsschutzes auf Betriebswegen sind diese durch die Einführung des Abs 1a mit dem 3. COVID-19-Gesetz nun unabhängig von der bisher (überwiegend) betrieblich oder privaten Nutzung des Raumes auch dann geschützt, wenn sich eine Gefahr aus der privaten Sphäre des Versicherten während der Arbeitszeit und bei Verrichtung der Tätigkeit realisiert.* Bei Verwirklichung einer Betriebsgefahr im Zusammenhang mit der Fortbewegung bestand schon nach der alten Rechtslage Unfallversicherungsschutz. Macht sich eine Juristin vom Homeoffice in ihrer Mietwohnung aus auf den Weg ins Gericht und stürzt dabei über die (rutschige) Treppe des Stiegenhauses, so wäre nach der Judikatur, vor Einführung der Abs 1a und 1b, dieser Sturz nicht versichert gewesen, da sich weder eine Betriebsgefahr verwirklicht hat, noch der Unfall in einem überwiegend betrieblich genutzten Teil passiert ist – diese Schutzlücke wurde durch das 3. COVID-19-Gesetz geschlossen.

5.
Unfallversicherungsschutz am Weg zur sowie bei Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse innerhalb der Wohnräumlichkeiten der Versicherten

Bislang war der Unfallversicherungsschutz bei der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse innerhalb der Wohnräumlichkeiten des/der Versicherten dezidiert, nach dem Wortlaut des Gesetzes, ausgeschlossen. Eine kleine Ausnahme schuf die Judikatur im Hinblick auf die Wege zur Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse (zB Toilettengang), wenn sich der Unfall in einem Teil der Wohnräumlichkeiten ereignete, der überwiegend betrieblich genutzt wurde (OGH 22.12.2005, 10 ObS 112/05a; Schrattbauer, ZAS 2014/6, 40).

Den Erläuterungen zum Initiativantrag ist der Wille zu entnehmen, dass eine Verbesserung dieser Rechtslage gewünscht war: „Die Sozialversicherungsgesetze sehen Unfallversicherungsschutz auch dann vor, wenn sich ein Unfall am Weg von und zu einem Ort ereignet, an dem lebenswichtige persönliche Bedürfnisse (also z.B. Essen, WC-Besuch) befriedigt werden. Unfallversichert ist auch die Tätigkeit als solche (also etwa die Einnahme einer Mahlzeit), sofern sie außerhalb der Wohnung erfolgt. […] Daher sind in die vorgesehenen Regelungen auch die Wegbestimmungen des § 175 Abs. 2 ASVG bzw. § 90 Abs. 2 B-KUVG in den Home-Office-Bereich (Aufenthaltsort ist Arbeitsort) einzubeziehen.“

Es ist folgerichtig, dass durch die Deklarierung der Wohnung (Aufenthaltsort) als Arbeitsstätte die Ausnahme zum Versicherungsschutz der Z 7 „jedoch außerhalb der Wohnung des Versicherten erfolgt“ wegfällt. In Übereinstimmung mit der Vor-Corona-Judikatur (OGH 22.12.2005, 10 ObS 112/05a) und Lehre* sind die Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse und die Wege 155 dazu in der Wohnung während der Arbeitszeit geschützt. Das ist eine sachgerechte und wesentliche Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes im Homeoffice, die durch die Anpassung der Wohnung zur Arbeitsstätte gerechtfertigt ist.*

6.
Unfallversicherungsschutz bei „sonstigen“ Handlungen

Arbeitet man von zu Hause, muss man – anders als im Betrieb – gewisse Vorbereitungshandlungen vornehmen, die üblicherweise im Betrieb nicht anfallen. All jene Versicherten, die kein eigenes Arbeitszimmer oder zumindest einen eingerichteten Arbeitsplatz zu Hause haben, arbeiten auf ihrem Esstisch oä. Die Versicherten müssen hierfür aber oft zuvor Platz schaffen, um ihre Arbeitsgeräte, wie Laptop, Bildschirm etc, aufzustellen. Dazu gehört zB das Wegräumen von Essensresten, Geschirr oder Spielzeug der Kinder sowie uU die Reinigung des Arbeitsplatzes, die im Betrieb in der Regel von Reinigungspersonal erledigt wird. Ähnliches wird nach Verrichtung der Arbeit zu erledigen sein. Auch der fixe Arbeitsplatz oder das Arbeitszimmer müssen wohl zumindest hin und wieder vor Arbeitsantritt gereinigt bzw aufgeräumt werden.

Eine klare Regelung im Gesetz zu solchen Vorbereitungs- und Nacharbeiten, die üblicherweise in dieser Form nur im Homeoffice anfallen und rein objektiv betrachtet nicht der beruflichen Sphäre zugeordnet werden würden, besteht weder nach der alten Rechtslage noch durch das 3. COVID-19-Gesetz.

Angesichts der Rsp des OGH* in einem Fall, in dem ein Versicherter bei Wegräumen des Geschirrs vom Arbeitsplatz in die Betriebsküche unfallversichert war, weil auch ein betriebliches Interesse am Sauberhalten des Arbeitsplatzes bestehe, könnte man wohl argumentieren, dass solche Handlungen im Homeoffice ebenfalls von einem betrieblichen Interesse getragen sind und daher unfallversichert sein sollten.

7.
Corona-Regelung mit dem Homeoffice- Gesetz ins Dauerrecht übernommen

§ 175 Abs 1a und 1b ASVG lautet:

„(1a) Arbeitsunfälle sind auch Unfälle, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung in der Wohnung (Homeoffice) ereignen.(1b) Die Wohnung nach Abs. 1a gilt für den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes als Arbeitsstätte im Sinne des Abs. 2 Z 1 und 2, 5 bis 8 sowie 10.“

Die Covid-Bestimmungen wurden, bis auf die Änderung des Wortes „Aufenthaltsort“ zu „Wohnung“, im Wesentlichen ins Dauerrecht übertragen. In den Erläuterungen wird klargestellt, dass unter „Wohnung“ auch ein Zweitwohnsitz oder die Wohnung eines/einer ParterIn bzw eines nahen Verwandten zu verstehen ist. Jedenfalls soll aber das Arbeiten im Park oder Caféhaus davon nicht umfasst sein, weshalb ein Versicherungsschutz in diesen Konstellationen nur – wie schon vor Einführung der Covid-Bestimmungen – unter die Generalklausel Abs 1 subsumiert werden kann.

Eine der offenen Auslegungsfragen, nämlich der Unfallversicherungsschutz bei Wegen iSd § 175 Abs 2 Z 10 hin und zurück zu Kinderbetreuungsund Bildungseinrichtungen, wenn diese vom Homeoffice aus angetreten werden, ist nun durch die Erläuterungen klargestellt. Der Gesetzgeber nimmt sogar auf die für Versicherte, deren Wohnund Arbeitsstätte ident sind, nachteilige Judikatur des OGH aus dem Jahr 1994 Bezug.

Aus den Erläuterungen:

„[…] Zu den §§ 175 Abs. 1b iVm Abs. 2 Z 10 ASVG bzw. 257 Abs. 1b iVm Abs. 2 Z 9 B-KUVG wird angemerkt, dass Wege zur oder von der Kinderbetreuungseinrichtung, Tagesbetreuung oder Schule selbstverständlich auch dann geschützt sind, wenn sie vom Homeoffice aus angetreten werden oder wieder dorthin zurückführen. Die Klarstellung ist erforderlich, da der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. September 1994, 10 ObS 199/94, den Unfallversicherungsschutz für einen solchen Weg verneint hat, weil im konkreten Fall Arbeitsort und Betriebsstätte identisch waren. […]“

Ob die Einführung des Abs 1b tatsächlich die Einschränkung der Z 7 (kein Versicherungsschutz bei Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse in der Wohnung der Versicherten) aufhebt oder ob diese weiterhin gültig ist, bleibt offen. Diese „Gretchenfrage“ wird nun von der Rsp (endgültig) zu klären sein.

8.
Fazit

Laut einer im Auftrag der AK durchgeführten IFES Erhebung im April und Oktober 2020 mit jeweils mehr als 2.000 befragten Personen haben in der Hauptphase des Lockdowns rund 42 % der AN im Homeoffice gearbeitet. Die Erhebungen haben gezeigt, dass die Arbeitszufriedenheit im Homeoffice zwar grundsätzlich gut ist, allerdings auch zahlreiche Nachteile zu Tage treten.

Der Covid-19-Unfallversicherungsschutz wird ins Dauerrecht übernommen. Damit wird klargestellt, dass bei Arbeit im Homeoffice der Schutz der 156.gesetzlichen UV in gleicher Weise wie im Betrieb gewährleistet ist. Das ist eine wesentliche Ausdehnung und Modernisierung des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes, die den jüngsten Veränderungen Rechnung trägt. Homeoffice hat sich breit etabliert und es ist davon auszugehen, dass Telearbeit auch nach der Covid-19-Krise in relevantem Ausmaß bestehen bleibt. Die Wohnung wird für viele zur Betriebsstätte und verliert ihren privaten Charakter. Daher ist es sozialpolitisch notwendig und sinnvoll, den Unfallversicherungsschutz am Aufenthaltsort der Telearbeit (Wohnung) wie im Betrieb auszugestalten. Inwieweit Wohnungsrisiken tatsächlich vom Unfallversicherungsschutz gedeckt sind (Stichwort: Herabfallen der schlecht montierten Küchenlampe), wird die Rsp zeigen.