Auslandsaufenthalte in Zeiten von COVID-19

Autor: MICHAEL TRINKO
aus: DRdA-infas 5/2020

Mit den Schulferien beginnt in Österreich traditionell auch die Urlaubssaison. Durch die derzeitige COVID-19-Pandemie stellen sich für AN eine Vielzahl von rechtlichen Fragen hinsichtlich des Urlaubs, deren gemeinsamer Nenner schlussendlich ist, wer im Falle einer COVID-19-Erkrankung oder einer Absonderung aufgrund von Infektionsverdacht das Entgeltrisiko trägt. Grundsätzliche Regeln bei Erkrankung im Urlaub* sind dem österreichischen Recht nicht neu, doch kommen aufgrund der Pandemie weitere Faktoren zur Beurteilung der Entgeltfortzahlung hinzu, wie etwa Einreisebeschränkungen, Reisewarnungen für bestimmte Länder und Entgeltfortzahlungsbestimmungen im Epidemiegesetz.*

Im ersten Schritt soll nun ein Überblick über die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und die damit zusammenhängenden Normen des Urlaubsgesetzes gegeben werden und somit der „Regelfall“ bei einer Erkrankung im Urlaub dargestellt werden. Weiters wird im ersten Teil auf einzelne Bestimmungen des EpidemieG, auf die VO über die Einreise nach Österreich in Zusammenhang mit der Eindämmung von COVID-19* und auf die rechtlichen Auswirkungen von Reisewarnungen seitens des Außenministeriums eingegangen. Als zweiten Schritt werden die zuvor dargestellten rechtlichen Ausführungen anhand von Praxisbeispielen näher erörtert und der Zusammenhang der einzelnen Bestimmungen dargelegt.

Teil I
1.
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Die Entgeltfortzahlungsbestimmungen sehen vor, dass wenn ein AN nach Antritt des Dienstverhältnisses durch Krankheit oder Unglücksfall an der Leistung seiner Arbeit verhindert ist, ohne dass er die Verhinderung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat, er jedenfalls seinen Anspruch auf Entgelt bis zur Dauer von sechs Wochen behält.* Das Arbeitsrecht normiert jedoch den Krankheitsbegriff nicht. Im Gegensatz dazu definiert das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz* Krankheit als einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der Krankenbehandlung notwendig macht.* Nach hM ist hingegen unter Krankheit iSd arbeitsrechtlichen Entgeltbestimmungen, angelehnt an das ASVG, jede Beeinträchtigung des Körpers oder seelischen Wohlbefindens zu verstehen, wobei es nicht auf die Notwendigkeit einer Krankenbehandlung ankommt.* Damit jedoch eine Entgeltfortzahlungsverpflichtung entsteht, muss die Krankheit des AN zugleich dazu führen, dass dieser durch die Krankheit an der Leistung seiner Arbeit verhindert, sozusagen arbeitsunfähig, ist. Arbeitsunfähigkeit liegt nach hM* vor, wenn der AN infolge der Gesundheitsbeeinträchtigung nicht oder nur mit der Gefahr einer Verschlimmerung seines Zustandes in der Lage ist, seiner bisher ausgeübten beruflichen Tätigkeit nachzugehen, wobei auch vorbeugende Maßnahmen (zB Kur) zur Verhütung von künftiger Arbeitsunfähigkeit umfasst sind. Arbeitsunfähig ist ein AN weiters, wenn die Gefahr besteht, dass der AN durch Arbeitsleistungen seinen Gesundheitszustand verschlechtert bzw den Heilungsprozess verlangsamt oder wenn mit der Krankheit eine Gefährdung von Mitmenschen, zB aufgrund von hoher Ansteckungsgefahr, verbunden ist.* Ob nun eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, hat der behandelnde Arzt des AN auf Grund des vorliegenden Leidenszustandes festzustellen.* Der Fortzahlungsanspruch wird auch auf Personen anwendbar sein, die bereits eine nachgewiesene Infektion mit einer anzeigepflichtigen Krankheit aufweisen, deretwegen sie an der Erbringung ihrer Dienste gehindert sind, selbst wenn sich diese Krankheit noch nicht in sichtbaren Symptomen manifestiert.*

Dem AN steht allerdings kein Entgeltfortzahlungsanspruch zu, wenn die Krankheit vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet wurde, wobei die Beweislast hierfür den AG trifft. Die Arbeitsunfähigkeit darf daher nicht durch außergewöhnliche Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten oder gar durch Selbstverstümmelung verursacht werden.* Arbeitsunfähigkeit, die zB durch die Ausübung jeglicher Sportart verursacht wird, ist grundsätzlich nicht als vom AN verschuldet anzusehen, wenn die Ausübung vorschriftsmäßig, und damit unter Einhaltung einschlägiger (Wettkampf-)Regeln, erfolgt.* Hingegen liegt grobe Fahrlässigkeit des AN grundsätzlich vor, wenn er gefährliche Freizeittätigkeiten ohne entsprechende Ausbildung (zB Tauchen, Paragleiten) ausübt oder der AN bestimmten Tätigkeiten nachgeht, die seine Kräfte oder Fähigkeiten offensichtlich übersteigen. Auch das in Betrieb nehmen eines Kfz in erheblich alkoholisiertem Zustand stellt zB eine grobe Fahrlässigkeit dar.*

2.
Erkrankung während des Urlaubs*

Erkrankt oder verunglückt ein AN während des Urlaubs, ohne dies vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt zu haben, so werden auf Werktage* fallende Tage der Erkrankung, an denen der AN durch die Erkrankung arbeitsunfähig war, auf das Urlaubsausmaß nicht angerechnet, wenn die Erkrankung länger als drei Kalendertage* dauert.* Der AN hat dem AG nach dreitägiger Krankheitsdauer die Erkrankung unverzüglich mitzuteilen.* Es empfiehlt sich aber, mit der Mitteilung nicht drei Tage lang zu warten, wenn durch die ärztliche Untersuchung bereits am ersten Tag der Erkrankung feststeht, dass die Krankheit länger als drei Tage dauern wird.* Neben der Mitteilungspflicht trifft den AN auch eine Nachweispflicht, sodass der AN dem AG ein ärztliches Zeugnis oder eine Bestätigung der zuständigen KV vorzulegen hat.* Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, gelten die auf Werktage* fallenden Erkrankungstage nicht als Urlaubstage. Daher dürfen sie nicht auf den Urlaub angerechnet werden und sind von der Gesamtzahl der genehmigten Urlaubstage abzuziehen.*

3.
Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950

Das EpidemieG soll zur Erkennung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beitragen und hat zum Ziel, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten mit hohem Gefährdungspotential für die öffentliche Gesundheit zu verhindern. § 7 Abs 1 EpidemieG normiert, dass durch Verordnung jene anzeigepflichtigen Krankheiten bezeichnet werden, bei denen für kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen Absonderungsmaßnahmen verfügt werden können. Die dazugehörige Verordnung* sieht nun in § 4 S 3 vor, dass bei Infektion mit 2019-nCoV („2019 neuartiges Coronavirus“)* die Kranken und Krankheitsverdächtigen abzusondern oder nach den Umständen des Falles lediglich bestimmten Verkehrsbeschränkungen zu unterwerfen sind. Zur Sicherstellung einer einheitlichen Vorgangsweise hält der wiederum dazu ergangene Erlass* des BMSGPK* fest, dass die Absonderung von Erkrankten in einem geeigneten Umfeld zu erfolgen hat. Beispielsweise könnte das im stationären Bereich, im häuslichen Umfeld oder anderen entsprechenden Räumlichkeiten geschehen. In erster Linie ist bei Krankheitsverdächtigen* eine häusliche Quarantäne anzuordnen, sofern es der Gesundheitszustand zulässt. Abgesonderte Personen sind anzuweisen, die entsprechenden Räumlichkeiten, in denen sie unter Quarantäne stehen, unter keinen Umständen zu verlassen und jeden Sozialkontakt zu vermeiden.* Personen sind durch Bescheid der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) abzusondern, wobei für die Dauer der Pandemie mit COVID-19 der Bescheid auch telefonisch erlassen werden kann.* Sind die Voraussetzungen einer Absonderung erfüllt, so ist dem AN wegen dem durch die Behinderung seines Erwerbs entstandener Vermögensnachteil, für jene Tage der Absonderung, eine Vergütung zu leisten.* Die Vergütung für AN bemisst sich gem § 32 Abs 3 EpidemieG nach dem regelmäßigen Entgelt iSd Entgeltfortzahlungsgesetzes, wobei gem Abs 5 leg cit auf den gebührenden Vergütungsbetrag Beträge anzurechnen sind, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen, während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen.*

4.
Einreise nach Österreich in Zusammenhang mit der Eindämmung von SARS-CoV 2

Auf Grundlage des § 25 EpidemieG wurden per Verordnung* gesundheits- bzw sanitätspolizeiliche Maßnahmen geregelt, die zur Verhinderung der Verbreitung von SARS-CoV-2 anlässlich der Einreise nach Österreich zu treffen sind. Gem § 2 Abs 1 EinreiseVO müssen Personen, die aus Staaten des Schengenraums oder aus Andorra, Bulgarien, Irland, Kroatien, Monaco, Rumänien, San Marino, Vatikan, dem Vereinigten Königreich oder Zypern nach Österreich einreisen wollen, ein ärztliches Zeugnis* über ihren Gesundheitszustand mit sich führen, und dadurch vorweisen, dass der molekularbiologische Test auf SARS-CoV-2 negativ ist.* Ist die unverzügliche Ausreise nicht sichergestellt, ist eine zehntägige selbstüberwachte Heimquarantäne oder die Quarantäne in einer geeigneten Unterkunft, über deren Verfügbarkeit eine Bestätigung vorzulegen ist, anzutreten. Die Kosten dieser Unterkunft sind selbst zu tragen. Diese darf für den Quarantänezeitraum nicht verlassen werden. Die Quarantäneverpflichtung ist mit eigenhändiger Unterschrift zu bestätigen. Können entweder das Gesundheitszeugnis oder die Bestätigung der Verfügbarkeit einer geeigneten Unterkunft nicht vorgelegt werden, ist die Einreise zu untersagen.*

Für österreichische Staatsbürger, EU-EWR-Bürger und Schweizer Bürger sowie Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich und Personen mit einer Aufenthaltsberechtigung in Österreich stellt sich die Rechtslage folgendermaßen dar. Grundsätzlich unterscheidet die Verordnung nach Staaten mit stabiler COVID-19-Situation* und Staaten, in denen ein erhöhtes Risiko* hinsichtlich COVID-19 besteht. Reisen nun oben besagte Personen aus einem Land mit erhöhtem Risiko hinsichtlich COVID-19 in Österreich ein, so haben sie ein ärztliches Zeugnis mit sich zu führen und bei Kontrolle vorzuweisen. Kann das Gesundheitszeugnis nicht vorgelegt werden, ist grundsätzlich eine zehntägige selbstüberwachte Heimquarantäne anzutreten. Wenn ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 negativ ist, kann die zehntägige Quarantäne beendet werden. Ist eine Testung vor Ort im Ausland nicht möglich, haben sie binnen 48 Stunden einen molekularbiologischen Test auf SARS-CoV-2 zu veranlassen, dessen Kosten selbst zu tragen sind.

Reisen aber hingegen Personen aus einem Staat nach Österreich ein, der sich weder in der Anlage der Staaten mit stabilen noch mit erhöhtem Risiko hinsichtlich COVID-19 befindet, so unterscheidet sich die Rechtslage zur Einreise aus Ländern mit erhöhtem COVID-19-Risiko nur dahingehend, dass ein obligatorischer Test bei Nichtvorlegen eines ärztlichen Zeugnisses innerhalb von 48 Stunden nicht vorgesehen ist.*

Jedenfalls ist eine Rückreise nach Österreich sowie für Personen, die aus einem Staat mit stabiler COVID-19-Situation nach Österreich reisen und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem dieser Staaten haben, eine Einreise ohne Einschränkungen möglich,* wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass in den letzten zehn Tagen kein Aufenthalt in einem anderen als der in Anlage A1 genannten Staaten bzw Österreich stattgefunden hat.*

Eine Testung von Kindern im Rahmen der Einreise ist bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr nicht erforderlich.*

5.
Reisewarnung

Bei einer Reisewarnung des BM für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA) handelt es sich lediglich um eine offizielle Empfehlung,* ein bestimmtes Land oder Gebiet nicht zu bereisen oder gegebenenfalls zu verlassen. Anhand umfangreicher Informationen von österreichischen und europäischen Vertretungsbehörden nimmt das BMEIA eine Einstufung der Sicherheitssituation in einem Land vor und versucht damit, Reisenden eine höchstmögliche Transparenz und breitestmögliche Grundlage für Reiseentscheidungen zu bieten. Dabei wird eine Einteilung in sechs Stufen vorgenommen, wobei bei der 1. Stufe von einem guten Sicherheitsstandard, der österreichische Verhältnisse als Maßstab nimmt, ausgegangen. Das Sicherheitsrisiko wird davon ausgehend aufsteigend gestaffelt, um eine Differenzierung zuzulassen und findet seine höchste Stufe in der Reisewarnung.* Die 5. und 6. Stufe gelten als Reisewarnungen, wobei der Unterschied der beiden Stufen darin besteht, dass bei der 5. Stufe die Reisewarnung nur partiell, also für ein bestimmtes Gebiet, gilt und hingegen die 6. Stufe eine Reisewarnung für ein ganzes Land darstellt. Bei einer Reisewarnung wird vor Reisen in dieses Gebiet oder Land gewarnt. ÖsterreicherInnen, die sich in diesem Gebiet bzw Land aufhalten, werden dringend ersucht, sich unverzüglich mit der zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde in Verbindung zu setzen sowie ÖsterreicherInnen, die dort leben, wird dringend empfohlen, das Gebiet oder das Land zu verlassen. Auch wenn es sich bei einer Reisewarnung „lediglich“ um eine offizielle Empfehlung des BM handelt, so kann jedoch eine derartige Warnung iVm einer in diesem Gebiet oder Land eintretenden Dienstverhinderung als Indiz für ein fahrlässiges Verhalten des AN gewertet werden.

6.
Testung von Verdachtsfällen

Das BMSGPK sieht in einer Empfehlung* vor, dass grundsätzlich für alle Personen, bei denen wegen der klinischen Symptomatik ein Verdacht auf COVID-19 vorliegt, eine frühzeitige labordiagnostische Abklärung mittels PCR* anzustreben ist, wobei auf die Verdachtsfalldefinition der Website des Ministeriums verwiesen wird. Danach gelten als Verdachtsfall jene Personen, die die vorgegebenen klinischen Kriterien* erfüllen. Bei entsprechenden diagnostischen Befunden (zB laborchemische Parameter und/oder radiologischer Befund) und/oder infektionsepidemiologischen Hinweisen (zB vorangegangener Kontakt mit einem SARS-CoV-2-Fall, regionale Virusaktivität jener Gebiete, in denen sich die betroffene Person in den vergangenen 14 Tagen aufgehalten hat), die in Kombination mit der klinischen Symptomatik zu einem dringenden ärztlichen Verdacht auf das Vorliegen von COVID-19 führen, sollen auch Fälle, die andere klinische Kriterien und Symptome als die genannten (zB Erbrechen, Durchfall) aufweisen, als Verdachtsfälle eingestuft werden.* COVID-19 stellt eine anzeigepflichtige Krankheit* dar, wobei der Anzeigepflicht* gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) * Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an 2019-nCoV unterliegen.* Die Bezirksverwaltungsbehörde entscheidet schlussendlich über eine bescheidmäßige Absonderung.

Teil II

Im Folgenden werden die Rechtsfolgen a) einer COVID-19-Erkrankung und b) einer Absonderung/Quarantäne aufgrund eines Verdachtsfalles von COVID-19 im Urlaub anhand unterschiedlicher Sachverhaltskonstellationen näher erörtert.

1.
Rechtsfolgen bei Urlaubsreisen innerhalb Österreichs
  1. Erkrankt ein AN in seinem Urlaub in Österreich an COVID-19, so ist der AN per Bescheid von der Bezirksverwaltungsbehörde abzusondern. Grundsätzlich besteht gegenüber dem AG, bei mangelndem Verschulden der Krankheit durch den AN, ein Entgeltfortzahlungsanspruch wegen Krankheit für eine gewisse Dauer. Als lex specialis trifft nun § 32 EpidemieG Anordnungen für die Vergütung für den Verdienstentgang von Personen, die aufgrund einer anzeigepflichtigen Krankheit abgesondert wurden. Demnach ist der durch die Behinderung des Erwerbs entstandene Vermögensnachteil für jeden Tag der Absonderung vom Bund zu vergüten. Der abgesonderte AN erhält zunächst den ihm gebührenden Vergütungsanspruch, der gegenüber dem Bund besteht, von seinem AG. Dieser Anspruch des AN geht durch die Auszahlung auf den AG über (Legalzession). Schlussendlich wird wohl nun auch der AG einen Anspruch gegenüber dem Bund in der Höhe der geleisteten Entgeltfortzahlung haben.*

    Auch wird die Dauer der COVID-19-Erkrankung nicht auf den zeitlich begrenzten Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber dem AG angerechnet. Es handelt sich bei dem den AN ausgezahlten Vergütungsbetrag begrifflich nicht um Entgelt, sondern um eine auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruhende Entschädigung (Vergütung) des Bundes, für die der AG in Vorlage tritt.*

    Für den Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs ist es unerheblich, ob der AN einerseits die Erkrankung bzw andererseits die Absonderung grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt hat. Der Begriff „Verdienstentgang“ ist weder in einem schadenersatz- noch steuerrechtlichen Sinn zu interpretieren sowie sind Instrumente der Verschuldenshaftung bei der Ermittlung der Schadenshöhe nicht heranzuziehen. Der Vergütungsanspruch für den Verdienstentgang gem § 32 EpidemieG stellt nämlich einen eigenen von Verschulden oder Mitverschulden unabhängigen, aus verwaltungsrechtlichen Bestimmungen begründeten Anspruch dar.*

    Hinsichtlich des Urlaubsverbrauchs ist für eine Absonderung aufgrund einer COVID-19-Erkrankung davon auszugehen, dass die Absonderung länger als drei Kalendertage dauern wird und daher alle Tage der Absonderung, die auf Werktage fallen, vom vereinbarten Urlaubsausmaß abgezogen werden.

  2. Wird ein AN ohne an COVID-19 zu erkranken als sogenannter Verdachtsfall abgesondert, so spielt grundsätzlich die Frage der vertraglichen Risikoverteilung nach § 1155 ABGB keine Rolle mehr, da das EpidemieG bei behördlichen Maßnahmen einen Vergütungsanspruch gegen den Bund vorsieht. Daher steht entweder dem AG oder dem AN bei Unterbleiben der Arbeitsleistung ein Vergütungsanspruch zu, je nachdem, bei wem der Vermögensnachteil eingetreten ist.* Da aber der AN nicht an COVID-19 erkrankt, kann prima facie bezüglich des Urlaubs nicht auf § 5 UrlG zurückgegriffen werden. § 4 Abs 2 UrlG normiert jedoch, dass für Zeiträume, während deren ein AN aus einem der in § 2 EFZG genannten Gründe verhindert ist, während deren er Anspruch auf Pflegefreistellung oder während deren er sonst Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung hat, der Urlaubsantritt nicht vereinbart werden darf, wenn diese Umstände bereits bei Abschluss der Vereinbarung bekannt waren.

    Geschieht dies dennoch, gilt der Zeitraum der Arbeitsverhinderung nicht als Urlaub. Wird nun ein AN aufgrund eines Verdachts auf COVID-19 abgesondert, hat er einen Anspruch gegenüber dem Bund auf Vergütung bei Entfall der Arbeitsleistung iSd § 4 Abs 2 UrlG. Jedoch ist die Absonderung nicht bereits vor Abschluss der Urlaubsvereinbarung bekannt, was dazu führen könnte, dass der Zeitraum der Absonderung auf das Urlaubsausmaß angerechnet wird. Jedoch entschied der OGH,* dass zwar die Urlaubsvereinbarung beide Parteien bindet und wie bei Dauerrechtsverhältnissen eine Auflösung der Vereinbarung nur aus wichtigem Grund möglich ist, aber ein Verhinderungsgrund iSd § 4 Abs 2 immer einen solchen berechtigten Rücktrittsgrund darstellt. Daher kann mE der AN aufgrund der Absonderung von der Urlaubsvereinbarung zurücktreten. Ein derartiger Rücktritt ist nach Ansicht des OGH an keine Form gebunden und kann somit auch schlüssig erfolgen.* Jedoch ist eine analoge Anwendung der Bestimmungen des § 5 UrlG jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der AN nach den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechtes von der Urlaubsvereinbarung zur Gänze zurücktreten könnte, von diesem Rücktrittsrecht aber nicht Gebrauch machen möchte.* Danach wäre bei Vorliegen von wichtigen Dienstverhinderungsgründen der AN zum Abbruch des Urlaubs berechtigt. Will der AN aber von diesem Rücktrittsrecht nicht Gebrauch machen, so sind die Dienstfreistellungstage auf den Urlaub nicht anzurechnen.* Im Ergebnis müssen mE daher jedenfalls die auf Werktage fallenden Tage der Absonderung vom vereinbarten Urlaubsausmaß abgezogen werden.

2.
Rechtsfolgen bei Auslandsreisen mit hohem Sicherheitsrisiko (4. Stufe)
  1. Auf COVID-19-Erkrankungen im Ausland finden die Bestimmungen des EpidemieG keine Anwendung. Daher richtet sich die arbeitsrechtliche Beurteilung einer COVID-19-Erkrankung nach den Entgeltfortzahlungs- sowie Urlaubsrechtsbestimmungen und unterscheidet sich daher rein rechtlich gesehen nicht von einer anderen Krankheit, die eine Arbeitsunfähigkeit bedingt. Daher lässt sich bei einer COVID-19-Erkrankung im Ausland festhalten, dass, wenn die Erkrankung nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wurde, einerseits ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht bzw andererseits, wenn die Erkrankung länger als drei Kalendertage dauert, die dabei auf Werktage fallen, vom Urlaubsausmaß abgezogen werden. Hinsichtlich der grob fahrlässigen bzw vorsätzlichen Herbeiführung der COVID-19-Erkrankung führt das Handbuch* des BM für Arbeit, Familie und Jugend zu Urlaub und Entgeltfortzahlung als Beispiele das Feiern einer Party unter Missachtung aller Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen oder das gemeinsame Trinken aus Gefäßen und gemeinsamer Gebrauch von Strohhalmen an.

  2. Für die Zeit der Quarantäne des AN im Urlaubsland kommt ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 1155 ABGB mangels eines Umstandes, der auf Seiten des DG liegt bzw der Arbeitsbereitschaft des AN, nicht in Betracht. Jedoch behält ein DN ferner seinen Anspruch auf das Entgelt, wenn er durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der Leistung seiner Dienste verhindert wird.* Dabei muss der Dienstverhinderungsgrund die Person des AN betreffen, wobei der AN jedoch nicht die Ursache des Dienstverhinderungsgrundes darstellen muss. Ausreichend ist, dass das Ereignis auf irgendeine Weise unmittelbar dergestalt auf den AN einwirkt, dass er seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen kann.* Ein Hinderungsgrund, der dem AN gar keine Wahl lässt, sich für die Verrichtung der Arbeit oder die Erfüllung einer außerdienstlichen Pflicht zu entscheiden, sondern ihn wegen unmittelbarer Einwirkung faktisch daran hindert, Arbeit zu verrichten, ist als wichtiger Grund anzuerkennen.* Daher lässt sich festhalten, dass es sich bei einer Quarantäne im Ausland um einen Dienstverhinderungsgrund des AN aus wichtigen seine Person betreffenden Grund handelt. Als weitere Voraussetzung verlangt der Gesetzgeber aber, dass die Dienstverhinderung ohne Verschulden des AN eintrat. Im Gegensatz zur Dienstverhinderung bei Krankheit reicht bei den sonstigen Dienstverhinderungsgründen bereits leicht fahrlässiges Verhalten des AN zum Ausschluss des Entgeltanspruches aus.* Leicht fahrlässig handelt ein AN, wenn ihm unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ein Fehler bzw eine Sorgfaltswidrigkeit unterläuft, die in dieser Situation gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen kann. Vorwerfbar ist leichte Fahrlässigkeit daher einem AN, der es an der notwendigen Sorgfalt, gemessen an den jeweiligen Um-ständen des Einzelfalls, mangeln lässt. Das Verschulden spielt vor allem bei der Vorhersehbarkeit der Dienstverhinderung eine Rolle.* ME ist bei Urlaubsreisen in Länder der Sicherheitsstufe 4 derzeit grundsätzlich nicht vorhersehbar, dass sich dort befindliche Urlauber in Quarantäne begeben müssen. Einerseits treffen viele Länder schon alleinig aufgrund der Abhängigkeit vom Tourismus gezielte Schutzvorkehrungen für TouristInnen und andererseits werden, sollte Quarantäne verhängt werden, die UrlauberInnen meist aufgefordert, das Land ohne Zwischenstopp zu verlassen. Jedoch wird es schlussendlich im Einzelfall zu prüfen sein, ob nicht doch eine leichte Fahrlässigkeit dahingehend vorliegt, dass sich aus der Berichterstattung die Verschärfung der Situation im jeweiligen Land ergibt, und daher zumutbare Vorkehrungen zu treffen sind. Hinsichtlich der Anrechnung auf den Urlaub kann auf die Ausführungen unter Teil II 1 b) verwiesen werden, wonach bei einem Dienstverhinderungsgrund entweder der Rücktritt bzw die Nichtanrechnung der Tage der Dienstverhinderung auf die Urlaubstage zusteht.*

3.
Rechtsfolgen bei Auslandsreisen mit Reisewarnung (5. und 6. Stufe)
  1. Erkrankt ein AN im Urlaub in einem Land mit Reisewarnung, so geht das Handbuch des BM für Arbeit, Familie und Jugend davon aus, dass ein nicht rechtzeitiger Dienstantritt grob fahrlässig verursacht wurde. Daher besteht nach Ansicht des Ministeriums weder im Fall der Erkrankung mit dem Coronavirus noch im Fall einer behördlich verfügten Absonderung im Ausland, die zur verspätenden Rückkehr nach Österreich führt, ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem AG, wobei auch hier grundsätzlich kein Entlassungsgrund vorliegt.*

    ME ist diese Pauschalaussage, dass dem AN jedenfalls kein Entgeltfortzahlungsanspruch zukommt, zu allgemein und berücksichtigt die Umstände des Einzelfalles nicht. So wird es auch in einem Urlaubsland mit Reisewarnung im Endeffekt auf das konkrete Verhalten des AN im Urlaubsland ankommen, ob ein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten gesetzt wurde. Liegt eine Reisewarnung vor, so mag das zwar ein Indiz eines grob fahrlässigen Verhaltens darstellen, jedoch ist bei der Beurteilung auf das konkrete Verhalten des AN im Urlaub abzustellen.*

  2. Muss ein AN im Urlaub in einem Land mit Reisewarnung in Quarantäne, so mag es sich dabei zwar um einen wichtigen, die Person des AN betreffenden Grund handeln, jedoch ist mE bei einer Reisewarnung davon auszugehen, dass es zu derartigen Maßnahmen kommen kann bzw wird. Daher steht dem AN kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer der Quarantäne zu sowie werden diese Tage auch nicht vom Urlaubsausmaß abgezogen. Jedoch wird es in den meisten Fällen der Urlaubsländer mit einer Reisewarnung gar nicht zu einem Urlaubsantritt im jeweiligen Land kommen, da meist für diese Länder auch verschärfte Einreisebestimmungen gelten bzw die Urlauber zur Ausreise aufgefordert werden.