149Zur Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und freiem Dienstvertrag
Zur Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und freiem Dienstvertrag
Die bereits vor dem Vertragsabschluss mit der Bekl als Unternehmerin tätige und bei der Bekl als freie DN beschäftigte Kl hatte nur gattungsmäßig bestimmte Dienstleistungen. Sie war nicht an einen bestimmten Arbeitsort oder eine bestimmte Arbeitszeit gebunden und hatte auch keine Büroräumlichkeiten bei der Bekl. Auch sonst musste sie – abgesehen von Warenproben, Visitenkarten und Werbematerial für Kundentermine – eigene Betriebsmittel heranziehen. Bei der Gestaltung ihrer Tätigkeitsfelder war sie frei und konnte selbst entscheiden, zu welchen Kunden sie Kontakt aufnimmt und wo die Treffen stattfinden. Vereinzelt erhielt sie von der Bekl sachliche Weisungen, die auch bei Werkverträgen und Dauerschuldverhältnissen ohne echten Arbeitsvertragscharakter vorkommen, aber keine persönlichen Weisungen. Sie war weder dazu verpflichtet, sich bei der Bekl krank zu melden, noch dazu, mit der Bekl Urlaubsvereinbarungen zu schließen oder ihr den Urlaub bekanntzugeben.
Das Berufungsgericht wertete ua die wöchentliche Berichtspflicht der Kl und die nur hinsichtlich des „Außenauftritts“ erfolgte Eingliederung in den Betrieb der Bekl – Verpflichtung zur Verwendung des E-Mail-Accounts der Bekl; Anführung in einem Prospekt der Bekl unter „KeyContacts“ – als nicht derart weitgehende Einbindung in die hierarchische betriebliche Ordnung, dass eine persönliche Abhängigkeit der Kl vorgelegen wäre.
Der OGH wies die ao Revision der Kl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurück. Die vom Berufungsgericht herangezogene Beurteilung hält sich dem OGH zufolge im Rahmen des eingeräumten Ermessensspielraums.
Ergänzend hielt der OGH in seiner rechtlichen Beurteilung fest, dass sich nach herrschender Lehre und Rsp der echte Arbeitsvertrag vom freien Dienstvertrag durch die persönliche Abhängigkeit des AN vom AG unterscheidet, dh in der Unterworfenheit des AN unter die funktionelle Autorität des AG. Die Rsp hat in diesem Zusammenhang verschiedene Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit erarbeitet, die aber nicht alle gemeinsam vorliegen müssen und in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen können. Entscheidend ist nach Auffassung des OGH, ob bei einer Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen.
Die für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit sprechenden Merkmale sind vor allem die Weisungsgebundenheit des zur Arbeitsleistung Verpflichteten, insb hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten, die persönliche Arbeitspflicht des AN, die Fremdbestimmtheit der Arbeit, deren wirtschaftlicher Erfolg dem AG zukommt, die funktionelle Einbindung der Dienstleistung in ein betriebliches Weisungsgefüge einschließlich der Kontrollunterworfenheit und die Beistellung des Arbeitsgeräts durch den DG. Der freie Dienstvertrag unterscheidet sich davon besonders durch die Möglichkeit, den Ablauf der Arbeit selbst zu gestalten, also ohne Bindung an bestimmte Arbeitszeiten und jene Weisungen, die für den echten Arbeitsvertrag prägend sind, sowie die selbstgewählte Gestaltung jederzeit wieder zu ändern.
Der OGH hielt letztlich fest, dass die vertretbare Anwendung der zuvor dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage begründet, weshalb die ao Revision der Kl zurückgewiesen wurde.