Altmann/SchneppendahlKündigungsschutzgesetz – Basiskommentar zu KSchG, §§ 622, 623 und 626 BGB, §§ 102, 103 BetrVG

7. Auflage, Bund-Verlag, Frankfurt 2024, 445 Seiten, kartoniert, € 45,30

THOMAS RADNER

Kündigungsschutz einmal anders gelesen und gedacht – so lässt sich mein Eindruck nach der Lektüre dieses Buches zusammenfassen, als ein überaus spannender und sehr interessanter juristischer Blick über die Grenze. Selbstverständlich bin ich außer Stande, den Kommentar und seine einzelnen Abschnitte inhaltlich, etwa im Hinblick auf Vollständigkeit und Ausgewogenheit der Darstellung von Rsp und Lehre, beurteilen zu können. Sondern mein Zugang war der eines österreichischen 397 Rechtsvertreters, der einen ersten, aber möglichst informativen Einblick in das deutsche Kündigungs(schutz)recht benötigt, um seine Partei vor allem bei Vergleichsverhandlungen mit deutschen Unternehmen ausreichend beraten und vertreten zu können.

Diese Erwartungshaltung wird durch den vorliegenden Basiskommentar (fast) vollständig erfüllt. Die beiden Autorinnen des Kommentars sind bei Gericht tätig: Silke Altmann als Richterin am Arbeitsgericht Karlsruhe und Heike Schneppendahl als Rechtsanwältin in Bochum. Und das merkt man dem Kommentar in erfrischender Weise auch an. Man gewinnt den Eindruck, dass sich der Kommentar vor allem an Praktiker:innen wendet, die das Wichtigste in klarer und präziser Sprache benötigen. Innerhalb der Kommentierung der einzelnen Paragraphen fügen sich die kapitelmäßigen Unterteilungen logisch und nahtlos nachvollziehbar aneinander an.

Dabei befasst sich der Kommentar nicht nur – wie der Titel nahelegen könnte – mit dem deutschen Kündigungsschutzgesetz an sich, sondern es finden sich darin auch Kurzkommentierungen zu den Kündigungsregelungen des BGB (zB § 622 BGB: Kündigungsfristen; § 623 BGB: Schriftformgebot und § 626 BGB: fristlose Kündigung aus wichtigem Grund – in Österreich: Entlassung und Austritt) sowie zum Mitbestimmungsrecht des BR nach dem BetrVG. Der Kommentar vermittelt daher ein ausreichendes Gesamtbild über das deutsche Kündigungsschutzrecht.

Wenn dem Kommentar für österreichische Nutzer:innen etwas hinzugefügt werden könnte, dann wäre es ein eigener Abschnitt mit dem bloßen Gesetzestext, um vorab eine Übersicht über den Aufbau und den Inhalt der Regelungsmaterien gewinnen zu können. So war es – zumindest für mich – durchaus überraschend, die deutsche Regelung zu unserem AMS-Kündigungsfrühwarnsystem im § 17 des deutschen Kündigungsschutzgesetzes zu finden. Als weitere Besonderheit des deutschen Rechts fällt auf, dass Änderungskündigungen, die inhaltlich gleich wie in Österreich definiert werden, ein eigener Paragraph gewidmet wird (§ 2 KSchG), der sympathischerweise dem AN die Möglichkeit eröffnet, die Änderungskündigung mit dem Vorbehalt anzunehmen, dass diese nicht sozialwidrig ist, um anschließend ein gerichtliches Anfechtungsverfahren zu führen. Anders als in Österreich steht daher der AN bei Änderungskündigungen nicht vor der extrem schwierigen Entscheidung, entweder bei Annahme zu schlechterem Entgelt (darum geht es ja in aller Regel) weiterzuarbeiten, oder bei Ablehnung das hohe Risiko einzugehen, den Arbeitsplatz endgültig zu verlieren, nachdem er während des Verfahrenslaufs vom noch niedrigeren Arbeitslosengeld die Existenz bestreiten musste. Wenn der AG bedingt kündigen darf, erscheint es nur sachgerecht zu sein, dass der AN die Änderung ebenso bedingt annehmen kann.

Zweimal hatte ich in meinem bisherigen Berufsleben im Rahmen der vorgerichtlichen Vertretung von AN mit größeren deutschen Unternehmen ohne Betriebsstätte in Österreich zu tun, die sich von ihren langjährig beschäftigten Außendienstmitarbeitern trennen wollten. Der damalige Vorbereitungsaufwand zum Einlesen in das deutsche Kündigungsrecht war relativ hoch. Wäre mir damals dieser Kommentar zu Verfügung gestanden, wäre er deutlich geringer gewesen. Jenen österreichischen Jurist:innen, die damit rechnen müssen, sich auch mit dem deutschen Kündigungsschutzrecht zu befassen, kann der Basiskommentar von Altmann/Schneppendahl bestens empfohlen werden.