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Vorläufiges unter Dienstfreistellung erhaltenes Entgelt ist bei abänderndem Urteil mit gesetzlichen Verzugszinsen zurückzubezahlen

KLAUS BACHHOFER

In einem Vorverfahren ging es um die Frage des Bestandes des Dienstverhältnisses des Bekl. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Aufgrund des Ersturteils zahlte der Kl dem dienstfreigestellten Bekl das vereinbarte Entgelt. Der OGH gab der zwischenzeitlich eingebrachten Revision der Kl hingegen Folge.

Die Kl begehrte daraufhin die Rückzahlung des gezahlten Entgelts inklusive Zinsen. Das Erst- und Berufungsgericht gaben der Kl statt. Die außerordentliche Revision der bekl Partei wurde vom OGH gem § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der OGH führte in diesem Zusammenhang wie folgt aus:

Wird das erste Urteil des Erstgerichts rechtskräftig im klageabweisenden Sinn abgeändert, hat der Kl, da § 61 Abs 1 ASGG keinen endgültigen Entgeltanspruch schafft, auf der Grundlage von § 1435 ABGB den etwa erhaltenen Geldbetrag wieder zurückzuzahlen, soweit der Leistung des AG keine Arbeitsleistung (bzw Arbeitsbereitschaft) des AN gegenüber gestanden ist.

Nach hL und Rsp umfasst der Rückforderungsanspruch des AG auch „Verzugszinsen“ (iS von „Vergütungszinsen“).

Die außerordentliche Revision des in einem solchen Rückforderungsprozess bekl AN argumentierte dahingehend, dass dem Bekl die Früchte für den Zeitraum seines Besitzes gebührten, weil er gem § 330 ABGB vom Gesetz als redlicher Besitzer des vom AG gezahlten Entgelts angesehen werde.

Nach Rsp und Lehre schließt aber – so der OGH – die Erwähnung des „Rückzahlungsanspruchs“ in § 61 Abs 2 Satz 2 ASGG die Gutgläubigkeit des AN beim Verbrauch des aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Urteils erhaltenen Entgelts aus. Dafür spricht der vorläufige Charakter des Zuspruchs, der 351 auch dem AN bewusst sein muss. Solange im laufenden Erkenntnisverfahren die vorläufig wirksame Entscheidung bekämpft wird, muss der AN damit rechnen, dass er unterliegen könnte. Damit liegen aber jene objektiven Gründe vor, die den AN an der Richtigkeit der Zahlung zweifeln lassen müssen.

Nach stRsp hat auch der redliche Bereicherungsschuldner – außer bei Vorliegen einer Gegenleistung – die mit dem gesetzlichen Zinssatz pauschalierten Nutzungen eines von ihm zu erstattenden Geldbetrags unabhängig vom Eintritt des Verzugs herauszugeben („Vergütungszinsen“). Bei Geld ist die Nutzung (zumindest) mit den gesetzlichen Zinsen abzugelten.

Mag der AN im Falle des § 61 ASGG das Entgelt auch nicht unredlich entgegengenommen haben, weil es ihm von Gesetzes wegen (vorläufig) zustand, so besteht laut OGH kein ausreichender Grund, ihm die Früchte zu belassen. Vielmehr soll er aus der vorläufigen Zahlung des AG, von der er wissen musste, dass er sie im Falle eines Prozessverlustes zurückzahlen muss, keinen Gewinn erzielen. Er hat daher die Nutzungen, hier in Höhe der gesetzlichen Zinsen, herauszugeben.

Der Bekl hat der Kl daher die begehrten gesetzlichen Zinsen für die Zeit zu ersetzen, in der er über den nunmehr rückgeforderten Betrag verfügen konnte.

Anmerkung des Bearbeiters:

Da die gesetzlichen Zinsen in Arbeitsrechtssachen gem § 49a ASGG 9,2 % über dem zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Basiszinssatz betragen, bedeutet die Rückzahlung des zwar vorläufig erhaltenen, aber doch zur Bestreitung des Lebensunterhalts benötigten Arbeitsentgelts eine gravierende finanzielle Belastung für davon betroffene AN.