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Keine Reduktion des Kinderbetreuungsgeldes wegen nicht fristgerechter Vornahme der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen mangels Vorwerfbarkeit der Fristversäumnis

KRISZTINA JUHASZ

Gegenstand des Revisionsverfahrens war die Frage, ob sich der Anspruch der Kl auf pauschales Kinderbetreuungsgeld reduziert, weil die dritte und fünfte Untersuchung während der Schwangerschaft nicht in den nach § 3 Abs 4 und 6 MuKiPassV vorgesehenen Zeiträumen vorgenommen wurden.

Die Kl wohnte während der Schwangerschaft zunächst in Vorarlberg. Konkret fanden bei ihrer Frauenärztin vier Termine statt, wobei der dritte Untersuchungstermin außerhalb des nach § 3 Abs 4 MuKiPassV vorgesehenen Zeitraums stattfand. Die fünfte Untersuchung während der Schwangerschaft wäre im nach § 3 Abs 6 MuKiPassV vorgesehenen Zeitraum vereinbart gewesen. 15 Tage vor diesem Termin übersiedelte die Familie der Kl nach Linz. Nach der Übersiedelung bemühte sich die Kl umgehend bei mehr als zehn Frauenärzten, einen Termin 378 zu erhalten, bekam aber nur abschlägige Auskünfte. Den Termin bei der Frauenärztin in Vorarlberg sagte sie ab, weil sie sich die lange Zugreise wegen der fortgeschrittenen Schwangerschaft nicht zutraute.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt und bejahten den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe. Die dagegen erhobene ao Revision der Bekl war nicht zulässig.

Nach der stRsp kommt es für die Beurteilung, ob die nicht fristgerechte Vornahme oder der nicht rechtzeitige Nachweis der Untersuchungen von den Eltern iSd § 7 Abs 3 Z 1 KBGG zu vertreten sind, darauf an, ob ihnen ein rechtlich relevanter Vorwurf gemacht werden kann (OGH 9.7.2024, 10 ObS 31/24t). Die Beantwortung dieser Frage hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab, sodass sie im Regelfall keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage bildet.

Zur nicht vorgenommenen dritten Untersuchung während der Schwangerschaft stellte das Erstgericht fest, dass der Termin von der Frauenärztin außerhalb des vorgegebenen Zeitraums vergeben wurde. Das Berufungsgericht legte diese Feststellung seiner Entscheidung zugrunde. An diese tatsächliche Annahme durch die Vorinstanzen ist der OGH gebunden. Aus welchem Grund der Termin für diese Untersuchung von der Frauenärztin nicht innerhalb des vorgegebenen Zeitraums vergeben wurde, kommt es nicht entscheidend an.

Die fünfte Untersuchung während der Schwangerschaft wurde nach dem festgestellten Sachverhalt nicht innerhalb des dafür vorgesehenen Zeitraums vorgenommen, obwohl sich die Kl nach ihrem Umzug bei mehreren Ärzten und in einem Krankenhaus um einen Untersuchungstermin bemühte. Da sich die Kl nach den getroffenen Feststellungen umgehend um diese Termine bemühte, und zwar erkennbar zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Untersuchungstermin noch innerhalb des vorgegebenen Zeitraums möglich gewesen wäre, ist die Feststellungsgrundlage hinsichtlich des Zeitpunkts der angestellten Versuche nicht unvollständig.

Auf die Fragen, inwiefern der letztlich zur Absage des bereits vereinbarten Termins führende Umzug erforderlich war und die Schwangerschaft oder bestimmte Beschwerden die Reisefähigkeit der Kl von Linz nach Vorarlberg einschränkten, kommt es nicht entscheidend an, weil die Entscheidung, den Wohnsitz an einem bestimmten Ort zu nehmen und die Untersuchungen – zu deren Durchführung nach § 35 KBGG die Träger der gesetzlichen KV verpflichtet sind – in dieser Region vornehmen zu lassen, dem beziehenden Elternteil im Rahmen des KBGG schon grundsätzlich nicht zum Vorwurf zu machen ist. 379