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Kollektivvertrag „Metall-Industrie“ für Angestellte: Anspruch auf Jubiläumsgeld entsteht mit Vollendung des 35. Dienstjahres und nicht erst am Eintrittsjahrestag

CHRISTINA NEUNDLINGER
§ 19c Rahmen-KollV Industrie für Angestellte des Metallbereichs

Auf das Dienstverhältnis der Kl, die von 1.9.1989 bis 31.8.2024 beschäftigt war, fand der Rahmen-KollV Industrie für Angestellte des Metallbereichs Anwendung, welcher gem § 19c Abs 1 auszugsweise folgendes regelt:

„Nach ununterbrochener Dauer des Dienstverhältnisses gebührt […] zum 35-jährigen Dienstjubiläum 2 Monatsgehälter […] als Jubiläumsgeld.“

Strittig war im vorliegenden Fall, ob am 31.8.2024 die Voraussetzungen für das Jubiläumsgeld im Ausmaß von zwei Monatsgehältern vorlagen. Die Kl argumentierte, dass ein Dienstjahr dann vollendet sei, wenn der/die DN sämtliche 365 bzw 366 Tage im Jahr für den/die DG gearbeitet habe. Die Bekl hingegen war der Ansicht, dass der KollV auf das Jubiläum, also den Jahrestag des Eintritts abstelle und die Kl somit das 35-jährige Dienstjubiläum am 31.8.2024 noch nicht erreicht habe.

Der OGH gab der ordentlichen Revision der Bekl nicht Folge und entschied, dass das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen war, dass die Kl einen Anspruch auf das 35-jährige Dienstjubiläum habe.

Die vom KollV verwendete Formulierung lässt rein sprachlich sowohl die Interpretation zu, dass es nur auf die ununterbrochene Betriebszugehörigkeit über den Zeitraum von (ua) 35 Jahren als auch die, dass es auf den Jahrestag des Diensteintritts ankommt.

Im allgemeinen Verständnis wird aber mit Dienstjubiläen die Vorstellung verbunden, dass für eine bestimmte Anzahl von Dienstjahren eine Prämie bezahlt wird. Jubiläumsgeldern liegt der Gedanke einer Anerkennung und Belohnung für langjährige Betriebszugehörigkeit zugrunde. Anders als etwa bei der von der Bekl genannten Feier des Geburtstags wird daher nicht ein bestimmter Tag „begangen“, sondern die Dauer der bei einem Unternehmen verbrachten Zeit belohnt.

Für die Berechnung von Dienstjahren ist der tatsächlich rechtliche Beginn des Dienstverhältnisses entscheidend. Der erste Tag des Dienstverhältnisses ist ebenso Vertragserfüllung wie jeder der folgenden und daher entgegen § 902 ABGB bei Berechnung der Wartefrist mitzuzählen. Das subjektive Recht auf die Jubiläumsgabe fällt somit bei Dienstvertragsbeginn 1.1. mit Ablauf des 31.12. des 25., 30. oder 35. Dienstjahres an und nicht erst an dem darauffolgenden Ersten.

Die Regelung des KollV bietet trotz der Verwendung der Formulierung „zum Dienstjubiläum“, was auch als Regelung bloß der Fälligkeit verstanden werden kann, keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass beabsichtigt war, von diesem üblichen Verständnis abzugehen und für das Entstehen des Anspruchs selbst die Absolvierung der genannten Jahre zuzüglich eines weiteren Tages zu verlangen.