53

Rechtswidrige Wahl des Angestellten-BR im Spannungsfeld von ArbVG und steirischem Landes-Dienstrecht

LUDWIG DVOŘÁK (WIEN)
  1. Für in (ausgegliederten) Betrieben beschäftigte Landes-Vertragsbedienstete ist der II. Teil des ArbVG anzuwenden.

  2. Selbst bei einheitlichem Dienstrecht wäre betriebsverfassungsrechtlich zwischen Angestellten und Arbeiter:innen zu unterscheiden, sofern letztere nicht Vertragsangestellte iSd § 41 Abs 3 ArbVG sind.

  3. Eine Abänderung der Gruppenzuordnung im Dienstvertrag setzt eine entsprechende Einzelvereinbarung voraus und kann nicht durch landesgesetzliche Regelungen oder pauschale Vergleiche von Beschäftigungsgruppen ersetzt werden.

[1] Bei der Wahl des Angestellten-BR eines steirischen Landeskrankenhauses am 17.5.2022 erhielten die Kl 536 und eine andere wahlwerbende Gruppe 577 von 1.113 abgegebenen gültigen Stimmen; auf die Kl entfielen demnach sieben und auf die konkurrierende wahlwerbende Gruppe acht der [...] insgesamt 15 zu vergebenen Betriebsratsmandate. [...]

[2] Die vom DG erstellte [...] Wählerliste [...] umfasste insgesamt 1.664 Personen. Unter diesen befanden sich 167 frühere Arbeiter, welche aufgrund der Novelle stmk LGBl 2020/112 (in der Folge: Novelle) zum Gesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark (stmk LGBl 2003/29, zuletzt geändert durch stmk LGBl 2024/132; in der Folge: L-DBR) mit Wirksamkeit 1.4.2022 in ein Angestelltenverhältnis übergeführt worden waren. [...]

[4] Die Kl begehrte, die Betriebsratswahl des Angestellten- BR vom 17.5.2022 für rechtsunwirksam zu erklären. Sie stützte dies – soweit im Revisionsverfahren 475 noch relevant – darauf, dass zu dieser Wahl auch Arbeiter zugelassen worden seien. [...] Die Zulassung der DN, welche als Arbeiter eingestuft seien, hätte einen derart großen Einfluss auf das Wahlergebnis, dass eine Manipulation nicht auszuschließen sei.

[5] Der Bekl erwiderte, im L-DBR sei es nicht nur zu gesetzlichen Angleichungen zwischen Arbeitern und Angestellten gekommen, sondern mit Stichtag 1.4.2022 seien darüber hinaus auch sämtliche Arbeiter im Betrieb in ein Angestelltendienstverhältnis „dienstvertraglich überführt“ und übernommen worden, wie der DG mitgeteilt habe. Auf die gesetzliche Angleichung sei auch eine dienstvertragliche Überführung von Arbeitern in ein Angestelltenverhältnis erfolgt. [...] Die Periode des zuvor bestandenen Arbeiter-BR sei am 20.4.2022 ausgelaufen und da seit 1.4.2022 keine Voraussetzungen mehr für die Wahl eines eigenen Arbeiter-BR vorgelegen seien, sei auch kein eigener Arbeiter-BR mehr gewählt worden.

[6] Das Erstgericht gab der Klage statt. Das L-DBR treffe auch nach der Novelle maßgebliche Unterscheidungen zwischen Arbeitern und Angestellten, und zwar insb bei der Hauptleistungspflicht der Entgeltzahlung; insb die – niedrigeren – Entlohnungsgruppen S III/9 („Fachkräfte mit erweiterten Tätigkeiten“) bis S III/13 („ungelernte Kräfte“) entsprächen typischen Arbeitertätigkeiten. Eine Absicht des Gesetzgebers, Arbeiter und Angestellte tatsächlich völlig gleichzustellen, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. [...]

[10] Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren hingegen ab. Das L-DBR habe schon vor der Novelle keine Differenzierungen zwischen Arbeitern und Angestellten bei Kündigungstermin und -frist, Entlassungsgründen, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall etc vorgesehen. [...]

[11] Auch wenn man davon ausginge, dass eine Gleichstellung nur individualrechtlich erfolgen könne und betriebsverfassungsrechtlich eine gesonderte Regelung erforderlich wäre, sei für die Kl nichts gewonnen. [...]

[12] Wesentlich sei hier, dass eine Gleichstellung mit den Angestellten kraft Gesetzes erreicht werde. [...] Die Voraussetzung der rechtlichen Gleichstellung mit den Angestellten kraft Gesetzes sei, „wenn auch nicht nach ihrem Wortlaut, so doch teleologisch reduziert inhaltlich als erfüllt zu betrachten“. [...]

[15] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob Vertragsbedienstete eines Landes, die in Landeskrankenhäusern Angestellten- oder Arbeitertätigkeiten iSd ArbVG verrichteten, gem § 41 Abs 3 ArbVG auch im Betriebsverfassungsrecht eine einheitliche Belegschaftsgruppe bilden würden, was auch nach Gleichstellung im Dienst- und Besoldungsrecht, insb Einstufung in ein einheitliches Gehaltsschema und Vereinbarung, und trotz Nichtanwendbarkeit des AngG für beide Berufsgruppen gelte. [...]

[18] Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig und berechtigt. [...]

[19] 1. Vorauszuschicken ist, dass im Revisionsverfahren nur noch strittig ist, ob das L-DBR noch maßgebliche Unterscheidungen zwischen „Arbeitern“ und „Angestellten“ vornehme, die „Arbeiter“ durch einen „Nachtrag zum Dienstvertrag“ Angestellte ex contractu iSd § 41 Abs 3 ArbVG geworden seien, sie damit zu Recht an der Wahl zum Angestellten-BR teilgenommen hätten oder ob die Wahl damit an einer die Anfechtung erlaubenden Rechtswidrigkeit iSd § 59 ArbVG leide, weil dies zu Unrecht geschehen sei. Andere in erster Instanz angeführte Anfechtungsgründe sind hingegen nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

[20] 2.1. Gem Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG sind Angelegenheiten des Arbeitsrechts in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Abzugrenzen ist dieser Kompetenztatbestand von jenem des Art 21 Abs 1 B-VG. Danach obliegt die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechts einschließlich des Dienstvertragsrechts und des Personalvertretungsrechts der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände den Ländern. Art 21 Abs 2 B-VG räumt den Ländern darüber hinaus eine Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz in den Angelegenheiten [...] des Personalvertretungsrechts hinsichtlich Landesbediensteter ein, die nach Art 21 Abs 2 B-VG aber nur greift, wenn die Bediensteten nicht in Betrieben tätig sind. Ist dies hingegen der Fall, so weist Art 21 Abs 2 B-VG die Kompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund zu (vgl VfSlg 19.658/2012 Pkt 2.2.3. mwN). [...]

[22] 2.3. Die Vorinstanzen und beide Parteien gehen zu Recht davon aus, dass Krankenanstalten eines Landes, auch wenn sie „ausgegliedert“ sind und – wie hier – von einer dem Land gehörenden Betreibergesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit betrieben werden, „Betriebe“ iSd § 34 ArbVG sind und daher grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsrechts fallen (vgl RS0113369 [T1]; RS0117183; 9 ObA 121/05t mwN). Auf in solchen Landeskrankenhäusern beschäftigte AN sind daher gem §§ 33, 36 ArbVG grundsätzlich die Bestimmungen des II. Teiles (§§ 33-134b) des ArbVG anzuwenden, auch wenn es sich dabei um Vertragsbedienstete handelt (RS0117183 [T1]; RS0113369 [T2]). [...]

[23] 2.4. Schon vor diesem kompetenzrechtlichen Hintergrund sind die hier zu beantwortenden betriebsverfassungsrechtlichen Fragen nicht iS von landesgesetzlichen Regelungen über das Dienstund Besoldungsrecht zu beurteilen, sondern nach dem ArbVG. [...]

[25] Nach § 41 Abs 1 und 2 ArbVG teilt sich die Gesamtheit der AN eines Betriebs in die Gruppe der Arbeiter und die der Angestellten. [...]

[28] 3.3. Dem Arbeitsverfassungsrecht ist somit ein AN-Typus fremd, der weder der Gruppe der Arbeiter noch der der Angestellten zuzurechnen wäre. [...]

[29] 3.4. In betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht kann daher grundsätzlich dahingestellt bleiben, ob das L-DBR einen einheitlichen AN-Begriff etabliert hat: Für den II. Teil des ArbVG ist von einer auf die vereinbarte tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abstellenden Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten auszugehen. Die landesgesetzliche 476 Einreihung von Angestellten und Arbeitern in einem gemeinsamen Schema kann daher nicht die betriebsverfassungsrechtliche Gleichstellung sämtlicher AN als „Angestellte“ bewirken.

[30] 4.1. Das ArbVG trifft jedoch für AN, die keine Angestelltentätigkeiten ausüben und daher nicht Angestellte kraft Gesetzes wie oben in Pkt 3. beschrieben sind, für die jedoch Angestelltenrecht individuell vereinbart ist (Angestellte kraft Vertrags/ ex contractu, „Ehrenangestellte“), eine betriebsverfassungsrechtliche Sonderregelung: Nach § 41 Abs 3 Satz 2 ArbVG gehören zur Gruppe der Angestellten auch AN, die mit dem AG die Anwendung des AngG sowie des Angestellten-KollV, der auf den Betrieb Anwendung findet, zuzüglich einer Einstufung in die Gehaltsordnung dieses KollV unwiderruflich vereinbart haben. [...]

[33] 4.2. Das in der Revisionsbeantwortung des Bekl ins Treffen geführte Steiermärkische KAGes- Zuweisungs-, Dienst- und Besoldungsrecht – StKDBR [...] ist [...] auf den hier zu beurteilenden, vor Inkrafttreten dieser Bestimmungen verwirklichten Sachverhalt nicht anzuwenden, sodass sich an dieser Stelle auch eine Auseinandersetzung mit der Frage erübrigt, ob solche landesgesetzlichen Regelungen mit den oben in Pkt 2. dargelegten verfassungsrechtlichen Kompetenznormen vereinbar oder auf betriebsverfassungsrechtliche Sachverhalte überhaupt anwendbar wären. [...]

[40] 7. Es ist daher zu prüfen, ob die zur Wahl zugelassenen Arbeiter zu Recht an der Angestelltenbetriebsratswahl teilgenommen haben, weil sie als Angestellte ex contractu anzusehen wären.

[41] 7.1. Aus dem oben zu Pkt 4.1. Gesagten erhellt, dass die betriebsverfassungsrechtliche Stellung als Vertragsangestellter primär davon abhängig ist, dass AG und AN eine unwiderrufliche Vereinbarung des oben näher geschilderten Inhalts treffen. [42] Eine solche Vereinbarung kann schriftlich, mündlich oder auch schlüssig zustandekommen (RS0106296 = 8 ObA 2167/96a; Löschnigg in Jabornegg/Resch, ArbVG [2017] § 41 Rz 20; Schneller in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht II6 [2020] § 41 ArbVG Rz 7); § 863 ABGB gilt nämlich grundsätzlich auch im Arbeitsrecht (RS0014457). Demnach kann bloßes Stillschweigen nicht als Annahme gewertet werden (RS0014124; RS0013991; RS0047273 [T3]). [...]

[43] 7.2. Dem Berufungsgericht ist zwar dahin zuzustimmen, dass mangels Anwendbarkeit des AngG und mangels Bestehens eines KollV eine direkte Anwendung des § 41 Abs 3 Satz 2 ArbVG nicht in Frage kommt. Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass diese Bestimmung gänzlich unangewandt zu bleiben hätte und im Ergebnis die – zudem landesgesetzlichen – dienstrechtlichen Regelungen allein die – bundesrechtliche – betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung bestimmen könnten. Insb ist schon angesichts des privatrechtlichen Charakters des Dienstvertrags nicht nachvollziehbar, dass dessen Abänderung keiner Vereinbarung bedürfte. [...] In Ansehung der hier in Frage stehenden Regelungen kann § 41 Abs 3 Satz 2 ArbVG zwanglos dahin verstanden werden, dass es für die Erlangung der betriebsverfassungsrechtlichen Angestelltenstellung durch einen Arbeiter jedenfalls einer vertraglichen Vereinbarung bedarf. Ein pauschaler Vergleich von Beschäftigungsgruppen oder eine allgemeine Umschreibung von Einstufungskriterien, wie sie im bisherigen Verfahren angestellt wurden, genügt daher nicht, weil es in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht auf individuelle Vereinbarungen mit und die Einordnung jeder der hier fraglichen Personen ankommt.

[44] 8.1. Abgesehen davon, dass nicht einmal feststeht, ob, wann und auf welchem Wege die betroffenen (von einer nach den Feststellungen nur vorerst nicht zustimmenden Person abgesehen und daher wohl) 166 Arbeiter ein „Angebots“-Schreiben des AG überhaupt erhalten hätten, wurde hier nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich, dass und auf welchem Wege sich die betroffenen Arbeiter zum Angebot des AG überhaupt geäußert, geschweige denn dass sie ihm ausdrücklich – auf welchem Wege immer – zugestimmt hätten. [...]

[46] Zudem wird im „Angebot“ des DG ausdrücklich behauptet, dass die einzige relevante Änderung durch die Vertragsänderung die Sozialversicherungsmeldung betreffe. Dem Schreiben ist hingegen nicht zu entnehmen, dass durch die Vertragsänderung auch Änderungen des betriebsverfassungsrechtlichen Status der angeschriebenen Arbeiter herbeigeführt werden sollten, in Hinkunft keine Wahl eines Arbeiter-BR mehr stattfinden würde oder die Interessen der angeschriebenen Person in Hinkunft nur durch den Angestellten-BR vertreten würden. Wie sich eine schlüssige Zustimmung auf solche vom DG nicht offengelegte Folgen beziehen sollte, erschließt sich nicht.

[47] Es ist daher davon auszugehen, dass auch besondere Umstände, aus denen auf den Abschluss von konkludenten Vereinbarungen geschlossen werden könnte, hier – mit der oben in Pkt 8.1. erwähnten möglichen Ausnahme in Bezug auf eine Person – nicht vorliegen.

[48] 8.3. Damit fehlt es aber in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht schon mangels Zustimmung der betroffenen Arbeiter an dem § 41 Abs 3 Satz 2 ArbVG entsprechenden Einigungen, ein Angestelltenverhältnis einzugehen.

[49] Welchen konkreten Inhalt solche Vereinbarungen aufzuweisen und worauf konkret sie sich in der hier relevanten Konstellation zu beziehen gehabt hätten (vgl etwa Löschnigg in Jabornegg/Resch, ArbVG [2017] § 41 Rz 23; Schneller in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht II6 [2020] § 41 ArbVG Rz 8; RS0106297), kann daher hier ebenso dahingestellt bleiben wie die Fragen, in welcher Form (als „Sonderverträge“ iSd § 11 Abs 4 und 7 L-DBR?) solche Vereinbarungen zu schließen oder ob hinsichtlich der Neueinstufungen Überlegungen anzustellen (und diesbezügliche konkrete Feststellungen zu treffen) gewesen wären, die einem Günstigkeitsvergleich nach § 3 Abs 2 ArbVG (vgl dazu eingehend Runggaldier in Brameshuber/Tomandl, ArbVG § 3 [2005] Rz 14 ff; vgl Schneller in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht II6 [2020] § 41 ArbVG Rz 8 und Rz 11) entsprächen.n 477

[...] 9.3. Da hier aber – wie dargelegt – jedenfalls 166 nicht aktiv wahlberechtigte Arbeiter zur Wahl des Angestellten-BR zugelassen wurden und hierdurch das Wahlergebnis objektiv beeinflusst werden konnte (vgl oben Pkt 6.3. und Pkt 9.2.), liegt der Wahlanfechtungsgrund der Verletzung wesentlicher Bestimmungen des Wahlverfahrens iSd § 59 Abs 1 ArbVG vor.

[53] Das im Ergebnis zutreffende klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts war damit wiederherzustellen. [...]

ANMERKUNG

In der vorliegenden E hatte sich der OGH mit der Wahlanfechtung einer wahlwerbenden Gruppe für die Angestelltenbetriebsratswahl in einem steirischen Landeskrankenhaus zu befassen: Umstritten war die Wahlberechtigung von 167 Personen (knapp 10 % der Wahlberechtigten), die in der Vergangenheit als Arbeiter:innen einen eigenen BR gewählt hatten, nunmehr aber als Angestellte geführt und (unter Entfall des Arbeiter:innen-BR) zur Wahl des Angestellten-BR zugelassen worden waren. Die Beschäftigten des Krankenhauses waren nach dem Gesetz über die Zuweisung von Landesbediensteten zur Dienstleistung bei der KAGes (stmk LGBl 1985/64) als Vertragsbedienstete des Landes an die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes) dienstzugewiesen. Rechtlicher Kern der Auseinandersetzung war nun, ob und wie im Kontext des steirischen Vertragsbedienstetenrechts durch landesgesetzliche Eingriffe und vertragliche Änderungsvorschläge die bisherigen Arbeiter:innen betriebsverfassungsrechtlich zu Angestellten werden konnten.

1.
Vorhergehende Verfahren

Die zugrundeliegende Auseinandersetzung hatte den OGH vor der Wahlanfechtung bereits zweimal beschäftigt: In der Annahme der Ungültigkeit der Einbeziehung der bisherigen Arbeiter:innen in die Angestellten-Belegschaft war ein bisheriger Arbeiter bei einer von ihm initiierten Betriebsratswahl der Arbeiter:innen einerseits vermeintlich zum BR gewählt und andererseits vom DG gekündigt worden. Er klagte auf Unterlassung der Störung seiner Betriebsratstätigkeit und beantragte zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs eine Einstweilige Verfügung. Parallel dazu bekämpfte er in einem weiteren Verfahren die Kündigung. Der OGH vertrat die Auffassung, dass auch im Fall einer Rechtswidrigkeit der Angestelltenbetriebsratswahl bis zur Entscheidung über die Wahlanfechtung gem § 61 ArbVG die Interessen der gesamten Belegschaft zu vertreten habe. Für die Wahl eines Arbeiter:innen- BR, dessen Tätigkeit gestört werden hätte können, habe kein Raum bestanden (OGH 21.4.2023, 8 ObA 6/23z; aA Radlingmayr, Vertragsbedienstete als Angestellte ex contractu im Arbeitsverfassungsrecht, DRdA-infas 2023, 131 [134]). Er wies in weiterer Folge auch die Revision des Kl im Kündigungsverfahren zurück (OGH 23.7.2024, 9 ObA 50/24d).

2.
Betriebsverfassungsrechtliche Unterscheidung von Angestellten und Arbeiter:innen
2.1.
Gesetzliche Zuordnung

Im gegenständlichen Verfahren war nun entscheidend, ob die bislang als Arbeiter:innen geführten AN zurecht der Gruppe der Angestellten iSd § 41 ArbVG zugeordnet worden waren. Das Erstgericht hatte die Angestellteneigenschaft verneint und der Wahlanfechtung stattgegeben, das Berufungsgericht hatte hingegen eine Gleichstellung verwirklicht und die Einbeziehung der bisher als Arbeiter:innen in die Wahl des Angestellten-BR als gerechtfertigt angesehen.

Für die betriebsverfassungsrechtliche Gruppenzuordnung von Angestellten und Arbeiter:innen sieht § 41 Abs 3 S 1 ArbVG „die auf Gesetz beruhende arbeitsvertragliche Stellung der Arbeitnehmer“ als maßgebend an. Die Zuordnung nach gesetzlichen Kriterien soll einer Manipulation der betriebsverfassungsrechtlichen Zugehörigkeit vorbeugen (Gruber-Risak in Brameshuber/Tomandl [Hrsg], Arbeitsverfassungsgesetz § 41 ArbVG Rz 6).

Als Angestellte gelten dabei nicht nur AN, die dem AngG unterliegen, sondern all jene, die Angestelltentätigkeiten verrichten. Arbeiter:innen werden lediglich als „Restgröße“ erfasst (Löschnigg in Jabornegg/Resch [Hrsg], ArbVG § 41 Rz 12 f). Die Gesetzesmaterialien zum ArbVG verweisen als Beispiel für Angestelltentätigkeiten iSd § 41 Abs 3 S 1 ArbVG ua auch auf Vertragsbedienstete nach § 10 VBG 1948, also jene in nicht-handwerklicher Verwendung (ErläutRV 840 BlgNR 13. GP 71).

2.2.
Rechtsstandpunkte der Verfahrensparteien

Im gegenständlichen Verfahren behauptete die Bekl, dass durch eine rechtliche Gleichstellung und Vereinheitlichung des Entgeltschemas die Unterscheidung zwischen Arbeiter:innen und Angestellten beseitigt worden wäre. Die Kl bestritt eine solche Gleichstellung: Trotz einheitlichem Dienstrecht und gemeinsamen Entlohnungsschema bestünden weiter „arbeitertypische“ Lohngruppen (idS auch Radlingmayr, Vertragsbedienstete, DRdA-infas 2023, 131 [132]). Darüber hinaus hegte auch die Bekl selbst offenbar Zweifel hinsichtlich der Tragfähigkeit ihrer Argumentation und kündigte im Vorfeld der Betriebsratswahl in einem Schreiben an alle bisherigen Arbeiter:innen an, sie zukünftig als Angestellte führen zu wollen, sofern dagegen kein Widerspruch erhoben werde. Sie berief sich im Verfahren auf die damit abgeschlossenen Vereinbarungen, mit denen die Arbeiter:innen jedenfalls zu Angestellten ex contractu iSd § 41 Abs 3 S 2 ArbVG geworden seien. Auch der Landesgesetzgeber wurde im Laufe des Verfahrens aktiv und fügte dem erst ein Jahr zuvor geschaffenen Steiermärkischen KAGes-Zuweisungs-, Dienst- und Besoldungsrecht (StKDBR) einen § 35 Abs 2 hinzu. 478Darin wurde die arbeitsvertragliche Stellung aller Vertragsbediensteten „als Angestellte iSd § 41 Abs 3 ArbVG“ definiert (stmk LGBl 2024/59).

3.
Kompetenzgrundlage

In seinen Entscheidungserwägungen wendet sich der OGH zunächst den verfassungsrechtlichen Grundlagen zu. Anders als in rezenten Entscheidungen zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen bei dienstzugewiesenen Gemeindebediensteten (OGH 9 ObA 36/22t DRdA 2023/32 [Jabornegg] zum Kündigungsschutz von dem BR angehörenden Vertragsbediensteten; OGH 24.10.2024, 8 ObA 57/23z zur prozessualen Aktiv- und Passivlegitimation des BR für zur Belegschaft zählende Vertragsbedienstete) warf der vorliegende Fall keine besonderen kompetenzrechtlichen Probleme mit einer „Verdrängung“ des ArbVG durch das Personalvertretungsrecht des Landes auf. Denn nach Art 21 Abs 2 B-VG fällt die Regelung der Personalvertretung für in Betrieben beschäftigte Landesbedienstete dem Bund zu (Forster in Kahl/Khakzadeh/Schmid [Hrsg], Bundesverfassungsrecht, Art 21 B-VG Rz 6 f). Der OGH bekräftigt in der aktuellen E unter Hinweis auf den VfGH (2002/VfSlg 16.733) und seine rezente E (OGH 8 ObA 57/23z, Rz 26), dass der Betriebsbegriff in jener Bedeutung zu verstehen ist, die ihm nach dem ArbVG zukommt (OGH 8 ObA 47/24f, Rz 21). Die aufgeworfenen betriebsverfassungsrechtlichen Fragen sind daher eindeutig nach dem ArbVG zu beurteilen.

4.
Angestellte und Arbeiter:innen im Vertragsbedienstetenrecht

Dabei widmet sich der OGH zunächst dem Argument, dass durch die dienstrechtliche Gleichstellung eine Vereinheitlichung der AN-Gruppen erfolgt wäre. Der OGH verweist idZ auf die wohl erste höchstgerichtliche E zu (ua) § 41 Abs 3 ArbVG (VwGH 1315/76-6, DRdA 1978, 31 [abl G. Klein] = Arb 9602) und die darauf aufbauende Lehrmeinung Schnellers: Dem ArbVG ist ein einheitlicher AN-Typus jenseits von Angestellten und Arbeiter:innen fremd. Selbst wenn arbeitsvertraglich diese Begrifflichkeiten zugunsten eines „einheitlichen Arbeitnehmerbegriffes“ entfallen, ist weiterhin von der Beibehaltung der betriebsverfassungsrechtlichen Differenzierung auszugehen. Die Zuordnung ist anhand der arbeitsvertraglich geregelten, tatsächlich ausgeübten Tätigkeit vorzunehmen (Schneller in Gahleitner/Mosler [Hrsg], Arbeitsverfasssungsrecht II6 [2020] § 41 ArbVG Rz 5, OGH 8 ObA 47/24f, Rz 29). Für die betriebsverfassungsrechtliche Beurteilung ist daher nach der überzeugenden Argumentation des OGH nicht das dienstrechtlich verliehene „Etikett“ ausschlaggebend, sondern ob die ausgeübte Arbeit eine Angestelltentätigkeit im breiten Begriffsverständnis des ArbVG darstellt. Selbst eine vollständige arbeitsvertragliche und gehaltsrechtliche Gleichstellung bewirkt nicht, dass eine Tätigkeit als Arbeiter:in als Angestelltentätigkeit iSd ArbVG anzusehen ist.

5.
Vertragsangestellte im Betriebsverfassungsrecht

Entscheidende Bedeutung kann die vollständige arbeitsrechtliche Gleichstellung jedoch für die Begründung einer nach § 41 Abs 3 S 2 ArbVG vereinbarten betriebsverfassungsrechtlichen Angestellteneigenschaft von Arbeiter:innen haben, auf die sich die Bekl im Verfahren ebenfalls berief.

5.1.
Gesetzliche Voraussetzungen

Diese setzt nach dem Gesetzeswortlaut voraus, dass neben der Anwendung des Angestelltengesetzes und des auf den Betrieb anzuwendenden Angestellten-KollV auch die Einstufung in die Gehaltsordnung des Angestellten-KollV unwiderruflich vereinbart wird. Fraglich ist, ob diese Kriterien auf das Vertragsbedienstetenrecht übertragen werden können.

Der VwGH ging in seinem Erk noch davon aus, dass das Fehlen eines anwendbaren Angestellten- KollV einer Vereinbarung der Angestellteneigenschaft iSd § 41 Abs 3 S 2 ArbVG zwingend entgegenstehe (VwGH 1315/76-6 DRdA 1978, 31 [33]). Löschnigg plädiert hingegen dafür, dass beim Fehlen eines Angestellten-KollV die Voraussetzung seiner Anwendung und einer entsprechenden Einstufung als „hinfällig“ anzusehen sei, solange die Geltung des AngG vereinbart werde (Löschnigg in Jabornegg/Resch [Hrsg], ArbVG § 41 Rz 23). Radlingmayr wiederum sieht bei Vertragsbediensteten nach dem L-DBR die Vereinbarung des AngG als zwingende Voraussetzung für den Status als Vertragsangestellter iSd Betriebsverfassungsrechts als überschießend an, die teleologisch zu reduzieren sei. In Analogie zur Einstufung in die Gehaltsordnung des Angestellten-KollV seien die Vertragsbediensteten aber in die „Angestellten-Gehaltsgruppen“ des Dienstrechts einzureihen und darüber ein Sondervertrag iSd § 11 Abs 4 L-DBR zu schließen (Radlingmayr, Vertragsbedienstete als Angestellte ex contractu im Arbeitsverfassungsrecht, DRdAinfas 2023, 131 [133 f]).

5.2.
Beurteilung des OGH

Diesen Varianten der teleologischen Reduktion fügt der OGH eine weitere hinzu. Ohne auf die gerade beschriebenen Überlegungen einzugehen, stellt der OGH in seiner E fest, dass aufgrund der Nichtanwendbarkeit des AngG und des Fehlens eines Angestellten-KollV „eine direkte Anwendung des § 41 Abs 3 S 2 ArbVG nicht in Frage kommt“. Die Bestimmung sei aber so zu verstehen, dass gerade wegen des privatrechtlichen Charakters des Dienstvertrags eine Änderung des arbeitsvertraglichen Status jedenfalls einer Vereinbarung mit den betroffenen Vertragsbediensteten bedürfe. Diese könne grundsätzlich auch konkludent erfolgen, doch setze dies die gehörige Aufklärung über die Rechtsfolgen der Zustimmung – insb den Wegfall des eigenen BR der Arbeiter:innen – voraus. Auch sei das Schweigen zum schriftlichen Angebot der 479 KAGes nicht als schlüssige Zustimmung zu werten (OGH 8 ObA 47/24f, Rz 41 f). Er stellte damit die (in concreto fehlende) „unwiderrufliche Vereinbarung“ ins Zentrum seiner E. Dem OGH ist jedenfalls beizupflichten, dass im Falle einer dienstvertraglichen Vereinbarung der Arbeiter:innen-Tätigkeit, wie sie auch § 11 Abs 2 Z 7 L-DBR (vertragliche Regelung der „Beschäftigungsart“) nahelegt, eine Änderung des Dienstvertrags zur Begründung der betriebsverfassungsrechtlichen Angestellteneigenschaft zwingend erforderlich ist. Anders könnte es mE in Fällen zu beurteilen sein, in denen Dienstrecht und Arbeitsvertrag keine Differenzierung in Arbeiter:innen und Angestellte vorsehen und in denen daher die vertragliche Vereinbarung der Anwendbarkeit des einheitlichen Dienstrechts auch als konkludente Vereinbarung iSd § 41 Abs 3 S 2 ArbVG angesehen werden könnte.

6.
Ergebnis

In Hinblick auf die fehlenden Individualvereinbarungen verneinte der OGH das Vorliegen der betriebsverfassungsrechtlichen Vertragsangestellten eigenschaft. Die Zulassung der betriebsverfassungsrechtlich als Arbeiter:innen anzusehenden Vertragsbediensteten zur Wahl des Angestellten- BR machte die Wahl daher rechtswidrig, sodass der OGH das der Wahlanfechtung stattgebende Ersturteil wiederherstellte. Der E ist im Ergebnis beizupflichten. Trotz der überzeugenden Ausführungen zur Anwendbarkeit des ArbVG und zu der unabhängig vom Dienstrecht zu beurteilenden betriebsverfassungsrechtlichen Unterscheidung von Angestellten und Arbeiter:innen bleiben zahlreiche komplexe Fragen ungeklärt, die nicht mehr entscheidungswesentlich waren.

Verhältnismäßig wenig Zweifel lässt der OGH trotz seines Hinweises offen, es könne in Hinblick auf die erst nachträglich erfolgte Gesetzesänderung dahingestellt bleiben, ob der Landesgesetzgeber kompetenzrechtlich dazu befugt war, alle der KAGes zugewiesenen Vertragsbediensteten als Angestellte iSd § 41 Abs 3 zu definieren. Vor dem Hintergrund seiner überzeugenden Argumentation, dass selbst eine angenommene dienstrechtliche Gleichstellung die betriebsverfassungsrechtliche Differenzierung in Arbeiter:innen und Angestellte nicht beseitige, kann dies noch weniger durch eine rein deklaratorische Norm des Landesgesetzgebers bewirkt werden. Dies umso weniger, als ihm für in Betrieben beschäftigte Landes-Vertragsbedienstete jede Regelungskompetenz in Personalvertretungsangelegenheiten fehlt.

Der OGH hat es jedoch explizit unterlassen, sich zu Inhalt und Form der von ihm zur Grundbedingung für die Begründung der Angestellteneigenschaft ex contractu gemachten Individualvereinbarung zu äußern oder zum Erfordernis einer anderen Einstufung Stellung zu nehmen. Insb die Frage, ob im stmk L-DBR tatsächlich eine Gleichstellung von Angestellten und Arbeiter:innen erfolgt ist, hat in der gegenwärtigen E keine Behandlung erfahren. Für die Beurteilung, ob und wie § 41 Abs 3 S 2 ArbVG teleologisch zu reduzieren wäre, ist der Gesetzeszweck jedenfalls näher zu ergründen (Kodek in Rummel/Lukas [Hrsg], ABGB4 § 7 Rz 61). Nach den Materialien zielt § 41 Abs 3 ArbVG darauf ab, AN jener Gruppe zuzuordnen, „der sie soziologisch und hinsichtlich ihrer Interessenlage angehören und von der sie eine wirksame Vertretung erwarten dürfen“ (ErläutRV 840 BlgNR 13. GP 72). Überzeugend ist mE der Gedanke G. Kleins, dass der Gesetzgeber vor allem erreichen möchte, dass AN von einem BR vertreten werden, der mit den (kollektiv- und entgeltrechtlichen) Rechtsgrundlagen des Arbeitsverhältnisses des Vertretenen vertraut ist (EAnm G. Klein, VwGH 1315/76-6 DRdA 1978, 31 [36]). Das wäre bei einem einheitlichen Vertragsbedienstetenrecht mE auch dann gewährleis tet, wenn es nach tatsächlicher Tätigkeit differenzierende Gehaltsgruppen gibt. Der Gesetzes zweck spricht daher dafür, dass die im Gesetz genannten inhaltlichen Kriterien der Anwendung des Angestelltengesetzes und des Angestellten-KollV sowie der Einordnung in dessen Gehaltsschema im Fall eines einheitlichen Dienstrechts der Vertragsbediensteten tatsächlich teleologisch zu reduzieren sind. Inwiefern eine Vereinheitlichung tatsächlich erfolgt ist, harrt aber vorläufig weiterhin einer gerichtlichen Klärung. Jedenfalls hat der OGH mit dieser E die Grenzen des Landesgesetzgebers bei der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung von Arbeiter:innen und Angestellten klar aufgezeigt. 480